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Myrtana #54
Es herrschte Ruhe ringsum. Sanft schlugen die Wellen an den Strand außerhalb der kleinen Küstenstadt und weder Mensch noch Tier waren zu sehen. Die kleine Gruppe war auf der Straße schnell vorangekommen und hatte Kap Dun in der Tat noch an dem Tag erreicht, an dem sie sich vor den Toren Vengards von Grimbar verabschiedet hatte. Der neue Hof von Thorwyns Eltern stand noch, und auch sie selbst führten nach wie vor das Leben, das sie vor einigen Monaten dort begonnen hatten.
Dass Thorwyn sich in den letzten Monaten nicht hatte blicken lassen, hatte sie jedoch nicht in allzu große Sorge versetzt, wussten sie doch, dass der König ein Heer sammelte und jeder Arm in Vengard gebraucht wurde – der bevorstehende Krieg machte ihnen schon mehr Gedanken. Und so brachte der Flüchtling es auch nicht über sich, ihnen zu erzählen, was sich in letzter Zeit ereignet hatte und beruhigte sie stattdessen damit, dass er nicht als Soldat in den Krieg ziehen würde. Als einziger verbliebener Sohn wollte er nicht mehr Ängste und Sorgen wecken als unbedingt nötig. Dennoch war natürlich nicht alles in Ordnung mit ihm, was er auch nicht verheimlichen konnte; die Tatsache, dass er fremde Kleidung trug und noch dünner geworden war, sprachen eine deutliche Sprache. Deshalb berichtete er zumindest vage von irgendwelchen Schwierigkeiten, die es bei einer Jagd gegeben hatte und die dazu geführt hatten, dass er nun erst einmal hier war.
Und nun saß er neben Leyla am Strand unterhalb der Küstenstadt und starrte auf das Meer hinaus. Seine Eltern hatten ihm neue Kleidung gegeben, die ihm wesentlich besser passte als die von Grimbar – er würde sie ihm so bald wie möglich zurückbringen – und nach einer ausgiebigen Mahlzeit fühlte er sich beinahe wieder gesund. Was genau Wombel jetzt machte, wusste er nicht, vielleicht sah er sich in der Stadt um.
„Sag mal“, begann Thorwyn schließlich langsam. Leyla war eine der wenigen Menschen, für die er Freundschaft empfand, doch trotzdem konnte er kaum behaupten, sie gut zu kennen. Es gab so viele Fragen. „Wegen Faring … Wie hast du mich eigentlich gefunden? Wir haben uns damals hier getrennt, und ich glaube, niemand hat gewusst, dass mich später … die Orks gekriegt haben. Der Verräter hat gut aufgepasst …“
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Athron hatte Recht, wer in den Krieg zog, konnte froh sein, wenn er überlebte, aber trotzdem hätte er persönlich mehr Mitgefühl für Alon gezeigt, aber das war seine Sache, dass Athron nicht sehr sentimental oder sensibel war, wusste er eh. Also sagte er dazu nichts, sondern ging auf die Frage ein.
"Nein. Ehrlich gesagt habe ich mich ziemlich gewundert, aber ich konnte nicht herausfinden, wer Vak getötet hat. Ich hätte gedacht, dass man denjenigen wie einen Helden feiert, aber ich habe nichts dergleichen gehört."
Der Waldläufer hatte wirklich seine Wege alles herauszufinden. Erneut hatte sich Bartimäus überlegt danach zu Fragen. Aber die Antwort war wahrscheinlich, dass er sich unbemerkt durch den Wald bewegt hat und den Waldläufern schlichtweg zugesehen hatte und vielleicht sogar den einen oder anderen belauscht hatte. Es mussten schon ganz besondere Fähigkeiten nötig sein, um die Waldläufer ausspionieren zu können, denn schließlich lag es in deren Natur ungesehen zu sein. Dadurch schien es logisch, dass jemand mit solchen Fähigkeiten auch zum Anführer ernannt worden war.
"Du warst also auch in Trelis. Hast du nur zugeschaut oder auch unbemerkt mitgewirkt?"
Der Wächter kam nicht umhin irgendeine Frage zu stellen und so entschied er sich für diese, weil er es sich nicht vorstellen konnte, dass Athron tatenlos zusehen würde egal was passierte ohne im Geringsten einzugreifen.
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Schade, dass der Sommer längst vorbei war, sonst hätte man diesen Platz am Strand, mit Blick aufs Meer und unter strahlendem Sonnenschein wohl als lauschiges Plätzchen bezeichnen können. Der Herbst hatte seine Spuren aber auch hier hinterlassen, kalt war der Sand, auf dem sie saßen, frisch der Wind, der um ihre Nasen wehte, und ungemütlich die Feuchtigkeit, die vom Meer her in ihre Glieder zog. Und dennoch fühlte die junge Frau Zufriedenheit in sich aufsteigen. Sie hatten es geschafft, sie waren in Sicherheit, nichts und niemand konnte ihnen hier etwas anhaben, konnte sie in erneutes Unheil stürzen. Die innerliche Wärme genügte deshalb, um an diesem zugigen Plätzchen mehr Zeit zu verbringen, als ursprünglich angedacht. Denn Thorwyn hatte das Wort ergriffen, lud sie zu einem Gespräch ein. Über Dinge, die ihr ebenfalls wichtig waren.
"Der Verräter vielleicht, aber du hast Spuren hinterlassen. Auf dem Hof in Faring. Doch war es absoluter Zufall, dass ich überhaupt in Faring war. Normalerweise würde mich keine Armee der Welt dorthin bringen, direkt in die Arme des Feindes. Doch die Spur meines Vaters wies dorthin, ich wollte herausfinden, ob er noch lebt. Ich sprach mit einigen Bewohnern über die Schicksale derjenigen, die nach Faring kamen. Ein Hinweis führte mich auf den Hof, denn es war möglich, dass auch mein Vater versklavt wurde. Dort fiel dein Name, durch Zufall. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, einen Freund lässt man nicht im Stich, auch wenn die Lage noch so misslich ist."
Ihr Blick verharrte dabei auf seinen Zügen. Die schwere Zeit war tief darin verewigt. Und doch erkannte sie Thorwyn darin, wie sie ihn kennen gelernt hatte. Damals im Wald. Adanos hatte sie zusammen geführt und sie hatte dafür gesündigt. War dies nun die Strafe gewesen? Nein, dachte sie, Adanos würde niemals Unschuldige dafür büßen lassen, dass seine Anhänger sündigten. Das musste das Werk Beliars gewesen sein und Adanos war es, der sie mit dieser Tat zurück auf den rechten Weg geführt hatte.
"Ich wünschte, ich könnte all dein Leiden wieder rückgängig machen..."
Leyla sagte das in einer Art, die sie bislang selten gezeigt hatte. Eine sehr menschliche Seite, voller Emotionen, fast schon von Inbrunst geleitet.
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'Och...', jetzt stand Dekker im Zwiespalt, wollte er den Ruhm genießen? Wollte er die Ehre dafür einstreichen, den großen Orktyrannen ermordet zu haben, oder wollte er lieber Sicherheit für sein Leben... Wenn es noch so etwas wie Sicherheit gab... Letztendlich wollte er aber dann doch nicht damit angeben und fuhr ruhig fort, 'dort war ich, aber ich kam wohl zu spät, um aktiv mitzuwirken, außerdem bin ich nicht unbedingt Teil des aktiven Waldvolks... Dennoch habe ich gesehen, was für ein Schuss das war, der Vaks Tod herbeiführte... Und so einen Schuss... Unglaublich, das war ein wirklicher Meister...', fast musste er grinsen, als er das sagte, aber er kontrollierte sich viel zu sicher, um sich so stupide zu verraten, stattdessen fand er endlich die kleine Höhle, die er angestrebt hatte, hier würde Bartimäus' Lektionen fortgesetzt werden.
Er schleuderte sein Bündel in die Ecke und half Bartimäus dabei aus dem Holz, das gelagert war- die Höhle war ein Jägertreff, es war eine ungeschriebene Abmachung, dass Holz, sowie eine kleine Botschaft zurückgelassen wurde.
Dann, nachdem ein kleines Feuerchen prasselte, hob Dekker den flachen Stein, unter dem, dem Codex gemäß die Nachricht versteckt wurde. Und tatsächlich, der Jäger, der vor ihnen in dieser Höhle gelagert hatte, hatte ein kleines zerknittertes Pergament zurückgelassen, meist befanden sich darauf Anmerkungen zur letzten Jagd.
'Hier grüßt Runak,
Jäger aus den Senken des Westens.
Der Mond nahm ab, als ich hier verweilte, um einige Rehe zu erlegen, für den Winter. Die Jagdgründe waren reichlich, allerdings streiften öfters Orksöldner durch diese Gebiete, um Nahrung zu jagen, was einen immer auf der Hut sein ließ.
Bewahret'
Dekker nickte kurz, nachdem er die Botschaft überflogen hatte... AUf der Hut sein musste man heute jederzeit, aber die kommende Lektion würde Batrimäus nicht allzu lange die Höhle verlassen lassen.
'So, junger Mann, als Bogenschütze musst du nicht nur dich selbst und deinen Bogen beherrschen, man kann eine noch so perfekte Technik haben, man kann den besten Bogen der Welt besitzen... Aber sobald der Pfeil nicht richtig ausgewuchtet und geradlinig ist, oder die Sehne nicht rein und makellos ist, wird dein Pfeil das Ziel verfehlen.
Ich kann dir nicht beibringen, wie man eine gute Sehne herstellt, die kaufe ich selbst meist ein und sie sind sehr teuer... Da musst du mit 60 oder noch mehr Gulden pro Stück rechnen... Dafür müsstest du sechs Rehe schießen und einen guten Preis erzielen... Aber ich kann dir beibringen, wie man einen Pfeil herstellt, natürlich kann ich keine Metallspitzen herstellen, aber die kann man billig kaufen, da kosten 100 vielleicht 20 Gulden... und wenn du mit 100 Pfeilen nicht mindestens 2 Rehe triffst, bist du kein Bogenschütze...
Du wirst morgen erstmal rausgehen und perfekt geradlinige Weiden- oder Haselruten suchen, auch dürfen nur winzige Seitäste, wenn überhaupt vorhanden sein... Du musst sie tief kappen... Dann zeige ich dir, wie man sie richtig schnitzt und Federn, davon hab ich noch ein paar, sowie Spitze einsetzt...
Aber jetzt erzähl mir erstmal von Trelis... Was hast du getan?'
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Ein Zufall also, mehr nicht. Oder war es Innos gewesen, oder ein anderer Gott? Oder das Schicksal, verschiedene Fäden, die sich durch irgendeine Vorsehung miteinander verbanden und unvermeidlich zum Ziel führten? Thorwyn wusste es nicht. Und wenn er ehrlich war, gab es in diesem Moment auch wenige Dinge, um die er sich weniger kümmerte. Es zählte nur, dass er nun hier war und es ihm, Leyla und auch seinen Eltern gut ging.
„Es ist schon gut“, erwiderte er leise, wusste jedoch nicht sicher, ob er selbst daran glaubte. „Es ist vorbei. Die Narben werden wohl bleiben, aber …“ Ein Schulterzucken. Der körperliche Schmerz war verflogen, langsam erholte er sich von den Strapazen und wurde wieder etwas kräftiger. Aber so leicht konnte er die letzten Monate dann doch nicht hinter sich lassen. In den vergangenen Tagen hatte er das mehr als einmal gespürt, wenn ihn schlimme Träume unruhig schlafen ließen und der ehemalige Sklave am Morgen nach dem Erwachen eine Weile brauchte, um die düstere Stimmung abzuschütteln, die sich seiner bemächtigen wollte.
„Du hast auch schon genug für mich getan“, fuhr Thorwyn fort. „Mehr, als ich jemals wieder gutmachen könnte. Ich stehe so tief in deiner Schuld … Ich kann nicht viel tun, aber wenn du irgendwann mal Hilfe brauchst, will ich, dass du weißt, dass ich alles versuchen werde. Du hast mir das Leben gerettet, aber auch … damals in der Mine …“
Er unterbrach sich, wusste nicht, wie er fortfahren wollte. Als Leyla ihn gefunden hatte, war er wenig mehr gewesen als ein Tier, das sich durch bedingungslosen Gehorsam am Leben erhielt, und durch das Abwerfen sämtlicher Prinzipien. „Es war … als wäre … ich schon tot“, versuchte er zu erklären, während er den Blick zu Boden gerichtet hielt, unfähig, der Freundin ins Gesicht zu sehen. „Als hätte ich gar keine Seele mehr. Und du hast sie mir zurückgegeben. Aber trotzdem …“ Ein gequälter Ausdruck trat auf sein Gesicht. „Du hast es gesehen, was ich gemacht habe. Von diesem … von diesem Toten habe ich gegessen. Ich weiß nicht, ob man mir … und ob ich mir das verzeihen kann.“
Er seufzte und massierte sich die Stirn. Was war nur los mit ihm gewesen damals?
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Angelina war ziemlich unruhig. Die Orks, die Orksöldner und alle sie sie zwang rekrutiert worden waren, sollen sich bereit halten. Das bedeutete das Montera in den nächsten Stunden, wahrscheinlich in der Nacht schon angegriffen würde.
„Was hält dich denn davon ab, einfach von hier abzuhauen? Einen Versuch ist es doch wert. Ich glaube die Orks haben ihre Augen bei den heran nahenden Truppen und achten nicht unbedingt auf dich.“ Angelina holte ihr Pferd aus dem Stall und wurde prompt von einem Orksöldner angehalten.
„Kannst du kämpfen, Frau ...?“ Erschrocken sah ihn die Priesterin an. Zum Glück wusste hier niemand wer sie wirklich war und man sah es ihr auch nicht an. Niemand würde ihr glauben das sie keine Magie wirken konnte.
„Nein, das kann ich nicht. Ich habe diesen Stab geschenkt bekommen und übe erst seit ein paar Tagen damit. Kämpfen ist wirklich zu viel gesagt, deswegen möchte ich Montera auch so schnell wie möglich verlassen.“
„Na dann beeile dich.“, brummte er und sprach einen anderen Mann auf der Straße an. <Das werde ich!>, dachte Angelina und schwang sich auf Amato. Lair wartete hinter einer kleinen Hütte nahe des Südtors. Es war abgemacht, dass er sobald sie die Hütte passierte, er sich hinter Angelina aufs Pferd schwingen sollte und sie dann im Galopp die Stadt Richtung Trelis verlassen wollten.
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Blut! Er wollte Blut sehen und in Strömen würde es fliessen, die roten Flüsse des Schmerzen, des Unterganges würde sich über dieses Feld ergiessen und durch all das Leid welches sie mit sich bringen, diesen unscheinbaren und doch schicksalsträchtige Flecken Erde reinigen.
Kaum hatte der Kriegsherr die Lanze gesenkt, kaum hatte sich Thugdok in Bewegung gesetzt war sie weg, die mühsame Selbstkontrolle, nein endlich konnte er sich seinem Bedürfniss nach Tod und Verderben hingeben. Er war Brosh dar Urkma der Bringer des Verderbens.
Kniet vor mir oder sterbt ehrenvoll, sterben werdet ihr sowieso! es war der letzte klare Gedanken, den der Kriegsherr fasste, ehe er tief einamtete, der Wind schlug ihm auf dem schwarzen Häuptling entgegen... Brosh dar Urkma schloss die Augen... und wurde eins, eins mit sich selbst, mit der Seele seines ersten Ahnen, mit den Urinstinkten der Orks... für einen Moment verstummte das Schlachtfeld um ihn herum, er spürte nur das sanfte wippen unter ihm, welches nichts anderes als den Schwarzen Häuptling darstellte, welcher unter donnerdem Lärm mit seinem Ansturm die Erde erbeben liess.
Du bist das Schicksal, du bist die Macht, Vernichte sie!
hörte er seine Ahnen singen und riss seine Augen auf.
Sofort war sie wieder da, die Schlacht die Schleudergeschosse und Bolzen, die wie von Geisterhand gelenkt am Kriegsherren vorbeiprasselten. Wie ein Keil bohrten sich die beiden Urkmasturmtrupps in das Herz der feindlichen Armee und drängten die Elite Monteras zur Seite, sodass Brosh und Thugdok freie Bahn auf die zweiten Reihen des feindlichen Heeres hatten.
Fast zeitgleich wie Brosh mit seiner Lanze seinen ersten Feind durchstach, zerfetzte das schwarze ungetüm mit seinen Stosszähnen eine Gruppe nachladender Krieger um in der direkten Gegenbewegung eine Gruppe verängstigter Sölder zermalmte.
Ich bin die Macht, kniet nieder oder sterbt ehrenvoll! brüllte der Kriegsherr nachdem er das erste Opfer von seiner Lanze geschüttelte hatte und erneut ausholte.
Die orkische Lanze durchbohrte gleich zwei hintereinander stehende Orks, mühsam versuchte sich der Kriegsherr seiner Opfer zu entledigen während Thudok weiter in die Masse rannte und Feinde von sich wegschleuderte oder unter sich zermantschte.
Eine Furche des Todes öffnete sich kurzzeitig hinter den beiden, ehe sie sich von beiden Seiten her wieder schloss und die Leichen, die Zeugen des Todes unter sich begruben.
Sie verloren allerdings langsam aber sicher an Tempo... und das war der wichtigste Faktor, wenn er mit seinem ungetümen Begleiter nicht feststecken wollte, ausserdem war die Taktik klar, nicht zu weit von den Sturmtrupps abweichen, damit diese den Rückweg ins eigene Heer freihalten konnten, sodass Brosh erneut anlauf holen konnte.
So lenkte der Kriegsherr sein Mammut in eine Scharfe Kurve wieder zurück in die Richtung seiner treusten Anhänger, die sich nun an einer relativ festen Frontlinie mit dem Feind verkeilten.
Und was konnte da besser helfen als ein Keilbrecher wie Thugdok? Seinen Weg zurück in seine Reihen freiräumend trampelten schlugen und stachen sich Thugdok und Brosh ihren Pfad erneut frei.
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Der Trupp fing an, zu rennen. immer schneller wurden die Männer, stoßen aber keinerlei Schlachtrufe aus, keinerlei Laut verursachten sie, was dazu beitrug, das die Leute in dem Überfalltrupp beinahe unbemerkt über das Feld huschen konnte. Dann aber hoben sich aus den Reihen der faringer Söldner Schreie. Gerade eben hatten die Söldner Farings noch die komplette monteranische Reitere aufgerieben, jetzt noch ein weiterer Angriff. Jetzt zogen alle in dem Überfallkommando ihre Schwerter, Äxte, legten Waffen an und machten durch einen Schlachtschrei auf sich aufmerksam, rannten immer schneller - Azil und Calintz in ihrer Truppe, ruhiger, gefasster, komplett konzentriert. Ein Blickkontakt sagte Azil, das er bloß überleben sollte - sonst würden seine Qualen später vielleicht noch sehr viel schlimmer werden. Das Kommando zum Umkehren des Spießes würde Calintz geben, er selbst musste warten.
Das Blut der Angreifer kochte. Alle Zweifel waren vergessen, alle Ängste für den Moment weggefegt - Adrenalin rauschte durch die Adern der Männer, ließ sie ungeahnte Kräfte entwickeln, ließ einen Mut entstehen den sie noch nie so vorher gespürt hatten. Feuer, Tod, Blut. Die erste Reihe der Angreifer krachte auf die verteidigenden Faringer, Blut spritzte, Schreie erklangen, Metall knirschte und schrie, ließ sein Wehklagen über das gesamte Schlachtfeld erklingen, als Muskel auf Muskel und Stahl auf Stahl traf. Azil sah, das die Faringer Söldner einen passablen Kampf ablieferten, ja, die Gegner vorerst nicht durchließen, jedenfalls nach anfänglich recht großen Verlusten - natürlich, so ein Überraschungsangriff war noch nie etwas gewesen, worauf man sich hätte vorbereiten können.
Calintz nickte seinem Schüler kurz zu, schien noch einen Moment zu warten. Azil grinste, legte die Klauen schnell an, zurrte sie fest, holte dann seine Maske aus ihrer Befestigung an seiner Brust. Langsam setzte er sie auf, duckte sich ein wenig, und eine Art Verwandlung schien mit ihm durchzugehen - er stieß einen markerschütternden Schrei aus, der selbst im Schlachtenlärm noch laut genug war, um gehört zu werden, einige der Angreifer zuckten sogar zusammen.
"Der Geist!"
"Der Dämon!"
"Das Phantom!"
Sie waren heillos verwirrt. Und dann, mit einem weiteren Schrei stürzte sich Azil in die Menge der dicht stehenden Söldner, begann mit einem Blutbad - sie waren komplett unvorbereitet, standen zu dicht, um sich nach hinten oder von der Seite her zu verteidigen, und auch neben Calintz fingen plötzlich an, Söldner zu sterben. Ein Massaker inmitten des Überraschungstrupps hatte begonnen.
Aber... lange würde das nicht so gehen, stellte Azil inmitten seinem Rausch noch fest. Noch zerfetzten seine Krallen Kehlen und nahmen Leben, aber die Söldner begannen an, sich zu wehren, und wollten schnell die Gefahr aus dem Inneren ausschalten - Calintz, er, und der andere Söldner brauchten Unterstützung, und das am Besten schnell...
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Seelischer Frieden, das war es, was er offenbar suchte. Die Male, die nun seinen Körper zierten, bedeuteten Thorwyn offenbar wenig. Sie waren eben da, nicht mehr und nicht weniger. Aber all das, was er durchgemacht hatte, was er erlebt hatte, das Leiden, die Qualen, die Dinge, zu denen ihn sein eigener Wahn getrieben hatte, sie lasteten nun auf seinen Schultern. Sie sorgten dafür, dass seine Freiheit nur körperlicher Natur war. Doch konnte sie ihm dabei wirklich helfen?
"Das erinnert mich an meinen Fehler, den ich machte, als wir uns das erste Mal begegneten. Vielleicht erinnerst du dich. Ich habe Erlösung gesucht, im Gebet, im Kontakt zu Adanos. Eine Art Ritual, ich habe meinen Fehler gestanden, habe eingesehen, dass es schlecht war. Kein Fremder muss dir verzeihen, sondern du dir selbst. Einsehen, dass du quasi dazu gezwungen wurdest. Die Erhaltung des eigenen Lebens. Wenn es Innos ist, dem du deinen Glauben schenkst, dann bete zu ihm. Bitte ihn um Verzeihung, aber verliere dabei nicht die Tatsachen aus den Augen."
Ihr kam ein Gedanke, der plötzlich nur so aus ihr heraus sprudelte.
"Ich weiß, das mag jetzt ein wenig seltsam klingen aus meinem Mund, doch...die Götter sind nicht alles. Es gibt auch noch uns Menschen. Und dein Gewissen. Kannst du dir selbst dafür verzeihen? Einsehen, dass du eventuell keine Alternative hattest? Ich habe damals meine Magie für etwas genutzt, das im Grunde dem Glauben widerspricht, dem ich folge. Doch glaube ich, dass gerade jetzt erst verstehe, dass mein Handeln gar nicht so falsch war. Denn in dem Moment, als ich den Hirsch anlockte, den du dann erlegt hast, war ich mit mir selbst im Reinen. Ich habe es aus menschlichen Gründen gemacht. Weil ich dir helfen wollte, weil ich dich mochte. Aber dann bekam ich deswegen Bauchschmerzen. Doch gerade jetzt frage ich mich: Wieso? Ich bin imstande, diese Magie zu wirken. Gewiss mag sie mir unter der Bedingung gegeben worden sein, sie bedacht einzusetzen. Nie zum Schaden der Natur, sondern zu ihrem Nutzen. Doch hatte der Einsatz einen Nutzen. Ich habe dir geholfen. Und ich habe damit wohl möglich unsere Freundschaft begründet. Wo wären wir, wenn ich damals einfach weitergezogen wären? Deine Eltern wären wahrscheinlich noch in Montera und du in den Minen Farings. Und ich? Noch immer auf der Suche nach einem Menschen, den ich nur dank der Umwege gefunden habe, die ich wegen diesem vermeintlichen Fehler gemacht habe. Ist es das, was wir wollen? Nein Thorwyn, ich glaube, dass unser Glaube an die Götter nicht immer bedeutet, dass wir ihren Vorgaben willenlos folgen sollen. Es braucht unser eigenes Denken, wenn wir nicht alle Sklaven werden wollen. Sklaven der Götter."
Was hatte sie da gerade gesagt? Sie dachte selbst darüber nach, doch fand sie keinen Fehler darin. Natürlich spielten die Götter eine wichtige Rolle, ohne Adanos und ihren Glauben an ihn wäre sie nicht imstande, Magie zu wirken. Aber die Götter waren nicht alles. Damit stimmte sie sich selbst zu, sie fand an ihren Worten nichts Falsches.
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Zuerst kam Bartimäus der Gedanke seine Erzählung so darzulegen, dass es so klang, wie das was Athron hören wollte. Doch dann erkannte er, dass er keine Ahnung hatte, was seine Meinung zu der Sache war und so beschloss er die Sache ganz sachlich zu schildern. Die Wahrweit war ohnehin besser, als sich einzuschleimen. Besonders den Waldläufer schätzte er so ein, dass es ihm lieber war, wenn man ihm ins Gesicht sagte was man dachte, als alles schönzureden.
"Ich bin zu den anderen Waldläufern gestoßen, als sie gerade am Weg nach Trelis waren und hatte nur wenig Zeit herauszufinden was eigentlich los war. Dann habe ich ein paar Brandpfeile gemeinsam mit den anderen Schützen auf die Höfe abgeschossen, mich aber dann in der darauf folgenden Schlacht eher zurückgehalten. Wie ich vorhin schon zu Alon sagte, möchte ich wissen warum ich jemanden töte, wenn ich auf ihn schieße. Außerdem wollte ich die ganze Sache überleben und nicht wegen Selbstüberschätzung auf einen Ork schießen, der nicht stirbt bevor er mich erreicht und mich in Stücke reißt, bevor ich fliehen kann. Aber immerhin habe ich mitbekommen wie ein Krieg bei Waldläufern abläuft und habe die Macht der Druiden gesehen.
Als dann die ersten wieder nach Beria zurückgekehrt sind, hab auch ich mich auf den Weg gemacht."
Das war die Zusammenfassung der Ereignisse in Trelis und jetzt würde sich der Wächter schlafen legen, ehe er sich am nächsten Tag auf die Suche nach den Weidenruten machen würde mit denen er dann die Herstellung von Pfeilen lernen würde. Darauf freute er sich schon, denn er hoffte, dass er im nächsten Schritt dann zum Bogen greifen könnte.
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Die große Schlacht - Hinter der Monteralinie
"Zu viel!", fluchte Varek neben dem Kan mit verschränkten Armen stand.
"Ich habe dir gesagt, dass wir in Montera hätten warten sollen.", tönte der gefallene, oberste Kriegsherr.
"Phaaa! Varek ist keine Schildkröte die sich in ihrem Panzer versteckt. Varek ist ein Kriegsherr. Und nichts ist verloren. Es sind nur zu viele verfluchte Morras da vorne. Zu viele verfluchte Morrahunde die kämpfen wie Kanonenfutter. Und ihre? Sie sterben für diesen Brosh! Woher nimmt er das Gold?", klagte der Kriegsherr und stülpte sich den Panzerhandschuh über. Kämpfen würde er nun selbst.
"Das ist nur seine Front. Sieh doch seine Reihen. Vorne seine Besten. Urkma, Shak und Hladak. Dahinter Elitesöldner und Schwarzschärpen. Und danach? Lass das große Feuer los und zerschlag ihre Front.", meinte Kan.
"Sag mir nicht wie ich mein Heer führe. Belagerungsmeister! - Mach die Onager bereit! Ölfässer aus Trelis reinlegen! Ziel hinter ihre Linien!", befahl Varek und die Befehle die sich auf die fünf Onager verteilten. Vor allem die Ölfässer die sie von Vak bekamen, würden noch Nutzen. Ob Vak es tat wusste er nicht. Man erwartete seine Truppen seit Gestern, doch es kam kein Späher von ihnen oder denen bisher nach Montera. Legte Vak sie letztlich rein? Es war sehr wahrscheinlich und dafür würde er bluten - auch wnen Varek mit solch Verrat gerechnet hatte.
"Ölfässer anzünden!", brüllte Kan.
"Lasst die Hölle los!", brüllte Varek und im nächsten Moment jagten große brennende Ölfässer durch die Luft und schlugen dann verheerend in die hinteren faringer Reihen ein. Große Flammenpfützen bildeten sich und steckten jeden an, der sich darin befand. Die zweite Salve erfolgte und auch die dritte - die Letzte - würde es. Varek brüllte seine Leibgarde her. Ein Haufen bester Elitekrieger gemischt aus Orks und Morras.
"Schick deine Elitekrieger los, wenn die Shak es schaffen durchzubrechen! Ich hole mir nun seinen Kopf. Pass auf, dass deine Rüstung nicht rostet - Kan!", raunte der Kriegsherr, schlug sich mit der Faust gegen die Kriegsherrenrüstung und drehte sich von Kan ab. Der Mantel flog zu Boden und Vareks Einheit stürmte an.
Tat'ank'Ka
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Gleichermaßen nachdenklich wie verwirrt hörte Thorwyn die Worte an, die Leyla an ihn richtete. Als sie den Hirsch anlockte …? Er glaubte, sich daran zu erinnern, an das Tier, das aus dem Dickicht trat, um gleich darauf von seinem Pfeil getroffen zu werden. Doch dass sie es herbeigerufen hatte, war ihm neu. Auch eines der Dinge, die sie mit ihrer Magie vollbringen konnte? Er würde sie später fragen, aber erst einmal wollte er über ihre übrige Rede nachdenken.
Sich selbst sollte er verzeihen können, sagte sie. Reichte das aus? Hieß das nicht, sich eigenmächtig über Regeln hinwegzusetzen, die nicht ohne Grund so waren, wie sie waren? Andererseits hatte er es aber nicht mutwillig getan, die Not hatte ihn dazu getrieben, nachdem er mehr hatte erdulden müssen als er sich jemals hätte vorstellen können. Und selbst zu töten war doch kein Unrecht, wenn man es aus einem gerechten Grund tat. Um sich und andere zu verteidigen, um die Schwachen zu schützen. Ansonsten könnten die Paladine, die auch für den Kampf lebten, doch niemals gleichzeitig Diener Innos’ sein.
„Es klingt … richtig“, sagte er langsam. Jeder Mensch machte doch Fehler und niemand war perfekt. Waren sie also nicht alle Sünder, auf die eine oder die andere Weise? Und dennoch gab es auch Liebe und Freundschaft auf der Welt, gab es das Gute im Menschen. Doch keiner war bloß gut und ohne Schwächen. Sie gehörten dazu, waren ebenso Bestandteil eines jeden, wie die Natur sowohl ruhige, sonnige Tage als auch solche voller Stürme kannte. Und das Leben war ein ständiger Kampf zwischen den verschiedenen Seiten eines jeden Menschen, zwischen seiner dunklen und seiner hellen. Schlimme Dinge, die ihm angetan worden waren, hatten Thorwyn dazu gebracht, selbst schlimme Dinge zu tun. Es war geschehen und konnte nicht rückgängig gemacht werden. Aber dennoch konnte er doch ein Zeichen setzen, ein Zeichen dafür, dass er es nicht gern getan hatte. Und wenn er aufrichtige Reue empfand, den Fehler akzeptierte und versuchen würde, so zu leben, dass sich so etwas nicht wiederholte … konnte ihm dann nicht verziehen werden, sowohl vor Innos als auch vor sich selbst?
„Ja“, flüsterte er. Er würde noch länger darüber nachdenken müssen, aber er glaubte, den richtigen Weg gefunden zu haben. „Danke für diese Worte“, fuhr er fort und blickte der Freundin nun ins Gesicht. „Ich glaube, sie werden mir helfen.“
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Wombel stand etwa hundert Schritte oberhalb des Strandes und blickte auf die beiden Menschen am Strand herunter.
Für einen Moment hätte man die beiden ohne weiteres für ein Paar halten können, welches sich ein wenig Zeit für sich selbst am Strand genommen hat. Wombel war sich nicht sicher, aber an letzteres konnte er nicht so ganz glauben. Er schulterte seinen Rucksack und trottete den Abhang hinunter, geradewegs auf die beiden neuen Freunde zu.
Beim näherkommen sah er, dass die beiden wohl in ein sehr persönliches Gespräch vertieft zu sein schienen. Er blieb daher in einem respektvollen Abstand stehen und räusperte sich.
"Ähem. Ist es gestattet, oder soll ich wieder umdrehen?" fragte er etwas unsicher.
Die beiden winkten ihn heran, und da weder Leyla, noch von Thorwyn den Eindruck machten, er würde stören näherte er sich den beiden schliesslich.
"Ich war in der Stadt und habe mein letztes Gold auf den Kopf gehauen." grinste Wombel breit.
Er lies sein Bündl sanft zu Boden gleiten und setzte sich neben die Beiden in den weichen Sand.
"Thorwyn hat mich darauf gebracht. Auf dem Weg hierher..."
Der Holzfäller kramte in dem Bündel herum und fragte die beiden, ob sie etwas trinken wollten.
"...wir sitzen, reden und lernen uns endlich richtig kennen."
Im Bündel befanden sich mehrere Flaschen. Wasser, Wein, Bier usw. Er reichte zuerst Leyla und anschliessend Thorwyn das gewünschte Getränk. Wombel selbst angelte sich eine Flasche Bier heraus und gedachte noch einmal von sich zu erzählen. Allerdings wollte er diesmal die düstersten Passagen auslassen.
Wombel wusste, dass Thorwyn zunächst eine Weile auf dem Hof seiner Eltern bleiben wollte, und schliesslich fragte Wombel Leyla nach ihren Plänen.
"Was wirst Du von hier aus tun? Gibt es für Dich ein bestimmtes Ziel?"
Geändert von Wombel (02.11.2010 um 15:41 Uhr)
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Ehrengarde
Xorag wich einem schnell geführten Hieb seines Schülers aus. Der Schlag hatte die Absicht gehabt, Xorag Verteidigung, die er sich hinter seinem improvisierten Speer aufgebaut hatte zu durchbrechen. Mit einem schnellen Ausweichschritt nach hinten und einem ebenso schnell geführten seitlichen Hieb der Waffe hatte er seinen Schüler jedoch wieder zurück gedrängt. Inzwischen hatten beide ein ungefähres Gefühl dafür entwickelt, wie sie sich ihrem Gegner gegenüber zu verhalten hatten, welche Angriffsweisen erfolgversprechend waren und welche man besser unterlassen sollte, da sie eher dazu führen würden, dass sie sich selbst in Bedrängnis brachten. Da San Daran sich vor allem auf die vor kurzem gelernte zweite Grundstellung und die schnellen Schläge verließ, um hinter Xorags "Speerpsitze" zu gelangen, hatte dieser sich darauf konzentriert beweglich zu bleiben und seinen Schüler mit kurzen, einhändig geführten Stößen zu bedrängen. Auf diese Weise war der Kampf bisher sehr gleichmäßig hin und her verlaufen, wobei Xorag noch immer etwas die Oberhand besaß, einfach weil er als erfahrenerer Kämpfer viel besser darin war, die Situationen die der Kampf ihm vorgab abzuschätzen und Richtig zu reagieren.
"Okay, das langt, San Daran!" sagte der Wegelagerer nach einem erneuten Angriff seines Schülers. Als dieser den Kampf einstellte sprach er weiter. "Nicht schlecht für den Anfang, ich glaube du hast die neue Grundstellung gut verinnerlicht. Der Kampf gegen mich fällt dir auch nicht mehr so schwer, aber das wird sich beim nächsten Übungskampf noch zeigen. Jetzt ruhe dich erstmal aus." Damit senkte der Schüler sein Schwert und wollte gehen. Plötzlich holte der Varanter wieder zu einem Stich aus, sein Schüler wich aus und ging seinerseits wieder zum Angriff über. "Nicht schlecht, San Daran, du lernst schnell!" sagte der Söldnerboss, nachdem er seinen Schüler mit einem kräftig geführten, zweihändigen Stich von sich weggetrieben hatte. Dieser grinste nur und ging wieder in die Offensive über.
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Trelis - Umland
Missmutig stapfte Reotas durch die ascheüberzogenen Ruinen der ehemaligen Höfe Trelis'. Jetzt würde hier so schnell keiner mehr leben. Hier und da lag noch die ein oder andere Leiche, welche bereits von Ratten angeknabbert wurden. Es war ein widerlicher Anblick, welcher aber zugleich zutiefst Reotas' Gemüt betrübte. Vak war tot. Niedergeschossen von einem einzigen Pfeil. Eigentlich müsste dies Reotas erheitern, er war ein Kriegsführer gewesen, ein jener, der den Krieg fortführte. Mit seinem Tod war der Krieg beendet - vorerst. Doch Reotas begriff erst jetzt, was dies alles für Folgen hatte. Trelis brannte. Die Stadt war heimgesucht von Ratten und damit verbundenen Seuchen. Die Stadt hatte keinen eindeutigen Anführer... - es herrschte Chaos.
Vor den Füßen Reotas' lag der Körper eines Orkssöldners, blutüberzogene Rüstung und einen teilweise verbrannte Glieder machten ihn aus. Er hielt den Körper für leblos und lauschte den Klängen einer zerstörten Gegend, er hörte den schweren Atem des Söldners. Augenblicklich kniete sich Reotas hinunter und schaute in das Gesicht des Orksöldners. Er war er erblindet. Sein Gesicht schwarz. Es war Reotas ein Rätsel, wie er bisher überlebt hatte. Er spürte förmlich das Leid, das den Orksöldner plagte. Es war offensichtlich, dass er sich nicht selbst davon hätte entlösen können. Reotas war es egal, wer der Orksöldner war, Reotas empfand Mitleid für ihn, was ihm reichte. Reotas sprach »Ich entlöse dich deines Leides...«
»Junge...?« mit weit geöffneten Augen starrte Reotas auf die Lippen des Söldners, sofort zog Reotas den Dolch vom Herz des Söldners weg »Der Krieg ist schle- ...« er hustete und Blut floss aus seinem Mund »Ich sah... sah wie meine Familie starb. Ich sah, wie mein Trupp niedergeschossen wurde... Ich sah wie... wie... mein Leben dahinrannte... Der Krieg nahm mir alles. Auch... auch mein Leben... Junge... ich will dich warnen... du bist der...« wieder musste er husten und man sah förmlich, wie Beliar ihm den letzten Hauch Leben entzog, dennoch sprach er weiter »...der letzte den ich warnen kann... Ich stand dem Krieg oft genug gegenüber... Er kann... mehr... mehr... anrichten a-als du... dir vorstellen zu ...wagst. Die Orks... kämpfen gegeneinander... Rhobar... wird Myrtana den Krieg bringen...
...
Junge... ich hatte es selbst vor... geh nach Nordmar... bring einem ehemaligen Freund meine Entschuldigung... Ich war ...dumm... mehr brauchst du diesbezüglich nicht zu... wissen...« Der Orksöldner reichte mit den letzten Kräften Reotas sein Schild. Welcher ihn wortlos packte und behutsam dem Griff des Söldners entzog. Reotas achtete nicht weitere darauf sondern heftete sich wieder an die Worte des Orksöldnerns »Junge... bl... bleib in Nordmar... bis der... Kr... Krieg wieder vorbei ist.... Dort bist du ...sicher. Geh nun... und lass einen schuldigen, armen Krieger sterben...« Reotas konnte nicht glauben, wie der Orkssöldner direkt vor seinen Augen sein Schwert griff und dieses sich parallel zum Körper an die Brust heftete, ehe er schließlich einschlief... Für immer. Reotas schloss die Augen des Orksöldnerns und legte eine weiße, schillernde Blume über das Gesicht des Toten.
»Ruhe in Frieden. Möge Adanos deinen Fehlern vergeben...«
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In Montera
Das klappt doch nie, dachte der Dieb zweifelnd. Es gibt zu viel, dass schief gehen kann … ich schaff’s nicht aufs Pferd, die Stadtwache holt uns mit ihren Hellebarden vom Pferd, wir laufen direkt in die bereits angreifende, feindliche Armee …
Du denkst zu viel nach, kritisierte er sich selbst und würgte seine negativen Gedanken einfach ab. Stattdessen konzentrierte er sich auf Angelina, die auf ihrem Pferd angeritten kam. Der Gauner musste nur warten, bis sie die Hütte, hinter der er stand, passierte. Dann würde er sich geschickt und geschwind hinter sie aufs Pferd schwingen und sie würden ins Freie galoppieren – so jedenfalls die Theorie.
Als die Frau mit ihrem Pferd die Hütte schließlich erreichte, verließ der Dieb sein Versteck und rannte. Angelina trieb, als sie den Gauner sah, ihr Tier zum Galopp an. Nur noch wenige Meter trennte sie.
Gleich sind wir durch … dann haben wir’s geschafft! Sie schafften es nicht … er zumindest nicht. Beim entscheidenden Sprung auf das Pferd verkalkulierte er sich und prallte er schmerzvoll gegen das Hinterteil des Reittiers und stürzte zu Boden – Angelina war auf und davon.
Der Dieb versuchte aufzustehen, hörte ein höhnisches Lachen um sich herum.
»Wolltest fliehen, Morra?», hörte er einen Ork verächtlich sagen.
Der Gauner wollte sich aufrichten, spürte, wie er gepackt wurde … und wie ihm jemand einen Faustschlag mitten ins Gesicht verpasste. Danach spürte er nichts mehr, hörte nichts mehr, sah nichts mehr …
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Die große Schlacht
Schmerz. Leid. Pein. Qual. Tod. Verderbnis. Zerfall.
Die Schlacht hatte sich in einzelne Scharmützel geteilt, zersprengt durch den rasenden schwarzen Häuptling, gespalten durch Ausweichmanöver gegen die Pfeilhagel der Gegner, mit Breschen durchschlagen durch mentale Machtkämpfe unter den Schamanen. Es war Zeit, sich von der Gruppe zu lösen.
Proya glitt hinunter auf alle Viere, atmete den Staub und die verbrauchte Luft des Schlachtfeldes ein. Blut hatte diese Erde noch keines gesehen, denn der Kampf tobte weiter vorn und unter den Schamanen des Krushak Clans gab es bisher niemanden, den es getroffen hatte, jedenfalls niemanden, den sie in ihrer Reichweite wusste. Ihr ritueller Kampfstab hing bisher ungebraucht auf ihrem Rücken, doch nun wurde es Zeit, ihn mit Blut zu tränken. Die Knochenketten hatte sie vor der Schlacht entfernt und ihre Arme damit geschmückt, aufdass die Ahnen ihr beistehen mochten.
Einer Raubkatze gleich schlich sie zwischen den Füßen der Schamanen hindurch, ungesehen unter den Ereignissen der Schlacht. Geduckt hechtete sie nach vorn, wich kämpfenden Orks und blutigen Kadavern aus, welche ihren Weg kreuzten.
Erst einige Momente später, als sie sich sicher sein konnte, dass niemand ihren Ausbruch aus der Formation mitbekommen hatte und jegliche Verfolger abgeschüttelt sein mussten, richtete sie sich auf, verschaffte sich einen Überblick ihrer derzeitigen Position und atmete auf, als sie feststellte, dass die nächste Kampfhandlung einen Pfeilschuss von ihr entfernt lag. Um sie herum lagen Leichen - in der schrecklichen Ironie ihrer Gedanken waren sie gespickt mit Pfeilen, die sie förmlich an den Boden genagelt hatten. Der Geruch nach Tod kroch ihr in die Nase und sie konnte sich einem Gefühl des Hungers ob dieser toten Morras nicht erwehren und doch trieben ihre Instinkte sie zurück zur Schlacht. Denn nun war sie nicht mehr Proya, sondern vielmehr die Eiswölfin.
Ihre Gedanken wirbelten umher, angepeitscht von ihrer ungenutzten und vor allem nutzlosen Magie, die durch ihren Körper strömte. Es zog sie zu den Söldnern Monteras, denn auf den ihren war ein Verbot ausgesprochen worden, ähnlich dem, welches durch ein Ulu-Mulu entstand, doch war dies in ihren Augen ein Bruderkrieg, der hätte verhindert werden können und so suchte sie Gegner, denen sie aus ihrem eigenen Trieben heraus die Gliedmaßen ausreißen wollte.
Der Blick ihrer grünen Augen schweifte über die Flanke des Getümmels und blieb an einer Gruppe hängen, die einige Schritte außerhalb der eigentlichen Schlacht kämpften. Es waren ausschließlich Morras, die dort ihre Waffen kreuzten, doch war es unverkennbar, dass der Kampf aus dem Inneren ihrer Gruppe trieb, wie ein Keim des Verrats und sie erkannte auch, dass es die vermeintlichen Deserteure schwer hatten, standzuhalten.
Ihre Instinkte verrieten ihr, dass es das Richtige wäre, die Deserteure zu unterstützen, denn jeder Kämpfer für den Krushak Clan würde den Sieg schneller herbeiführen und somit das Ende der gotteslästerlichen Schlacht.
Ihre Pranken fühlten wieder Dreck zwischen den Fingern und in waghalsiger Geschwindigkeit hetzte sie auf die kämpfende Gruppe zu. Grollendes Knurren drang aus ihrer Kehle und doch bemerkte sie niemand, denn der Lärm des Kampfes übertünchte ihre bestialischen Drohungen. Als sie immer näher kamen, eröffneten sich ihr mehr und mehr Details. Inmitten der Gruppe wirbelten drei Krieger umher, die sich jeweils mit drei oder vier Gegnern gleichzeitig maßen. Zu ihren Füßen lagen bereits Gefallene und es schien für die Unterzahl immer schwieriger Auszuweichen und einen Treffer zu landen, denn der Boden war zur Falle an sich geworden: Wer stürzte, verlor.
Ein Gesicht, welches persönlich aus dem Reich des Dunklen Schnitters zu stammen schien richtete sich ihr zu, gab ihr das Gefühl dem ersten Lakaien des Schöpfers in die Augen zu blicken, der ihr befahl ihm zu helfen.
Er hatte Blut geleckt, denn seine riesigen Reißzähne mussten sich mehrere Male an dem Fleisch seiner Feinde gütlich getan haben, um die Blutigen Lefzen zu erklären. Mit klauenartigen Händen packte er einen der Söldner am Kinn, schlug Löcher in den Mundraum und hinterließ einen Strom aus Blut, der aus dem Gesicht des Schreienden rann. Doch der nächste Schritt hätte der letzte sein können, den der dunkle tat. Sein Fuß blieb für einen winzigen Augenblick an dem Schuppenpanzer eines Gefallenen hängen und ließ ihn Straucheln. Dies war die Gelegenheit, die Proya für ihren Angriff nutzte.
Mit dem Schrei eines wilden Tieres warf sie sich auf den Söldner, der mit seinem Anderthalbhänder zu einem finalen Streich gegen den Berserker ausholte. Er überragte sie und so krallte sie sich mit ihren Pranken an den Schultern des Gepanzerten fest und trieb ihre Reißzähne in den Hals des Überraschten. Warmes Blut schoss der Orkin in den Mundraum und der Geschmack hitzte ihren Durst an: Sie wollte mehr! Sie wollte töten und sich an den Qualen ihrer Gegner laben.
Die schwere Waffe glitt aus den kraftlosen Händen des Überfallenen und langsam sank er auf die Knie. Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben, als sein letzter röchelndender Atemzug im Schlachtenlärm unterging und die Aufmerksamkeit der anderen war ihr sicher.
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Die Situation hatte sich geändert. Mit Wombels Auftauchen verlor das Gespräch mit Thorwyn seine Grundlage, auch wenn es ohnehin gerade abzuflauen schien. Sie war sich unsicher, inwieweit ihre Worte tatsächlich geholfen hatten, so richtig glücklich war sie danach nämlich nicht. Eher brannte ihr noch etwas auf der Seele. Aber das würde nun wohl warten müssen. Warten auf die nächste Gelegenheit, in der sie mit ihm allein war.
Wombel brachte etwas zu trinken mit. Instinktiv spürte sie nun auch, dass die anfängliche Wärme, die sie in ihrem Inneren gespürt hatte, abgeflaut war. Was blieb, war die Kälte, die die Blonde von mehreren Seiten her angriff. Und dann war da noch Wombels Frage. Was hatte sie vor? Eine gute Frage.
"Ich weiß es nicht.", antwortete Leyla ehrlich. "Was gibt es dort draußen, das mich brauchen könnte? Wenn ich es mir recht überlege, braucht Thorwyn mich derzeit wohl noch am meisten."
Sie musste bei diesen Worten grinsen, schwang in ihnen natürlich eine gewisse Ironie mit. Andererseits wäre sie nicht unglücklich darüber, für's Erste etwas Zeit mit einem Freund zu verbringen. Es war lange her, dass ihr Leben auch nur halbwegs als normal zu bezeichnen war.
"Doch im Ernst, ich denke, dass ich erstmal nicht sehr weit reisen werde. Der Winter steht kurz bevor. In der Vergangenheit habe ich diese Zeit meistens abseits der Heimat verbracht, das würde ich gern ändern. Heimat heißt in diesem Fall allerdings nicht Silden, das scheint mir nach meinem letzten Besuch kein sicheres Pflaster mehr zu sein. Eher bleibe ich hier. Im Notfall gehe ich nach Varant, dort ist es lange nicht so kalt."
Beides klang gut. Hierbleiben war aber sicherlich nur so lange interessant, wir Thorwyn auch hier war. Sie wusste nicht warum, aber irgendetwas sorgte dafür, dass sie sich ein klein wenig zu ihm hingezogen fühlte.
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Während Xorag und San Daran die letzten Stunden trainiert hatten, kümmerte sich Ronsen um die Vorräte. Er war Wasser holen gegangen, hatte Feuerholz und Pilze gesammelt, sie auf einer alten Stahlplatte auch einigermaßen gebraten und die beiden dann mütterlich zum Essen gerufen. Wie es ein Paladin eben handhabt... eigentlich verstand er die Welt nicht mehr. Zum Glück zählte er sich noch nicht zum abgehobenen Adelsgeschlecht. Er würde keine Sekunde allein in der Wildnis überleben...
"Es gibt heute Pilze... wir haben Butterpilze, Pfifferlinge, Maronen, Steinpilz, Krause Glucke,..."
Ronsen stocherte mit seinem Messer über die große Metallplatte und verteilte die Pilze auf den Brettchen. Für jeden gab es einen großen, schwammartigen Pilz.
"Was soll das denn sein?", meinte Xorag etwas angewidert als er den Schwammpilz mit den Fingern hob, abwog und wieder auf sein Brettchen legte.
"Krause Glucke. Fette Henne."
Unverständnis.
"Ist ein Speisepilz. Wir haben Glück, noch welche gefunden zu haben, eigentlich wachsen sie nicht so lange. Aber die Witterung lässt es derzeit ja zu. Milde Herbstabende sind ja doch was Feines..."
Der Paladin lehnte sich zurück an einen großen Felsen und begann sein Essen. Neben den Pilzen gab es noch einen uralten Kanten Brot, den der Magen kaum mehr klein bekam, ein perfektes Nahrungsergänzungsmittel.
"Wisst ihr...", er biss sich mit einem kräftigen Ruck ein Stück vom Brot ab, "ich habe mir die letzten Tage eine Menge Gedanken gemacht. Zum Beispiel über diese Untoten, denen wir begegnet sind... sie kamen doch bestimmt aus Gotha, kann ja sein, dass die Seuche von dort irgendwie ausgebrochen ist... seid ihr da schonmal gewesen? Oder in Faring oder Montera? Ich war da bisher noch nie... zumindest nicht als Zivilist. Ich habe mal an einem Raubzug gegen die Kornkammer teilgenommen, aber ich frage mich echt, wie es die Leute da aushalten. Ständig die Orks und Untoten im Nacken... wo bist du denn schon so herumgekommen, Xorag? Hast du schonmal eine der von Orks besetzten Städte betreten ohne... nunja, die Mistviecher dabei aufzuspießen?"
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Noir war jetzt schon seit einiger Zeit auf Reisen, doch noch immer hatte er sich nicht ganz an Myrtana gewöhnt... Varant war doch um einiges wärmer und vorallem war es dort so viel einfacher... hier waren die Orks und die Menschen die sich bekriegten, und seit einiger Zeit bekriegten sich nun die Orks schon gegenseitig. Doch der junge Artist hatte schon immer ein Gespür dafür sich aus jeglichem Ärger rauszuhalten, was ihn jetzt zielstrebig auf ein kleines Küstendorf zugehen lies. Den Wegweisern zu Urteilen war dies Kap Dun, ein Name den Noir schon einmal gehört hatte, aber wahrscheinlich bloß aus Geschichten die sich einige der Männer in Bakaresh erzählt hatten. Er hatte sich anfangs einigen fahrenden Händlern angeschlossen oder anderen Reisenden die Richtung Küste unterwegs gewesen waren, aber jetzt reiste er allein und er wusste nicht, ob dies sich demnächst ändern würde.
Dunkel war es mittlerweile geworden, aber allmählich konnte er schon die Holzpallisade des Dorfes ausmachen und er wusste, dass er bald einen sicheren Ort zum rasten hatte und vielleicht sogar ein paar Goldmünzen für seine Kunstücke bekommen würde. Vielleicht gab es ja sogar ein paar weibliche Anwohner oder Reisende die er auf sich aufmerksam machen konnte, wer weiß? Getrieben von einer nicht allzukleinen Vorfreude beschleunigte er seinen Schritt und überprüfte noch einmal ob alles an seinem Ort ware bevor er durch das kleine "Tor" in der Pallisade Schritt, tief Luft holte und laut "Endlich angekommen!" vor sich hin rief. Er hatte sich das Dorf zwar schöner vorgestellt, aber außerhalb Varants konnte man wie es aussah tatsächlich keine Ansprüche an die Schönheit der Städte und Dörfer stellen, jetzt blieb nur noch zu Hoffen, dass sich wenigstens gut aussehende Damen in diesem Dorf befanden - und vorallem gut bestückte Geldbörsen. Doch für diesen Abend schien es schon zu spät zu sein um sich in dem Dorf umzususehen oder Zuschauer für seine Kunststücke zu finden. Er legte seinen Rucksack nahe der Pallisade ab und setzte sich daneben, für einen Wanderer war das ein wunderschönes Plätzchen um sich auszuruhen und die Gegend ein wenig zu beobachten...
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