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Lago/ Trainingspaltz
Bis auf ein paar Kleinigkeiten schien Scorpion die Stellung, für welche sich Dennik entschieden hatte, nicht schlecht zu finden.
Er hatte ihn nur noch geraten eine etwas geduckte Haltung einzunehmen und etwas in die Knie zu gehen, damit er noch schneller ausweichen konnte und noch schneller nach vorne springen konnte.
Nun saß er schwer Atmend an eine Palme gelehnt und trank gierig Wasser aus einen der Schläuche.
Er hatte den ganzen Vormittag und bis spät in den Mittag hinein trainiert und durfte sich nun mit Scorpions Erlaubnis etwas ausruhen.
Er stöhnte kläglich. Nein, er wollte sich nicht beschweren, dass das Training zu hart sei, dass gehört ja dazu. Nein, es waren einfach die Schmerzen, welche ihn aufstöhnen hatten ließen. Es war einfach hart und zermürbend von früh bis spät um den Platz und auf der Stelle zu rennen, Ausdauer-lauf, schnelle Sprints, Liegestüzen und noch härtere Trainingseinheiten zu bestehen.
Er gähnte und schielte verstohlen zu dem Hünen hinüber. Jeden Augenblick würde er damit rechnen müssen, dass er wieder wie sein Lehrer es nannte: "LOSLOS, In die Grundstellung, schnell!".
Ja, die Pause hatte mindestens schon eine viertel Stunde gedauert, so lange war die vorherige und damit die einzige andere Pause, welche Dennik machen durfte nicht gewesen.
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"Ok, so sei es", sagte er in einem gespielt feierlichen Tonfall und versuchte zu lächeln, was zu seiner Verblüffung auch funktionierte.
"Gut dann packen wir jetzt unsere Sachen zusammen, bezahlen die Übernachtung in der Taverne und treffen uns dann vor der Taverne, alles klar so weit? Irgendwelche Einwände? Nein? Ok... gut, dann wollen wir mal".
Ein Jeder verschwand in seinem Zimmer und packte seine Sachen zusammen. Bunnel der ja nicht viel dabei hatte rollte die zwei Schafsfelle zusammen, band sie aneinander und an seinen Rucksack, packte das Buch, das er von Paolo seinen Barbiers Gefährten erhalten hatte in den Rucksack, schaute nochmal, ob auch alles an seinem Platz war und schritt dann wieder aus dem Zimmer.
Nickte dem Wirt beim Vorbeigehen zu und verließ die Taverne. Der Wirt wusste ja bereits, dass die Anderen für seine Übernachtung aufkommen würde und deswegen stellte der Mann erst keine Fragen, oder rief ihm gar hinter her.
"Hoffentlich haben die Anderen noch Geld", murmelte er in sich hinein und bereute es wirklich, dass er mit so wenig Geld aufgebrochen war nach Varant und dass nun seine Gefährten für ihn aufkommen mussten.
"Ich schwöre bei allem was mir heilig ist, dass ich sie entschädigen werden", schwor er sich und wartete geduldig bis die Anderen zu ihm stoßen würden.
So, dann geht es wohl wieder in die Wüste....
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Azil, der solche akrobatische Meisterleistungen immer noch mehr oder weniger nicht gewohnt war, kraxelte geschwind Gilbert nach, aber vorsichtiger - und auch entsprechend etwas langsamer. Aber je länger er kletterte, desto besser wurde sein Gefühl für die Tätigkeit, also kam er trotz den Umständen kurz nach Gilberts Sprung in das Wasser bei dem Vordach an - sogar so leise, dass es auch der Gärtner nicht bemerkte, der einige Augenblicke später mit seinem leerem Korb wiederkam.
"Ich könnte schwören, dass sich hier eben irgendwas bewegt hat...", murmelte der zu sich selbst, aber schien dem dann keine große Beachtung mehr zu schenken, begann, seinen Korb wieder aufzufüllen. Azil, der immer noch halbnackt auf dem Dach saß, zog sich ein Stück zurück, so das der Gärtner ihn auch beim besten Willen nicht sehen konnte, und verharrte geräuschlos in der prallen Sonne, darauf wartend, das der Mann endlich wieder verschwinden würde. Immerhin hatte es Gilbert noch unbemerkt geschafft, sich zu verstecken, ehe der brummende Mann, der seinen Korb gerade mal halb voll hatte, ihn bemerkt hätte.
Endlich war es einige Minuten später soweit: Der Mann verließ seinen Posten wieder, und Azil hatte die Möglichkeit, Gilbert wieder nachzumachen, sprang in einem eleganten Sprung ins Wasser und tauchte nicht weniger geschickt als sein Vorgänger bis zur anderen Seite des Beckens, wo er innerhalb weniger Sekunden neben Gilbert saß. "Und jetzt?", murmelte er leise, während er die andere Seite des Beckens beobachtete.
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Ben Sala
Der Fluch Innos’ brannte unbarmherzig vom Himmel hinunter, ließ den Horizont flimmern, als würde man auf die Oberfläche eines unruhigen Sees schauen. Die Lehmhütten Ben Salas strahlten die aufgenommene Wärme ab, heizten die Luft in den Gassen noch mehr und zwangen den Schweiß dazu, aus jeder Pore des Körpers zu fließen. Vryce lächelte erschöpft, während er mit dem Säbel übte. Er trug nur ein offenes Leinenhemd und eine dünne Hose aus dem gleichen Stoff, beides ursprünglich beige gefärbt, nun dunkler und am Körper klebend, als wäre es eine zweite Haut.
Tja, dachte er, perfekte Bedingungen für ein ausdauerndes Training. Tarnum erklärt mir, wie’s geht, und ich erweitere es um eine Extraportion Vryce.
Das Schwert des Trainingspartners – ein junger Wächter, Angehöriger der Assassine Zubens und – sollte Vryce dem Bund angehören – ein Todfeind – fuhr auf ihn herab. Der Lernende blockte den Schlag auf die Art und Weise, wie Tarnum es ihm nicht empfohlen hatte, aber der Dieb wusste, dass er nicht in jeder Situation so kämpfen konnte wie der Schwertmeister. Er würde seinen eigenen Stil entwickeln müssen, nicht kopieren, was ihm jemand anderes vorlegt. Der Wächter legte Druck auf die Klinge, was Vryce mit einem Lächeln quittierte. Er ließ den Gegendruck weg, zog jedoch sein Schwert zurück, sprang einen Schritt rückwärts und war so wieder in einer freieren Ausgangsposition.
„Nicht schlecht, mein Freund“, sprach der Wächter grinsend und fuhr sich durchs rabenschwarze, kurze Haar. „Für einen Anfänger im Schwertkampf.“ Er lächelte.
„Ach, Masud“ Auch Vryce musste grinsen. „Warte ein wenig ab. Dich zu besiegen, ist nicht schwer. Vorausgesetzt Tarnum bringt mir noch die Tricks und Kniffe für den Angriff bei.“
Hoffnungsvoll sah Masud auf. „Das kann ich dir doch auch zeigen!“
Der Dieb brach in schallendes Gelächter aus. „Lass stecken, Kumpel, da kann ich mich auch gleich von Waschweibern aus Mora Sul unterrichten lassen.“
„Ach, geh doch zum Teufel“ Auch der Varanter lachte, klopfte dem Gauner auf die Schulter.
„Los, gehen wir was trinken, ich gebe einen aus.“
„Das höre ich doch gerne.“
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„Jetzt solltest du vielleicht mal langsam deine Sachen anziehen“, schlug Candaal beiläufig vor und streckte Azil dabei die weissen Leinenklamotten entgegen. Während jener sich in die Sachen stürzte, warf Candaal noch einen Blick auf die Skizzen und Karten, welche er mitgebracht hatte. Wenn seine Erinnerungen ihn nicht im Stich gelassen hatten, dann würden sie gleich um die Ecke einige Eimer finden. Mit diesen konnten sie sich dann, unter dem Vorwand, die in der Siedlung verteilten Pflanzen zu giessen, in die Wohnquartiere wagen.
„Also, Azil“, holte der Ganove aus. „Da wo der Gärtner jetzt gerade hingegangen ist, da werden wir Wassereimer holen und damit die Stadt durchstreunen. Ich habe eine geraume Ahnung, wo das Haus von Fabrizio Cantas Schwester liegen könnte, aber ich bin mir nicht wirklich sicher.“ Nicht geheimnistuerisch, sondern zielstrebig spazierte Candaal den Steinweg dem Bassin entlang, schob dabei hier und da ein kleines Steinchen mit seinen Sandalen vom Plattenweg und bog schliesslich um die Ecke.
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Seltsame Kleidung, fand Azil, und schlackerte ein wenig mit Händen und Füßen. Es fühlte sich komisch an, etwas anderes zu tragen als sonst, aber gut, das war wohl so an sich auch nichts schlechtes. Gilbert schien also sich, verkleidet als einer der Gärtner, beziehungsweise als irgendwelche Leute, die Blumen gießen wollten, in die Stadt begeben? Nachdenklich folgte Azil dem Mann, sah zwar wenig enthusiastisch aus, schien sich aber mit seiner Aufgabe abgefunden zu haben. Der junge Schmied würde auch die Vorgehensweise Gilberts nicht in Frage stellten - er war derjenige, der sich hier auskannte, nicht Azil, also würde der Mann schon wissen, wie man in die Stadt kam, ohne Ärger zu bekommen.
Kurze Zeit später kamen die beiden wirklich zu einem Stapel Eimer, die nicht etwa sorgfältig, sondern eher nachlässig über einen Haufen geworfen waren. Fast, als würden sie nur darauf warten, ein paar Willigen beim Eintritt in die Stadt zu helfen. Die beiden schnappten sich jeweils zwei Wassereimer, füllten sie ein auf - und machten sich auf den Weg.
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"Verfluchtes Zeug!", maulte Morina und strich sich das nassgeschwitzte Haar büschelweise aus dem Gesicht. Es war nicht auszuhalten unter ihrem dicken blonden Schopf, ihr Nacken war glühend heiß weil kein bisschen Luft daran kam und ihr Haar selber schien in Flammen zu stehen, so höllisch brannte ihre Kopfhaut, obwohl der Schweiß ihr in Strömen den Rücken hinab lief. Sie zog ein Tuch - vielleicht war es auch ein Stück Kleidung und sie verwechselte es - aus ihrer Tasche und rieb sich damit so gut es ging den Nacken trocken, und das Haar gleich mit.
"Verfluchtes nerviges Zeug, ich kann es nicht abwarten, bis es mir irgendwer endlich abschneiden kann!"
Die anderen hatten hoffentlich mittlerweile verstanden, worum es ging. Morina hatte schon seit einiger Zeit den Entschluss gefasst, vorläufig mit der Begründung, dass sie so noch ein Stück männlicher aussehen würde, zumindest auf den ersten Blick. Wenn sie doch endlich mal einen Barbier finden würde, der sich darauf verstand, ihr das Haar so zu kürzen, dass es nicht zu sehr nach Kehrbesen aussah. Doch plötzlich fiel ihr etwas ein: Waren nicht Bunnel und Paolo Barbiere? Verstanden sie sich denn nicht auf das Friseurgeschäft?
"Bunnel", fragte sie den einen, der ihr deutlich sympathischer war als der andere, "hast du eine Schere bei dir und kannst mir die Haar abschneiden? Sie gehen mir zwar jetzt schon nur bis zur Schulter aber... Nun, so dass sie nur noch einige Zentimeter lang sind, und mir nicht mehr in Nacken und Gesicht hängen. Das kannst du doch, oder?"
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"Eh, ja ich habe eine Schere dabei, aber deine Haare abschneiden?", fragte er nach.
Verlegen kratze er sich am Hinterkopf und fügte zu seiner Frage noch etwas hinzu. "Naja ich will jetzt nicht den Konservative spielen, aber wirst du dann nicht etwas zu männlich ausschauen? Da wo ich her komme sind die langen Haare ein Beweis für die Weiblichkeit..."
Doch Morina ließ sich nicht ab wimmeln und blieb hartnäckig. Ein wenig konnte der Barbier sie ja auch verstehen. Auch er schwitzte wie ein Schwein und seine Haare waren längst nicht mehr trocken.
"Ok, von mir aus...", gab er schließlich nach und suchte eine lange Schere aus, welche sich wohl am Besten eignen würde um Haare abzuschneiden. Schnell hatte er sie aus seiner Tasche gezückt und begann zu erst einmal etwas Ordnung in die nasse Mähne zu machen.
Danach machte er sich daran so gleichmäßig wie möglich das Haar abzuschneiden. Scharen-weise fielen die Haare zu Boden und bildeten ganze Berge.
Wie ein Künstler der sein vollendetes Werk betrachten will, trat Bunnel ein paar Schritte zurück und begann Morina Stirnen runzeln zu umkreisen.
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Morina versuchte das Stirnrunzeln zu interpretieren. Klar, jetzt war sie noch weniger ansehnlich, aber sie glaubte kaum, dass Bunnel das meinte. Vielleicht war sein Werk noch nicht vollendet? Trotz allem fühlte sie sich erleichtert. Sie fühlte einen Lufthauch im Nacken, der kühlte und kitzelte. Allein dafür hatte es sich gelohnt.
"Was ist, ist der Schnitt schief geworden oder so etwas, oder weshalb schaust du so?"
Sie fasste sich mit einer Hand auf den Kopf, verwuschelte sich ein wenig das Haar und ein kleines abgeschnittenes Büschel viel noch zu Boden. Damit war nun also der erste Schritt getan.
Da Bunnel die Schere wieder wegpackte musste er fertig sein, er schaute nun nicht mehr ganz so kritisch und Morina war zufrieden.
Ein anderer Gedanke ging ihr durch den Kopf. Sollte sie sich nicht, bevor sie Bakaresh erreichte, einen männlichen Namen zulegen? Wenn schon, denn schon; es musste perfekt sein. Irgend ein Name würde ihr sicher noch einfallen...
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Die Kübel baumelten links und rechts neben seinem Kopf hin und her. Das letzte Mal hatte er solch ein Joch mit sich herumgeschleppt, als er mit Tavik in Al Shedim um die Wette gelaufen war. Nach ein paar Schritten hatte er den Takt wieder raus, sodass er kein Wasser mehr verschüttete, als er die Treppen runterging. Sein Begleiter jedoch, schien das Handling der Eimer noch nicht so richtig raus zu haben, denn alle zwei, drei Treppenstufen, spürte der Ganove einen weiteren Wasserschwall gegen seinen Rücken klatschen. Genervt umdrehen konnte er sich nicht, da die Mauern zur Linken und zur Rechten zu eng nebeneinander verliefen. Stattdessen murmelte er nur: „Wenn du dein Wasser dann unten gänzlich über mich geschüttet hast, kannst du oben neues holen gehen.“
Weitere Schelte blieb dem jungen Schmied jedoch erspart, denn bereits am Fuss der Treppe begegneten sie den ersten bewaffneten Wachen. Obwohl diese geruhsam mit ihren Speeren Zeichnungen in den Sand stocherten, wollte Candaal nicht unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken, indem er weiter mit dem jungen Mann schimpfte. Während er vorgab, tief durchzuatmen – wobei er dies natürlich auch wirklich tat – blickte er sich in der Gasse um und versuchte mit den ganzen Eindrücken sein Gedächtnis zu stimulieren. Mit einem recht vagen Bauchgefühl ging er schliesslich rechts im Schatten der Mauer entlang und warf hier und da einen Blick in die Eingangshallen der in den Berg eingelassenen Herrenhäuser.
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Azil knirschte leise mit den Zähnen. Die Eimer schwangen einfach wie von selbst hin und her, Gilbert konnte vor sich hin nuscheln wie er wollte, trotzdem verabschiedete sich ein relativ großer Teil des Wassers von dem jungen Schmied auf den Rücken und dem Kopf von Gilbert. Es war zum verzweifeln: Die Eimer schwangen hin und her, und wenn Azil versuchte, den einen denn endlich zum Stillstand zu bewegen, schien der andere Eimer es als seine Pflicht anzusehen, seinem Vordermann eine erneute Abkühlung zu bescheren. Gilbert sah mittlerweile eher aus wie ein begossener Pudel als etwas anderes.
Kurze Zeit später aber hatte Azil den Bogen aber endlich raus - die Wachen merkten zum Glück also nichts mehr, außer, das Gilbert eine Tropfspur hinter sich herzog, der der junge Schmied sehr gut folgen konnte. Kurz darauf wäre er beinahe gegen seinen Begleiter gestoßen, musste anhalten, und schaffte es diesmal gekonnt, ein Überschwappen des Wassers zu verhindern. Dann ging es endlich weiter, und Azil goss hier und da einfach eine Blume - so wurde die Last auf den Schultern leichter. Gilbert schien etwas unschlüssig zu sein, was den Weg anging; Azil aber folgte ihm, achtete aber mehr auf die Umgebung, auf Wachposten und ähnliches, als auf die Eingänge der Häuser.
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„Schön hier“, murmelte Candaal als sie einige Momente später ein schattiges Weglein zwischen zwei Häusern hochgingen. Er war so in Gedanken, dass er den herannahenden Diener gar nicht bemerkte. „Verschüttet kein Wasser über mein Marzipan!“, schrie jener in Panik. Reflexartig hob Candaal das Joch von seinen Schultern, sodass der Diener unten durch rennen konnte. Anstatt jedoch unten durch zu schlüpfen, blieb der Diener an Ort und Stelle stehen. Der als Gartenpfleger verkleidete Candaal konnte nur noch zusehen, wie der Eimer kippte und sich allesamt über den Diener mit dem Marzipan ergoss. Wie ein Schlosshund begann jener sogleich loszuheulen, warf sich zu Boden und begann seine Unschuld an dem Vorfall zu beteuern. Einen Moment lang überlegte Candaal, was er nun tun sollte, als sich bereits über ihnen ein Fenster öffnete und eine Frau mit langem, schwarzem Haar zu ihnen hinunterblickte. „Was ist hier los, Emanuel?“, wollte die Dame wissen.
Noch während sie mit ihrem Diener schimpfte, erkannte Candaal sie wieder: Es war Liara Canta – oder war sie zumindest einmal, denn der Ganove vermutete schwer, dass sie mittlerweile verheiratet war. Er hatte sie einmal gesehen, als die Familien die Assassinen besuchten, welche kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung standen. Es war nichts Äusserliches an ihr, woran er sich erinnern konnte, sondern die Art wie sie die Fehler ihrer Untergebenen tadelte. Obwohl sie durchaus lächelte, strahlte ihre Stimme eine eisige Kälte aus. „Er ist direkt in mich reingerannt“, erklärte Candaal knapp mit einem Blick nach oben und steuerte dann schnurstracks das kleine Gärtchen auf der Seite des Hauses an.
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Es war ein heißer Tag gewesen. Illdort staunte nicht schlecht, als Morina sich beim Rasten die Haare abschneiden wollte. Auch die Verwunderung in den Gesichtern von Bunnel und Paolo konnte man deutlich erkennen. Was machte diese ... "Frau"? Will sie nun eine Nonne werden? Eigentlich hatte der junge Mann nichts gegen Frauen, die sich etwas männlicher verhielten. Er mochte diese eigentlich mehr, denn sie waren nicht so anhänglich... Aber dass Morina sich die Haare nun so kurz schneiden wollte, um womöglich als Mann durchgehen zu können, war für Illdor unerklärlich. Frauen, die sich wie Furien aufführten, waren noch akzeptabel, aber dass sie dann auch noch wie solche aussehen möchten, war völlig übertrieben.
Bunnel lag Hand an ihr und zauberte einen wunderbaren, männlichen Schnitt. Wenn Morina ein Mann gewesen wäre, hätte Illdor ihr beglückwünscht, aber Angesichts dieser Tatsache...schwieg er lieber. Viel mehr interessierte ihm, warum sie das Tat, also nahm er seinen Mut zusammen und wollte nachfragen.
„Morina, wie…, “ ihm fiel ein, dass Bunnel bereits nachgehackt hatte, also wechselte er das Thema. „Morina, ich beneide euch um diesen wunderbaren Haarschnitt. Ich denke mit seinem Schnitt würde mein Kopf sicherlich auch schnell wieder abkühlen.“
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"Soll ich dir jetzt auch noch die Haare schneiden?", fragte Bunnel spöttisch.
Er hatte schon gemerkt, dass Illdor das nur gesagt, hatte, weil ihm nichts besseres eingefallen ist um seinen Satz zu beenden, welchen auch schon Bunnel vorhin sagen wollte.
Hatte er gefragt? Er wusste es gar nicht mehr.
"Diese Hitze bringt einen um den Verstand"... Jetzt jedoch senkte er wieder seinen Blick um weiter die Karte zu studieren, welche er vor einigen Minuten von Morina zum studieren bekommen hatte.
"Mhh, Morina morgen Mittag dürften wir an Bakardesh vorbei kommen. Auch wenn wir es nicht sehen wirst du es grob um die Zeit, wenn du immer nach Westen läufst irgendwann erreichen", erklärte er.
"Woher ich das weiß? Wenn man überlegt, wie lange wir von Lago nach Ben Sala gebraucht hatten und die Zeit dann auf die neue Strecke überträgt wird dir auffallen, dass es nur halb so weit ist von Ben Sala nach Bakardesh, als von Lago nach Ben Sala, also wird man bei gleichem Tempo auch nur halb so lange brauchen...", erläuterte Bunnel und hoffte, dass seine Erklärung nicht all zu verwirrend war.
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Seit den Ereignissen vor zwei Nächten hatte sich Xrystals Beziehung zu Ramón verändert. Es war nicht so, als würden die beiden sonderlich anders miteinander umgehen, zumindest kam der Lady dahingehend alles ganz so wie immer vor, viel eher sorgten die eindeutigen Blicke, die sich die beiden immer wieder zuwarfen, stets für ein Gefühlschaos im Gemüt der Adligen.
Xrystal wusste nicht, ob es Ramón ähnlich erging, sprachen sie doch gewohnt wenig miteinander. Und genau das machte der Blonden zu schaffen, wusste sie doch nicht, wie sie tatsächlich zu ihrem Gefährten stand.
Auch die Reise ging ähnlich fort, wie sie begonnen hatte. Xrystal war nunmehr dazu übergegangen, barfuß durch die Wüste zu laufen, was ein Fortkommen zur Mittagszeit, wenn die wütenden Sonnenstrahlen den Sand erhitzten, schier unmöglich machte.
Gelegentlich erkundigte sich Ramón nach Xrystals angeschlagenem Knöchel und um Glück konnte diese ihm jedes Mal sagen, dass es ihr allmählich besser damit ging. Offenbar war der Knöchel nicht verstaucht oder gar gebrochen und nach zwei Tagen spürte sie ihn kaum noch.
"Was ist eigentlich unser nächstes Ziel?", für Xrystal war die fehlende Karte ein großes Problem, wusste sie doch nie, was die nächste Ortschaft war, geschweige denn, ob sie überhaupt in die richtige Richtung liefen. Ramón kannte sich anscheinend ein wenig in Varant aus, sodass sich die Lady gezwungen sah, seinem Orientierungssinn zu vertrauen.
Doch allmählich wuchs Xrystals Ungeduld.
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Lehrling
Du bist sowas von tot, wenn du jemals nach Montera zurückkehrst.
So viel der Barde auch von seinem Meister gelernt hatte, in Sachen Musik, Alkoholismus, Menschen- und Sumpfkrautkenntnis oder im Wildnis- und Stadtleben, seine Lehren zum Thema Frauen beschränkten sich darauf, wie man(n) Frauen für sich begeistert und von einer Kellnerin Freibier erschnorren konnte. Seine längste Beziehung bisher hatte etwas mehr als sieben Tage gedauert. Danach waren Jesiah und er von Silden nach Trelis weitergezogen, und Ramón hatte sie nie wieder gesehen.
Der Junge mochte die Adelsdame, wenn sie auch eine ziemlich unerfahrene Küsserin war und ihr Orientierungsinn war schlicht und ergreifend eine Katastrophe. Doch hatte sie natürlich auch positive Seiten: Xrystal sprach aus, was sie dachte, eine Eigenschaft die der Barde sehr schätzte und sie verfügte über einen guten Humor. Trotzdem wollte Ramón einfach nicht klar werden, was genau er für diese Dame empfand. Die Lady selbst schien sich, ihren Blicken nach zu urteilen in dieser Sache wesentlich sicherer zu sein, was die Situation für den jungen Barden ein Stück weit unerträglicher machte.
Ich kann mich auch irren. Vielleicht war es eine einmalige Eskapade? Ich meine, Junge, sie ist 'ne Adelige.
"Was ist eigentlich unser nächstes Ziel?" fragte Xrystal in die Stille hinein.
"Hast du dir denn nicht einmal eine Karte angesehen?" neckte er seine Weggefährtin. "Wenn das hier der richtige Weg ist, sind wir etwa ein bis zwei Tage von Ben Sala entfernt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es überhaupt einen anderen Weg gibt."
Erneut traten die Geräusche seiner alten Stiefel, die über den Sand glitten, in den Vordergrund.
"Mitten in der Wüste gibt es so atemberaubend viele Dinge, über die man sich unterhalten kann, nicht wahr?" meinte er, natürlich ganz ohne ironischen Unterton.
"Allerdings." pflichtete die Lady bei.
"Seht euch dies wundervolle Sandkorn an ... "
Xrystal hielt plötzlich an.
"Ich will nicht mehr laufen." brachte sie gähnend hervor, ging einige Schritte vom Weg ab in den Sand und ließ sich achtlos nach hinten fallen. Ramón makierte sich im Geiste zwei Wegpunkte, eine Düne sowie die einzige sichtbare Palme, die ihm morgen helfen sollten, den richtigen Weg zu finden. Anschließend schlenderte der Junge einige Schritte in Richtung der Lady, die ihm einen sehnsüchtig-freudigen Blick zuwarf. Dieser Blick schaltete sein Gehirn kurzzeitig aus.
Risiko? Risiko.
Achtlos warf er seine Tasche auf den Boden, ging über der Lady in die Knie, beugte seinen Oberkörper nach vorne und drückte seine Lippen etwas zögerlich auf die seiner Begleiterin. Diese schlug überrascht die Augen auf, ihr Blick machte dem Barden unmissverständlich klar, dass er hinter der nächsten Düne schlafen solle. Kaum dass er seine Interpretation ihres Augenausdrucks abgeschlossen hatte, schlangen sich ihre Arme mit der tödlichen Effizienz einer Schlange um seinen mageren Oberkörper und mit einer einzigen Bewegung warf sie ihn zu Boden und setzte sich rittlings auf den Barden.
Scheiß drauf. Wenn ich mich schon in Montera nicht mehr sehen lassen kann, soll es sich doch wenigstens lohnen. Obwohl ich nicht denke, dass sie bereit für Jesiahs Definiton von "Liebe" ist...
Er wandte den Blick von ihrem Gesicht ab in Richtung Süden.
Schade. Verdammt schade.
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Es war Zeit, dass sich die Wege trennten. Dies geschah nicht an einer Weggabelung, denn wie konnte man von einem Weg sprechen, wenn einen nur Sand umgab? Eine grobe Richtung hatte man, eine Himmelsrichtung, der man folgte, die Sonne und des Nachts die Sterne, die einen führten, nicht aber einen Weg unter den Füßen.
Während die Sonne nun also schon lange im Süden stand und gemähchlich weiter gen Westen zog, marschierte Morina nach Osten - immer näher heran an ihr Ziel, immer näher heran an Bakaresh; eine Assassinenstadt hatte man sie genannt. Eine tückische Stadt, eine reiche und eine schöne, doch Morina musste sich selbst ein Bild davon machen, musste es selbst mit eigenen Augen sehen, dann erst würde sie vielleicht verstehen, wieso man Bakaresh die Perle der Wüste nannte.
Bunnel hatte gesagt, sie würde es nicht sehen; Bunnel hatte sich geirrt. Sie war näher an der Stadt als sie gedacht hatte, somit war es kein langsames Kriechen über den Horizont, wie sie es bei Ben Sala oder Lago hatte ausmachen können, eher ein plötzliches Erscheinen mit aller Pracht und Wucht, so als würde man morgens die Augen aufschlagen und über sich ein rundes Mondgesicht sehen, das sich grinsend erkundigt, ob man auch gut geschlafen habe. Ein sanfter Wind kam vom Meer, das rechts neben ihr lag, her, sie spürte ihn prickelnd auf der schmutzigen Haut und sie genoss ihn. Die Küste war nah. Bakaresh war nah. Bald war Morina angekommen.
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"Oh mein Adanos was hat er nur getan?" dachte sich der junge Barbier als er sich den Schnitt der jungen Frau angesehen hatte.
"Der soltle doch lieber weiter Krankheiten bekämpfen als Haare zu schneiden.." fügte er seinem Gedanken zu und kam aus dem staunen nicht mehr heraus.
~ Die Wege trennen sich~
Die 4 Wandersleut waren wohl kurz vor Bakarwasweißich, Paolo fand diese Namen einfach zu schwierig als sie richtig aussprechen zu können.
Morina schaute in die Runde, alle wurden ruhig. Es war als würde wieder ein Teil aus seinem Leben verschwinden, doch der blonde Barbier wusste das er die junge Frau wieder sehen würde. Genau so wie er Cecilia wiedersehen würde und seine Freunde aus alten Tagen.
Keiner schien ein Wort sprechen zu wollen, alle schauten etwas bedrückt udn traurig.
Paolo schaute in den Himmel, zog einen Stengel aus seiner Tasche, steckte ihn in den Mund zündete ihn an. Er zog genussvoll daran und fign an zu grinsen. Danach wandte sich der Blick zu Morina und diese schaute ihn ebenfalls an.
"Obwohl du jetzt ausschaust wie ein Kerl, ist die Vorstellung mit dem Rosa Kleid immer noch lustig. Jetzt wird sie mit der neuen Frisur sogar noch lustiger." sprach Paolo zum jungen "Mann".
"Aber hey es war toll mit dir zu reisen Morina. Und wir werden uns sicherlich wiedersehen. Bis dahin viel Erfolg!" sprach der Barbier und ging schon ein kleines Stückchen weiter...
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Bunnel hatte sich vor diesen Tage gefürchtet. Jetzt war es so weit. Die Gruppe wurde langsam kleiner. Kleiner und kleiner. Jetzt ging Morian. Illdor? Oh verdammt er hatte vergessen ob Illdor auch gehen wollte. Doch ja Illdor würde jetzt auch gehen. Wie konnte er das vergessen.
"Also Illdor. Morina. Es war schön mit euch zu reisen. Es war schön mit euch die Orte zu erkunden und danke noch mal für die Ben Sala Führung. Ach und Morina, danke das du für die Gruppe die Karte gekauft hast".
"Wollte ich noch etwas sagen?", fragte sich der Barbier laut, "Ach ja... Illdor ich verspreche dir, irgendwann werde ich die das Geld geben, dass ich dir Schulde", beendete er seine Dankesrede.
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Sie erinnerte sich mit einem Lächeln an die Abschiedsworte der beiden, Bunnel und Paolo. Letzterer war gegen Ende doch noch ein wenig netter geworden, das musste man ihm lassen, aber auf das baldige Wiedersehen würde sie sich vorläufig noch nicht freuen. Wenn es denn stattfände, aber er würde schon recht gehabt haben.
Nun waren sie schon weit hinter ihnen - Morina und Illdor, welcher auch nach Bakaresh wollte - und vermutlich auf der Weiterreise nach Al Shedim.
Bald würde sie sich auch von Illdor verabschieden müssen - oder wollen. Sie wollte auf sich alleine gestellt sein, nicht ewig diesen Burschen hinter sich herschleppen und andere Menschen kennenlernen. Das war es ja, weshalb sie nicht die Zeit in einer der kleineren Städte auf dem Weg zubrachte, sondern ausgerechnet Bakaresh wählte: Viele Menschen.
Und eines schönen Tages würde sie vielleicht nach Al Shedim kommen um die anderen zu suchen. Sie hatte gehört, dass man hier ein wenig abwertend von den Bewohnern Al Shedims, den Nomaden, sprach, um nicht zu sagen: bösartig. Es schienen zwei sich nicht vertragende Gruppen zu sein, die in der Wüste hausten. Eine würde Morina nun bald kennenlernen.
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