-
Das war eindeutig zu viel für die Adlige. Sie hatte während ihrer Unterrichtsstunden in Rhetorik und weltweitem Kulturwissen schon häufiger in manch einem Buch gestöbert, das die teils grausamen Ritten in Varant beschrieb. Doch von einem Vertreter ebenjenen Volkes zu hören, dass all die Grausamkeiten tatsächlich der Wahrheit entstammten und keinesfalls nur Hirngespinste perverser Wichtigtuer waren, das ging ihr definitiv näher, als vergilbte Pergamentseiten zwischen verstaubten Buchdeckeln es jemals tun konnten.
Und plötzlich kam Xrystal ein schrecklicher Gedanke.
"Tut...", sie musste schlucken, bevor sie sich in der Lage dazu sah, ihre Frage verständlichen Wortes an Hakan vorzubringen. "Gelten solcherlei Strafen auch für jene, die nicht aus euren Reihen stammen? Für Leute, wie mich, die anderswo geboren wurden und sich nun in Varant aufhalten?"
Hakan setzte sichtbar zu einer Antwort an, doch Assam kam ihm, mit einem gleichermaßen boshaften, wie amüsierten Grinsen auf den trockenen Lippen, überraschend zuvor. "Habt Ihr Angst, meine Kleine?"
Hatte sie Angst? Ja. Aber nicht um sich. Sie würde sich nichts zu Schulden kommen lassen, ganz gewiss nicht. Nicht, nachdem sie gehört hatte, wozu diese barbarischen Südländer offenbar ohne zu zögern fähig waren.
"Beantwortet mir einfach meine Frage", sagte Xrystal beton langsam, sodass selbst ein begriffsstutziger verstehen musste, was ihr Begehr war. Sie hoffte, dass sie damit nicht den Zorn Assams heraufbeschworen hatte und atmete daher erleichtert auf, als dieser sich wieder seinem Sumpfkrautstengel zuwandte, welcher bereits um die Hälfte kleiner war, als noch vor wenigen Minuten.
"Angst braucht Ihr keine zu haben, Tochter der unverhüllten Regungen", versicherte ihr Hakan mit ruhiger Stimme, ehe wieder Verbitterung in ihm aufflackerte. "Euresgleichen werden keineswegs so hart bestraft, wie mein Bruder Hassan, sollte er es wagen, mit noch einmal unter die Augen zu treten. Obwohl es mir nicht zusteht, zu verschweigen, dass auch Kinder der kälteren Sonne von Recht und Gerechtigkeit nicht befreit sind."
Wieder so eine schwammige, unbefriedigende Antwort. War es denn nun möglich, oder nicht? Wurde - wie nannte Hakan es noch gleich? Ichi bier danak? Wurde ein solches Verfahren auch auf Bürger Myrtanas angewandt, wenn sich diese zu Missetaten hinreisen ließen?
"Anders ausgedrückt: Ja, auch Fremde können nach diesen Richtlinien bestraft werden", wieder war es Assam, der das Wort ergriff, das irre Grinsen längst nicht aus dem Gesicht gewischt.
Endlich, es war eine klare, eine verständliche Antwort. Und zugleich eine unbeunruhigende. Nein, viel mehr noch, eine Antwort, die Xrystal eine grauenvolle Erkenntnis nahebrachte: Ihrem Bruder könnte etwas Ähnliches wiederfahren sein.
Nicht von den Orks ermordet, wie Xrystal zu Beginn ihrer Reise befürchtet hatte. Sondern von brutalen Südländern gepeinigt, die fälschlicherweise glaubten, eine stundenlange Folter sei rechtschaffender, als eine bloße, schmerzfreiere Hinrichtung am Galgen. Schließlich hatte auch er die Nähe einer Organisation gesucht, deren Arbeit nach dem myrtanischen Verständnis von Recht und Gerechtigkeit als absolut widerrechtlich, schlichtweg sträflich galt.
Hatten diese Varanter denn gar kein Mitleid mit den Seelen, die nach einem derart grausamen Ritual als gebrochene Herzen durch die Welt wandeln mussten? Und das nur, weil sie sich ihren Traum und ihre Wünsche erfüllt hatten?
Und eine weitere Frage drängte sich im Gemüt der Adligen auf. Sollte sie ihrem Ärger Luft machen? Hier, auf der Stelle? Sollte sie diesem scheußlichen Assam das widerliche Grinsen aus dem Gesicht putzen?
Doch ihre Reaktion war letztlich eine andere. Schließlich konnte sie nicht einen Menschen für die möglichen Qualen ihres Bruders verantwortlich machen, nur, weil dieser jenem Volke angehörte, die solcherlei harte Strafen anwendeten. Also erhob sich Xrystal, um Sicherheit und Anmut gleichermaßen bemüht, ehe sie mit einem eifrigen Nicken in Richtung Hakan davon eilte. Und in dem Moment, da sie den drei Männern am Lagerfeuer den Rücken zugewandt hatte, spürte sie bereits, wie heißes Tränengut ihre Wangen streichelte.
-
Lehrling
Eine Weile blickten die drei Männer der Lady nach. Hakans Gesicht verriet ein schlechtes Gewissen, die Mundwinkel Assams Belustigung.
"Das war nicht gerade gastfreundlich, Jungs." Der Barde schlug mit einer lockeren Handbewegung seinem Sitznachbarn Assam gegen die Schulter und langte zeitgleich nach dem Sumpfkrautstengel. Er gönnte sich zwei Züge - zumindest fast die ersten dieses Tages - und warf den Stengel ins Feuer.
"Ich hab das blöde Gefühl, dass wir heute Nacht oder spätestens morgen abreisen werden. Hat mich jedenfalls gefreut euch wiederzusehen." meinte er, die beiden abwechselnd betrachtend.
"Du bist aber nicht wütend, Sohn des heißen Blutes?" fragte Assam, der diesen Abend außergewöhnlich kommunikativ war.
"Niemals." Er nickte in die Richtung, in die Xrystal sich erhoben hatte. "Ich schau mal nach ihr." Mit einer schnellen Geste schnappte er sich seinen Mantel, erhob sich und folgte den Fußspuren der Lady.
Der Mond spendete nur schwaches Licht, und sehr zur Beunruhigung des Jungen waren Assam und Hakan kaum noch zu erkennen. Doch die Spuren führten immer weiter geradeaus. Leicht verzweifelt schaute sich der Barde um, als ein sehr lauter und besonders unschöner Fluch im Montera-Dialekt irgendwo zu seiner Rechten ertönte. Sofort fuhr er herum und eilte durch den Sand, eine kleine Düne hinauf. Als Ramón dann eine weibliche Person am Fuß der Düne erkannte, rutschte zu ihr herunter.
Xrystal hockte neben ihm und hielt sich den Fuß mit beiden Händen. Er brauchte nicht zu fragen was vorgefallen war. Wenige Fuß von ihr entfernt steckte ein gräulich schimmernder Stein.
Der einzige Stein der Wüste. Das nenne ich Talent. Sicherheitshalber behielt Ramón diesen lustigen Gedanken für sich.
"Denkt ihr, ihr habt euch etwas gebrochen?" Als Antwort erhielt er lediglich ein schmerzverzerrtes Starren.
"Könnt ihr eure Zehen bewegen?" Sie nickte.
"Schon mal ein gutes Zeichen, meine Lady." Der Barde schenkte ihr aufmunterndes Lächen. Zu seiner Überraschung erwiederte sie es für einen Augenblick, legte dann jedoch einen weiteren Fluch nach, diesmal immerhin etwas leiser.
"Einen bemerkenswerten Fund habt ihr da gemacht, muss ich sagen." Der Stein über den Xrystal gestolpert war leuchtete inzwischen heller.
"Ich vermute, er reflektiert das Mondlicht." sagte die Lady.
"Was meint ihr, ist er wertvoll?"
"Wieso fragt ihr?"
"Nicht, dass ich Anspruch darauf erheben würde, er gehört euch, Xrystal." sie lachten.
"Die Wüste steckt voller Wunder ..." meinte Ramón geheimnisvoll.
"Der größte Unterschied zwischen Varantern und Myrthanern ist die Auffassung von Ehre. Hassan hat sich über das Wort seines Bruders und des Restes der Gemeinschaft hinweggesetzt. Er hat sie verlassen, obwohl sie ihn gebraucht hätten. Iyi Bir Dayak ist eine seltene Strafe. Getötet wird der Geschlagene übrigens nicht. Außerdem bin ich mir sicher, sollte Hassan zurückkehren, würde Hakan Einspruch gegen die Prügel erheben."
"Kann er das tun?"
"Gnade ist auch Varantern nicht fremd." So Langsam legte er seine Hand auf ihre Schulter, als sei sie das Werk eines Glasbläsers.
-
Es war schwer, ein Jammern und Winseln zu unterdrücken. Nachdem die Lady ihren Frust in eine wüste Schimpftriade verwandelt hatte und ihn damit alsbald fortjagen konnte, trat der Schmerz in ihrem Knöchel in den Vordergrund. Doch, wenn sie selbst die Tränen ob dem möglichen Schicksal ihres Bruders zurückhalten wollte, konnte sie doch wohl schlecht wegen einer kleinen Verletzung anfangen, Rotz und Wasser zu heulen, so sehr der stärker werdende Schmerz auch in ihr toben mochte. Solange ihr Fuß nicht gebrochen war, würde sie weiter machen, wie auch zuvor. Ganz einfach.
Doch für den Moment schien nichts so, wie sonst. Sicher, Xrystal befand sich wiedermal inmitten der Wildnis an der Seite Ramóns, ihres nunmehr einzigen Gefährten. Doch fühlte sich diese Zweisamkeit anders an. Vielleicht lag es an dem, was zuvor vorgefallen war oder aber daran, dass Ramón in den Tagen, die sie in Lago verbracht hatten, kaum Sumpfkraut konsumiert hatte. Doch im Grunde war es egal, die Hauptsache war doch, dass Ramón sie nicht allein gelassen hatte.
"Gnade ist auch Varantern nicht fremd."
Xrystal erwiderte seine Worte nur mit einem Nicken. So recht konnte sie nicht daran glauben, schließlich waren ihr die Varanter, die sie bisher kennenlernen durfte, allesamt suspekt. Hoffnung konnte sie auch nur recht wenig daraus schöpfen, hatte ihr Bruder doch sicherlich keinen Bekannten, der nach einem Fehltritt für ihn bürgen würde.
Trotzdem dankte die Adlige ihrem Begleiter im Stillen für den Versuch der Aufmunterung, während sie sich selbst rügte, eine Närrin gewesen zu sein.
"Tut mir Leid, dass ich so überstürzt gehandelt habe. Ich schätze, unsere Reise dürfte nun noch langsamer vorangehen, als ohnehin."
"Ich habe Hakan und Assam gesagt, dass wir bereits morgen früh wieder abreisen werden", erwiderte Ramón daraufhin. "Natürlich nur, falls Ihr Euch in der Lage dazu fühlen solltet."
Xrystal versuchte, ein wenig Gewicht auf ihren Fuß zu verlagern. Im Sitzen war dieses Unterfangen zwar schwieriger, als im Stehen, aber wenigstens lief sie damit nicht Gefahr, direkt wieder zu stürzen. Blöde Schuhe!, fluchte Xrystal nochmals, wenngleich nur in Gedanken. Dass die auch immer solche monströsen Absätze haben müssen!
Aber es ging, überraschenderweise. Xrystal verspürte im ersten Moment zwar einen schmerzhaften Druck, als sie vorsichtig versuchte, aufzutreten, doch je länger sie in dieser Position verharrte, desto erträglicher wurde die Mühsal, mit der die Lady nun zu kämpfen hatte.
"Ich glaube, bis morgen werde ich wieder laufen können", verkündete Xrystal schließlich mit dem Anflug eines Lächeln auf den vollen Lippen. Dennoch machte die Adlige keine Anstalten, sich zu erheben. Sie wollte ihr Glück nicht bereits zu früher Stund herausfordern und genoss zugleich die Situation, in der sie sich nun befand.
Deshalb gewährte sie Ramón auch keinerlei Möglichkeit, sich aus dieser Szenerie zu schleichen. Sie war sich nicht sicher, ob er in dieser Nacht ebenfalls die Nähe zu ihr suchte, doch war seine Hand auf ihrer Schulter wenigstens eine Versicherung, dass er ihr nicht gänzlich abgeneigt war.
Also rutsche Xrystal, so gut es ihr möglich war, näher an Ramón heran, sodass dessen Hand über ihren Rücken zum anderen Schulterblatt hin wanderte. Welche Regung Ramón daraufhin zeigte, war für Xrystal nicht erkennbar, denn hatte sie ihren Kopf bereits auf seine Brust gelegt, bevor sie ihm ins Gesicht blicken konnte.
-
Lehrling
Dass der alte Sack unbedingt Recht behalten musste...
Ramón fand ich plötzlich liegend wieder, auf seiner Brust ruhte der Kopf Xrystals, der sich langsam in seine Richtung drehte. Ihre Augen wurden von ihren Haaren verdeckt, dennoch konnte er einen sanften bläulichen Schein in der goldlockigen Mähne ausmachen.
Sucht sie wirklich meine Nähe? Haben ihr meine Lieder vielleicht doch besser gefallen als ich dachte?
Die Antwort auf die einige der vielen Fragen, die in seinem Innerem umherschwebten, lag in den vollen Lippen der Lady und dem anmutigsten Lächeln, dass dem Barden je gewidmet wurde.
Vielleicht ist sie auch nur froh, nicht alleine zu sein ...
Es gelang ihm nicht, die Überraschung ob dieser plötzlichen Annäherung seiner Reisebegleiterin zu verbergen. Das Lächeln Xrystals verschwand von einem Augenblick auf den Nächsten. Sie machte schon Anstalten sich zu erheben, als die Hand des Barden, die noch immer auf ihrer Schulter ruhte, an ihrem Arm herunterglitt. Die nächsten Bewegungen der Lippen der Lady konnte Ramón benennen, sie lächelte das zufriedene, erschöpfte Lächeln. Dieses Lächeln, dass man sich dann gönnt, wenn man sich nach einem anstrengenden Tag einen Wunsch erfüllt hat.
"Schön, dass es dir besser geht, Xrystal."
Dieses Lächeln gönnte sich der junge Barde im Anschluss an die an ein leises Summen erinnernde Laute, die die Adelige von sich gab, und schloss die Augen.
Wieso habe ich meine Laute am Feuer gelassen? ...
Plötzlich ließ der sanfte Druck auf seiner Brust nach.
Nicht schon so früh ...
Verwirrt öffnete der Barde die Augen und konnte die Adelige nirgends ausmachen. Augenblicke später fiel ihm ein Stein vom Herzen, als er ihre zarten Fingerglieder spürte, die vorsichtig seine rechte Seite streichelten. Instinktiv drehte er sich zu der verletzten Dame. Sanft schob er die Haare, die ihr Gesicht nach wie vor bedeckten, hinter ihr Ohr und streichelte ihre Unterlipperlippe.
Zöger' es doch nicht so lange raus, ist keine große Sache. Ist es? Nein, ist es nicht. Doch, ist es ... nicht.
...
Ist es.
Dem Barden war, als hätte ihm jemand ein lähmendes Gift verabreicht, bis auf seinen Finger an ihrer Lippe konnte er kaum einen Muskel rühren.
Mach einfach, mehr als schiefgehen kann's nicht.
Seine Hand wanderte an ihren Hals, ihr Herzschlag übertrug sich in seine Fingerglieder.
Langsam komme ich näher .... Oder kommt sie näher?
Sie verharrten eine gefühlte Ewigkeit in dieser Position, kaum mehr als eine Fingerbreit lag noch zwischen den Lippen. Ramón verspürte den starken Drang, diesen Luftraum zu überbrücken, doch er widerstand bis zuletzt. Er vermochte auch nicht genau zu sagen, wer den letzten Schritt gegangen war.
-
Dennik stand da und betrachtete den Kampf.
Die beiden Kontrahenten würden, nach Dennik´s Einschätzung sogar 100 Denniks überrennen können, so geschickt, stark, elegant und voraussichtlich kämpften sie. Beide Anders, jeder seine eigenen Stärken und Schwächen, jeder seinen eigenen Stil wie er zu schlug, wie er auswich, doch im Grunde genommen waren der Ork und der Mensch, welche sich dort unten bekriegten gleich.
Beide waren Meister im Kampf.
Jetzt wurde sein Kumpane zu Boden geworfen. Dennik hätte heulen können.
"Würde der Ork, diese Bestie ihn jetzt seinen Lehrer nehmen? Was würde dann mit ihm passieren? Sklave eines haarigen übel riechenden Monsters werden?"
Doch so leicht ließ sich der Mensch dort unten nicht besiegen. Schneller als Dennik schauen konnte, war er wieder auf den Beinen.
Dennik versuchte, was unmöglich erschien, zugleich die Beinarbeit des Hünen zu betrachten, wie dieser es verlangt hatte. Dann die Technik, welcher der Riese benutze um die alles zerstörende Schläge des Orkes abzuwehren oder ihnen auszuweichen, zu betrachten. Schon davon wurde ihn benahe schwindelig, doch er wollte sich es auch nicht entgehen lassen die Techniken des Orks unter die Lupe zu nehmen.
So hatte er reichlich Material, welches er begutachten konnte und er achtete gar nicht mehr auf die grölende schimpfende meckernde, ja teils lachende Menge zu achten.
Am Meisten faszinierte ihn, in was für eine Raserei der Ork sich steigerte, als der Hüne einen Treffer landete.
Der Ork schien seine Anstrengungen den Hünen zu töten noch einmal zu verdoppeln, schlug noch heftiger und öfter zu, aber schien gleichzeitig an Genauigkeit und Einschätzungsvermögen zu verlieren.
Genau diesen Umstand nutze auch der Riese aus, wich aus, und ließ seine Axt auf den Ork herab sausen.
Wie angewurzelt stand er da und wie alle anderen Zuschauer sagte er kein Wort und vergaß sogar zu atmen.
Dann jubelte er.
Fröhlich darüber, dass sein Kumpane den Ork besiegt hatte. Zögerlich fingen auch die Anderen an zu aplaudieren und die Orks verließen murrend den Platz.
"Er hat gewonnen!"
"Ein Morra einen Ork besiegt!"
Hörte er die Zuschauer rufen. Sie schienen wirklich aus dem Häuschen zu sein, keiner schien so etwas je miterlebt zu haben.
Schnell stieg Dennik zu seinem Lehrer hinunter.
"Boah!"
War das einzige, was er sagen konnte, der Rest blieb ihm im Hals stecken.
Der Hüne schien Erschöpft zu sein und so gingen sie in die Taverne und setzten sich und auf die Kosten des Orks bestellte der Mann ihnen etwas zu trinken.
Der Wirt staunte nicht schlecht, als er sah, welcher der Kontrahenten da zurück kehrte und welcher nicht.
"Ich habe versucht alle deine Schritte zu verstehen, doch oftmals ging es zu schnell", erklärte Dennik dem schweißgebadeten Hünen.
"Wenn du dich erholt hast, könnte ich dann versuchen deine Axt hoch zu heben?", fragte Dennik den Hünen hoffnungsvoll.
"Ich habe viel geübt und trainiert in der letzten Woche, dass weißt du ja. Ich weiß, dass man in einer Woche nicht zu einem Muskelprotz wird, doch ich hoffe es reicht, um die Axt wenigstens mit zwei Händen und aller Kraft hoch zu heben", fügte er hinzu.
-
Illdor war etwas erstaunt über die Frage, ob er Depressionen hätte. Konnte man es anhand seiner Gesichtszüge erkennen? Vielleicht stimmte die Feststellung ja sogar, dass der junge Mann etwas trauerte, aber so stark? Er hatte nicht vor sein Lebenslauf zu präsentieren, da sie wohl kam verstehen würden, warum er…
„Es liegt wohl daran, dass wir Ben Sala bald erreichen werden und dort bin ich aufgewachsen.“ Dankend nahm er etwas Wasser. Illdor konnte sich keine bessere Ausrede ausdenken, als die mit der Heimat. Zu weit wollte aber auch nicht gehen.
„Ich denke einfach öfters an Dinge, die dort passierten, also müsst ihr euch keine Sorgen machen, dass ich vielleicht unter Depressionen leide“, sprach er grinsend.
„Wie lange werden wir dort weilen? Falls länger, könnte ich euch ja den berühmten Tempel zeigen, oder wenn ihr besondere Waffen benötigt, in Ben Sala gibt es die besten Schmiede“, fügte er noch hinzu, um schnell vom Thema abzulenken, da Illdor befürchtete, Bunnel würde mehr von ihm erwarten, als er preisgeben kann.
Nun lauschte er auch noch die Worte „Der schwarze Tod…“. Dieses kam ihm gerade Recht.
„Mich würde es auch interessieren. Ist diese Krankheit sehr gefährlich? Es klingt jedenfalls sehr furchtbar.“
-
Irgendwie hatte gespürt, dass Illdor nicht weiter über das Thema "Vergangenheit" und "Trauer" reden wollte und so redeten sie eine Weile über den "Schwarzen Tod" und schwiegen dann wieder.
Vorwiegend, weil sie die Hitze und die Anstrengung, die die Wanderei durch Varant, das Sand Meer mit sich bringt, schnell Erschöpft geworden waren.
"Seht dort, Ben Sala, ja das muss die Stadt sein. Komisch, dass wir sie nicht früher bemerkt hatten", meinte er an die Gruppe gewandt.
Er schmunzelte, als ihm einfiel, dass es immer er war, welcher von der Gruppe als erster das nächst gelegene Dort ausmachte.
"Vielleicht habe ich einfach bessere Augen", er grinste erneut," oder es liegt daran, dass die Anderen meistens mit gesenkten Kopf vor Müdigkeit durch den Sand stapften".
Er hingegen wanderte grundsätzlich mit wachsamen Blick und das lag weder daran, dass er Angst vor Banditen hatte, oder nach irgendetwas bestimmtes Ausschau hielt. Nein, er genoss wie so oft die Pracht des Lebens und der Vegetation. Er war einfach jemand, den es nicht langweilte Stunden lang einen Strauch an zu starren, oder eine Ameisenarme zu beobachten.
Er war ein Hingucker... Hatte jedenfalls sein Bruder immer mit abfälligen genervten Tonfall gemeint.
Sein Bruder... schnell wollte er auf andere Gedanken kommen und schaute Illdor an.
"So... Illdor, dann zeig uns mal den Weg zur Taverne und allen anderen wichtigen Bauten".
-
Der junge Dieb lächelte leicht, als Bunnel sich für besonders klug hielt. Sehr wohl hatte Illdor Ben Sala bemerkt, doch verhielt er sich ruhig. Zwar freute er sich seine Heimat zu sehen, doch bereits nach so kurzer Zeit?
„Nunja, wir alle sind wohl etwas müde, und da sollten wir lieber die Stadtbesichtigung auf morgen verschieben.“
Auf der Straße erblickte Illdor bekannte Gesichter, und als diese ihn grüßten, erwiderte er dies mit einem Winken und einem Lächeln. Er hatte keine Lust mehr gehabt, sich mit ihnen zu unterhalten, denn dafür war er zu erschöpft gewesen. Bei der nächsten Taverne führte er seine Gefährten hinein, buchte ein Zimmer und saß sich an einem Tisch.
„Solltet ihr keine Fragen bezüglich zu den Speisen haben, werde ich mich mal hinlegen. Alles andere können wir ja morgen besprechen. Wenn ihr wollt, kann ich euch die Stadt einwenig zeigen. Ben Sala ist zwar nur ein Dorf und längst nicht so hinreißend wie die Nachbarstadt, aber hat dennoch etwas zu bieten.“
-
Die Mahlzeit und ein kühles Bier taten richtig gut. Nach einem harten Kampf war die Verpflegung das wichigste. So zumindest nach Scorps Meinung.
Kaum hatte er mit dem varantschen Braten angefangen hatte ihn Dennik angefangen vollzulabern.
Er habe geübt und trainiert und könne die Axt nun halten. Scorp hatte nichts dagegen einzuwenden, wenn der kleine es versuchen wollte, mehr als lächerlich konnte er sich ja nicht machen. Und durch den Sieg des Hünen hatte er erstmal Kost und Logis in Lago. Das war ein praktischer Umstand, den er so lange ausnutzen würde wie möglich.
"Hmm, wieso nicht Kleiner. Aber denk dran, selbst wenn du es heute hinkriegst, deine Ärmchen und deine Brust sind nach wie vor schmal und klein. Wenn du ein Krieger werden willst musst du zulegen. Hier du kannst den Resten von meiner Mahlzeit haben, ich hole inzwischen meine Axt" der Hüne schob dem Jungen den Rest seiner Mahlzeit hin, er hatte viel verschlungen, aber da das Essen auf sicher bezahlt war, schien der Wirt besonders freigiebig zu sein.
Dann erhob er sich und ging die Treppe hoch zu seinem Zimmer. Dort schnappte er sich die grosse Barbarenstreitaxt aus Nordmar und Schulterte sie für den Rückweg nach unten.
Die Treppe krächzte gefährlich unter dem Gewicht des Hünen inklusive Streitaxt, als er wieder unten war, hatte der Junge die Resten verputzt, er schien richtig zuversichtlich zu sein, dass es heute klappen würde.
"Na dann, zeig mal was du drauf hast, halte sie so lange bis ich mit meinem Bier fertig bin." meinte der Hüne, lehnte die Axt neben Dennik an den Tisch und setzte sich wieder an seinen Platz.
Dann hob er seinen Bierkrug und meinte "Worauf wartest du noch, soll ich noch nachbestellen?"
-
"Hier", der Riese reichte ihn die große schwer wirkende Axt hin.
Dennik schluckte vor Erregung und Angst, doch er redete sich ein, dass er das schon schaffen würde.
Tief holte er Luft, umklammerte die Axt mit beiden Händen spannte seine Muskeln an und brachte seine Beine in eine breitbeinige Position. Er nickte dem Hünen zu, dass er bereit sei und so wie er genickt hatte, ließ der Riese die Waffe los und nun war es alleine an Dennik ihr Gewicht zu tragen.
"Oh Gott", tief zog ihn die Waffe nach unten, doch knapp vor dem Boden hatte er das Gewicht wieder unter Kontrolle. Mit einem ächzen auf den Lippen hielt er die Waffe hoch.
Seine Arme zitterten. Sie fühlten sich unter dem Gewicht an wie Schnüre.
Schweiß lief ihn über sein Gesicht und er hoffte, dass das dem Hünen ausreichen würde.
Dieser jedoch verzog keine Miene auch nicht, als es Dennik dann doch zu schwer wurde und er sich mit einem lauten Krachen zu Boden gleiten ließ, da er nicht mehr in Stande war sie behutsam abzulegen.
Erwartungsvoll schaute er den Hünen an.
"Und? Reicht das aus? Also wirst du mich trainieren?", fragte er hoffnungsvoll.
"Und noch eine Frage, die du mir glaub ich schuldig bist... Wie heißt du?"
-
Ben Sala
Ben Sala, Zubens Esse. Der Ort, an dem die wertvollen Klingen seiner Assassinen geschmiedet wurden, wo bodenständige Handwerker für einen gottgleichen Fürsten ihre Arbeit taten, im Schweiße ihres Angesichts tagelang in der Schmiede standen und den Stahl bearbeiteten. Wahrlich, hier lebten Helden des Alltages, die die Augen vor den Gräueln ihres Herrn schlossen und sich nur auf ihr Tagwerk konzentrierten.
Ben Sala, es kotzte Vryce an.
Gelangweilt lümmelte sich der Dieb am Brunnen des Dorfes herum, hockte auf Kisten und ließ sich kühlen Wind ins Gesicht wehen, trank dabei aus einer Flasche Kaktusschnaps und setzte sein gesamtes Geld darauf, dass er diese Nacht sturzbetrunken einschlafen und es am nächsten Morgen bitter bereuen würde. Neben ihm – auf einem Stapel Snapperleder – lag sein Säbel, eine einfache Klinge. Nicht schön anzusehen. Das fand auch ein vorbeispazierender Schmied.
„Bei Beliar … eine Schande!“, rief der Handwerker aus.
„Die Schande trennt dir gleich das Speck vom Fleisch, Bruder“, knurrte Vryce mit der typischen Aggressivität eines Trinkers. „Was willste?“
„Dir raten, eine neue Waffe zu besorgen. Die Klinge da“ Er deutete auf den Säbel. „Hält nicht lange. Der Schmied, der das Ding gefertigt hat, gehört ausgepeitscht. Ja, wirklich, eine Schande!“
„Dann besorg mir ’ne bessere, Schmied. Los, oder ist’s einzige, was du kannst, Waffen anderer Schmiede kritisieren?“, fragte der Gauner höhnisch und ließ die Zähne blitzen, ehe der Mund sich wieder um die Öffnung der Flasche schloss und fast krampfhaft nach Schnaps verlangte. „’s is’ immer das Gleiche mit euch Leuten! Herumkritteln könnt ihr alle, was ändern nicht.“
Der Schmied spuckte aus, spielte wohl offensichtlich mit dem Gedanken, ob er dem Säufer die Kauleiste richten sollte. Zum Glück – wohl am meisten des Diebes – entschied er sich dagegen. Er setzte mühevoll ein freundliches Lächeln auf. „Wenn du gute Qualität suchst und eine wirklich formschöne und gute Waffe, suche nach einem der Mondschwerter.“
„Mond … was?“
„Schwerter. Angeblich sind diese Klingen geradezu wie gemacht für Assassinen. Es gibt in der Wüste wohl nur in Ishtar und Mora Sul Schmiede, die sich um diese Waffen kümmern. Aber nun … auch diese geben ihr Wissen weiter und vielleicht findet sich in Myrtana oder gar Nordmar jemand, der dir eine solche Mondklinge fertigt.“ Der Schmied wirkte überzeugt. Vryce winkte ab.
„Komm, verschwinde, Bruder“, lallte er, „Dein Geschwätz interessiert mich nicht.“
Der Handwerker hob die breiten Schultern, spazierte von dannen, hatte aber dennoch in dem Gauner – sollte er wieder nüchtern sein – ein gewisses Interesse geweckt. Im Augenblick ging es dem Dieb jedoch nur darum, der Flasche den restlichen Inhalt streitig zu machen und dann nach einer zweiten zu suchen, die sich ebenso einfach ausnehmen ließ, wie die erste.
Hach, wenn’s Diebesleben nur so einfach wäre …
-
"Hmmm..." der Bierkrug war noch nicht leer, erfüllt hatte der Junge die Aufgabe also eigentlich nicht, aber er hatte sich sichtlich Mühe gegeben. Sowas wusste der Hüne zu schätzen, der Kleine würde sich also wenigstens ins Zeug legen. Das hiess die Ausbildung würde keine Zeitverschwendung werden, auch wenn er am Ende kein Meister an seiner Waffe sein würde, so konnte der Hüne ihm wenigstens zeigen wie er seine Überlebenschancen steigern konnte.
Mit einem Zug leerte er den Rest des Bieres, ehe Scorp sprach "Man nennt mich Scorpion. Und du hast dir Mühe gegeben, ich schätze Einsatz. Wenn du ihn weiterhin bringst werde ich dich ausbilden. Sobald du mich aber zu langweilen beginnst, trennen sich unsere Wege." meinte er dann gelassen.
Schliesslich erhob er sich.
"Komm mit, wir beginne gleich." der Hüne schulterte seine Streitaxt, nicht dass irgend ein Söldner oder Ork sich daran vergriff. Und ging dann seinem Schützling voraus nach draussen. Neben der Arena hatte er einen kleinen Trainingsplatz ausgemacht, den steuerte er nun an.
"Wir werden hier trainieren, wir treffen uns bei Sonnenaufgang zum Frühstück und werden bis Sonnenuntergang trainieren. Pause gibt es bei Sonnenhöchststand und zwar solange ich Lust habe um Pause zu machen." begann er seine kleine Rede "Es wird hart und wird viel Durchaltevermögen von dir brauchen. Doch Kämpfen ist kein Kinderspiel, Kämpfen ist brutaler Ernst. Es geht normalerweise um dein Leben und wenn nicht, kannst du dich selbst beim freundschaftlichsten Duell schwer verletzten. Das wichtigste von allem ist daher Konzentration! Analysiere deinen Gegner, nur wenn du ihn verstehst kannst du gezielt gewinnen. Während du in einem Kampf deinen Gegner kennen lernst, ist allerdings die Grundvoraussetzun, dass du dich selber kennst. Deine Bewegungen müssen so gut einstudiert sein, dass sie fast automatisch ablaufen, dass dein Körper bereits reagiert wenn du eine Schwachstelle deines Gegners erkannt hast, dass dein Körper das Block oder Ausweichmanöver bereits einleitet sobald er den Ansatz des gegnerischen Angriffes feststellt." der Hüne machte eine kurze Pause "Das ist kämpfen, kennen deinen Feind, aber kenne vorallem dich selbst! Und da du dich selbst noch nicht kennst, werden wir damit anfangen dir ein paar Grundstellungen beizubringen. Erst wenn du diese verinnerlcht hast können wir uns ans wirkliche Kämpfen wagen. Alles andere ist für Amateure, wildes rumgefuchtel, kann zwar gefährlich sein, aber denk an die Banditen, sie hatten keine Chance gegen einen wahren Krieger." Dennik schien all die Information so gut wie möglich verarbeiten zu wollen, der Hüne gab ihm dafür einen Moment Zeit. Dann meinte er "Gib mir mal dein Schwert" der Junge zog seine Klinge und reichte sie dem Hünen.
"Es gibt verschiedene Grundstellungen. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Wir beginnen mit den drei einfachsten. Das wichtigste ist dabei die Fusstellung, wie ich sagte Beinarbeit. Verlagere all dein Gewicht auf dein Sprungbein, sodass du dich jederzeit abstossen kannst." der Hüne zeigte vor "Das zweite Bein benutzt du zur Stabilisierung deines Körpers, du musst jederzeit aufrecht stehen können ohne irgendwo wegzukippen. Hier wirst du für dich selber rausfinden müssen wie es dir am besten passt, ich stelle ihn so schräg hin, manche halte dabei gar einen rechten Winkel zum anderen Fuss." wieder zeigte der Hüne was er meinte. "Wenn du diese Fusstellung verinnerlicht hast kannst du zur Armstellung übergehen. Als Axtkämpfer beginne ich meist oben, das heisst Schlag oder Blockstellung, mit dem Schwert empfiehlt sich aber am Anfang eine untere Stellung. Die einfachste ist die Klinge paralell zum hinteren Bein zu halten. So." auch dies zeigte der Hüne gleich vor. "Diese Stellung wirst du erstmal üben. Wir werden das Krafttraining fortsetzen und auch etwas an deiner Kondition arbeiten. Dies wird in den nächsten Tagen den Hauptteil deines Trainings ausmachen. Du wirst deine Waffe immer auf Mann tragen. Neben dem Krafttraining üben wir die Grundstellung und wie du deine Waffe effizient und schnell ziehst. Ich werde immer zwischen durch laut "Grundstellung" brüllen, dann wirst du egal was du gerade tust, die Grundstellung einnehmen so schnell und gut wie möglich. Soweit alles klar?" der Junge nickte.
"Gut dann beginnen wir, zeig mir mal was du von der Grundstellung verstanden hast, dann werde ich dich mal so richten, dass das auch stimmt." mit diesen Worten warf der Hüne seinem Schüler das Schwert wieder zu und wartete bis der die Grundstellung einnahm.
-
Dennik war begeistert. Es begann nun also wirklich. Er würde kämpfen können in geraumer Zukunft.
Schnell ging er noch mal alles durch, was Scorpion ihm erklärt hatte.
"Gegner durchschauen. Selbst kennen und den Kampf so im Blut haben, dass man nicht mehr nach denken muss, wie man jetzt wohl am besten ausweicht, sondern es einfach aus Reflex tun. Kraftübungen und Konditionstraining weiter üben. Die Grundstellungen erlernen, welche sich, bei den verschiedenen Waffenarten unterscheidet und immer darauf achten, ob mein Lehrer schreit: "Grundstellung", wenn er das tut, egal was ich gemacht habe, in die Grundstellung gehen".
Nach dem er sich noch einmal alles ins Gedächtnis gerufen hatte, nickte er Scorpion zu, damit dieser ihm nun seine erste Aufgabe geben konnte.
"Geh in die Grundstellung"
"Ok"
Schnell überlegte sich, welches seiner Beine sein Sprungbein war.
"Rechts müsste es sein", überlegte er.
Er versuchte nun all sein Gewicht auf diesen Fuß zu verlagern und den anderen Fuß nur noch als Gleichgewichts-Halter zu benutzen. Es war schwerer als es zuerst bei Scorpion ausgesehen hatte. Eine Zeit lang wackelte er so, auf einen Bein hüpfen umher und versuchte sein Gleichgewicht wieder zu finden.
"So wird das nichts", murmelte er, so leise, dass nur er es hören konnte.
Nun versuchte er auch auf den anderen Fuß etwas Gewicht zu verlagern, aber so, dass sein Sprungbein immer noch das meiste zu tragen hatte.
"Ja"
Es klappte einigermaßen.
Die nächste Frage, die er sich stellte war, welches der beiden Beine das fordere sein musste.
Er versuchte zuerst das Sprungbein nach vorne zu tun, doch hatte er wohl kaum noch eine Möglichkeit noch weiter vor zu springen, oder gar nach hinten auszuweichen, da dann das andere Bein etwas nachziehen würde.
Als nächstes versuchte er es genau umgekehrt, also das Sprungbein nach hinten zu tun und das Andere leicht nach vorne.
Es klappte besser. Nun war er in der Lage, mit dem anderen Bein schnell hinter zu rutschen und so zurück zu weichen und mit dem Sprungbein einen großen schnellen Schritt nach vorne zu machen.
Ok, die Fußstellung passt so.
Jetzt musste er sich noch um die Schwertstellung kümmern.
"Was hatte Scorpion gesagt? Ach ja, parallel zum Hinteren Bein, also jetzt zu seinem Sprungbein".
Mit einem Blick nach unten vergewisserte er sich, dass sein Schwert nun grob senkrecht zu seinem hinteren Bein stand.
"Passt es so?", fragend schaute er nun wieder zu seinem Lehrer empor, welcher die ganze Zeit interessiert zugeschaut hatte.
-
Die nötigsten Vorräte zusammen packend verbrachte Tarnum fast den ganzen Morgen in seiner Unterkunft. Es war ein ungewöhnlich warmer Tag, wenn man hohe Temperaturen in der Wüste als ungewöhnlich bezeichnen konnte, jedenfalls kam es dem Schwertmeister wärmer als gewöhnlich vor. In der Mittagssonne durch die Wüste zu laufen war keine gute Idee, deshalb entschied sich der ehemalige Ritter seinem Versprechen ein wenig nachzukommen und seinem Gefährten Vryce ein paar Tricks beizubringen.
"Vryce! Komm ma her. Ich will dir jetzt mal ein paar Dinge beibringen, komm, zieh dein Schwert."
"Wurde auch langsam Zeit", murmelte Vryce vor sich hin und folgte den Anweisungen.
"So, das wichtigste beim Kampf mit einer einhändigen Waffe ist die Grundstellung. Du musst stabil stehen, stets konzentriert sein und dich entspannen. In der Ruhe liegt die Kraft, abwarten, Zeitpunkt finden und zuschlagen."
Tarnum half seinem Gefährten, die richtige Position zu finden. Diese sollte er ein paar mal wieder verlassen und anschließend wieder einnehmen. Nach dem dritten oder vierten Mal klappte die ganze Angelegenheit auch.
"Gut, das kannst du jetzt. Zuhauen kann jeder Depp, jetzt kommt erstmal das Blocken. Wichtig bei dieser Sache ist, dass du, wenn du kein Schild zur Hand hast, wirklich unbedingt einen direkten Aufprall deines Schwertes mit dem deines Gegners vermeiden solltest. Indem Fall kann es passieren, dass dein Schwert splittert und unbewaffnet darstehst. Wessen Waffe kaputt geht steht nur in den Sternen, ausprobieren würde ich es aber nicht. Du musst die Waffe deines Gegners umlenken, an deinem Schwert langschleifen lassen und dabei mit deinen Arm die Waffe des Gegners in deine gewünschte Richtung bewegen, somit zwingst du den Gegner deinen Willen auf und kannst ihn leichter in eine Defensivlage versetzten."
...
-
Ben Sala
Beliar! Es gibt dich wirklich, und du hast jedes einzelne meiner Stoßgebete erhört. Meinen Erstgeborenen werde ich nach dir benennen, oh Herr!
Natürlich würde Vryce das nicht tun, da er kein Interesse daran hatte, in seinem jungen Alter Vater zu werden. Später, wenn er ein ertragreiches Leben als Assassine gelebt hat, würde er sich an dieses Thema machen und zur eigenen Zufriedenheit lösen. Jetzt ging es erst einmal darum, das, was Tarnum ihm sagte, umzusetzen. Fasziniert lauschte er der Lektion seines Lehrmeisters.
Ein stabiler, sicherer Stand war die Grundlage des Schwertkampfes. Vryce dachte einen Moment nach; es erschien ihm sinnvoll. Ohne festen Stand auf dem Boden konnte man einen Kampf gleich vergessen. Was bringt es, wenn der Gegner vorstößt und einen sofort von den Füßen reißt? Nichts, außer den schnellen Tod. Und der Gauner war wohl doch der Meinung, dass dieser seinen Feinden gelten sollte. So probierte er einige Stellungen aus, bis er jene gefunden hatte, die perfekte Sicherheit bot. Den linken Fuß nach hinten, den rechten nach vorne. Leicht schräg stehen; die Klinge in der Hand. Tarnum prüfte es nach, stieß ihn an. Der Gauner hielt sich auf den Beinen. Die Sache mit der Konzentration und der Entspannung war für den angehenden Schwertkämpfer keine Schwierigkeit, gehörte beides – wenn man so wollte – doch zur Grundlage der Diebeskunst und des Bogenschießens. Wie oft hatte er im idyllischen Silden am See gestanden und nur ein- und ausgeatmet? Unzählige Male.
Nun ging es an etwas Interessanteres. Das Blocken und Ablenken der Waffe. Tarnum erklärte ihm, dass für einen Anfänger und jene, die ohne Schild fochten, die beste Lösung darin bestünde, einen Schwerthieb mit der eigenen Waffe abzulenken, da ein direkter Block nicht nur an den Kräften zehrte, nein, je nach Stärke des Gegners vermochte gar die Klinge schwer beschädigt zu werden.
Der Schwertmeister erklärte sich bereit, das Ablenken mit Vryce durchzugehen. Er zog sein eigenes Schwert, ging in Position und erklärte seinem Schüler abermals, was er zu tun hatte. Für den Anfang gingen sie es langsam, Schritt für Schritt durch.
Der Gegner schlägt zu, ich lasse den Angriff an meiner Klinge ins Leere gleiten, indem ich das Schwert ablenke und mit dem eigenen Waffenarm samt Schwert zur Seite drücke. Eigentlich perfekt, wenn ich in der Nebenhand einen Dolch habe, überlegte sich der Dieb und lächelte spitzbübisch. Dann gingen sie es erneut durch, dieses Mal schneller. Tarnum schlug zu – natürlich nicht sein ganzes Wissen vom Schwertkampf ausschöpfend, um Vryce eine Chance zu lassen -, Vryce fing den Schlag ab, die Klingen schliffen an einander ab, was das Metall scharrend bestätigte, drückte mit der Rechten kräftig zu und lenkte so den Schlag in die Leere neben sich ab. Theoretisch – überlegte er sich – könnte ich nun herumwirbeln und die Klinge in seinem Leib versenken, oder eben mit einem Dolch einen gezielten Stich setzen.
Tarnum hatte – wie es schien – nichts auszusetzen, erklärte aber, dass sie wohl den restlichen Tag noch üben würden, zumindest bis die Sonne am Horizont verschwunden wäre. Vryce gab keine Widerworte, hatte er doch ehrlich Gefallen an der Kunst des Schwertkampfes gefunden.
-
Schlaftrunken verließ Bunnel das Zimmer der Taverne, in welchen er die Nacht über geschlafen hatte und gesellte sich zu den Anderen, welche bereits unten saßen und ihr Frühstück genossen.
"Guten Morgen, na wie geht es euch heute", begrüßte der Barbier seine Wanderdgefährten.
Und an Illdor gerichtet fragte er: "Und fühlst du dich danach uns heute deine Heimat zu zeigen und uns die Wichtigsten Orte zu präsentieren?", fragte Bunnel mit der Erinnerung im Hinterkopf, dass Illdor ja den Anschein machte, als ob er so schnell wie möglich wieder verschwinden wollte. aber eventuell täuschte sich Bunnel auch einfach und Illdor war einfach müde oder so etwas.
-
Illdor sah Bunnel lächelnd an, obwohl er erstaunt war, dass er einfach nicht loslassen wollte. Vielleicht wäre es also doch gute Idee ihnen die Stadt zu zeigen, denn sonst würden noch andere unangenehme Fragen folgen.
„Sicherlich kann ich es tun. Falls Paolo und Morina es auch möchten?“, fragte er.
Beide nickten erfreut.
„Dann soll es so sein.“ Innerlich etwas genervt, aber nun kann er sich nicht mehr der Aufgabe entziehen. „Wollen wir dann los?“
Am Vormittag erblickte Illdor einen Assassinen, also brachte er die vier zunächst zur Schmiede. Der junge Mann hatte sich schon lange für die Assassinenwaffen interessiert, also war es gar nicht schlecht, dass sie dort vorbeischauten.
„Ben Sala besitzt die besten Schmiede der Wüste, also falls ihr Waffen benötigt, dann seid ihr hier genau richtig.“
Illdor betrat die Schmiede und betrachtete eine Weile die wunderbar gefertigten Waffen. Erst traute er sich nicht, doch dann umfasste er ein Schwert, das ihm am meisten ansprach. Es lag perfekt in seiner Hand.
Später besuchten sie den Tempel…Illdor hätte ihn gerne vermieden…wegen der Plage. Jene Narren, die ihn geöffnet hatten, hatten sicherlich nicht bedacht, dass sie damit ihr Tor zur Hölle geöffnet hatten.
„Der Tempel des alten Volkes…“
-
Ben Sala
Illdor führte sie nun also herum, in dieser Stadt Ben Sala, dem letzten Posten vor Bakaresh, wo Morina vorzeitig die Gruppe verlassen würde. Nach Al Shedim wollte sie nicht mehr ziehen, zu weit war noch der Weg, und der wichtigste Grund für die Änderung ihrer Pläne war, dass sie aufgeschnappt hatte, dass man Bakaresh die 'Perle der Wüste' nannte, eine große, prächtige Stadt, wohingegen Al Shedim viel mehr einen Ansammlung von Ruinen sei. Ob dies nun nur den relative Vergleich zu Bakaresh darstellen sollte oder der Wahrheit entsprach, war Morina unklar. Aber sie würde dort bleiben, in der Großstadt, in der sie endlich einmal ihre Träume erfüllen konnte... Doch welche Träume waren das? Einen Beruf ergreifen, wieder sesshaft werden, sich unterhalten lassen und ein spaßiges Leben führen? Sie grübelte. Eigentlich hatte sie sich noch keinen genauen Plan gemacht, was sie in Bakaresh alles anfange wollte. Aber das würde sich dann sicherlich noch ergeben, zu hoch waren ihre Ansprüche ja nicht.
Doch noch war sie in Ben Sala, und hörte gerade Illdor über den Tempel sprechen. Das Angebot der Schmiede hatte sie doch noch um einiges mehr interessiert als dieses Gemäuer, dennoch stellte sie eine Frage.
"Was ist denn so besonders an diesem Tempel? Es gibt ja nicht gerade wenige davon." Sie selber war mit Glauben und der Verehrung Adanos' aufgewachsen, der Gott des Gleichgewichts war präsent im Volk der Waldläufer, denen sie angehörte... Angehört hatte. Das Volk gab es nicht mehr. Wie hatte sie dies vergessen können? Alle waren sie tot, bestimmt... Keinen weiteren Gedanken versuchte sie daran zu vergeuden. Das Waldvolk war tot, und sie war in der Wüste. Dies war ein neuer Lebensabschnitt.
-
Auch Bunnel schaute Illdor fragend an. Denn er wusste ja nicht mal für was oder wen diese viereckigen Klötze erbaut worden waren.
Illdor erzählte knapp irgendetwas über Adanos und einem Alten Volk...
Aber so etwas interessierte Bunnel im Gegensatz zur Natur, der Welt und seinem Beruf eines Barbiers gänzlich wenig.
Und so dauerte es nicht lange, bis er eine Frage in den Raum stellte, die das Thema wechseln sollte.
"Du Illdor, ich frage jetzt nur Illdor, da dies seine Heimat ist und er der Einzige ist, wer von uns wirklich das Recht hat zu entscheiden, wann wir wieder aufbrechen wollen. Vielleicht habt ihr es ja auch eilig, aber Illdor verbindet bestimmt sehr viele Erinnerungen mit diesen Ort und ich kann mir vorstellen, dass es nicht gerade leicht ist, sich mit der Vergangenheit zu konfrontieren. Also ich meine, dass er wohl entscheiden sollte, ob er noch ein paar Tage braucht, oder ob er so schnell wie möglich weg will".
Bunnel konnte wirklich sehr gut mit Illdor mitfühlen. Vielleicht sogar zu gut. Er selbst war ja auch vor seiner Vergangenheit davon gelaufen, war einfach aus Kap Dun geflohen und nach Varant gereist und wenn er wirklich ehrlich zu sich war, musste er eingestehen, dass er nun wieder davon rannte. Ja er rannte vor der Entführung seines Bruders davon. Ja er musste sich eingestehen, dass er hier nichts anderes tat, als von dem Schmerz der Trennung mit Avik davon zu laufen.
Er senkte den Kopf und hoffte, dass die Anderen seine Trauer nicht sehen konnten.
-
Er gehorchte Morinas „Befehl“ und ging mit seinen Gedanken wieder zurück…zur Plage. Es war grausam gewesen…all diese…Kreaturen.
„Einige Grabräuber haben mal diesen Tempel geöffnet und…ein Angriff von grotesken Untoten war die Antwort auf diese Tat.“ Menschen sind umgekommen, deswegen möchte ich nicht daran denken.“
Als Bunnel dann doch wieder eine Frage stellte, die ihm eigentlich gerade recht kam, legte er seinen Kopf etwas schief und schaute erstaunt in die Augen vom Barbier. Der junge Dieb hatte nichts dagegen.
„Es liegt daran, dass ich in Ben Sala etwas verloren habe, dass mir sehr am Herzen lag. Ich ist nichts Materialistisches oder … Menschliches… Dachte er nun an Delina oder die Liebe allgemein? Wenn er aber Menschliches nicht genannt hätte, dann würde wohl die Frage kommen: Wer war sie? Es ist mehr ein Gefühl…“ Illdor merkte, dass er in Rätseln sprach, also fügte er noch hinzu: „ Ich meine das Gefühl der Entwicklung. Ich möchte stärker werden…Intelligenter…“
Kurz blickte auf den Boden. Im Inneren konnte er nur hoffen, dass seine Antwort für Bunnel reichte. „Ich würde mich freuen, wenn wir Ben Sala noch heute verlassen würden, denn sonst entscheide ich mich noch anders und bleibe hier,“ lächelte er.
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
|