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"Worum geht es?", fragte Mirax freundlich.
"Naja, ich kann ganz gut mit dem hier umgehen", sagte er und zog das Kampfmessser von seinem Rücken. "Für ein paar Schakale reichts.
Und das Geheimnis erzähl ich niemandem, versprochen."
Er fand es etwas seltsam, dass ihm die fremde Frau ein Geheimnis anvertrauen wollte und das mitten auf der Straße. Aber sie wird schon wissen was sie tut, dachte er und fühlte sich etwas geschmeichelt, das ihn eine fremde Frau um Hilfe fragte.
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Skeptisch schaute Amira ihn an. Sie kannte ihn nicht, nein, nicht einmal seinen Namen. Woher seine seltsame Kleidung kam, wusste sie ebensowenig, aber sie wirkte nicht, als käme sie aus der Wüste.
"Habt Ihr je einen Schakal getroffen? Wisst Ihr, wie sie kämpfen? Sie greifen in Rudeln an, umkreisen ihre Beute. Gegen ein Rudel Schakale kommt Ihr kaum mit diesem Messer an, es sei denn, ihr währet ein besonders guter und schneller Kämpfer. Wenn Ihr gegen einen kämpft, werdet Ihr zeitgleich von drei anderen angefallen ..."
Das hatte sie einst über Schakale gelernt, so hatte man es ihr erzählt. Bisher hatte sie nicht gesehen, dass Schakale einzeln unterwegs wären. Eigentlich hielt sie sich von diesen Tieren fern, wie ihr auch beigebracht worden war, aber das hülfe nichts bei einer Wanderung.
"Aber ich hörte, Schakale näherten sich nicht, wenn man Feuer dabeihabe. Ich hoffe, Ihr wisst ein Feuer zu entfachen? Ich vergaß fast, Ihr fragtet, worum es geht ... Ich will Al Shedim verlassen, ich will weg, wohin auch immer Ihr mich bringen könnt. Ihr habt meinen Bruder gesehen, er behält mich unter seiner Fuchtel. Ihm will ich entkommen, nur entkommen. Traut Ihr Euch eine Wanderung durch die Wüste zu?"
Ravenne
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"Ich denke schon... Nun ich wollte demnächst sowieso nach Lago reisen, da könnt ihr mitkommen, wenn ihr wollt.
Und bevor unser gutes Benehmen uns völlig verlässt: Ich bin Mirax. Und Feuermachen kann ich auch. Sonst noch was?"
Er gab sich betont offen, obwohl ihm das Gespräch immer noch merkwürdig vorkam. Aber sie sah aus, als könne sie mindestens genau so gut kämpfen wie er. Das würde den Weg nach Lago erleichtern.
"Aber ich muss noch meinen Esel holen. Wenn er dich, wie soll ich sagen, "anspringt" wie ein übermütiger Hund, dann fürchte dich nicht. Er ist sehr lebhaft und lieb, aber auch sehr schnell."
Geändert von Mirax (21.11.2010 um 18:28 Uhr)
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"Ich darf Euch begleiten?"
Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Dieser Fremde mit dem komischen Namen würde sie mitnehmen! Endlich würde sie ihrem egoistischen Bruder entkommen, und seinen verqueren Ansichten darüber, wem seine Schwester zu Diensten zu sein habe.
"Gut", sagte sie, vielleicht etwas zu laut. "Ihr holt Euren Esel, Mirax, und ich besorge Proviant. Wasserschläuche und all sowas, das kann der Esel tragen, wie ich hoffe."
Sie lief hastig zur Taverne, besorgte einige Wasserschläuche, noch dazu Brot, Käse, gepökeltes Fleisch. Es fraß beinahe ihre Ersparnisse auf, aber das sollte es wert sein.
"Macht's gut", sagte sie zum Abschied zu Rebekka, ehe sie entschwand, zu ihrem Treffpunkt mit Mirax zurücklief, so schnell, wie ihre Füße sie trugen. Endlich würde sie hier wegkommen! Er war noch nicht wieder da, kämpfte vielleicht mit dem Esel.
Ravenne
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Mirax ging zu der Ruine wo er Igor gestern angebunden hatte. Naja, das Seil war noch da...
"Igor", rief Mirax, ohne daran zu glauben, dass der Esel ihn hören würde.
Er schaute sich um und plötzlich stupste ihn etwas von hinten an. Er drehte sich um und glotzte fassungslos in das lange Gesicht seines Esels.
"Wo warst du denn?", lachte Mirax und freute sich einen so zutraulichen und schlauen Esel zu haben. "Komm mit, wir begleiten eine "edle Dame in Not". Das wird super. Und wir kommen nach Lago."
Er ging los und Igor lief ihm tatsächlich hinterher.
Tolle Sache, musste Mirax wieder denken.
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Da waren sie wieder. Al Shedim hatte sich in den beiden Tagen seiner Abwesenheit nicht verändert. Wie sollte es auch? Die Zelte der Krieger lagen noch immer ruhig da, die Magier ließen sich noch immer eher selten unter den Nomaden blicken, und die nordmarischen Söldner, die sich noch hier aufhielten, bewachten immer noch mürrisch wie eh und je den Tempel, weil sie sich überall sonst zu Tode schwitzten.
Calan war mit ihm gekommen. Zunächst unsicher, ob es das Richtige war, doch im Laufe der Reise waren seine Zweifel wohl verstummt - und nicht nur die.
"Wie gesagt, du bist frei.", sagte Maris, der von seinem Gegenüber nur wortlos angestarrt wurde.
"Ich für meinen Teil werd mir jetzt vernünftige Kleidung besorgen, in die Taverne gehen, mir von Rebekka etwas Ordentliches braten lassen und mich dann bei meiner Verlobten entschuldigen, dass es etwas länger dauerte, weil ich noch fix jemanden vor dem Verdursten retten musste. Einem Gast würde ich unter Umständen sogar etwas spendieren, aber du willst dich ja sicher nicht mit mir abgeben. Von daher... willkommen in Al Shedim!"
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Es dauerte sein Weilchen, bis Mirax mit dem Esel zurückkam. Hoffentlich würde er es schaffen, das Tier so leise wie möglich durch Al Shedim zu bringen, raus aus dem Ruinenörtchen. Ihr Bruder hatte Mirax in der Taverne gesehen, hatte Verdacht geschöpft, es musste schnell gehen. Endlich näherte der Fremdling sich, während Amira immer unruhiger geworden war. Vermutlich würde er den Wechsel von Freudensprüngen zu Unruhe nicht nachvollziehen können, aber das war auch nicht von ihm verlangt.
"Komm, komm! Schnell und leise, beeil dich! Hier sind Proviant und Wasser. Dass du mir in der Wüste keines verschwendest, es ist wertvoll!"
Sie hatte den Esel bei den Wasservorräten kaum eingeplant, hoffentlich würde sich das nicht irgendwie rächen! Hastig zog sie an Mirax' Kleidung, zog ihn fast mit sich, wäre da nicht der Esel gewesen - der sich weigerte. Peinlich berührt ließ sie Mirax los.
"Der Esel ... kannst du ihn dazu bringen, keine Geräusche zu machen und sich zu beeilen? Wenn mein Bruder das alles mitbekommt ... Außerdem werden wir wohl in Mora Sul Halt machen müssen. Der Proviant und vor allem das Wasser werden nicht bis Lago reichen. Und du wirst am besten wissen, was ein Esel braucht."
Ravenne
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Mirax flüsterte dem Esel etwas ins Ohr und plötzlich wurde der still wie ein Fisch, oder besser wie ein toter Fisch, und ging ohne einen Lauf langsam vorwärts.
Mirax blickte die Frau sehr stolz an. "Wir müssen uns dann in Mora Sul noch was für Igor besorgen. Er hat keinen Höcker."
Dann lud er die Vorräte auf den Esel auf und sagte, dass er nun bereit sei los zu gehen. Ein letztes mal fragte er sich warum sie ihm traute, wischte den Gedanken dann aber beiseite.
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Amira schüttelte den Kopf, als sie sah, wie der Esel gemächlich lostrottete. Das musste schneller gehen, viel schneller, bevor ihr Bruder irgendwas bemerkte!
"Igor heißt der Esel also? Hm, falls es relevant ist, ich bin Amira. Und bitte, bitte, bring ihn dazu, sich zu beeilen! Wenn mein Bruder Verdacht schöpft, ist es aus, und nicht nur ich bekomme dann gewaltig Ärger, mach dich daraufgefasst!"
Sie klang hastig, fast flehend, betete zu Adanos, ihre Flucht stünde im Segen des Gottes. Stumm betete sie, ihr Bruder möge nichts mitbekommen, damit sie ihr eigenes Leben würde beginnen können. außerhalb seiner Reichweite.
"Ich bitte dich, Mirax, für dich ist es vielleicht ein Abenteuer, für mich eine Flucht, eine ernste! Mein Bruder darf nichts mitbekommen, er ist ein Schläger!", sie flüsterte, überschlug sich fast beim Sprechen.
Zappelig war sie, ging ein paar Schritte voraus, kam dann zu Mirax und Igor zurück. Ihre Hände waren schweißnass, sie musste hier weg, heimlich, lautlos, schnell!
"Worauf wartest du?"
Ravenne
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"Gut ich passe auf dich auf soweit ich kann"
Dann sagte er zum Esel: "Igor dies mal ist es wichtig: Lauf und lauf leise."
Perfekt war das auch nicht, denn sie verloren ihn bald aus dem Blickfeld und mussten sich beeilen hinterer zu kommen.
"Schön deinen Namen erfahren zu haben Amira", brummte Mirax.
"Und warum bist du bei deinem Bruder geblieben, wenn er doch so ein Ekel ist? Ich glaube aber, ich frag doch besser nicht.", sagt er er dann um Rücksicht zu nehmen.
"Seit wann säuft er denn schon so? Und ist er nur zu dir so garstig?"
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Amira schnaubte ungläubig, während sie vorpreschte. Sie antwortete nicht, wenigstens nicht sofort. Innerhalb Al Shedims konnte sie ihm das nicht sagen, es war zu riskant, dass ihr Bruder es mitbekommen konnte. Erst als sie Al Shedim verlassen hatten, wagte sie, zu antworten.
"Es is eine dämliche Frage, Mirax", sagte sie. "Ich blieb, um Mutter zu unterstützen, nicht um meines Bruders willen. Er war nur ... die 'Dreingabe', wenn man es so nennen mag."
Sie verzog das Gesicht und ging in gemäßigterem Tempo weiter.
"Er bewacht mich wie ein Leibwächter, droht und verprügelt Männer, mit denen ich zu tun habe. Mit dem Alkohol hat das wenig zu tun, ich kann es ihm kaum verbieten. Er säuft nicht häufig. Nüchtern ist er oft schlimmer als besoffen."
Hinter ihnen löste sich eine Silhouette aus dem Schatten, die sie kannte. Ein breiter Kerl, kein bisschen heimlichtuerisch.
"Amira!", brüllte er. "Bleib hier!"
Wie schon so oft schien Liron ihre Pläne vereiteln zu wollen, aber diesmal würde sie nicht mitspielen. Diesmal nicht!
"Lauft!", schrie sie Mirax und Igor zu und sprintete los.
Ravenne
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„He, warte!“ hatte er noch gerufen, dann war Maris schon verschwunden. Jetzt stand er wieder ganz allein da. Auch wenn er ihn für einen Assassinen gehalten hat, auch wenn er ihn mit Abscheu und Misstrauen behandelt hat – allein zu sein behagte ihm auch nicht. In der Wüste wäre er nicht verdurstet, wenn der Nomade dabei gewesen war, das wusste er nun. Und auch wenn er sich als Sklavenhändler herausgestellt hätte, auch dort wäre er nicht gestorben. Keine wilden Tieren hätten sich über zwei Männer hergemacht, doch nun, so ganz alleine...
Er fragte sich, ob er Maris verärgert hatte. Zu verdenken wäre es ihm nicht gewesen, hatte er sich doch selbst wie ein Ekelpaket benommen. Dennoch hatte er ihn gerettet und ihn in Sicherheit gebracht. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr kam er zum Schluss, sich tatsächlich geirrt zu haben.
Er schluckte. Einen Menschen ungerecht zu behandeln war nichts, dass dem jungen Mann sonderlich nahe ging. ‚Doch woher hätte ich es wissen sollen?’, versuchte er sein Gewissen zu beruhigen, doch ganz wollte es ihm nicht gelingen. Sollte er den Nomaden tatsächlich noch einmal treffen, und würde er lange genug bleiben, um ihn anzuhören, so würde er sich entschuldigen. Das nahm er sich vor, als er langsam, wankenden Schrittes die Zeltstadt Al Shedims betrat.
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Lange hatte er suchen müssen, bis er ein Stück Holz fand, das ihn zufrieden stellte. Es musste ein hartes Holz sein, das nicht sofort brach, doch sollte es auch eine gewisse Elastizität aufweisen. Das Treibholz, das er am Strand gefunden hatte genügte für seine Zwecke nicht. Zu morsch, zu brüchig war es, und die daran festgeklammerten Entenmuscheln förderten das Gesamtbild eines brauchbaren Holzes auch nicht. Fündig wurde er schließlich bei jenem seltsam gewucherten Dschungel. Es schien fast ein kleiner Baumstamm zu sein, relativ schwer, doch aus jenem festen Holz, das er suchte. Für einen einzelnen Mann zu schwer rekrutierte der Druide kurzerhand drei Sippenkrieger, die nutzlos in der Ruinenstadt herumstromerten. Unter zahlreichen Flüchen und Verwünschungen schafften sie es jedoch, was in Adrastos’ Sinn stand: Das Holz fast senkrecht in den Wüstensand einzugraben, wo es fest stand.
Sanft legte der Wanderer schließlich die Hände auf das Holz und schloss die Augen. Lauschte nach dem Holz, nach dem Willen und der ‚Stimme’, die jedem Lebewesen innewohnte. Es war eine leise, schwache Stimme, wie man es von einem fast toten Stück Holz erwartete. Doch Adrastos lauschte, ehe er die Magie aus seinem Stein entließ, jene Winde und Böen.
Ganz langsam veränderte sich das Holz, wie er es bei Ornlu erlernt hatte. Es kräftigte seinen Stand im Wüstenboden und zahlreiche größere und kleinere Auswucherungen wuchsen aus dem Holz. Dünn zwar, doch widerstandsfähig. Bald schon konnte man die ursprüngliche Form des Holzes nicht mehr erkennen. Vielmehr war es ein Klumpen mit Ausbuchtungen, Erkern, und Spalten und jenen festen, kleinen Ästen.
Zufrieden betrachtete der Druide sein Werk. Es war anstrengend gewesen, doch er glaubte, dass es sich gelohnt hat. Der unbelebte Trainingspartner für den Stabkampf.
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Der ehemalige Barbier trainierte wieder einmal, doch heute härter als sonst. Keiner konnte sagen warum aber er tat es und das schon seit einer vielzahl von Stunden. Hier ein paar Rollen über den Boden, dort ein paar Läufe an der Wand.
Paolo gönnte sich zwischen durch auch mal eine kurze Pause.
In dieser trank der Blonde etwas Wasser, aß einen Laibbrot und betrachtete seine Erzwurfwaffen dabei. Er wollte den Umgang noch mit diesen Dingern lernen. Bloss gut Paolo hatte sich einen Abend zuvor in einem Buch schlau gelesen. Und so entschloss sich der ehemalige Barbier mit dem Training der Messer anzufangen.
Er suchte sich eine Palme und schnitze in diese eine Art Kreis. Dieser sollte das Ziel dar stellen und eine Art Fokus geben, worauf Paolo sich konzentrieren konnte. Auf dem Boden zog der blonde Mann mit seinen Füßen eine Linie und stellte sich an diese. Zwischen der Linie und der Palme lagen gute 5 Meter Abstand. Immerhin wollte der Bursche langsam anfangen und nahm nun seine Position ein. Mit angewinkeltem Arm, nahm der Blonde sein Ziel ins Visier und warf sein Messer. Das übte der Blonde ein paar Mal bis er sich entschloss, das er doch jemanden bräuchte der ihm das zeigen könnte.
Nun trainierte der ehemalige Barbier wieder seine Einhandskunst. Elegant schwang er die Klinge und man hörte die Luft um diese pfeifen. Paolo war dabei seine letzten Techniken noch zu verfeinern und zu perfektionieren, mit einem Meister oder einem Ork könnte er sich zwar immernoch nicht anlegen, aber er konnte sich damit verteidigen. Nun baute er noch das abrollen mit in einer seiner Techniken mit ein. Doch war der ehemalige Barbier zu eifrig. Er rollte und rollte und rollte und rollte und landete letztenden Endes an einem kleinen Fels. Verdutzt schaute er sich um, sein Schwert war nicht mehr da. Dieses wirbelte noch durch die Luft und eh sich Paolo retten konnte, durch stach es seine Brust.
Dem Blonden wurde schwarz vor Augen, sein Atem wurde schwerer. Langsam sank der Körper des ehemaligen Barbiers auf den Boden.
Der Blonde verließ diese Welt durch einen einzigen Fehler....
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Es funkelte.
Es glitzerte.
Es brach Licht in hunderte schöne Strahlen verschiedener Farben.
Der Edelstein Mirax'.
Gebannt starrte Septana auf den Edelstein, den ihr Mirax hinterlassen hatte. Sie hatte keine Ahnung, wo er jetzt war, was er tat oder wie es ihm ging. Es wunderte sie, dass er sie nicht aufgesucht hatte, um sich wenigstens zu verabschieden. Ob ihm etwas geschehen war? Schließlich hatte sogar sie ihn im Zweikampf überwältigen können. Doch warum? War er aufgebrochen um zu flüchten? Doch vor was? Septana machte sich Sorgen. Sie hatte noch immer seine nette Art im Gedächtnis und fast vor ihr.
Nein, sicher nicht.
Ablenkung, dies benötigte Septana erstmal. Ja Ablenkung, das würde sie auf andere Gedanken bringen. Sie trottete in eine Taverne, welche, war ihr eigentlich egal, es gab ja aber auch nur eine in Al Shedim. Sie betrat den Schankraum mit gemütlicher Atmospähre. Hier und da saßen Nomaden und gingen ihren Beschäftigungen nach, doch kaum einen Schritt gelaufen wurde Septana von der Wirtin herbeigewinkt. Die Wirtin begann, als Septana an den Tresen stand, zu erzählen, »Hey. Suchtest du nicht irgendsoeinen Retos, Remoas, ...?«
»Reotas?! Ist er hier?!«, brauste Septana energisch auf, sie hatte das Thema schon fast vergessen.
»Ruhig. Er ist nicht hier, aber sieh mal...«, die Wirtin zeigte auf einen anderen Nomaden am anderen Ende der Tresen, »...er meinte, ich solle dich zu ihm schicken.«
»Danke.«, Septana wand sich ab und rückte zu dem Nomaden, »Du weißt über Reotas' Verbleib Bescheid?«
»Ja.«, sprach der Nomaden, sein Gesicht war unter einer Kapuze versteckt, außerdem lag in seiner Stimme eine tiefe, unterdrückte Wut.
»...äh... und weiter?«
»Mora Sul. Geh nach Mora Sul. Alles was du da machen musst ist, einen Typen zu verprügeln. Er hat ihn entführt und hält ihn nun irgendwo versteckt...«, der Fremde räusperte sich.
»Wie bitte? Entführt? Verprügeln? Ich?!«, Septana verstand das nicht mehr, andererseits ergab es Sinn.
»Er hat längeres Haar, ist männlich und...«, der Fremde lugte kurz aus seiner Kapuze hervor, »...nicht sehr viel älter als du. Du solltest ihn an einer merkwürdigen Rüstung erkennen. Keine Sorge. Er ist schwächer als du.«
»Und wenn er nicht redet und ich eventuell den Falschen erwischt habe?«
»Keine Sorge, du wirst den Richtigen erwischen. Und wenn er nicht reden will, mach kurzen Prozess.«
»Nun... ich geh nach Mora Sul, aber ob ich da jemanden töte oder nicht, bleibt immer noch mir überlassen... ja?«
»Jaja...«, und der Fremde nahm noch einen tiefen Schluck aus seinem Becher, ehe er aus der Taverne taumelte, als wäre er nur gekommen um Septana dies mitzuteilen.
Diese Nacht noch stürmte Septana aus der Taverne und verlies Al Shedim Richtung Mora Sul.
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Aniron nickte.
"Ich denke, das ist tatsächlich ganz nützlich", sagte die junge Mutter und begann in ihrer Tasche zu kramen. Adrastos hatte ihr gezeigt, was er für einen "Trainingspartner" erschaffen hatte und sie hatte sogleich eine Idee, das Ganze umzusetzen. Noch war die Sonne hier in der Wüste nicht untergegangen und sie konnten das Licht des späten Nachmittages für ihre Übungen nutzen.
Nach ein paar Augenblicken hatte Aniron gefunden, was sie gesucht hatte, und zauberte es aus der Tasche hervor: es war ein Stück Kreide.
"Gut, du erinnerst dich an die Stellen, die wir als besonders gut zum Attackieren ausgemacht hatten? Hier unten sind also die Knie", sie malte zwei Kreise auf das Holz. "Dann haben wir den weichen Bauchraum, den Brustkorb, die Kehle und den Kopf. - Ich weiß, meine Zeichenkünste sind nicht die besten, aber das muss reichen."
Sie grinste.
"An der Seite noch die Ellebogen und hinten die Nieren."
Sie malte so gut es ging alle genannten Teile auf das Holz.
"So, ich möchte, dass du diese Stellen attackierst, versuch sie, so genau wie möglich zu treffen, ich werde dich anweisen, in welcher Reihenfolge du sie treffen sollst."
Aniron trat ein Stück zur Seite.
Adrastos nahm die Grundstellung ein und so begann sie zu rufen:
"Kehle!"
Er führte einen Schritt nach vorn aus und stach wie mit einem Speer zu.
"Magengrube!"
Mit einem Hieb des linken Stabendes schlug er auf die Stelle seines Holzgegners.
Immer wieder ließ sie ihn auf verschiedene Stellen einschlagen, mal schneller, mal langsamer hintereinander, manchmal genauer, manchmal grobflächiger. Zufrieden stellte sie fest, dass er besser wurde. Sie musste sich ein lächeln verkneifen, wenn sie an seine Anfänge dachte, wo er dem Stab noch eine große Portion Skepsis entgegen gebracht hatte.
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Tinquilius lief eilig die Treppe zum zweiten Untergeschoss hinunter. Er kam gerade aus einer außerplanmäßigen Sitzung des Rates, die über die derzeitige Situation des Tempels urteilen sollte. Sie hatten in den letzten Tagen versucht, durch ihre Magie an verschiedenen Stellen des Tempels die eigenartigen Geschehnisse zu beheben. Es schien anfänglich sogar danach, dass es klappen würde. Am ersten tag traten keine Ereignisse mehr auf, so als wäre die Magie zur Ruhe gekommen. Doch spätestens am zweiten Tag wurden dem Priester wieder Berichte überbracht, nach denen Türen zuflogen, Reagenzien durch die Luft geschmissen wurden oder gar ein ganzes Regal umgeschmissen wurde.
Entweder ist dies wirklich etwas, was nicht nur reine Magie ist und wir haben es vielleicht verärgert oder aber unsere Magie reicht nicht aus. Dabei hat der gesamte Rat, zumindest diejenigen, die dazu derzeit in der Lage sind, daran gearbeitet – und ich möchte nicht einschätzen, wie viel Magie dies bedeutet.
Vielleicht haben wir es auch gefüttert?
Doch in diesem Moment, als er gerade das zweite Untergeschoss erreicht hatte, war etwas anderes wichtig: Gwydion, sein Schalker. Der Tempel hatte seine ganze Zeit beansprucht, wodurch er sich nicht um ihn hatte kümmern können – was er sehr bereute. Schließlich war es eine ganze Weile her, dass er jemanden in die Künste der Heilung eingewiesen hatte.
Als er leise die Tür zur Heilkammer öffnen wollte, erblickte er auch schon Gwydion, der ebenfalls gerade auf dem Weg zu eben dieser war. „Ah, seid gegrüßt, Gwydion. Kommt herein, kommt herein.“ Er hielt dem anderen die Tür auf und ließ ihn hinein treten. Der Oberste Magier folge dem Druiden, oder was auch immer er genau war, hinein und schritt sofort zu seiner Kiste hinüber. Nach einem kurzen Moment holte er die Moleratkeule hervor und legte sie auf den Tisch.
„Bevor wir weitermachen, möchte ich mich für meine Abwesenheit in den letzten Tagen entschuldigen. Ich hatte einige Erledigungen im Tempel zu machen, die ich als Ratsmitglied nicht aufschieben konnte. Aber nun habe ich wieder für euch Zeit.
Und ich möchte auch direkt eure Frage beantworten bezüglich des Alkohols: Wenn kein sauberes Wasser vorhanden ist, könnt ihr Alkohol nehmen. Das ist immer noch besser als verunreinigtes Wasser, wodurch nur Infektionen in die Wunde gelangen. Solltet ihr aber sauberes Wasser haben, so nutzt dies. Oder reinigt die Wunde mit Kräuterpasten und –mixturen. Was für Möglichkeiten es da gibt, werde ich euch noch zeigen.
Der Nachteil am Alkohol, vor allem hochprozentigem, ist, dass nicht nur Dreck und Verunreinigungen entfernt werden, sondern Alkohol auch gesundes Gewebe angreift. Es ist allemal besser als verunreinigtes Wasser, vor allem wenn ihr nur spült und danach den Alkohol wieder abtupft. Aber man sollte eine Wunde möglichst nicht in Alkohol halten und sich dadurch Wunder erhoffen. Es kann eher zu schweren Entzündungen kommen.“
Er räusperte sich, dann deutete er auf Nadel und Faden und das Moleratfleisch.
„Euer Faden sollte sauber sein, natürlich. Hierbei denke ich, ist Alkohol durchaus angebracht. Vielleicht anschließend eine Behandlung mit einer Salbe, aber er sollte schon gesäubert sein, da sich ansonsten Entzündungen entwickeln können.
Ich würde aber gerne von euch nun noch einmal eine Naht sehen. Zunächst eine einfache“, und er zückte sein Wolfsmesser und macht einen nicht allzu tiefen Schnitt, „und dann eine ausgefranste Wunde.“ Dieses Mal setzte er das Messer schief an und schnitt eine ungerade und leicht fransige Wunde. „Wenn ihr dies schafft, könnten wir uns um innere Verletzungen kümmern, die man auch zumindest einmal gesehen haben sollte. Dafür habe ich auch einen Jäger beauftragt, der eigentlich bald eintreffen müsste.
Aber ihr könnt euch solange an die Nähte machen, wenn ihr keine Fragen mehr habt derzeit?“
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Kurzerhand brach Calan einen dürren Ast und warf ihn ins Feuer. Es prasselte, gelegentlich schien ein kleiner Stein darin zu explodieren. In Windeseile züngelten die Flammen um das Holz, verzehrten es, dass es verschrumpelte und schließlich entzweibrach, bis nur mehr Asche davon zeugte, dass es je existiert hatte.
Ein heller Schein ging von dem Feuer aus, an dem sich einige Nomaden versammelt hatten. Viele tranken, einige aßen und jeder schien zu reden. Ein gemächlicher Ausklang des Tages. Brüderlichkeit herrschte hier, unter den Nomaden, ihren Sippenkriegern, ihren Ruinenwächtern, die sich über alle Ränge hinwegsetzten, wenn es dunkel wurde, und gemeinsam den Abend verbrachten.
Und auch Calan fühlte sich heimisch, aufgenommen in den Kreis, auch wenn er kein Nomade, sondern vielmehr ein Streuner der Wüste war, der viel über die fremden Städte erzählen konnte, über die Gepflogenheiten, die ihre Geschäftspartner beim Handeln hatten und vielen anderen. Und als Barde wusste er mit Musik zu punkten. Jedes mal, wenn er seine kleine Flöte hervorholte, schien die Menge zu verstummen und zu lauschen. Wie auch jetzt, als er seine Lippen sanft an das Holz setzte und seine Finger im Einverständnis mit der Melodie über die Löcher huschten, ihr die verschiedenen Töne entlockten, die sich mit dem Lagerfeuer, der Luft und dem angehaltenen Atem der Nomaden zu verbinden schien und jene einzigartige Atmosphäre bildeten. Jene des Lauschens und Zuhörens.
Und dann stimmte ein Nomade ein, mit hellem, klaren Gesang. Und er sang in der alten Sprache ihres Volkes. Calan verstand kein Wort, doch die Art und Weise, wie sich Flötentöne und Gesang miteinander verflochten rührte ihn zu Tränen. Er konnte auch schönes erschaffen.
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„Ich weiß, dass Ihr viel zu tun habt...“, Gwydion hob kurz wie beschwichtigend die Hände, „...Ihr braucht Euch keine Gedanken machen, ich kann verstehen, warum Ihr keine Zeit hattet. Das ist in Ordnung, ich habe es nicht eilig.“
Er lächelte Tinquilius kurz zu und nickte freundlich, bevor er den Ausführungen seines Lehrers über die zuletzt von Gwydion gestellten Fragen lauschte. Er nickte verstehend an den wichtigsten Stellen, brummte ein „Aha“ und „Hmm“ und nahm dann seine nächsten Anweisungen entgegen.
Er hatte sich gerade daran gemacht einen Faden ins Nadelöhr zu zwängen und die erste Wunde zu begutachten, da wurde er blass und blickte Tinquilius fast erschrocken an.
„Ihr... Ihr habt einen Jäger beauftragt ein Tier zu erlegen, nur damit ich lernen kann?“, Gwydion blinzelte unsicher.
Ihm war bewusst, dass er lernen musste und dass es kaum andere Möglichkeiten dazu gab, da es ihm ebenso frevelhaft erschien an irgendwelchen Leichen zu hantieren. Die Toten soll man ruhen lassen, auch wenn er wusste, dass die sterblichen Überbleibsel nur eine leere Hülle waren, während der in andere Welten überging. Dennoch...
Er schüttelte sich kurz und wandte sich wieder der Wunde zu, doch es fiel ihm schwerer sich zu konzentrieren. War es am Ende ein Opfer, das gebracht werden musste, damit er andere retten konnte? Er fühlte sich nicht wohl dabei, wollte aber auch nicht Undankbar sein.
„Das wird aber das einzige Tier sein, dass für meine Ausbildung sterben muss, oder?“, frage er vorsichtig.
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Die erschrockene Art Gwydions hätte der Oberste Magier voraussehen müssen. Er wusste, dass der andere der Natur nahe war. Viel näher als es Tinquilius trotz seines Glaubens jemals sein könnte.
Das ist die Eigenart der Waldbruderschaft, dachte er sich. Sie waren schon immer verbundener zu allen Tieren und Pflanzen. Und manches Mal waren sie diesen auch viel näher als den Menschen und anderen, höheren Lebewesen, die auf dieser Welt wandelten. Das zumindest hatte er erlebt, als er in Silden verweilt hatte vor einigen Jahren.
„Ja, es wird das einzige Tier sein, das für eure Lehre sterben muss. Und so sehr ich es auch bedauere, so wichtig ist es doch für euer Verständnis des Körpers. Ich könnte euch Bücher zeigen, in denen der menschliche Körper in Skizzen dargestellt ist. Das werde ich sicherlich auch noch tun, weil ich euch damit besser mit dem Körper auseinandersetzen könnt. Aber so viel ihr auch aus Büchern lernen könnt: Nur wenn ihr einmal den Bauch eines Lebewesens von innen gesehen habt, könnt ihr wirklich einschätzen, wie ihr helfen könnt und was bei euern Heilversuchen möglich ist und was nicht.
Normalerweise hätte ich euch auch ein eingefrorenes Exemplar gegeben, aber das funktioniert nicht so gut wie bei einzelnen Körperteilen wie diesem Bein. Die inneren Organe scheinen nicht ausreichend gekühlt zu werden – wieso auch immer.“
Gerade als er den anderen bitten wollte, mit dem Nähen zu beginnen, klopfte es an der Tür und ein Nomade trat ein. In seinen Händen hielt er ein Bündel eingehüllt in Stoff.
„Ich habe die Wüstenratte, die ihr wolltet, Tinquilius. Sie ist, bis auf die Einstichstelle des Pfeils im Hals, vollkommen unversehrt, so wie ihr es wolltet.“
Der Oberste Magier bat den Nomaden, die Ratte auf einen Tisch zu legen und kramte dann einige Goldmünzen hervor, die er dem anderen dankend gab. „Damit ihr euch eine gute Mahlzeit holen könnt. Habt Dank für eure Mühen.“
Der Nomade verbeugte sich und verschwand wieder aus der Kammer. Tinquilius drehte sich zu dem Bündel um, dann schaute er zu Gwydion.
„Ich denke, ihr solltet zunächst das Nähen üben, bevor wir fortfahren mit der Ratte.“
Danach trat er an das Bündel heran und öffnete vorsichtig dieses, um die Ratte vorab äußerlich zu begutachten.
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