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"Immerhin hast du nicht mich getroffen. Seit wann schießt du denn schon Bogen?", fragte Oparilames den jungen Bogenschützen. "Später, hilft das Sei jetzt oder nicht?", kam die Antwort des Helfers von der Erde.
Oparilames war sich unsicher. Es hing ja eigentlich nur lose in der Luft - ein gutes Stück unter ihm. "Ich glaube nicht...", seufzte er. "Nein, wenn ich hinter springe, breche ich mir alle Knochen, falls ich daneben springe oder abrutsche!", schrie er den Mann an und dachte sich: <Zu irgendwas, muss dieses Seil doch nützen...>
So saß Oparilames einige Minuten schweigend da und auch Bartimäus hatte nichts zu sagen. "Zum Glück esse ich nicht regelmäßig, sonst wäre mein Hunger jetzt sicherlich noch größer.", murmelte Oparilames vor sich hin, während er das Seil beobachtete. Es hing einfach nur da.
Jetzt wurde es dem Dieb zuviel. Er begann sich langsam und vorsichtig so hinzusetzten, dass er mehr Bewegungsfreiraum hatte. Dann begann er damit, mit den Füßen einen Ast unter ihm anzupeilen und gleichzeitig mit einem Arm den Ast festzuhalten aufdem er stand, dann begann er den Abstieg. <Eigentlich ist das garnicht so schlecht>, dachte er sich. <Das trainiert garantiert die Armmuskeln!>
Allerdings gab es da doch ein Problem: Es war bereits dunkel und sehr weit konnte der Dieb nicht sehen. "Hol eine Fackel, Bartimäus, oder bessergesagt entfach ein Feuer rund um den Baum, damit ich mehr sehe!"
Natürlich wusste er, dass das Feuerlegen nicht gut ausgehen würde, aber er war davon überzeugt, dass der Angesprochene das ebenfalls wusste.
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Er wollte Licht haben, das war verständlich, aber ein Feuer zu legen war wohl keine so gute Idee. Da könnte er ja gleich den Baum anzünden auf dem der Opa saß. Aber vermutlich war es für ein Feuer sowieso zu feucht, also würde er lieber eine Fackel holen. Ob die ausreichend Licht spenden würde, war natürlich fraglich, aber besser als gar nicht.
"Ich hol schnell eine Fackel!", beschloss er also und rannte ein weiteres Mal zu dem Lager. Diesmal war die Schwangere vor Ort und würde wohl nicht still zusehen, wie er die Fackel schnappte und mitnahm.
"Nicht eine Minute hat man seine Ruhe! Sagte ich nicht, dass du wegen der Einrichtung deiner Höhle gar nicht zu mir kommen brauchst?!"
Bartimäus hatte aber keine Zeit sich lange mit hier herumzustreiten.
"Es geht nicht um die Höhle! Ich brauche nur eine Fackel!"
Schnell war diese gefunden, er nahm lieber gleich ein paar mehr, um nicht noch einmal hier her rennen zu müssen und dann wandte er sich wieder zum Gehen.
"So! Ich muss weiter! Aber ich habe keine Unordnung angerichtet!" meinte er noch um Mandy zu besänftigen, dann war er auch schon wieder in der Nacht verschwunden.
"So, ich hab ein paar Fackeln." erklärte er Oparilames. "Aber mehr Licht wird nicht möglich sein. Ich hoffe es reicht dir!"
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Es war schon erstaunlich wie dieser Kerl mit einem dutzend Fackeln unter dem Arm herkam und dann versuchte, alle auf einmal zu entzünden. Doch er schaffte es und steckte sie in den Boden. Blöd war zwar, dass die Fackeln nur den Boden beleuchteten, aber sie halfen Oparilames doch deutlich sich zu orientieren. Auch fühlte er sich irgendwie sicherer. Schritt für Schritt, Handgriff für Handgriff und vorsichtig glitt er langsam von einem Ast zum nächsten.
Doch dann kam er an eine Stelle, ander er keinen Ast unter sich hatte, den er mit den Fußspitzen berühren hätte können. "Ok Bartimäus wenn ich abrutsche, dann fängst du mich gefälligst auf!", rief er nach unten und peilte einen Ast unter sich an. Es kam dem Dieb vor, als würde sich der Ast immer weiter vor seinem Fuß entfernen, je entschlossener er versuchte sich dazu aufzuraffen.
<Also dann, auf drei...>, dachte er sich und zählte langsam ab. Er war schon längst bei 5 angekommen, als er die Augen kurz schloss und sich dann fallen ließ. Was für ein seltendämlicher Fehler das doch gewesen war. Er rauschte an dem Ast vorbei, dieser schrammte den Mann und er prallte mit seinem Unterschänkel und den Rippen auf einen anderen Ast. Zu schwierig war es halt zu finden und er fiel weiter - doch sein Sturz wurde aufgefangen. Nicht von Bartimäus, sondern von dem Seil, irgendwie hatte er es mit sich gerissen und dieses hatte sich um eine Astgabelung geschlungen und mit einem Knoten daran eingeharkt. Brutal riss das Seil ihn aus dem Fall und er hing da,das Seil mit Armen und Beinen umklammernd. Der Schmerz trieb ihn die Tränen in die Augen. Bartimäus rief irgendetwas aber der Schläferdiener hörte es nicht.
Eine kleine Ewigkeit später so schien es, kam er wieder zu sich. Noch immer hing er in der Luft und das Seil schnürte ihn ab, das Blut floss schon nicht mehr weiter. "Schneid ... durch!", kam es stoßweise aus dem Mund des Gestürzten. - Konnte Bartimäus ihn hören?
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Oparilames war dem sicheren Boden schon wesentlich näher gekommen, aber jetzt hatte er noch eine letzte Hürde zu überwinden. Beziehungsweise Bartimäus musste ihn helfen, die letzten Meter zu überwinden und das möglichst schnell. Oparilames wollte, dass er das Seil durchtrennte, aber wie? Mit einem Pfeil? Da würde er wohl kaum treffen und schon gar nicht mit dem ersten Versuch und viel mehr hatte er diesmal nicht. Noch dazu könnte er Oparilames noch verletzen, wenn der Pfeil zu tief flog. Nein, seine Talente im Bogenschießen könnten und werden dieses Problem nicht lösen. Aber was konnte er sonst tun?
Gehetzt und verzweifelt blickte er sich um. Lag hier irgendetwas, das ihm helfen könnte? Vor allem was könnte das Seil durchtrennen. Ein x-beliebiger Stein oder Ast würde das wohl kaum bewerkstelligen können. Aber die Zeit drängte!
Also beschloss er einfach das Glück herauszufordern. Er griff nach einem größeren Stein, der gerade nicht zu schwer war um ihn über die Distanz zu werfen und schleuderte ihn zu Oparilames ohne viel mehr Zeit zu verschwenden. Und das Glück war auf seiner Seite! Der Stein traf das Seil. Leider reichte es nicht aus, um es vollständig zu durchtrennen, aber es war auf jeden Fall beschädigt. Vielleicht würde es jetzt Opas Gewicht nicht mehr aushalten und reißen. Falls nicht, griff Bartimäus sicherheitshalber lieber nach noch einem Stein und schoss...
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Ein Ruck ging durch seinen Körper. Das Seil knartschte und war bis zum zerreißen gespannt. Dann, nachdem er genug Kraft gesammelt hatte, schaffte er es, sich noch einen Ruck zu geben, doch dann war es das. Er war außerstande nochmals die Kraft darür aufzubringen, sich großartig zu bewegen. Es fühlte sich merwürdig an, wie das Blut kribbelte - oder war es eine Stelle, ander kein Blut mehr ankam und die deswegen kribbelte, weil die letzten paar Blutstropfen durch enges Fleisch- und Hautgewebe an der Seilqeutschstelle zurück in seinen Arm fließen wollten? Es fühlte sich an, als würden tausene, achwas millionen kleiner Insekten, Sandkörner oder andere kleine Dinge durch den abgeschnürten Arm sausen. Leich fühlte sich der Arm an, doch hatte er längst alle Kraft verloren und würde eigentlich schlaff da hängen, wenn dieser Arm nicht die Verbindung zu dem Seil wäre, dass ihn hielt wo er war.
Von einem Augenblick zum Nächsten passierte es, dass das Seil dem Gewicht nachgab. - Oder hatte sich blos die Verankerung gelöst? Jedenfalls fiel der Dieb aus heiterem Himmel und fand sich sekundenbruchteile später auf der Erde zurück. Er war auf Bartimäus gelandet, der sich wohl falsch hingestellt hatte, nun begrub Oparilames ihn, bis der Begrabene es schaffte, den anderen von seinem Rücken herunter zu schaffen. Oparilames blieb einige Zeit so liegen und wartete, bis er wieder Gefühl in Arme und Beine bekam. Bartimäus half dem Dieb auf und brachte ihn wortlos in die Höhle, die Nagor Kev und Bartimäus bewohnen wollten. Daraufhin verschwand der Wolfsbesitzer und tauchte nach quälend langer Zeit wieder auf, mit etwas warmer Nahrung dabei!
Gierig vertilgte Oparilames schweigend das Zeug, was auch immer es gewesen war. Danach trank er etwas Wasser, dass Bartimäus vorsorglich irgendwie besorgt zu haben schien. Als er dann wieder einigermaßen klar denken konnte, hob Oparilames den Kopf. "Hab' Glück gehabt, dass du da warst. Danke."
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Jetzt war Oparilames endlich frei und zum Dank war er gleich auf ihm gelandet. Jetzt hatte er wohl auch ein paar blaue Flecken davon getragen, auch wenn es den Opa um einiges schlimmer erwischt haben muss. Dann hatte er den Freund in die Höhle gebracht und ihm was zu essen besorgt, welches dieser gierig verschlang, bevor er sich für die 'Rettung' bedankte.
Da fiel ihm ein, dass er vorhin vom Baum aus gefragt hatte seit wann er mit dem Bogen schoss.
"Ich bin seit knapp einer Woche bei Orthego in Lehre. Seither übe ich jeden Tag, aber es gibt noch viel zu lernen, wie du sicher bemerkt hast!"
Da fiel Bartimäus wieder das 3. Fell in der Höhle ein.
"Hast du dieses Fell dort hingelegt oder war das jemand anders den ich nicht kenne?"
Wenn Oparilames verneinen würde, gab es nur noch die Chance, dass Nagor etwas damit zu tun hatte, aber ansonst wusste er nicht weiter.
Plötzlich fiel ihm eine wichtigere Frage ein, so dass er nicht einmal auf die Antwort der vorigen wartete.
"Was hast du in diesem eigentlich gemacht? Und wie und warum bist du da rauf gekommen, wenn du nicht mehr runter kommst?"
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"Ich kann mich wieder an alles erinnern.", sagte Oparilames nachdem er eine Weile lang nur dasaß und den fragenden Bartimäus zuhörte. Nochimmer kribbelte sein Körper und die Wunden waren auch zu spüren, aber er war wieder frei. "Orthego", begann der Verletzte. "Kenne ich ihn? Der Name kommt mir leicht bekannt vor."
Bei sich dachte er noch kurz darüber nach. <Vielleicht glaube ich ihn zu kennen, weil sein Name wie meiner mit O anfängt...> Der Dieb blickte auf das Fell und schüttelte den Kopf, dabei schoss ihm feiner ein brennender Schmerz durch den Hals. Vermutlich ein Krater. "Ich habe hier nichts angerührt.", sagte er und überlegte kurz, was die Baumgeschichte anging. Viel gab es da ja eigentlich nicht zu sagen. "Ich wollte wieder unter Menschen und bin halt auf irgendeinen Baum im Lager geklettert, dort blieb ich den ganzen Tag und habe einem Schaukampf zugesehen - als es dann Abend wurde und auch Regen einsetzte... Naja, so war das halt. Rauf kam ich eben schneller als runter."
Der Dieb beschaute sich seine Wunden. Die Robe war an einigen Stellen weiter aufgerissen, aber Blut sah er keines aus diesen Rissen austreten. Dafür waren seine Hände und sein Kopf offensichtlich nicht so gut weggekommen und etwas schmerzte seine Rippen bei jedem Schritt, weswegen er sich auch gleich hingesetzt hatte und dann nicht wieder aufgestanden war. Aber alles in allem schien noch alles dran zu sein. "Sehe ich schlimm aus?"
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In der dunklen Höhle, die nur von einer Fackel erleuchtet war, ließ sich das schwer sagen, aber soweit Bartimäus das beurteilen konnte, hatte er keine dauerhaften Schäden davongetragen.
"Nun ja, das Licht ist nicht das Beste, aber bis auf ein paar Kratzer und blaue Flecken, dürfte alles in Ordnung sein!"
Dann dachte der Wächter wieder an Oparilames Vorhaben auf dem Baum. Er wollte wieder unter Menschen und ist auf den Baum geklettert. Das passte doch nicht zusammen! Aber so war Oparilames nun einmal. Man konnte nie wissen, was als nächstes passieren würde. Bei ihrem ersten Treffen hatte er noch recht normal gewirkt, das nächste Mal konnte er sich nicht einmal mehr an ihn erinnern und diesmal war er auf einem Baum festgesessen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was als nächstes passieren würde.
"Hast du vor in Zukunft etwas zu lernen?"
Und noch wie er die Frage stellte kam ihm ein Gedanke, oder wohl viel mehr eine Hoffnung. So verwirrt wir er teilweise war, konnte er sich den Mann nur schwer mit einer Waffe vorstellen, aber vielleicht war er ja einer von diesen Druiden? Cécilia hatte ja gesagt, dass sie da etwas lernten, aber sie wollte nicht sagen was. Vielleicht würde Oparilames Antwort ja etwas Klarheit in Bartimäus Unwissenheit bringen können. Aber vielleicht lag er komplett daneben.
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"Darüber habe ich mit Cécilia auch gesprochen, an dem Abend, als wir uns wieder getroffen haben - erinnerst du dich nicht, du warst doch dabei?", fragte er Bartimäus.
"Ich weiß nicht genau, was ich tun werde. Erstmal muss ich irgendjemanden finden, der mir helfen kann, wieder auf den rechten Weg zu kommen. Und dann muss ich irgendwann nach Khorinis, vielleicht finde ich dort Bücher über Magie, so dass ich mir die Runenmagie beibringen kann. Andererseits glaube ich nicht, dass die Orks viele davon rumliegen gelassen haben. Naja jedenfalls weiß ich noch nicht, wann ich nach Khorinis zurückkehre - ich habe dort mein Gold und eigentlich alles was ich besitze zurück gelassen.", machte eine Pause und versank in Gedanken. Bartimäus sagte etwas und das riss ihn aus seinen Gedanken. "Oh achja... Ich war in Gedanken versunken. Also das ist alles schwierig zu erklären. Ich habe Cécilia versprochen nicht mehr einfach so zu verschwinden, aber andererseits habe ich sie seit dem Morgen nachdem ich sie durch dich traf nicht mehr gesehen. Ja und da fängt es wieder an: Ich weiß nicht wer ich bin, wie ich auf die Leute wirke. Vielleicht hat sie mich satt, vielleicht erwartet sie irgendetwas von mir - vielleicht hat sie auch Angst vor mir. Vielleicht bin ich auch einfach nur ein Relikt verganener Zeiten. Ich habe in lezter Zeit viele Fehler gemacht, oft die Kontrolle über mich selbst verloren.", er atmete tief durch ehe er weitersprach. "Um es einfach aus zu drücken: Wie soll ein Mensch sein Leben weiter leben, wenn er nicht mehr der ist, der er eigentlich sein sollte? Es ist nicht einfach zu erklären aber... Verstehst du mich?"
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Bartimäus war überrascht wie offen sein Gegenüber auf einmal war. Als er das letzte Mal gefragt hatte, warum er alleine war, hatte er nur kurz geantwortet und von der Frage wieder abgelenkt. Umso wichtiger war es Bartimäus, dass er das Gesprochene verstand, aber es fiel ihm nicht leicht. Bei dem Wort 'Magie' war seine Neugier natürlich sofort geweckt, aber da es Oparilames gerade nicht sehr gut zu gehen schien, wollte er die Situation nicht auch noch mit seinen Fragen schlimmer machen.
Aber was hatte er sonst gesagt? Er war vom Weg abgekommen, er wusste nicht mehr wer er ist und wie er auf andere wirkte. Besonders letztere war eine gute Frage. Wie wirkte er auf Bartimäus? Er konnte es nicht wirklich beschreiben, auf jeden Fall glich er keiner anderen Person die Bartimäus je getroffen hatte. Er war auf seine Art einzigartig!
"Ich versuche dich zu verstehen, aber es fällt mir nicht ganz leicht. Ich glaube nicht, dass Cécilia schlecht über dich denkt. Es hat zumindest nicht so geklungen, als sie deinen Namen erwähnt hatte. Ich verstehe aber nicht, was du meinst, wenn du sagst, dass du nicht der bist, der du sein solltest. Wer schreibt dir vor, wie du sein solltest? Woher weißt du, dass deine jetzige Persönlichkeit diesen Vorstellungen nicht entspricht? Und was ist der richtige Weg, von dem du glaubst abgekommen zu sein?"
Bartimäus kam sich dumm vor. Das waren vermutlich genau die Fragen, die er sich selbst auch nicht beantworten konnte und hoffte keine schlechten Gefühle oder sonstiges in ihm ausgelöst zu haben.
"Hat es etwas mit dem Schläfer zu tun? Oder Adanos? Ich kenne mich da nicht so sehr aus, aber ich will versuchen dich zu verstehen und es tut mir Leid, falls ich irgendetwas Falsches gesagt haben sollte."
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"Das glaub ich dir, dass es nicht leicht fällt.", sagte er und nickte. Ein zipendes Ziehen machte ihm seiner Wunden wieder gewahr. Sollte er sie verarzten lassen? <Achwas, das sind nur Kratzer!>
"Nun es ist so, dass ich früher auf Khorinis ein Diebesleben gelebt habe, jahrelang bis ich irgendwann mein Abenteuer begann. Ich hörte erstmals vom Kastell der Schwarzmagier und vom Sumpflager. Damals hatte ich Träume, die ich nicht verstand und ich hatte gehört, es gäbe irgendwo im Sumpflager jemanden, der sich auf das Deuten von Träumen verstand. Mein Leben war wie umgekrempelt: Ich lebte nicht mehr vor mich hin, mein Leben bestand nicht mehr draus, nur zu überleben - ich war auf einer Suche.", begann er und fuhr schnell fort. <Das könnte einige Zeit dauern...>
"Ich war auf der Suche, nach der Wahrheit über meine Träume und auf der Suche nach einer Gemeinschaft, damit ich nicht mehr nur alleine vor mich hinlebe. Ich suchte Menschen, die ich mochte, ich wollte vielleicht auch einfach nur akzeptiert werden. Jedenfalls ist mir nach dem Gespräch mit Cécilia im Traum ein Bote erschienen, der mit meiner Stimme gesprochen hatte. Er sagte ich wäre vom Weg abgekommen und es sei an mir, den rechten Pfad zu finden. In der Zeit, inder ich versucht habe nachzudenken ist mir klar geworden, dass ich von da an vom Pfad abgekommen bin, wo ich mich meinen Instinken hingegeben habe. Damit meine ich garnicht das Stehlen - ich griff einst einen Reisegefährten an und verwundete ihn tödlich. Dann in Silden kämpfte ich, weil ich eifersüchtig war gegen Samarus und verwundete ihn. Danach tötete ich in einem Arenakampf in Montera einen Mann, den ich nicht kannte..."
Oparilames blickte Bartimäus in die Augen. - "Um wieder zu dem zu werden, der ich sein müsste, muss ich lernen mich zu kontrollieren. Ich muss versuchen das Böse in mir zu unterdrücken - oder zu überreden mich nicht mehr zu beeinflussen. Aber da ist noch mehr, das ist nicht mein einziger Fehler, da bin ich sicher. Und erst wenn ich damit fertig bin, kann ich mich darauf konzentrieren, wie das Verhältnis zwischen Adanos, dem Schläfer und der Natur ist. Ich fragte mich nämlich in den Tagen der gescheiterten Selbstfindung: Wer war zuerst da: Die Gesetzte der Natur oder die Macht der Götter? Und alle meine Wege scheinen mich zur Magie zu führen: Ich wäre im Sumpflager beinahe soweit gewesen, die Magie des Schläfers zu lernen und zu studieren. Die Linien in mir, scheinen auch nicht normal zu sein - ob nun magisch, natürlich - oder etwas ganz anderes, vermag ich nicht zu sagen. Aber sie sind mir ein Rätsel, wie ich selbst mir ein Rätsel bin!"
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Bartimäus war beeindruckt wie ungeniert Oparilames darüber sprechen konnte, dass er ein Dieb war und Leute ermordet hatte. Er hatte es den falschen Weg genannt und würde es deshalb nicht wieder tun wollen, aber einem Richter wäre so etwas egal gewesen. Natürlich war Bartimäus kein Richter und auch sonst niemand in Beria schien eine vergleichbare Position zu belegen, aber trotzdem war Bartimäus beeindruckt. Aber was sollte er daraufhin sagen? Er war kein Traumdeuter, auch kein Magier dieser Sumpfbruderschaft oder eine Magier sonstiger Art. Genau genommen wusste er über Magie gar nichts, aber er bekam das Gefühl, dass diese Druiden etwas damit zu tun haben mussten. Aber das war jetzt nicht das Problem!
"Ich höre dir gerne zu und finde deine Erzählungen und Fragestellungen auch sehr interessant, aber ich befürchte, dass ich dir nicht wirklich eine große Hilfe sein kann. Wenn es dir Hilft mit mir darüber zu reden, so werde ich dir gerne zuhören, aber wenn dir jemand dabei helfen kann die Antworten auf deine Fragen zu finden, so werde das wohl nicht sein. Wenn du aber trotzdem meine Meinung hören willst, wäre mein erster Gedanke gewesen, dass du nicht versuchen solltest in Einsamkeit darüber nachzudenken. Vielleicht liege ich total falsch, aber könnte es nicht möglich sein, dass du weiter leben musst und 'das Böse in dir' dann unterdrücken oder kontrollieren musst, wenn es dir das nächste Mal begegnet. Ich meine, dass du wenn du das nächste Mal, was weiß ich, in einer Arena stehst, du genau in dem Moment entscheiden musst, ob du auf 'das Gute' oder 'das Böse' in dir hörst.
Ich bin in solchen Gesprächen nicht geübt, verstehst du was ich meinte?"
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"Dass du mir da nicht weiter helfen kannst, habe ich mir schon gedacht, als du mich erstmals wegen meinem Zustand gefragt hattest, als dieser andere - Nageohr dabei gewesen war... Achnein Nagor, richtig? Was deine Meinung angeht, so könnte da natürlich etwas dran sein. Ich sollte diese Suche zwar selbst tun, aber ich sollte mich nicht völlig von meiner Außenwelt abschotten, stimmt schon. Du kennst nicht zufällig einen Meditationslehrmeister oder? Aber das was du bezüglich des Bösen gesagt hast... Nein so einfach ist das nicht, ich kann in solchen Situationen kaum entscheiden, was vernünftig ist, oder was ich möchte - ich verliere die Kontrolle über mein Handeln, oder ich schaffe es einen Ausgleich zu schaffen - aber besiegt habe ich das Böse wohl nie, sonst wäre es vielleicht weg."
Der Dieb schaute sich um.
"Wo steckt dein Freund eigentlich überhaupt? Ich glaube es wäre für mich vielleicht gesünder, wenn ich die Nacht nicht draußen verbringe. Ich werde mir hier irgendwo ein Plätzchen suchen, mich hinsetzen und dann einschlafen - in Ordnung?"
Bartimäus hatte nichts dagegen einzuwenden und so ging Oparilames auf eine Ecke zu, die er während er sprach ausgemacht hatte. Die Decke wollte er nicht benutzen, da sie ihm weder gehörte, noch wusste wann der Besitzer sie womöglich zurück haben wollte. Auch zog er seine Robe nicht aus, es würde sonst zu kühl werden können. "Gute Nacht, Steinwerfer Bartimäus", sagte er noch und schloss dann die Augen. Er lauschte den Geräuschen der Höhle, dem Geraschel Bartimäus und anderen Geräuschen, die sein Ohr erreichten und bald schon fiel er in einen traumzustand. Es war ein besonders beruhigender Schlaf und er würde vermutlich lange so schlafsitzen...
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Bartimäus hatte nicht damit gerechnet, dass Oparilames die ganze Nacht sitzend verbringen wollte, aber ließ sich nicht davon abhalten und war anscheinend auch tatsächlich eingeschlafen, während der Wächter noch wach dagelegen hatte und über ihr Gespräch gegrübelt hatte. Es war eine komplett neue Erfahrung für ihn gewesen. Nie hatte er je über solche Fragen nachgedacht oder jemanden gekannt, der es getan hatte. Deshalb wusste er leider auch nicht wie er seinem Freund helfen konnte. Ob es ihm geholfen hatte, mit ihm darüber zu reden? Irgendwann war er dann trotz des ganzen Gegrübel irgendeinmal eingeschlafen.
Als er heute Morgen wieder aufgewacht war, war Oparilames nicht mehr da. Wo er sich schon wieder herum trieb? Hoffentlich würde er auch den Rückweg wieder finden. Die andere Frage war, was Bartimäus machen würde und die Antwort fiel ihm nicht schwer: Bogenschießen üben! Gestern hatte er ja gesehen das er, dieses Talent gebrauchen hätte können, also hatte er heute genügen Motivation um hinaus in den Regen zu treten und seine Fähigkeiten zu verbessern.
Zwar hatte er versucht eine Position zu finden, die von den Bäumen geschützt war, aber mittlerweile war er trotzdem komplett durchnässt. Trotzdem wollte er nicht aufhören, denn am Anfang war er geistig nicht bei der Sache gewesen und hatte viele sehr schlechte Schüsse hervorgebracht. Mit dem monotonen Geräusch des prasselnden Regen und der seither vergangen Zeit, hatte er es aber geschafft sich auf den Bogen, seinen Pfeil und das Ziel zu konzentrieren und seine Zielsicherheit war besser geworden.
Erst wenn seine Konzentration wieder nachlassen würde und er keine Motivation mehr verspürte, würde er sich ins Trockene begeben.
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Oparilames war früh am Morgen aufgestanden und hatte - nicht ohne einen Blick auf Bartimäus zu werfen - die Höhle verlassen. Draußen hatte es zu dieser Zeit noch nicht geregnet und so hatte er die Zeit genutzt und sich etwas zu essen besorgt. Es war wie schon so oft nichts üppiges: Hier und da ein paar essbare aber kaum genießbare Blätter, ein paar Pilze und das war es dann auch schon fast gewesen. Als er nach einem Bruchteil der Zeit, die er gebraucht hatte um sein Frühstück zu besorgen mit Essen fertig geworden war, hatte er sich mit Wasser gewaschen und dabei seine Wunden befühlt. Die Schrammen und kleinen Risse der Haut bluteten nicht mehr und schmerzten unter normalen Umständen nicht. Auch seinen Rippen ging es besser und er war sich nun noch sicherer als zuvor, dass er keine ernsthaften körperlichen Schäden davon getragen hatte.
Nachdem der Morgen also angefangen hatte, weigerte sich der Dieb, sich wieder schlafen zu legen, auch wenn ihm das irgendwie am sinnvollsten erschien. Also hatte er angefangen sich im Lager umzusehen, vorzugsweise nach Ryu. Doch der Templer war nicht zu finden, schien wie vom Erdboden verschluckt - so gab Oparilames seine suche also, am Nachmittag auf. Da er sonst nichts zutun hatte und er glaubte seinen kaum noch erwähnenswerten Wunden könnte es nicht schade, beschloss er in die Höhle zurück zu kehren und ein bisschen Schlaf nach zu holen.
Draußen war es Dunkel als er erwachte. Bartimäus war, seit der Ankunft Opas am Nachmittag verschwunden und so begann Oparilames erneut, sich auf die Suche zu machen. Er fragte einige Leute, suche selbst und fand den Amateurbogenschützen letztendlich etwas abseits der Menschen. Dieser legte gerade einen Pfeil auf und als er ihn kurz danach durch die Luft schwirren ließ, sprach Oparilames ihn an: "Da bist du ja."
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Bartimäus war fürchterlich zusammen gezuckt, als Oparilames ihn angesprochen hatte. Er damit einfach überhaupt nicht gerechnet, mahnte sich aber selbst, dass er in Zukunft besser aufpassen sollte.
Anscheinend hatte sein Freund ihn gesucht und so beschloss er schließlich aufzuhören. Es regnete zwar nicht mehr, aber durchnässt war er dennoch.
"Hast du mich gesucht? Lass uns in die Höhle gehen, vielleicht trockne ich dort etwas schneller!"
Wollte der Leuchtende (denn seine Arme wiesen wieder die leuchtenden Linien auf) wieder mit ihm über den richtigen Weg und seine Lebensbestimmung reden, wie am Abend zuvor? Bartimäus würde sich überraschen lassen.
"Was hast du heute den ganzen Tag so gemacht? Ich hab heute nur, wie du gesehen hast, geübt. Auch wenn ich anfangs mit meinen Gedanken nicht ganz dabei war."
Bartimäus musste feststellen, dass er gerade in Plauderlaune war, immerhin hatte Oparilames gar nichts gefragt und er plauderte einfach darauf los.
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"Viel habe ich nicht gemacht. Ich habe ein bisschen was gegessen, Ryu gesucht und ansonsten halt geschlafen. Du warst plötzlich weg als ich in die Höhle zurück kam und da dachte ich mir, ich kann dich ja mal suchen.", sagte Oparilames während die Beiden auf dem Weg zur Höhle waren. Neugierig betrachtete Oparilames seinen neuen Kumpel während er dies dachte: <Oder sollte ich ihn als Freund bezeichnen? Immerhin hat er mir mein Leben gerettet - so komisch das auch klingen mag...>
Bei seiner Betrachtung fiel ihm auf, dass Bartimäus offensichtlich auch nicht viele Klamotten oder Rüstungen besaß. Aber jetzt erst nahm der Dieb den Bogen wirklich wahr - nichts besonderes, aber er schien zu funktionieren. "Ich kenne mich zwar nicht mit Bogenschießen aus", begann er noch während des Weges und fuhrt fort: "aber kann ich dir beim Training vielleicht irgendwann helfen?". Als sie angekommen waren und Bartimäus ihm geantwortet hatte frage der Dieb ihn: "Kannst du mir vielleicht etwas mehr über deinen Lehrer erzählen? Was ist das für ein Mann? Oh und hast du Nagor heute schon gesehen? Ach, erzähl doch einfach nochmal ein bisschen über dich. Was war nochmal dein Beruf?"
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Wie aus einem Wasserfall sprudelten die Fragen aus Oparilames heraus und Bartimäus musste erst kurz nachdenken, ehe er sich wieder an die erste erinnern konnte. Ob er ihm beim Training helfen konnte. Er überlegte, was Orthego so gemacht hatte. Einmal hatte er ihn mit Steinen und ähnlichem beworfen und einmal musste er unaufhörlich mit ihm reden. Letzteres könnte natürlich auch der Waldopa tun, aber Bartimäus hoffte eigentlich, dass Orthego sich bald wieder blicken lassen würde und er dann mit ihm etwas weiter kam.
"Nun ja, einmal gab mir Orthego, er ist mein Lehrmeister, die Aufgabe mit ihm zu Reden, während ich schoss, damit ich mich auf zwei Sachen gleichzeitig konzentrierte. Das könnte ich mit dir natürlich auch machen. Solange es nicht so ein geistreiches Gespräch wie das gestern ist. Neben dem könnte ich mich auf nichts anderes konzentrieren! Ansonst fällt mir jetzt nicht viel ein, aber ich hoffe auch, dass Orthego bald wieder da ist und ich mit ihm etwas weiter komme!"
Dann hatte Opariliames noch gefragt, was Orthego für ein Mensch war. Eine schwierige Frage, denn viel wusste er über seinen Lehrmeister eigentlich nicht. Genau genommen kannte er ihn so gut wie gar nicht.
"Was Orthego angeht: Wir haben fast nicht geredet. Er hat mir die Aufgaben gestellt und bei der einen Übung hab ich über mich erzählt, aber über ihn weiß ich eigentlich nichts. Nur beim Thing habe ich mitbekommen, dass er zum Waldläufer befördert wurde."
Soweit zu seiner Bogenausbildung. Was hatte Oparilames noch gefragt? Da war noch etwas gewesen, aber es wollte Bartimäus jetzt nicht mehr einfallen. Er überlegte, aber kam schließlich zu dem Entschluss selbst eine Frage zu stellen.
"Du hast Ryu gesucht, kennst du ihn gut? Und woher kennst du ihn überhaupt?"
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"Dieser Orthego scheint sich ja nicht besonders gut um seine Schüler zu kümmern.", sagte Oparilames seinem Gesprächpartner offen ins Gesicht. "Den ganzen Tag reden - das könnte ich bestimmt auch schaffen, und selbst wenn ich nur die ganze Zeit einen Satz oder ein Wort sagen würde. Aber das würde dich bestimmt auch aus der Fassung bringen."
Die Fragen über Ryu hatte Oparilames nicht erwartet. <Habe ich ihm denn noch nichts davon erzählt?>
Der Dieb begann etwas geistesabwesend an seinen Lippen herum zu fummeln und zupfte daran. "Ich weiß nicht, ob ich ohne Ryus Erlaubnis einfach darüber reden sollte. Versteh mich nicht falsch, es hat keine verwerflichen Hintergründe, aber hat er dir nie irgendwas über mich erzählt?", sagte er dann nach einer Weile. <Komisch>, dachte er kurz darauf <ich dachte, ich hätte Bartimäus schon etwas über Ryu erzählt... Andererseits ist es auch nicht so wahrscheinlich, dass Ryu mich nicht erwähnt, wirklich viel erlebt haben wir ja schließlich nicht zusammen...>
Er ließ den Blick durch die Höhle schweifen, ein paar Dinge waren schon hier aber man konnte trotzdem eigentlich kaum von einer Behausung sprechen. Der Braunhaarige bemerkte, dass Nero nicht hier war und bemerkte, dass ihm kalt war. "Wie wäre es mit ein bisschen Feuer?", warf er ein und unterbrach Bartimäus dabei in seinem Redefluss.
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Gegen das Feuer hatte Bartimäus nichts einzuwenden und so beschloss er eins zu entfachen. Ob sie dann in der Höhle geräuchert werden würden, würde man sehen, aber bei all dem Stein konnte zumindest nichts brennen. Er beließ es bei einer ziemlich kleinen Flamme, um den Rauch möglichst gering zu halten und selbst das würde reichen um den kleinen Raum recht gut zu beheizen.
Dann widmete er sich wieder dem Gespräch.
"Ich kenne Ryu ja kaum. Mir wurde nur aufgetragen ihn in seinem Turm über das Thing zu informieren und bei dem Botengang habe ich auch Nagor getroffen und dann mit ihm mehr geredet als mit Ryu.
Und ich würde nichts Schlechtes über Orthego sagen, er scheint recht nett zu sein und so viel Zeit hatten wir dann noch gar nicht verbracht. Außerdem dürft ich ihn etwas überrumpelt haben, als ich ihn gefragt hatte, ob er mich unterrichten konnte. Den ersten Schuss habe ich noch am gleichen Abend geschossen! Vielleicht bekommen wir ja noch Gelegenheit mehr zu reden."
Bartimäus wusste nicht, ob Oparilames noch etwas über Ryu erzählen würde, aber er wartete erst einmal ab. Zumindest woher sie sich kannten oder so etwas, könnte er ihm ja durchaus sagen, aber diese Entscheidung überließ er dem Opa.
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