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“Also wenn ihr mich kochen lassen wollt, dann können wir die Taverne gleich wieder schließen.“, grinsend nahm er einen Schluck Wasser. Illdor erinnerte sich noch, als er einmal versuchte für einen Freund eine Mahlzeit zuzubereiten. Dieser dachte der Dieb hatte vor ihn zu vergiften und sprach deswegen einige Tage kein Wort mit ihn. Außerdem hielt er immer einen Dolch bereit wenn sich Illdor ihm näherte. Vielleicht würde er es aber für seine Gruppe lernen.
Dennik war schlafen gegangen und nun passierte doch das, wovor sich Illdor gefürchtet hatte. Irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, Rekhyt würde nicht lockerlassen.
Vielleicht war es Zeit loszulassen...zumindest von einem Teil.
Er seufzte und biss sich auf die Unterlippe. „Es war töricht zu denken keiner würde es merken.“ Er blickte nachdenkend auf die Tischplatte. „Es geht um meine Vergangenheit... Es gab zwei Personen, die ich über alles liebte, nachdem ich alles verloren hatte. Selbst Dennik weiß nicht viel davon.“
“Es gab...?“, fragte Rekhyt.
“Ja, es gab... Damals lernte ich meine Liebe kennen, als man mich und meinen Bruder als Sklaven verkauften. Auch sie war eine Dienerin. Mit ihr verbrachte ich die schönste Zeit meines Lebens.“ Illdor blickte auf die Decke der Taverne. Er hatte gemerkt, dass wenn er sich über etwas Gedanken machte, er immer nach oben schaute.
“Was geschah mit ihr?“
Illdor zögerte, denn nun kamen die wunderbaren Erinnerungen und Erlebnisse wieder hoch.
“Sie starb... Man hatte sie geschändet.“ Illdor kniff die Augen fest zusammen, um nicht loszuweinen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er zitterte...am ganzen Arm. Die Arterien verdickten sich und der Dieb spürte, wie sein Puls raste. Er wollte stark sein und unterdrückte seine Gefühle.
“Wir schworen uns eine eigene Gaststädte zu eröffnen, sollten wir jemals frei kommen, denn es war ihr größter Wunsch gewesen. Sie war so sanft und nett zu den anderen...“
Rekhyt lauschte aufmerksam zu und gab keinen Kommentar von sich. Illdor freute sich darüber, dass er ihm Zeit ließ, um sich wieder zu sammeln. Auch war froh über sich selbst. Endlich konnte er es jemanden sagen. Das war ein weiterer Schritt mit der Vergangenheit abzuschließen. Nicht in dem Sinne Delina für immer zu vergessen, sondern um nach vorne blicken zu können. Sich auf seine Zukunft konzentrieren zu können... Delina würde immer ein wichtiger Teil seines Lebens bleiben...und das für alle Ewigkeit.
Geändert von Illdor (04.09.2010 um 01:10 Uhr)
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Damit hatte Rekhyt nicht gerechnet! Scheinbar die ganze Geschichte hatte er ihm erzählt, von seiner Geliebten und ihrem Tod. Bei seinen Worten, kehrten auch in Rekhyt verdrängte Erinnerungen zurück, doch er kaum waren sie gekommen verdrängte er sie auch schon wieder und konzentrierte sich stattdessen auf Illdor. Der Dieb hasste es ihn so zu sehen, wie schlecht es ihm ging und nichts dagegen tun zu können.
Als es schien als hätte er sich etwas gefasst, bedankte sich Relhyt schließlich für die Offenheit. Mehr konnte er nicht tun und er musste etwas tun, um nicht seinen eigenen Gedanken zu verfallen.
"Es tut mir so Leid für dich! Ich hatte nicht erwartet etwas so Persönliches zu hören, aber ich möchte dir für deine Offenheit danken! Wenn es etwas gibt, dass ich für dich tun kann..."
Er brach ab, was für ein dummer Satz. Konnte er die verlorene Liebschaft wieder lebendig machen? Nein! Also was sollte er tun? Wenn Illdor eine Bitte haben sollte, würde Rekhyt sie natürlich ausführen.
Was gab es jetzt noch zu sagen? Einfach schlafen gehen und Illdor alleine zurück zu lassen konnte er jetzt nicht. Etwas über sich selber zu erzählen um die Offenheit zu erwidern wollte er nicht. Er wollte nichts verheimlichen, aber ohne gefragt zu werden einfach darauf los zu reden, war einfach nicht seine Art.
Also saß er bloß da, schwieg und sah Illdor mitfühlend an.
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“Ich danke dir.“ Illdor wusste nicht was er noch sagen sollte. Er hatte das Wichtigste, was ihm am Herzen lag, preisgegeben...an jemanden, denn er gerade mal seit einigen Tagen kannte. Aus irgendeinen Grund vertraute er Rekhyt, genauso wie Dennik. Vielleicht lag es daran, dass sie einfach nur Artgenossen waren, ...vielleicht aber tat Illdor dies, weil er wusste, dass auch sie womöglich etwas zu verbergen hatten. Etwas, was genauso schlimm, nein, vielleicht sogar noch viel schlimmer sein könnte...
“Ich denke, auch wir sollten uns schlafen legen. Es ist schon spät und morgen erwarten uns viele Dinge, die wir erledigen müssen. Wir sehen uns morgen.“ Illdor erhob sich von seinem Stuhl und wandte sich zum Gehen. Doch dann drehte er sich nochmals zu Rekhyt um.
“Heute habe ich einen weiteren Schritt in meine Zukunft gesetzt und dafür danke ich dir.“
In seinem Zimmer angekommen ließ er sich, angelehnt an der von ihm sanft geschlossen Tür, hinunter und auf dem Boden sacken. Wie ein elendes Etwas saß mit geschlossenen Augen da. Er hielt seinen Kopf mit beiden Händen fest und weinte. War es wegen der Trauer? Oder war es wegen der Freude? Er wusste es nicht.
Die kühle Abendluft wehte durch das leicht geöffnete Fenster hinein und trocknete nach einer Weile seine Tränen.
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Es war ein Morgen wie jeder andere. Naja, vielleicht auch nicht. Wohl eher sehr wahrscheinlich nicht. Wenn man bedachte, vor wie langer Zeit die Götter die Welt erschaffen hatten, musste ein Morgen, um ein Morgen wie jeder andere zu sein, schon sehr... allgemein sein. Denn das war ja die eigentliche Bedeutung dieses Wortes: allgemein. Normal. Wie immer. Alltäglich. Oder eben allmorgendlich.
Und um überhaupt auf die Idee zu kommen, am Morgen früh so viel philosophisch-sprachtheoretisch-völlig schwachsinniges Zeug im Kopf herumzuschieben musste man schon ne Menge Alkohol im Blut und vor allem im Kopf haben. Irgendwo drin mussten diese verrückten Gedanken ja schwimmen. Oder auch nicht. Tatsächlich erlebte Andron nämlich seit langem wieder einmal einen trockenen Sonnenaufgang.
Wobei "trocken" es eigentlich auch nicht ganz traf. Schliesslich hockte er triefend und tropfend im Sand und starrte über das weite Meer, in das er sich erst vor kurzem gestürzt hatte. Also an und für sich war "gestürzt" vielleicht auch nicht der passendste Ausdruck, man stellte sich dann immer jemanden vor, der sich von einer Klippe oder was ähnlich hohem stürzt. In Bakaresh gab es zwar genügend umgebende Felsen und Berge, ja sogar das eine oder andere wirklich wirklich hohe Gebäude, doch von all diesen Punkten konnte man sich höchstens in den Sand oder Staub der Gassen der Stadt stürzen. Zum Meer gab es hier eigentlich nur Strand mit gelegentlichen kleinen Erhebungen. Allerdings war "gestürzt" insofern eben doch gut gewählt, weil der junge Mann mit seinen langen, verfilzten Haaren, seinem ebenso langen und verfilzten Bart und seinen völlig verdreckten und verwahrlosten Kleidern wie ein Wilder über diesen Strand gerannt war, dabei lauthals geschrien hatte und sich schliesslich wie gesagt ins kühle Wasser des Meeres gestürzt hatte.
Nunja, und da sass er nun, triefend und tropfend, sein Haar und Bart immer noch lang und verfilzt, seine Kleider immer noch dreckig und verwahrlost (jetzt allerdings das Ganze noch vermischt mit einem Schuss salzigem Meerwasser - da der Wüstenbewohner nicht schwimmen konnte, war er nur bis zu den Knien ins Wasser gerannt, war kurz untergetaucht und dann vor der ersten heranbrausenden Welle wieder geflohen) und stellte diese verrückten Gedanken an. Allzu viel brachte ihm all das nicht ein, aber zumindest wusste er nun, dass man auch nüchtern ziemlichen Blödsinn denken konnte.
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Rekhyt hatte schlecht, um genau zu sein, so gut wie gar nicht geschlafen. Viele Fragen waren ihm durch den Kopf gegangen und Illdors Geschichte hatte auch einen Teil seiner Vergangenheit geweckt. Wach war er in seinem Zimmer am Fenster gesessen und hatte in die Nacht hinausgeschaut, nur kurz war er vielleicht einmal in einen schlechten Schlaf verfallen, ehe er wieder erwachte.
Mittlerweile war der Tag hereingebrochen und er befand sich auf Bakareshs Straßen. Seine Gedanken hatte er immer noch nicht ordnen können und ging durch die Stadt ohne ein Ziel zu haben, außer alleine sei zu wollen.
Illdor kannte ihn seit wenigen Tagen und hatte ihm schon eine seiner persönlichsten Geschichten anvertraut und was der Dieb am erstaunlichsten fand, nicht einmal Dennik wusste davon, obwohl er ihn schon länger kannte. War es Zufall? Oder vertraute Illdor dem Blauäugigen mehr? Und vor allem: warum? Er zerbrach sich den Kopf darüber, aber Antworten gab es keine. Nur an einen Zufall glaubte er nicht. Das tat er prinzipiell nicht und außerdem hatte alles mit diesem Blick begonnnen und der konnte nicht zufällig auf Rekhyt gerichtet gewesen sein. Zumindest Illdors Unterbewusstsein musste ihm dieses Vertrauen zukommen lassen wollen haben. Aber warum?
Es war sinnlos! Eine Antwort darauf gab es nicht und Rekhyt suchte sie eigentlich auch nur aus einem Grund: um sich nicht mit dem anderen Thema in seinem Kopf auseinander setzten zu müssen.
Aber es half nichts, die ganze Nacht und den halben Tag hatte er es versucht zu ignorieren, aber es war ihm nicht gelungen, also musste er sich wohl geschlagen geben und seine Gedanken darauf richten. Am Meer war es so viel einfacher gewesen. Vielleicht weil dort nichts war, was ihn erinnern hätte können. Er war alleine mit Gath und weder ein Baum, ein Berg oder auch nur normale Erde war da gewesen. Wasser so weit das Auge reichte und mit Wasser verband er keine Erinnerungen. Wie das Land, hatte er auch Erinnerungen, die er verdrängen wollte, hinter sich zurückgelassen und jetzt wo er wieder am Land war, waren auch die Erinnerungen wieder da. Sie hatten ihn eingeholt und wollten ihn jetzt nicht mehr loslassen!
Je mehr er die Gedanken zuließ, desto mehr wurde er von Trauer erfasst. Schließlich hatte er sie geliebt! Geliebt bis zum Ende. Sie war es die ihn verlassen hatte! Aber warum hatte sie so etwas nur tun können? Weil sie Gath nicht traute, so wie sie gesagt hatte? Doch dabei war Gath doch ganz nett und Rekhyt ist doch selbst keine Person, die jedem sofort traute. Er zweifelte, dass sie nicht noch andere Gründe gehabt hatte. Es musste einfach auch etwas mit ihm zu tun haben! Wenn sie ihn...
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen. War das Illdor, der da in einiger Entfernung auf ihn zukam? Er konnte sich nicht sicher sein, aber er wollte es nicht darauf ankommen lassen. Alleine wollte er sein, das war alles! Er machte am Absatz kehrt und eilte in die andere Richtung davon. Wohin könnte er gehen, wo ihn niemand finden würde? Niemand Bekannter und auch niemand Fremder. Er dachte, an Gaths Boot, aber die Chance, dass der Besitzer dort war, war zu groß.
Dann bekam er eine Idee. Geschickt kletterte er auf eines der Dächer und bewegte sich von dort zu einem benachbarten Haus, das etwas höher war und Schatten auf das Hausdach warf. In diesen Schatten setzte sich der Grübelnde und gab sich seinen Gedanken hin.
Wenn sie ihn genauso geliebt hatte, wie er sie, dann hätte sie doch nicht einfach so gehen können. Sie hätte ihn versuchen müssen ihn zu überreden, mit ihr zu gehen, oder hätte sonst etwas sagen müssen. Rekhyt wusste selber nicht was, aber es hatte so einfach für sie gewirkt. Zu einfach!
Ihm fiel ein, dass auch sie eigentlich auf dem Weg nach Bakaresh gewesen war. Ob sie schon angekommen war? Es war nicht unwahrscheinlich, Gath und er hatten ziemlich lange gebraucht und er war auch schon ein paar Tage hier. Wollte er sie wieder sehen? ... Er wusste keine Antwort darauf. Er hatte sie geliebt und getrauert, aber hatte er auch mit ihr abgeschlossen? Nein, er hatte sie nur verdrängt, aber was war jetzt? Er hatte Freunde und er war dabei eine fixe Bleibe und sogar eine Art Beruf zu bekommen. Sein Leben ging weiter! Seine Geliebte zu sehen, es wäre... Er wusste nicht, was er empfinden würde. Im Moment fühlte er sich nur unsicher und diese Unsicherheit sagte ihm, dass er nicht nach ihr suchen sollte. Aber verdrängen durfte -und konnte- er sie gar nicht weiter.
Er saß da und in seinem Kopf herrschte plötzlich Stille. Was hatten diese ganzen Grübeleien jetzt gebracht? Er hatte sich mit seiner Vergangenheit auseinander gesetzt, das war alles, aber er glaubte, dass es geholfen hatte.
Immerhin würde jetzt nicht die Geschichte eines anderen in ihm Geschichten hervorrufen und der Gedanke anderen von seiner Geliebten zu erzählen, fand er gar nicht mehr so abwegig. Zumindest nicht schlimmer, als reden allgemein. Obwohl Illodr wohl die besten Chancen hatte, die Geschichte zu erfahren.
Langsam stand er auf und stieg wieder von dem Dach herunter. Das waren genug Gedanken für einen Tag, sagte er sich.
Geändert von Rekhyt (04.09.2010 um 15:21 Uhr)
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Die jüngsten Ereignisse ließen Illdor keine Ruhe. Seine Gefühle spielten verrückt und der Dieb fühlte sich hin und hergerissen. In der Nacht hatte Illdor einen merkwürdigen Traum.
Im Traum fand sich Illdor am Meer wieder. Der Sand war schön und rein. Die Sonne schien sanft und wohltuend. Der junge Mann selbst saß allein dort und lauschte das Rauschen der Wellen. Die Luft roch angenehm salzig.
Plötzlich streckte sich eine schöne Frau aus dem Wasser. Sie kehrte Illdor den nackten Rücken zu. Dann schüttelte sie leicht ihr nasses Haar und umklammerte sich selbst. Schüchtern drehte sie ihren Kopf zu Illdor um. Dieser erstarrte, als er das Gesicht sah. Es war Delina.
“Wie ist das möglich...“, sprach der Dieb mit sich selbst. Seine Liebste war schon seit Jahren tot, und doch stand sie nun lebendig vor ihm.
“Mein Geliebter...komm zu mir...“ Delina streckte ihre Hände hinaus und forderte Illdor auf zu ihr zu kommen. Wasser perlte vom ihren nackten Körper hinunter und glitzerte in der abnehmenden Abendsonne.
Illdors Verlangen und Begierde stieg. Sofort erhob er sich, lief schnell zu ihr hin und griff nach ihrer Hand. Dann umarmte er sie.
“Bist du es wirklich, Delina?“
“Natürlich.... Da du nicht nach vorne blicken möchtest, ... solltest du vielleicht wieder zu mir zurückkehren...“
Stille. Illdor hoffte, dass dieser Moment unendlich lang sein würde.
“Was meinst du?...“, begann er, als er sich von seiner Liebe wieder löste.
Schreiend fiel er in Wasser, denn was er dort sah, war nicht Delina. Mehr war es eine Bestie...nein...ein Monster.
Die Haut war nicht mehr zart und weich, sondern so trocken wie Pergament und so angespannt, als wolle sie jeden Moment reißen. Das Haar ähnelte nun mehr Stroh und die mädchenhaften Händen wurden ersetzt durch knochige Klauen, die nach Illdor griffen. Ein kreisrunder Mund wurde bestückt mit zig messerscharfen Zähnen, die im verwesten Zahnfleisch saßen. Tödliche Stacheln schossen aus dem Rücken von „Delina“ und richteten sich auf den Dieb. Finster schaute sie ihn mit ihren dämonischen Augen an...
“Ja...ich hätte gerne wieder etwas von dir...“, rief sie und durchbohrte Illdor mit ihren Stacheln.
Schweißgebadet erwachte Illdor aus dem Albtraum. Seine Haut fühlte sich nass und klebrig an und sein Puls raste. Rasch holte er nach Luft.
Draußen ging die Sonne gerade langsam auf und Illdor erhob sich zitternd vom Bett. Er ging zum Fenster und blickte vorsichtig hinaus. Alles war genauso wie es auch vorher war. Er konnte sich den Traum nicht erklären. Warum hatte er sich vorgestellt, Delina wolle ihn töten? Und...warum nahm sie die Gestalt dieser grotesken Kreatur an? Fragen, auf die Illdor keine Antwort fand. Er beschloss hinaus an die frische Luft zu gehen. Als er das Bett machen wollte, merkte er jedoch wie unangenehm er roch.
Er seufzte, zog sich an und begab sich nach draußen. Er ging Richtung Meer.
Am Wasser angekommen entkleidete er sich und ging zögernd ins kühle Nass. Zu frisch waren die Erinnerungen an den Traum und zu groß war die Angst, es nochmals erleben zu müssen. Kurz tauchte er hinunter und wusch sich das Gesicht. Dabei löste sich das Seil mit dem Horn um Illdors Hals. Sofort griff er nach dem Erinnerungsstück von Delina, bekam es jedoch nicht zu fassen und so sah er zu, wie das Objekt seiner Liebe schließlich bis auf den Grund sank. Sand wurde plötzlich aufgewühlt und verdeckte das Horn.
“Jetzt verstehe ich....Ich danke dir, Delina...“ Illdor hielt kurz die Luft an um das Horn aus dem Wasser zu holen. Er machten einen Knoten im Seil und hing sich das Ding wieder um den Hals.
“Ich danke dir...“
Delina half ihn endlich sein altes Leben zurückzulassen, um ein Neues zu beginnen. Sie hatte ihm klargemacht, dass sie wie eine böse Barriere wirkte und er diese überwinden musste. Tat er dies nicht, würde er immer auf der Seite des Versagens bleiben. Er würde sich immer wieder mit Gedanken an Delina ablenken und somit niemals etwas zu Stande bringen. Doch nun ist es getan. Er hatte die innere Mauer besiegt...nein...es war Sieg über sich selbst.
Später ging er wieder Richtung Taverne. Ein Lächeln zauberte sich auf sein Gesicht und er fühlte sich wie neugeboren. In der Ferne bemerkte eine Person, die wie Rekhyt aussah, doch verschwand sie wieder so schnell, wie sie aufgetaucht war.
Geändert von Illdor (04.09.2010 um 22:58 Uhr)
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Am Abend ging Rekhyt wieder in die Taverne in der er gestern mit Dennik und Illdor gesessen hatte. Er besetzte wieder den gleichen Tisch und bestellte sich diesmal auch etwas zu essen. Jetzt würde es ihm nichts mehr aus machen, Gesellschaft zu bekommen, auch wenn er nicht darauf angewiesen war. Eigentlich hatte er nie ein Problem damit alleine zu sein.
Nicht lange musste er warten, als Illdor auf ihn zu kam. Schneller noch als die Bedienung mit dem Essen war er gewesen.
"Hallo." grüßte Rekhyt.
Da fiel ihm wieder ein, dass er ihn heute schon zu sehen gehabt glaubte. War das wirklich Illdor gewesen? Und hatte er ihn auch gesehen? War ihm sein Verhalten aufgefallen, dass er vor ihm geflohen war? Würde er darüber sprechen? Rekhyt konnte es nicht wissen, aber falls es so war, würde er die Situation erklären. Er würde sagen, dass er in seinen Gedanken alleine sein wollte und worüber er nachgedacht hatte. Aber nur, wenn Illdor auch danach fragte.
Bevor dies aber geschah, ergriff er selber das Wort.
"Hast du Neuigkeiten vom Turm? Oder weißt du ob Dennik welche hat?"
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Eine ziemliche Paranoia beherrschte den Boss. So sehr, dass Budo, Vetkin und neuerdings auch Vicious in seinem Herrenhaus unterkamen. Nicht um dessen Vorzüge zu genießen, sondern viel mehr um ungebetene Gäste fernzuhalten. Genau das geschah auch in der vergangenen Nacht und wurde damit zur Feuertaufe der Kopfgeldjägerin.
Während Vetkin den Weinkeller und das dortige Dienstmädchen unter die Lupe nahm und Budo schnarchend hinter der Eingangstür auf einer Bank lungerte, verschaffte sich eine dunkle Gestalt über das Dach des Herrenhauses Zutritt. Auch Vicious bemerkte ihn nicht, sondern kümmerte sich um einen Holzsplitter, den sie sich zugezogen hatte. Kurzum hätte der Eindringling kaum einen besseren Zeitpunkt wählen können und gelangte schnell vom Balkon ins Innere des Hauses. Allem Anschein nach handelte es sich nicht um einen Attentäter. Zumindest hielt er sich vom Gemach des Hausherren fern und suchte statt dessen einen Weg hinab ins Erdgeschoss. Hier bewahrte der Boss allerhand Reichtümer auf. Dasselbe galt zwar auch für den ersten Stock, wo allerhand wertvolle Vasen, Teppiche, Skulpturen und dergleichen herumflogen, doch im Erdgeschoss lagen gut verschlossen in einer riesigen und vor allem schweren Truhe eine ganze Reihe von Schuldscheinen.
Neben dem recht einträglichen Seehandel, lieh der Boss anderen Händlern Gold. Im Gegenzug erhielt er einen Schuldschein und band sie damit an sich, bis sie ihn auszahlen konnten. In der Regel blieb ihnen keine andere Wahl, da sie das geliehene Gold dringend benötigten um andere Schulden abzuzahlen. Dass einige Händler das Geschäft im Nachhinein bereuten, störte den Boss weniger. Nur die Tatsache, dass manche versuchten die Schulden gewaltsam zu begleichen. Für diesen Fall hatte der Boss schließlich Söldner angeheuert.
Deren Aufgabe bestand somit auch darin, Einbrecher abzuwehren. Zwar fürchtete der Boss in erster Linie um sein Leben, doch käme es einer Katastrophe gleich, verschwänden plötzlich die Schuldscheine. Immerhin steckten große Teile seines Vermögens in diesen Papierfetzen. Und wer sich nicht nur die eigenen Schuldscheine, sondern auch die anderen aneignete, machte den großen Reibach.
Deshalb verwunderte es nicht weiter, dass es dem Boss nicht an den Kragen ging und statt dessen das Schloss der riesigen Truhe dran glauben durfte. Hätte der Auftraggeber des Eindringlings da nicht gespart, er hätte vielleicht mit seinem Unternehmen Erfolg gehabt. Doch scheinbar reichte es nur noch für einen zweitklassigen Schlossknacker, der sich zwar lautlos durch das gesamte Herrenhaus bewegt hatte, sich am Ende aber durch den Radau verriet, den er beim Öffnen der Truhe veranstaltete.
Den Boss riss es aus seinem Schlaf und Vicious vom Stuhl. Keiner von beiden machte Anstalten den Eindringling warten zu lassen und wenige Augenblicke später hatte die Kopfgeldjägerin den Schlossknacker gestellt. Völlig vermummt in graue Kleider, hob sich der Einbrecher kaum vom dunklen Zimmer ab. Eine Laterne wäre hilfreich gewesen, bloß war es dafür zu spät. Zum Glück hatte der Einbrecher dieselben Probleme mit der Dunkelheit und verfehlte, als er mit einem Dolch nach der Marmo warf. Da erreichte auch schon der Boss den Ort des Geschehens und war außer sich. Hektisch befahl er der Kopfgeldjägerin den Einbrecher dingfest zu machen, fast so, als wäre sie nicht von allein darauf gekommen.
Unterdessen hatte auch Vetkin das Spektakel bemerkt, war hinaufgerannt und hatte Budo einen kräftigen Tritt in die Wade verpasst, um ihn aufzuwecken. Just in dem Moment als der Charmeur hinter dem Boss ins Zimmer stolperte, zog der Einbrecher sein Kurzschwert. Etwas anderes blieb ihm in seiner Lage ohnehin nicht mehr übrig. Seine Tarnung war aufgeflogen und ihm standen gleich drei Leute gegenüber. Ohne Gewalt käme er nicht mehr aus dem Haus.
In dem Augenblick, da er sein Kurzschwert zum Schlag erhob, schnellte Vicious' rechte Hand über die Hüfte und ergriff das Heft ihres Schwertes. Als das Kurzschwert des Eindringlings dann herabstürzte, um ihr ein Ende zu bereiten, machte die Marmo einen Ausfallschritt nach vorn und zog zeitgleich die eigene Klinge in einem weit geschwungenen Bogen aus der Scheide. Was folgte war ein gequälter Aufschrei, das Scheppern des Kurzschwertes und das dumpfe Aufprallen einer abgetrennten Hand auf dem Boden.
Vicious senkte ihr Schwert und zielte mit der Spitze auf die Kehle des Eindringlings. Ihm war jedoch längst jeder Wille zum Widerstand genommen und er sackte elend zusammen. Sicherlich war sein versprochener Lohn nicht annähert die Schmerzen wert, die er jetzt und auch in Zukunft erleiden musste. Doch das kümmerte Vicious nicht. Jetzt polterte auch Budo endlich ins Zimmer und erhielt sofort Order, sich um den Eindringling zu kümmern. Was das bedeutete, war einfach zu erraten. Töten würde der Fettsack ihn nicht. Doch wenn er nicht clever genug war über seinen Auftraggeber auszupacken, würde er sich zweifellos den Tod wünschen.
Für Vicious war die Sache damit erst mal erledigt gewesen, denn mit dem Verhör hatte sie nichts am Hut. Statt dessen hing sie mit Vetkin den Rest der Nacht herum und döste vor sich hin, bis der neue Tag schon längst angebrochen war.
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»Wunderbar«
Der Dieb lächelte eisig, als er neben den Straßenjungen trat, der über den Markt der Wüstenperle schlenderte und hier und da auf besonders wertvolle Dinge schaute, sicherlich mit dem Gedanken spielte, sie unerkannt mitgehen zu lassen.
»Grüß dich, Kleiner, und mach keine Stielaugen nach den Sachen des Juweliers. Siehst du den Riesen, der dort neben dem Stand döst? Das ist sein Wächter, ein im Hafenviertel bekannter Schläger. Kein netter Geselle, glaub mir.«
Vryce lachte, bedeutete dann seinem Schützling, ihm zu folgen. Sie kamen wieder zur bekannten Lagerhalle, dort, wo die Übungen stattfanden. Ruhig, ohne Eile, entzündete der Dieb zwei Fackeln, die zumindest einen Teil der verdunkelten Halle erleuchteten.
»So, Junge, jetzt zeige ich dir, wie du richtig zu schleichen hast. Es ist alles eine Frage der Körperhaltung, der Kontrolle über deine Muskeln. Es spielt auch eine gewisse Portion Kondition mit, denn mehrere Minuten in ein und derselben Haltung zu verharren, geht ziemlich auf die Knochen. Glaub’s mir, Kleiner. Also, zuerst einmal die Position, aus der du schleichst. Auf ihr baut das Ganze eigentlich auf.«
Der Dieb führte es vor. Er ging leicht in die Hocke, hielt das Gleichgewicht, indem er die Arme ausbreitete. Einen nach vorne, die Haupthand, eine zurück. Die Hand, welche für die Balance wichtig war. Vryce grinste Dennik an.
»Die Arme hältst du so, damit du ein Gleichgewicht hast. In der Hocke fehlt es dir normalerweise, so dass du schnell vornüber fallen kannst wie auch auf den Hintern. Stell sie dir wie die Flügel eines Vogels vor. Hat er einen angelegt, fehlt ihm die Symmetrie, um fliegen zu können.«
Dennik nickte, vielleicht hatte er verstanden. Das würde sich zeigen.
»Machen wir weiter, Dennik. Du musst auf deine Schritte achten, vor allem auf dein Schuhwerk. Barfuss ist perfekt, Stoff und Leder eignet sich auch zum Schleichen. Stahl kannst du vergessen, damit machst du zu viel Lärm. Also, mit dem richtigen Schuhwerk bist du auch als ungeübter Schleicher schwerer zu bemerken. Wenn du aber nicht die richtige Art der Fortbewegung kennst, solltest du es gar nicht versuchen. Du machst keine zu weiten, aber auch keine zu kleinen Schritte. Immer mit der Hacke vorsichtig auftreten, den Fußballen abrollen, dann das nächste Bein vor, das Gleiche noch einmal. Schleichen ist ein Talent der Geduldigen, die damit immensen Erfolg haben. Bist du zu ungeduldig … Lass es bleiben.
Also, hast du’s verstanden, Kleiner? Körperhaltung, Bewegung … Mehr ist’s nicht. Obwohl … Pass, verdammt noch mal, auf den Untergrund auf. Stein, Sand, Waldboden, der mit trockenen Zweigen bedeckt ist. Das alles ist wichtig! Los, mach’s mir nach.«
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Und so geschah heute das, was Dennik sich erhoffte hatte, schon vor langem, das Training begann richtig, alles was zu vor gewesen war, wie Vryce ihn schleichen lassen hatte, war nichts anderes gewesen, als ihn zu testen, ja vermutlich hatte Vryce einfach schauen wollen, wie gut er schon war.
Jetzt aber ging es los, das Trainieren, das Üben. Er würde endlich lernen, wie man schleicht.
Zusammen gingen sie, Schüler und Lehrmeister zur Lagerhalle, dort angekommen entzündete Vryce eine Fackel und hielt ihn erst einmal einen Vortrag auf was man alles beim Schleichen achten muss, was wichtig ist, mit welchen Schuhen das Schleichen nicht gut klappt und und und...
Dann zeigte der Meister ihm, aus welcher Position aus er schleichen sollte, sie ähnelte der Grundstellung beim Schwertkampf und Dennik konnte sie auch so sehen, immer wenn es los geht, egal was man vor hat, beginnt man in ihr, in der Grundstellung, und so beschloss er die Stellung auch so zu nennen, Grundstellung des Schleichen.
Vryce erklärte ihm noch, was alles eine Rolle spielte, Gleichgewicht, Haltung, Ausdauer, etc. und dann forderte er Dennik auf es ihm gleich zu tun, und sich in die "Grundstellung" zu begeben.
Im Kopf ging er noch einmal alles durch was er gehört hatte, was ihm Vryce erklärt hatte, er musste lächeln dieses "schnell noch mal alles durchgehen" erinnerte ihn schlagartig an seine Zeit mit Scorpion, dem Hünen, schmerzlich stellte er fest, das er die Anwesenheit dieses Riesen und seine unbeschwerte Art vermisste.
Boden: Ich muss acht geben, auf was für einen Boden ich schleiche, dass habe ich zwar schon immer gemacht und irgendwie ist es ja meistens immer ein Steinboden oder ein Holzboden in irgendeinen Haus und kein Waldboden, aber ich sollte trotzdem nie vergessen, wie wichtig es ist, auf trockene Äste zu achten. Auch bringt es mir nicht, wenn ich mir beim barfuß Schleichen die Füße aufschlitzte, oder auf etwas spitzes trete, weil ich einen spitzen Stein übersehen habe...
Schuhwerk: Barfuß ist immer noch das Beste, aber Vryce meinte Leder oder Stoffschuhe gingen auch... seine nicht, so viel stand fest, sie verursachten nur blasen, quietschten und man schwitze schnell in ihnen, durch und durch keine Schleichschuhe.
Die Arme so komisch es klingt ausstrecken, als würde er fliegen wollen, einen weiter nach vorne einen eher nach hinten, er stand nun, er hoffte, wie es Vryce wollte, etwas seitlich, in der Hocke, federnd da und wartete auf weitere Anweisungen, Vryce begann nun los zu schleichen und erklärte ihm weiter, auf was er achten sollte und Dennik versuchte so gut wie möglich auf all das zu achten, was Vryce ihm erklärte.
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Seine Kleider, die er im Meer gewaschen hatte, trockneten in der heißen Sonne. Nach einem erfrischenden Bad am morgen fühlte sich Illdor wohl und lebendig. Auf dem Weg zurück zur Taverne glaubte der Dieb zunächst Rekhyt gesehen zu haben, doch womöglich hatte er sich getäuscht...
Der Markt war voll. Die Händler schrien und der Platz war erfüllt mit nervtötender Unruhe und Gedränge. Illdor schien sich jedoch sichtlich zu amüsieren. Einem Vorbeigehenden rempelte er an und griff dann geschickt in seine Seitentasche. Dort ertastete er ein Säckchen und und zog es unauffällig heraus.
“Verzeiht, mein Herr“, sprach er freundlich zu dem Mann, dem er gerade einen Sack voller Münzen gestohlen hatte. Dann mischte er sich wieder unter die Menge. Vor Freude bemerkte er viel zu spät, dass jemand zu schreien begann: „Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!“
Illdor wusste nicht, ob er damit gemeint war, aber er bekam Panik. Rasch drängelte er sich durch die vielen Menschen und lief so schnell er konnte. Auf mittlerer Strecke blieb er kurz stehen, um sicher zu gehen, dass er es geschafft hatte zu entkommen, doch war es nicht der Fall. Einige Personen liefen in seine Richtung, bewaffnet Kleinwerkzeugen. Illdor rannte in eine dunkle Gasse und kletterte die Mauer hinauf. Oben auf dem Dach hockte er sich hin und schnappte nach Luft. Unten konnte er die Menge sehen, die sich nun doch etwas beruhigt hatte. Vielleicht haben Sie ja jemanden gefangen, der auch ein Dieb war...
“Abend“, grüßte Illdor seinen Freund und lies sich auf einen Stuhl nieder. „Von Dennik habe ich leider heute nicht viel gehört. Anscheinend ist er noch beim Training. Auch vom Turm habe ich wenig Neuigkeiten, aber morgen schaue ich mir einige Exemplare an. Bakaresh hat viele Ruinen, aber ich denke, dass auch ein paar Türme ohne Einsturzgefahr existieren sollten.“
Er winkte dem Dienstmädchen zu und bestellte sich auch eine warme Mahlzeit. Dann wandte er sich wieder Rekhyt zu.
“Ich hatte gestern so einen komischen Traum und heute habe ich gedacht, dich gesehen zu haben. Ich glaube langsam habe ich Halluzinationen...“, seufzte er, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.
“Spaß bei Seite. Hast du vielleicht einen wunderbaren Turm entdeckt? Und wie geht’s deinem … Geldbeutel? Meinen habe ich wieder gefüllt, aber...ich wäre fast dabei draufgegangen.“
Das Essen kam. Illdor bedankte sich bei der Kellnerin und zwinkerte ihr zu.
“Wenn du Geld brauchst, kann ich dir gerne welches geben.“, erklärte Illdor Rekhyt, während er sein Stück Brot in seinen Mund stopfte.
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»Das sieht schon gut aus, Dennik. Weißt du, warum ich dir nicht von Anfang an das richtige Schleichen gezeigt habe? Du sollst deinen eigenen Stil entwickeln, die Art, die dir am meisten zusagt, die für dich passend ist. Was bringt es dir, wenn du mich oder einen der anderen, unzähligen Diebe nachahmst? Nein, wir Diebe sind Künstler, da ist alles, was wir tun, einzigartig, ein ganz eigenes Werk. Deine Diebeskunst darf es auf der Welt nur einmal geben, sonst kannst du das ‚Kunst’ getrost wegfallen lassen. Durch die Versuche, die du – wie ich hörte sogar teilweise erfolgreich – unternommen hast, hast du der Diebeskunst deinen eigenen Stempel aufgedrückt. Natürlich verlangt das jetzt auch eine Probe auf’s Exempel. Ich werde schon etwas finden, mit dem ich dich prüfen kann, glaub’s mir. Aber nun, gehen wir. Die Nacht ist zwar noch jung, ich bin aber trotzdem schon verdammt müde. Los, Feierabend!«
Der Dieb klopfte seinem Schützling auf die Schulter, dann verschwanden sie.
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Zuerst ein Zischeln, dann ein überschwängliches Lachen. Vetkin konnte es einfach nicht verkraften, dass Vicious all seinen Annäherungsversuchen zum Trotz kalt wie ein Eisblock blieb. Vielleicht waren es auch gerade diese Versuche, die ihn für sie so unausstehlich machten. Auf jeden Fall ging er ihr damit ziemlich auf die Nerven.
Nachdem die Kopfgeldjägerin dann vor vorletzte Nacht den Dieb so elegant zur Strecke gebracht hatte, nutzte der Charmeur das gleich als Aufhänger. Großspurig bewunderte er die Art und Weise, wie sie ihr Schwert zu führen vermochte.
»Wie der Biss einer Schlange.«, hatte er gesagt. »Pfeilschnell und tödlich.« Daran sah man schon, dass er das ganze heillos übertrieb. Schließlich hatte sie dem Dieb nur die Hand abgeschlagen und ihn nicht getötet. Da Vicious jedoch nicht so auf die Komplimente reagierte, wie es sich Vetkin gern wünschte, zog er sie jetzt statt dessen damit auf. Vermutlich wechselte er damit lediglich seine Taktik.
So kam es, dass Vicious den Spitznamen Schlange weg hatte. Nicht sehr schmeichelhaft, was wohl auch der Sinn dahinter war. Zu allem Überfluss glaubte Budo die Sache sofort, als Vetkin ihm davon erzählte. Und es ihm wieder auszureden, wäre eine Lebensaufgabe geworden. Deshalb ließ Vicious es dabei bewenden, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Wenn man so wollte, glitt es an ihr vorüber wie eine Schlange.
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Heißer Wüstensand wärmte noch immer seine Füße, seine Hände und seinen Körper während er am verabredeten Ort auf die Lady wartete. Hier hatte er sie beobachtet und sie hatten sich das erste mal gesehen. Jaryvil hatte der Dame angeboten, ihr den Umgang mit dem Bogen zu zeigen. Aber wie soll das bloß ohne Ziele funktionieren? ging es ihm durch den Kopf während er mit seinem Zeigefinger kreise in den Sand zog. Naja, vorerst werden die ja nicht gebraucht Etwas erleichtert aber nicht vollkommen beruhigt stand er auf um sich umzusehen Zumindest... wenn ich es so wie bei Jakob beginne. Sein Blick wanderte hinüber zur Palme, dann zu den Häusern Bakareshs und schlussendlich gen Himmel.
Im Kopf ging er noch einmal die ersten Schritte durch, dachte an sein Vorgehen bei Jakob und dann noch einmal zurück an seine eigene Lehre bei Meister Andy und seine Rivalität mit Vainguard. Der Gedanke an ihn zauberte dem Novizen ein Lächeln ins Gesicht. Das ist jetzt auch schon ewig her.. Er seufzte und schaute dann hinüber zu dem Ort, von wo ihn die Frau beobachtet hatte und erkannte eine Gestalt die sich im fahlen Mondlicht auf ihn zu bewegte. Hoffentlich ist sie das auch und kein Assassine. Geduldig wartete er darauf, dass die Person sich ihm näherte.
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Es war ungemein anstrengend, den Sand der Wüste zu durchqueren. Obwohl sich Xrystal auf beinahe gefestigten Straßen aus Sandstein befand und obschon ihr verstauchter Knöchel längst schmerzfrei und höchstwahrscheinlich auch wieder verheilt war, hatte sich die Lady noch immer nicht an die Fortbewegung inmitten Varants gewöhnt.
Noch immer fragte sie sich, wie sie lernen sollte, einen Bogen zu handhaben, wenn sie nichteinmal einen festen Stand fand. Sicherlich, die Wüste schenkte ihr erschwerte Bedingungen und sie war sich gewiss, sobald sie diese zu beherrschen wusste, würde sie an allen anderen Orten der Welt kaum Probleme mit der Führung einer Fernwaffe haben. Doch dazu musste sie ersteinmal lernen, einen Bogen überhaupt zu benutzen.
Deshalb trat Xrystal ihren Gang zu Jaryvil, jenem Schützen, der ihr vor Tagen versprochen hatte, ihr den Umgang mit dem Bogen beizubringen, mit zweierlei Gefühlen an. Zum einen war sie skeptisch, keineswegs zuversichtlich ob ihres möglichen Erfolges, zum anderen aber steckte jegliche Ader ihres Körpers voller Hoffnung, gab es doch kaum mehr etwas anderes, das sie sich sehnlicher wünschte, als endlich zu wissen, wie sie dieses - wie sie ihre Waffe insgeheim gerne nannte - Scheißding von einer Last zu einem nutzbringenden Gegenstand umformen konnte. Sah man von der Tatsache ab, dass Xrystal ihren Bruder noch immer nicht gefunden hatte.
Als zwischen der Blonden und Jaryvil nur noch wenige Schritte lagen und sie jegliche Regung seines Gesichtes im fahlen Mondschein zu erkennen glaubte, lächelte sie ihm zum Gruße zu, straffte die Schultern und wartete gespannt auf das, was folgen mochte.
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Nach kurzer Zeit wandelten sich die Umrisse einer Gestalt zu einem Körper und aus dem Körper wurde eine junge Frau mit blonden Haaren und schlankem Körper. Sie hob die Hand zum Gruß und Jaryvil erwiderte die Geste mit einem Kopfnicken und einer angedeuteten Verbeugung. "Guten Abend, Lady Xrystal." begrüßte er sie und ein teilweise erleichtes aber auch fröhliches Lächeln legte sich auf seine Züge. Nachdem die Frau stehen geblieben war kam Jary auch gleich ohne Umschweife zum Thema. "Wenn ihr nichts dagegen habt können wir gleich beginnen oder?" Der Novize konnte ein zustimmendes Nicken erkennen und griff deswegen auch gleich nach seinem Bogen um ihn von seinen Schultern zu holen. Die Pfeile belies er vorerst dort, wo sie waren: Im Köcher.
Langsam ging er auf die junge Frau zu, damit sie ihn im schwachen Mondlicht besser sehen konnte. "Der Bogen." begann er und hielt die genannte Schusswaffe demonstrativ etwas höher. "Eine uralte Waffe aber immernoch sehr effektive Waffe. Viele Bögen sind vom Material her ziemlich billig aber der Herstellungsprozess macht sie teuer. Wenn man mich fragt aber jedes Goldstück wert. Aber die Herstellung interessiert uns ja eher weniger, vielmehr aber, was man aus diesem Stück Holz und einer Tiersehne machen kann. Ein Bogenschütze braucht ein paar grundlegende Eigenschaften um einen Pfeil todbringend einzusetzen. Ein schneller Tod ist vorallem für die Jagd wichtig, schließlich sollen Tiere nicht unnötig leiden! Das solltet ihr unbedingt im Hinterkopf behalten wenn ihr auf Tiere schießt." Bei den Worten machte er eine kleine Pause und musste an sein schlechtes Gewissen denken, dass er schon beim töten von Tieren hatte. Schnell wandte er sich von diesem Gedanken wieder ab und machte mit seinem kleinen Vortrag weiter. "Kraft, Schnelligkeit und Genauigkeit sind die Attribute die ein guter Schütze haben sollte! Bis zu einer gewissen Grenze kann man sie trainieren aber ein wahrer Meisterschütze beherrscht sie." Seine Stimme nahm einen fast heroischen Ton an, beruhigte sich dann aber wieder als er seinen Vortrag beendete. "Aber genug geredet würde ich sagen. Kein Attribut, aber eine der wichtigsten Grundlagen ist die Haltung des Bogens." erklärte Jary, nahm seinen Bogen in die Hand und korrigierte seine Haltung ein kleines bisschen. "So sollte das aussehen. Den Bogen in der linken Hand, senkrecht zum Boden und die Hand ist am Bogenrücken, also in der Mitte. Dann setzt du noch den linken Fuß nach vorne für einen festen Stand. Versuch es und ich korrigiere eventuell." Mit einem Nicken bedeutete er ihr noch einmal, anzufangen.
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Öh, was?, Xrystal hatte kaum richtig zugehört. Sie empfand den kleinen Vortrag Jaryvils zum Einstieg in ihre Lehre nicht als sonderlich wichtig, eher nichtssagend und angesichts der späten Stunde sogar ein wenig ermüdend, hatte sich allerdings nicht getraut, ihm ins Wort zu fallen. Generell glaubte Xrystal, es sei besser, sich ganz und gar von Jaryvil leiten zu lassen und nur selten die Stimme zu erheben. Sie selbst kannte sich nicht mit Fernkampfwaffen aus und wollte sich nicht auch noch durch törichte Vorschläge blamieren, war es doch fast sicher, dass sie in der Praxis einige peinliche Aktionen durchleben würde.
Zwar hatte Xrystal, wie sie glaubte, jegliches Wort Jaryvils verstanden, doch waren ihr die Zusammenhänge all dieser Anweisungen größtenteils schleierhaft. Dennoch tat sie, wie ihr gehiesen, im schlimmsten Fall würde der schwarzhaarige Schütze ihre Haltung korrigieren.
Bogen in der linken Hand...
Xrystal nickte Jaryvil zu, um zu signalisieren, dass sie bereits war, die erste Lektion zu versuchen. Anschließend streifte sie ihren geschulterten Bogen ab und umklammerte den Griff mit der linken Hand. An sich nicht sonderlich schwer, doch kamen ihr schlagartig Erinnerungen an vergangene Tage in den Sinn. Damals, als sie zum ersten Mal versucht hatte, mit einem Bogen zu schießen und kläglich versagt hatte. Damals, als ihr Begleiter Musa ... Sie schüttelte die grauenvollen Bilder, die sie lange Zeit über verdrängt hatte, bestmöglich ab und besah sich Jaryvil. Was hatte er gleich noch gesagt?
Hand senkrecht zum Boden? Nein, halt! Hand an den Bogenrücken, in die Mitte. Aber das habe ich doch schon. Okay, was jetzt? Fuß nach vorne? Ja, das war es!
Xrystal stellte instinktiv ihren rechten Fuß einen halben Schritt weit nach vorne, bemerkte jedoch, wie unbequem eine solche Haltung eigentlich war. Irgendetwas musste sie falsch machen, sie würde die Sehne doch niemals spannen können, wenn sich ihr rechter Arm weiter vorne befand, als ihr linker. Und die Sehne des Bogens musste doch gespannt werden, soviel wusste selbst Xrystal.
Die Lady schielte in Richtung Jaryvil, der sie mit Argusaugen zu beobachten schien. Rasch wechselte sie ihren Stand, den rechten Fuß zurück und das linke Bein etwas weiter nach vorne gestreckt. Dies erschien ihr wesentlich logischer und ... ja, so könnte es klappen.
"Gut so?", fragte die Adlige schließlich an ihren Lehrer gewandt. Das kann ja noch heiter werden...
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Teilweise belustigt aber auch gleichzeitig ernst beobachtete er die ersten Schritte der jungen Frau und musterte sie ungeniert von oben bis unten. Das diente allerdings nur dazu, um ihre komplette Haltung begutachten zu können. Nach einer Weile wandte sie ihren Kopf zu ihm und lächelte leicht. "Gut so?" fragte sie dann und der Lehrmeister stellte sich direkt neben sie und begutachtete noch einmal ihr 'Werk'. "Den Bogen senkrecht, du hälst ihn leicht schief." sagte er, ohne genervt oder belustigt zu klingen. Mit einem Schritt war er dann hinter ihr, senkte seinen Kopf ein bisschen und schaute der Frau über die Schulter. Der Arm ist ganz ausgestreckt, gut. Kurze Zeit später stand er dann neben ihr. "Becken nach vorne, damit der Rücken ganz gerade ist. Und das linke Bein ist auch ganz gestreckt oder?" fragte er nach, denn das konnte er in der Dunkelheit nicht genau erkennen. Sie nickte und korrigierte noch einmal ihre Haltung, bevor der Novize noch einmal alles begutachtete. Zufrieden nickte er und war ziemlich verwundert, hatte er doch mit Jakob ganz andere Erfahrungen gemacht.
"Okay dann den Bogen nochmal auf den Rücken und wieder in diese Haltung. Ich kontrolliere dann nochmal und dann ziehst du die Sehne an. Dabei streckst du den rechten Arm aus und ziehst deine Hand zurück. Mit der Schulter gehst du ebenfalls zurück so dass du mit deinem Arm an deinem Körper vorbei gehst, während die Sehne gespannt wird." erklärte er und hoffte, die Lady hatte es verstanden. "Achja, ihr habt nicht zufällig Handschuhe dabei? Die solltet ihr tragen wenn ihr den Bogen benutzt." fügte er noch an, als Jaryvil die schutzlosen Hände der Frau sah.
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Xrystal verkniff sich ein Augenrollen. Da hatte sie sich bereits in schier perfekter Position begeben, sollte sie prompt ihren Bogen schultern und wieder von vorne beginnen. Sie seufzte leise, wenngleich sie innerlich wusste, dass es ihr nichts nutzte, die korrekte Haltung einmal auzuprobieren und anschließend nie wieder zu Sprache zu bringen.
Währen die Lady ihre Glieder ausschüttelte und den letzten Anweisungen Jaryvils lauschte - diesmal wesentlich aufmerksamer -, tastete sie hastig ihre Hüften ab. Handschuhe. Sie besaß natürlich welche, waren solcherlei doch Zeichen genug, wenn sie ihre adlige Abstammung zur Schau stellen wollte. Und im Grunde trug Xrystal auch häufig ihre lavendelfarbenen Samthandschuhe, doch war es inmitten der Wüste, angesichts der prallen Sonne, deren Strahlen gerade zu dieser Jahreszeit unerbittlich hinabschienen, oftmals viel zu warm für solcherlei Kleidungsstücke.
Xrystal stieß einen leisen Laut der Erleichterung aus, als sie schließlich ihre Handschuhe fand. Es war durchaus Glück, dass sie sich noch immer in ihrem Reisegewand befunden hatten, doch wollte die Lady nicht über glückliche Schicksalsfügungen nachgrübeln. Sie streifte sich die Handschuhe über die schlanken Finger und suchte einen möglichst festen Stand, während sie nochmals kurz in sich ging. Bogen in der linken Hand, senkrecht halten, den linken Fuß nach vorne, Bein und Arm ausstrecken.
Xrystal streifte ihren Bogen ab, umklammerte das Griffstück fest mit ihrer linken Hand und setzte beinahe gleichzeitig ihren linken Fuß leicht nach vorne. Einen Augenblick lang verharrte sie so, den Blick auf den sandigen Boden gerichtet. Dann atmete sie hörbar aus, blickte auf und streckte ihren linken Arm, sodass der Bogen in ihrer Hand eine senkrechte Linie in ihr Blickfeld zauberte.
Ihre Hand zitterte, womöglich aus Aufregung, Anspannung oder Anstrengung gleichermaßen, während die Blonde ihre rechte Hand an die Sehne ihres Bogens legte. Sie war unglaublich dünn und in der nächtlichen Dunkelheit nur schwer zu erkennen, wenigstens aber fühlte Xrystal das tierische Material zwischen ihren behandschuhten Fingern. Vorsichtig zog sie schließlich ihren Arm zurück, der Blick ruhte konzentriert auf einen unsichtbaren Punkt in der Ferne und als die Adlige schließlich auch ihre Schulter etwas weiter nach hinten geworfen hatte, fühlte sie sich plötzlich unsicher auf ihren Beinen.
Xrystal konnte nicht genau sagen, ob ihr Körper tatsächlich wackelte, oder ob sie lediglich das Gefühl hatte, jeden Moment in den kalten Sand zu fallen, und doch umklammerte sie fest Griff und Sehne ihres Bogens, in der Hoffnung, er würde ihr genügend Halt geben.
Jaryvil hatte sie längst ausgeblendet und als sie aus den Augenwinkeln heraus eine Regung ihres Lehrmeisters vernahm, zuckte sie einen Moment lang erschrocken zusammen, ehe sie versuchte, ihre vorherige Position wieder einzunehmen.
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Nachdem die junge Frau ihre Handschuhe - welche zwar nicht unbedingt perfekt zum Bogenschießen aber vorerst ausreichend waren - herausgefischt und angezogen hatte, beobachtete er wieder ihre Bewegungen, den Bogen und schlussendlich ihre gesamte Haltung. Das Anspannen der Sehne baute, wie jede andere Übung auch, auf die Grundhaltung auf und deswegen begutachtete er sie als erstes. Ohne Worte schob er ihren Bogen ein Stück in Richtung ihres linken Armes, da dieser beim Spannen nach rechts gewandert war. Dabei bemerkte auch ein leichtes zittern in ihrem Körper welches er nur zu gut von sich selbst kannte, doch noch war das hier nicht die schwierigste Grundübung. Vom Bogen wanderte sein Blick zurück zur Sehne und zum Arm der jungen Frau. "Pass immer darauf auf, dass die Sehne gerade zurück gezogen wird." erklärte er noch und nickte dann anerkennend und wandte sich kurz ab. Würde sie etwas sagen, wenn ich sie da so eine Weile stehen lasse bis sie nicht mehr zittert? So stärkt sie auch gleichzeitig ihren Arm und ich sehe ob sie widerspricht oder nicht.
Er drehte sich wieder zu ihr um und lächelte. "Ich gehe mal ein kleines Stück, bleib du bitte so stehen bis ich wieder zurück komme." Er hoffte, die Lady würde nicht sauer werden oder ähnliches. Im Grunde wollte er sich garnicht entfernen sondern nur die Reaktion der jungen Frau beobachten und schauen, ob sie die Übung durchhielt, während er sich in der Nähe versteckt hielt.
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