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Also, fassen wir mal zusammen: Bretter dran nageln hat nicht funktioniert, Boot nur beschweren hat auch nicht funktioniert. Igentetwas drunter legen brint auch nichts, ein Schwert bringt auch nichts außer ein paar Rillen im Kiel... Irgendwie muss es doch gehen! So langsam hatte den jungen Schiffsbauer der Ergeiz gepackt: Es gab garantiert einen Weg sein kleines Boot wirksam zu verbreitern ohne dass entweder die Baumaßnahme an sich oder da Boot zusammenbrach bzw. trotzdem unterging, aber noch hatte er sie nicht gefunden.
Ich glaube, ich sollte es nochmal mit Verbreitern versuchen. Die Frage ist nur, wie ich den Seitenbrettern mehr Stabilität gebe.
Das war in der Tat eine sehr schwerwiegende Frage, denn einfach Binden statt Nageln war auch nicht so sinnvoll.
Man muss logisch daran gehen: Ich habe zwei Möglichkeiten, das Ende der Bretter abzustützen: Ich hänge sie mit einem Seil an den Mast oder ich stelle sie auf das Wasser - oder ich mache am besten Beides, weil, wenn ich sie nur festhänge, das Ganze durchbricht, sobal eine zu große Welle von unten dagegen kommt. Aber macht das einen Sinn, wenn ich zu dem Auf-dem-Wasser-Abstützen die Bretter auch noch am Mast festbinde? Eigentlich nicht... Versuchen muss ich es eh erstmal ohne, weil ich noch keinen Mast habe... Aber morgen, heute ist es viel zu spät und ich will einfach nur noch ins Bett...
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Jaryvil und sein Begleiter, der junge Fallensteller Jakob, hatten ganze Arbeit bei der Jagd geleistet. Die Ausbeute war deutlich größer, als wenn der Sohn des Verkäufers seine Fallen aufgestellt hätte. Bis Mitternacht hatten die beiden jungen Männer gejagt und waren dann, mit Fellen auf den Schultern und Trophäen wie Zähnen und Krallen in kleinen Lederbeuteln, in die Hauptstadt zurück gekehrt. Der Vater, welcher sich ihm als Denon vorgestellt hatte, hatte die beiden erwartet und bei der Ausbeute große Augen bekommen. Als sich der Novize verabschieden wollte, lud ihn Denon dann den nächsten Abend zu sich nach Hause ein.
Der Schütze klopfte an die Tür Jetzt bin ich mal gespannt, was er mit mir bereden will dachte sich der Schwarzhaarige. Nicht lange hatte es gedauert da wurde die Tür von einer älteren Frau geöffnet. "Ah, kommt rein. Mein Mann wartet schon." Die Frau trat von der Tür weg um sie dann auch gleich wieder hinter dem Diener Adanos' zu schließen. Der Innenausstattung konnte man ansehen, dass sie schon einmal eine bessere Zeit erlebt hatten, ansonsten ware es schön. Nachdem er sich dann umgesehen hatte, fiel ihm auch auf, dass anscheinend nur Denon und seine Frau anwesend waren. Von dem Jungen konnte der Bakaresher nichts sehen.
"Setz dich bitte." sprach ihn der Verkäufer an und wies mit seiner Hand auf einen Sessel neben ihm. "Als erstes möchte ich euch danken, dass ihr mit meinem Jungen jagen wart. Ihr hattet eine große Ausbeute, außerdem hat Jakob immer wieder von euch geschwärmt. Ich glaube, ihr seid für ihn so etwas wie ein Vorbild." Er? Ein Vorbild? Er war ein ehemaliger Sklave der seinen Meister getötet, geflohen und sich dem Wüstenvolk angeschlossen hat um seine Familie zu rächen und seinen Glauben zu leben. Weder war er darauf Stolz jemanden hinterhältig umgebracht zu haben, noch war Jary stolz darauf, unbedingt Rache üben zu wollen. Aber davon wissen sie ja nichts... "Ich habe im Moment nicht viel, was ich euch geben könnte. Allerdings könnt ihr in meinem Haus bleiben so lange ihr wollt, Essen und Trinken natürlich auch. Ich hoffe, ihr könnt damit etwas anfangen." Eigentlich war es für ihn mehr als er erwartet. Diese Familie hatte nicht so viel und für eine einfache Jagd war es mehr als genug. "Vielen Dank, es ist mehr als genug." Der Robenträger lächelte.
Dann schwiegen die beiden und sein Gegenüber schaute ihn musternd an. Sofort wusste der Novize, was jetzt kommen würde. "Nun... habt ihr euch noch einmal Gedanken gemacht? Ich möchte nicht aufdringlich sein und..." Jaryvil unterbrach den Händler. "Gestern Abend hat sich Jakob sehr interessierrt gezeigt was den Bogen, die Pfeile, den Schuss einfach alles, was mit dem Bogenschießen zutun hat, angeht. Wenn er möchte, dass ich ihm beibringen soll, zu schießen, werde ich das gerne tun." Der Schütze erinnerte sich an den gestrigen Abend. Sein blonder Begleiter war wirklich sehr interessiert und seine Ausstrahlung hatte Jary den ganzen Abend in seinem Bann gehalten. Es war komisch. Nie hatte er so jemanden getroffen. "Nun, wenn ich bei euch übernachten kann, werde ich auch so lange in Vengard bleiben können. Ob ich es sicher tue, weiß ich nicht. Ich habe mir das noch einmal überlegt. Wenn Jakob mit mir kommen möchte um die Ausbildung ganz zu beenden, kann er das gerne tun. Allerdings werde ich dann warscheinlich zurück in die Wüste gehen. Ich bin Novize der Wassermagier und ich habe als solcher auch Pflichten. Ich denke, dort wird sich ein Platz für ihn finden, außer er möchte zurück kehren wenn seine Ausbildung beendet ist." Während er sprach, konnte man im Gesicht seines Gegenübers verschiedenste Gesichtszüge beobachten. Auch beim Blick auf die Mutter, welche aber im Gegensatz zum Vater nicht versuchte, alles hinter einer Fasade zu verstecken, ihr konnte man die Trauer ansehen. "Fragt ihn, ob er das überhaupt möchte. Wenn nicht, können wir die Ausbildung aber schon in Vengard beginnen. Achja, er braucht natürlich seine eigene Schießausrüstung."
Der Stängeldreher erhob sich vom Sessel und beschloss, diese Nacht noch einmal in der Taverne zu schlafen. Im Türrahmen blieb er noch einmal stehen. "Heute werde ich noch in der Taverne schlafen. Ich werde morgen vorbeischauen." Dann ging er, schloss die Tür hinter sich.
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Janina hatte ihren Rucksack geschultert und war auf dem Weg zum Nordtor von Vangard. Vorerst hielt sie nichts mehr in der Stadt und so wollte sie sich auf den Weg ins orkisch besetzte Faring machen. Die Gauklerin hielt es für besser, offen und am Tag zu reisen, statt heimlich wie eine Diebin in der Nacht.
Zum einen hatte sie nichts zu verbergen und wollte auch nicht, dass es danach aussah, zum anderen waren die Straßen in der Nacht mit Sicherheit wesentlich gefährlicher, voller Banditen und wilder Tiere. Bestimmt wurde die Straße überwacht, doch war sie nicht grade die Sorte von Reisende, die gefährlich wirkte.
Als sie das Nordtor durchschritt und sich der Straße nach Faring zuwandte, spürte sie die Blicke der Wachen im Rücken. Entweder hielten diese sie für Verrückt oder... nein, eigentlich viel ihr keine andere Möglichkeit ein, was die Wachen wohl denken konnten.
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Abenteurer
Schlecht geschlafen hatte er, und wirre Träume gehabt, bei dem er sich unruhig auf dem Ruhelager gewälzt hatte. Er war in Vengard gewesen. Im echten, nicht in dem seiner Träume, dass sich so sehr von der Realität unterschied. Ein wenig heruntergekommen, aber doch herrschaftlich, wie ein gestürzter König, der nun mit Purpurmantel und hoch erhobenem Kopf durch die Gassen streunte und mit Vagabunden umherzog. Dieses Vengard sah er in seinen Träumen und er selbst stand zugleich darin und blickte zur selben Zeit wie ein Vogel von oben darauf herab, sah sich selbst, wie er dort stand, ratlos und ohne Ziel.
Bis ein riesiger Haufen Sand kam. Eine Wanderdüne, wie man sie nannte. Er hatte noch keine gesehen, doch sie schob sich mit schier unmöglicher Geschwindigkeit voran. Sie überrollte ohne Mühe die Stadtmauer, verschluckte die Häuser und begrub selbst die Burg unter sich, bis alles unter feinem, hellen Sand verborgen war. Auch er selbst, der dort unten gestanden war. Er spürte nichts davon, er merkte nur, dass er über allem schwebte und gefahrlos beobachtete. Dennoch war er aufgeregt, als er bemerkte was passierte. Dass nun aus der anderen Richtung, aus dem Meer, eine turmhohe Flutwelle kam, die wiederum alles unter sich begrub, wie eine Hand, die alles wegfegte, eine Hand aus Wasser, hinter der ein kräftiger, gewaltvoller Arm stand, der weit ausholte und mit ganzer Macht zuschlug.
Und als sich das Wasser zurückgezogen hatte, war auch der meiste Sand weggeschwemmt worden. Das Vengard darunter war nicht mehr das gleiche. Es lag auf dem Boden noch überall feuchter Sand, doch es zeigten sich nur noch sandfarbene Ruinen, auch die Menschen waren verschwunden. Ebenso er selbst, nirgendwo war er mehr, lediglich schwebend über alles, doch auch dieses Er verschwand und im nächsten Augenblick lag er wach und mit geöffneten Augen im Bett, mit vollen Erinnerungen an seinen Traum, über den er auch auf dem Weg zu seiner Arbeit noch lange nachdachte.
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Wochen sind nun vergangen. Alle befanden sich nun wieder in Vengard: Ronsen, Ulrich, Gwendor, Yngvar, der Rest der Besatzung und Rethus… allerdings… einer blieb zurück: Dennik. Der Gardist hatte bemerkt, dass in dem bulligen Reinhold auch ein sanfter Riese steckte, er hielt ihn nur zurück. Dass Dennik verbannt werden musste, obwohl er für sie gearbeitet hatte, ließ auch Ronsen nicht locker. Aber es waren die Befehle. Befehle, die ausgeführt werden mussten. Befehle von jenen, die so etwas noch nie gemacht haben, vor allem wenn der Verbannte so viel Zuwendung gezeigt hatte wie der junge Dennik.
Na ja, geschehen ist geschehen. Rethus konnte daran sowieso nichts ändern, auch wenn er derjenige war, der die ganze Zeit über an der Küste von Varant mit diesem Dennik zu tun hatte. Seine Wort genügten nicht, um einem Sträfling die Freiheit in aller Welt zu geben. Rethus war nur ein Gardist… ein Rebell… ein untergetauchter Verbrecher mit dem Namen Hakon; ein Name der zuvor von Gwendor getragen worden ist.
Mit den Gedanken an diese Tatsachen wünschte sich Rethus nur noch eines: Raus aus Vengard. Doch das konnte er nicht. Ronsen war noch immer damit beschäftigt, ihm seine schwarze Lederrüstung anzufertigen. Es sollte wohl noch etwas dauern.
Die Zeit verbrachte er damit, seine nächsten Pläne zu schmieden. Er hatte den Fremden auf dem Schiff nicht vergessen. Obwohl er immer noch der Meinung war, nichts überstürzen zu müssen, wollte er doch trotzdem unbedingt seinen Vater sehen… ihn wieder kennenzulernen. Wie er von Handor, seinem Ziehvater, erfahren hatte, war Vogor zu den Klanbewohnern übergelaufen. Er war einer von ihnen. Wieso sollte es also eine Prophezeiung geben, die besagt, dass Rethus‘ einziger Onkel ausreichen würde, um seinen Vater zu töten? Die Nordmänner waren wie die Soldaten des Königs: Sie hielten zusammen… ach, was dachte Rethus da jetzt schon wieder an diese bescheuerte Prophezeiung. Sie existierte sowieso nicht.
Sein Vater wäre wohl damit eines seiner nächsten Ziele. Doch durfte er seine Pflichten nicht im Stich lassen. Die Rebellen haben auch noch etwas zu tun, sogar eine ganze Menge. Wenn es tatsächlich stimmte, dass die Orks eine Barriere gegenüber der Küstenregion errichten wollen, dann gäbe es wirklich viel zu tun. Vielleicht wären die Rebellen dann sogar ein sehr wichtiger Bestandteil der freien Menschen. Wer würde denn sonst auf der Grenze wachen müssen?
Und nicht nur diese Pflicht hätten sie zu erledigen. Da gab es ja auch noch den ehemaligen Anführer Javier, der verschollen ist. Der Paladin hatte den Rebellen eine Menge Ärger eingebrockt. Und noch gab es einige Fragen. Um diese zu klären, hatten die Rebellen die Pflicht, ihn zu finden. Und das war in dieser Zeit gar nicht so einfach…
Es klopfte an der Tür. Rethus erhob sich sofort von seinem Stuhl an dem Schreibtisch, um die Pforte seines Hotelzimmers zu öffnen.
„Ein Brief von Handor, dem Ritter.“
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Rethus konnte es nicht glauben. Das Pergament, das er da in seinen zitternden Händen hielt, wies die Lösung all seiner Probleme und seines Kummers auf. Nachdem er es das fünfte Mal durchgelesen hatte, faltete den Brief zusammen und steckte ihn in sein Gepäck zurück. Noch immer war er fassungslos. Er hatte schon vermutet, dass es ein wichtiger Brief war. Handor sendete dem Glatzkopf nur wichtige Nachricht, doch war diese Nachricht wichtiger als alle anderen zuvor…
Sei gegrüßt, Rethus!
Es ist eine seltsame Zeit, in der ich dir diese Nachricht zukommen lasse, doch ist sie von größter Wichtigkeit. Unsere Bemühungen, deinen Vater Vogor zu finden, sind nicht umsonst gewesen. All die Zeit, die wir verbracht haben, all die Prüfungen, die du bestehen musstest… Gotha, Idlatus, der Kampf gegen die Mächte Beliars… alles hat sich gelohnt, denn ich habe Meldung erhalten, dass dein Vater auf dem Weg nach Vengard ist. Er wurde bei den Nordmännern gesehen, die nach Al Shedim gereist sind. Er hatte sich nicht lange bei ihnen aufgehalten. Ihm sagte etwas, dass er dich suchen sollte… Und denke nicht mehr an die Prophezeiung. Jeder kluge Menschenverstand sagt einem, dass das nur unlogischer Blödsinn ist. Doch wieso sie überhaupt existiert, musst du deinen Vater fragen. Nur er kann dir die Antwort auf diese Frage geben. Erwarte ihn…
Handor
Rethus fiel ein Stein vom Herzen. Sein Plan, nach Nordmar zu reisen, hatte sich wohl damit erledigt. Scheinbar wollte sein Vater ihn selbst suchen.
Hoffentlich würde Ronsen bald mit der Rüstung fertig werden. Der Oberrebell hatte geplant, direkt nach der Ankunft seines Vaters, mit ihm nach Reddock zu reisen, ferner nach Hause in sein gutes Haus. Es gab so viel zu bereden. Nicht nur mit seinem Vater, auch mit den Rebellen…
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Neuling
Das kalte Bier floss schnell seiner Kehle hinunter, an seiner Oberlippe bildetet sich ein Schaumbaart, den er gleich wegwischte.
Yaret befand sich nach einer langen Schiffreise von Khorinins nach Vengard in einer heruntergekommenen Hafenkneipe. Der Großteil hier waren Hafenarbeiter und Seemänner, aber auch Händler und Handwerker konnte er erkennen.
Viel gesehen hatte er von der Stadt Vengard noch nicht, das wollte er Morgen nachholen. Heute wollte er sich ersteinmal von der Reise erholen. Mehrere Tage durfte er das Deck schrubben und Essen für die Mannschaft zubereiten.
Als Yaret mit seinen Bier fertig war, stellte er den leeren Krug vor sich und griff in seine Tasche. Er holte seinen Goldbeutel heraus, nahm ein paar Goldstücke für das Bier und ein Zimmer in der Kneipe heraus und prasste es dem Wirt auf die Theke. Dieser sah das Gold, nickte und putzte weiter seinen Krug.
Yaret schleppte sich der Treppe hinauf und ging auf sein Zimmer. Er verschloss die Tür, hing seinen Bogen an die Wand, legte seine Sachen neben das Bett und lies sich auf eben jenes fallen.
Er veschlug die Hände hinter seinen Kopf und starrte an die Decke. Wie es nun mit ihm weitergehen sollte wusste er nicht. Er griff zu seinen Goldbeutel und wühlte etwas in ihn rum. Die Reise hierher und das Zimmer hatten ihn schon etwas leichter gemacht. Etwas Gold wäre nicht schlecht. Vieleicht braucht hier ja jemand einen Schreiner, aber noch sollte das Gold für ein paar Tage reiche. Er warf den Beutel neben sich auf den Tisch und starrte an die Decke. Seine Augen fingen an zu brennen und schwerer zu werden, bis sie schließlich zufielen...
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Im schwachen Licht einiger Kerzen saß der Schriftgelehrte in seinem Arbeitszimmer. Vor ihm waren einige Bücher ausgebreitet, doch las er nicht, sondern starrte in die Dunkelheit im hinteren Teil des Zimmers, der nicht vom Schein der Kerzen erleuchtet wurde. In den Schatten verfingen sich seine Blicke und wollte ihn gar nicht mehr los lassen. Sehr viele Gedanken schossen durch seinen Kopf, doch war davon kein einziger auf seine eigentliche Arbeit gerichtet. Er hatte sich vorgenommen, das Gespräch mit Redsonja einfach zu vergessen, und mit seinem magischen Studium fortzufahren. Doch er konnte es nicht. Immer wenn seine Gedanken sich auf die Magie konzentrieren wollten, streiften sie ab und kreisten wieder um das eine Thema. Konnte er den Worten einer Frau wie der Rothaarigen Glauben schenken?
Es war ein Wunschdenken, dass Lopadas jedem Menschen vertrauen konnte, egal was dieser je im Leben gemacht hatte. Auch wenn Redsonja bei der Wahrheit geschworen hatte, was war das für eine Wahrheit, die diese Frau scheinbar schon mehrmals geheuchelt oder mit Füßen getreten hatte. War ein solcher Schwur es überhaupt wert als gültig zu gelten? Der Tempelvorsteher wollte es. Doch scheinbar erreichte die Fähigkeit der Wahrheit nur diejenigen, welche auch an die Wahrheit glaubten und an ihre unbedingte Stellung in dieser Welt. Ein Großteil der Menschen schien einfach nur darauf bedacht sein das Wort "Wahrheit" als Schleier zur irgendwelchen zwielichtigen Zwecken zu verwenden. Das Wort war nicht mehr als ein Schatten der eigentlichen inhaltlichen Kraft. Viel zu oft wurde das Wort "Wahrheit" missbraucht, als dass noch irgendjemand wirklich an sie glauben konnte, selbst wenn er es von ganzen Herzen wollte.
Er selbst war ein solcher Mensch und glaubte daran, dass Innos ihm die Kraft gab, im Dienste der Wahrheit und Gerechtigkeit zu handeln. Lopadas sah keinen Sinn darin andere zu belügen, bisher hatte er dies auch nicht nötig, doch wusste er, dass dies ihn nicht davor bewahrte selbst angelogen zu werden. Es war ein Zwiespalt, der sich nicht so leicht lösen ließ. Warum sollte er sich richtig verhalten, wenn die anderen es nicht taten? Welchen Vorteil hatte er davon? Lopadas wusste, dass es richtig war, wie er lebte, dafür brauchte er keine Begründung, es war eben seine Art zu leben, auch wenn er wusste, dass die anderen es nicht ihm gleich taten. Allein das zählte, allein dies war seiner Meinung nach der Weg Innos'.
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Diesmal war Troan schneller als Raad - seinen zynischen Bemerkungen zum Trotz. Die Spitze von Troans Schwert zeigte genau in diesem Augenblick in den Türrahmen, als ihr heimlicher Verfolger in dessen Mitte trat. Die Klinge am Hals wagte der Hühne kaum sich auch nur eine Haaresbreite zu bewegen.
"Ahh...dich haben wir doch gesucht", entgegnete Troan als er erkannte, dass es dieser Garel war.
"Was willst du von uns?", blaffte Troan den Mann an und machte einen bedrohlichen Schritt nach vorne, so dass die Spitze seines Schwertes deutlich am Hals zu spüren sein musste.
Garel schien trotzdem merklich ruhig. "Ich helfe euch", meinte er nur und er sagte es so abschliessend, als würde dies die ganze Situation samt aller offener Fragen auflösen. So leicht hatte es Troan dann doch nicht erwartet. "Wieso?", meinte er misstrauisch und warf einen fragenden Seitenblick zu Raad hinüber.
"Spielt keine Rolle. Entweder ihr nehmt meine Hilfe an oder ihr sehr eure Freundin wohl nur noch, wenn sie vor dem Volk gehängt wird. Eure Entscheidung."
Nun senkte Troan endgültig seine Waffe. Es roch nach einer Falle - vermutlich war es auch eine, doch zurzeit war es die beste Möglichkeit, die sie hatten. Schliesslich blickte er zu Raad hinüber und nickte zögerlich. Dann wendete er sich wieder an Garel.
"Dann lass mal hören, wie du uns helfen willst", meinte er. Daraufhin nickte Garel und drehte sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren um. Schulterzuckend folgte Troan ihm.
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Der Schwarzhaarige hob die Schulter und schüttelte den Kopf, als er noch immer auf demselben Fleck stehend zusah, wie Troan dem strohhaarigen Dackel des Lords folgte. Er schien gleichsam wie Raad genau zu wissen, dass dies nur eine Falle sein konnte, welche offensichtlich für beide Seite, sei es nun die rothaarige Kriegerin oder die beiden Männer, die im Dunkeln tappend, versuchten, sie zu befreien, nicht gut ausgehen würde. Es war eine Tatsache und der Schwarzhaarige hatte schon lange begonnen, jene zu hassen. Der Preis würde hoch werden für die Rothaarige, sollte er hier tatsächlich mit heilem Kopf wieder herauskommen. Sehr hoch… und er hatte schon eine Ahnung, wie hoch.
Raad folgte den beiden Männer geschwind hinaus in den Flur und fragte sich ernsthaft, was die Frau getan hatte, dass sie gleich am Strick landen sollte und was mit dieser verdammten, von Narren verseuchten Stadt los war, dass es hier schlimmer vor sich ging, als in jedem Rattennest, welches er zuvor gesehen hatte. Erst schwieg der verfluchte Kerl die gesamte Zeit über, lief ihm wie ein Schoßhündchen hinterher und schien nur darauf zu warten, dass man sich ihm entledigte. Und nun? War er den beiden überdrüssig geworden, dass er sich direkt an ihnen rächen würde und das mit dem einfachen Versprechen, ihnen helfen zu wollen?
Der Schwarzhaarige unterdrückte einen Fluch, als er unsanft mit Troan zusammenstieß, der plötzlich vor ihm stehen geblieben war. „Hältst du das tatsächlich für eine gute Idee?“, fragte Raad den anderen Mann, nachdem er ihn mit beiden Händen an den Schulter gepackt und sich leicht zu seinem Ohr gebeugt hatte, „Der Mann kann uns auch direkt zum Henker führen…“, warf er ein und seufzte resignierend, als Troan sich auch nur ein wenig Zeit nahm, in der schwieg, „Lass nur, ich denke, ich kenne die Antwort selber. Besser als gar nichts…“, murmelte er und stellte sich, nach außen gelassen wirkend, neben den Dunkelhaarigen, dessen Blick auf Garel ruhte.
„Meine Herren, die nächste Parallelstraße führt direkt zu einem kleinen Seitentor der Burg. Sofern alles glatt läuft, könnt ihr ungehindert passieren.“, sprach der Blondhaarige mit ruhiger Stimme und lächelte leicht überheblich, als sei es bloß eine Floskel, das Unwahrscheinliche nicht auszuschließen, „Nehmt dies. Das eine ist ein Plan der Burg, zumindest des Teils, der für euch wichtig ist. Ihr solltet die gezeichneten Gänge nicht verlassen. Und das andere ist der Schlüssel zur Zelle eurer Freundin. Wenn ihr lesen könnt, wird dies ein Spaziergang für euch.“, fuhr Garel süffisant fort und fügte schließlich hinzu: „Und nun entschuldigt mich. Meine Herren, es war mir ein Vergnügen.“
„Der muss sich doch in den Arsch beißen, wenn das hier funktioniert und wir ohne eine Strafe für seine Demütigung davonkommen.“, grollte Raad leise und warf einen kurzen Blick auf die Karte, die Troan in der Zwischenzeit entfaltet hatte.
Geändert von Raad (06.07.2010 um 00:17 Uhr)
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"Dann lass ihn doch in seinen Arsch beissen...der ist eh nur Handlanger von irgendwelchen grösseren Mächten, den kannst du nur bemitleiden."
In dem Moment, als er das ausgesprochen hatte, fragte sich Troan, ob das gleiche nicht auch auf ihn zutraf, wenn er hier seinen Hals riskierte, verdrängte den Gedanken jedoch rasch. Stattdessen konzentrierte er sich auf den Plan. Lesen...war so ne Sache. Das musste er selten genug und als er das Zusammensetzen einzelner Buchstaben zu Sätzen mal gelernt hatte, lebte er noch auf Khorinis. Zum Glück fand man sich auf der Karte auch ohne Buchstaben zurecht. Ein Gewirr aus Linien und Strichen, dass erst auf den vierten oder gar fünften Blick einen Sinn zu ergab. Es musste die Gänge unterhalb der Festung sein inklusive einem Eingang in dieses Gewirr. Eine dicke, unsauber gemalte Linie in Rot schien den Weg zu einer speziellen Kerkerzelle zu markieren.
"Ein etwas komplizierter Spaziergang in die Höhle des Löwen...am besten du sprichst vorher noch einige Gebete...", murmelte Troan und setzte sich schliesslich entschlossen in Bewegung. Als sie bei dem von Garel erwähnten Seitentor ankamen, sahen sie zu ihrer Verwunderung keine einzige Wache. Sie schlüpften trotzdem so unauffällig und schnell hindurch, wie es nur irgend möglich war und folgten dann strikt der roten Linie auf dem Plan. Teilweise schien die Linie einige Umwege in Kauf zu nehmen, dafür hatten die beiden tatsächlich keinerlei Schwierigkeiten mit irgendeiner Wache. Von ihrem Blickwinkel aus gesehen, war dieses Gewölbe wie ausgestorben.
Schliesslich endete die rote Linie vor einer schmalen, niederen Zelle wie jeder andere. Es roch feucht und modrig und dunkel war es ebenfalls. "Redsonja?", fragte Troan im Flüsterton in die Dunkelheit.
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Über die ganzen Momente, die dieses Schauspiel dauerte, hielt Ferox den Auftritt der Person streng im Blick. Wer in solchen Gebaren Wein brachte - dazu brauchte er die Aufforderung seines Freunde nicht -, verbarg sicher nichts gutes darin. Gift? Wahrscheinlich. Medin schien viele Feinde zu haben.
Erst als der Weinreinbringer die Türe hinter sich geschlossen hatte, beruhigten sich des Großmeisters Blick und Seele. Verwunderung begann sich in ihnen einzunisten.
„Mit was für Leuten umgibst du dich?“, fragte er, um die bloße Zwielichtigkeit solcher Geschöpfe der Unterwelt feststellen. Sein innerer Kopf regte sich zum Schütteln.
„Wie auch immer…“
Er war Medins Ausführungen bis zum Ende gefolgt. Nun blieb die Frage offen: „Welche spielt dieser Graf in diesem Geschehen? und kann er helfen, deine Unschuld zu beweisen?“
Selbst konnte Ferox es nicht glauben. Wahrscheinlich wollte auch dieser nichts Gutes für den Paladin.
Sie schwiegen einige Momente, während irgendwo im Hintergrund die Brandung an den Turm schlug.
„Ich würde gerne einmal persönlich mit Redsonja sprechen.“, hieß seine Verkündung. War es gewagt? Wieso sollte es. Jetzt musste Ferox selbst um die Offenbarung seiner alten Freundschaft zu der rothaarigen Kriegerin fürchten. Wer wusste, wie der Rat reagierte , würden sie das herausfinden. Hinterhältige Gesellschaft, dachte der Krieger mit einem Hand zur Verachtung. Seit ihm Innos dieses Gespür für das menschliche Übel geschenkt hatte, musste der Streiter sein Menschenbild überdenken.
„Hast du eigentlich schon aus einem der Kelche getrunken?“
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Tief unter dem Tempel, in einem Keller unter dem Keller ging Françoise ihren Forschungen nach. Nur selten verirrte sich jemand in diese Gewölbe. Zum einen schienen sie nicht ganz geheuer zu sein, zum anderen nicht besonders vielen überhaupt bekannt. Genau der richtige Ort, um ungestört zu bleiben. Auch wenn es wohl keinen anderen Platz im gesamten Tempel gab, der so sehr die fleißigen Hände der Novizen vermissen ließ.
Im Augenblick war das vollkommen unerheblich. Während ihres Ausflugs zum Strand hatte Françoise eine ausgesprochen interessante, wenn auch etwas schmerzhafte Entdeckung gemacht. Versehentlich trat sie mit dem bloßen Fuß in einen kleinen Kristallsplitter, der im Sand verborgen lag. Sie verletzte sich nicht ernsthaft, jedoch erweckte dieser Splitter das Interesse der Zauberin, als sie ihn aus der Wunde zog. Seiner geringen Größe zum Trotz, sammelte sich in ihm eine erhebliche Menge magischer Energien. Ähnlich einem Schwamm sog er zugeführte Magie auf und hielt sie in seinem Inneren. Ein faszinierendes Verhalten, das sicherlich noch nützlich sein konnte. Deshalb verbrachte die Priesterin des Rest des Tages damit, nach weiteren Kristallsplittern zu suchen.
Offensichtlich stammten sie ursprünglich nicht vom Strand, denn die Ausbeute ihrer Suche blieb bescheiden. Françoise vermutete, dass sie vom Meer angeschwemmt worden waren, wodurch ihr wahrer Ursprung verborgen blieb. Nur ein großer Zufall könnte wirklich Klarheit schaffen. Die wenigen Splitter, die Françoise noch finden konnte, nahm sie mit zum Tempel, um dort weitere Untersuchungen an ihnen vorzunehmen.
Wie auch das erste Stück, sogen sich die anderen Splitter voll mit Magie, die die Zauberin ihnen einflößt bis schließlich jeder von ihnen vollends gefüllt war. Im nächsten Schritt suchte Françoise nach einem Weg, die gesammelte Magie wieder zu entziehen. So sehr konzentrierte sich die Priesterin dabei auf ihr Experiment, dass ihr nicht auffiel wie sich die restlichen Splitter plötzlich verselbstständigten. Die Splitter, die sie beiseite gelegt hatte, zogen einander an wie kleine Magneten. Als sich Françoise dessen bewusst wurde, gingen sie bereits in ein neues Stadium über. Einzelne Splitter verbanden sich und verschmolzen zu etwas größeren Stücken. Und auch diese größeren vereinigten sich wiederum, bis schließlich aus den letzten zwei Klumpen ein einziger, Fingerhut großer Kristall geformt war.
Durch seine schöne Form bestach er nicht unbedingt, sah er eher wie ein wild zusammengesetzter Haufen von Kristall aus. Trotzdem konnte Françoise die Augen nicht von ihm lassen. Er pulsierte gleichmäßig in blau und violett, was - so vermutete die Priesterin - auf die ihm innewohnende Magie zurückzuführen sei. Was viel erstaunlicher an der Sache war, offenbarte sich erst nach genaueren Untersuchungen. Ganz offensichtlich verbrauchte die Verschmelzung einen Teil der magischen Energien, so dass wieder ein wenig Platz geschaffen worden war. Tatsächlich ließ sich nun aber noch mehr Magie einspeisen als zuvor bei den einzelnen Splittern. Man konnte also sagen, dass der zusammengesetzte Kristallklumpen mehr als nur die Summe seiner Teile darstellte. Unnötig zu erwähnen, dass Françoise unbedingt die Ursache für diese Eigenschaft entdecken wollte.
Den letzten verbliebenen Splitter fügte sie schließlich an und er verschmolz mit dem Klumpen zu einem Ganzen. Es bestätigte sich, dass der Kristall nach der Verschmelzung mehr magische Energie aufnehmen konnte als es der einzelne Splitter zur Verfügung gestellt hatte. Françoise musste unbedingt mehr von diesen Kristallen finden. Was wohl erst ein Faustgroßes Exemplar beherbergen konnte oder eines so groß wie ein Kopf.
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Während es draußen den halben Tag lang geregnet hatte, war Ronsen in seiner Schmiede an der Kaserne Vengards geblieben und hatte gut darin getan, sein täglich Brot zu verdienen. Die Arbeit mit dem neuen Rüstungsmaterial, dem schwarzen Snapperleder, bereitete ihm Freude und Ärger zugleich. Einerseits war es wunderbar, endlich wieder einen Stoff zu haben, der egal, welchen Strapazen man ihn aussetzte, auch rissfest, hitze- und kältebeständig war. Aber auf der anderen Seite ließ sich das Leder auch nur äußerst schwer verarbeiten. Mit einfachen Nadeln war da kaum ein durchkommen und besonders filigran waren die Finger des Südländers schon längst nicht mehr.
Umso besser ging es ihm, als so langsam das prasselnde Geräusch von Regen nachgelassen hatte und er sich zufrieden damit geben konnte, zumindest die Hälfte der Arbeit geschafft zu haben. Die Rüstung für Hakon bestand jetzt zumindest schon aus Brust- und Rückenstück. Die Ärmel musste er noch annähen, das würde ihm viel Fingerspitzengefühl, viel Geduld, abverlangen. Und die Arbeit verschob er angesichts der Tatsache, dass es draußen endlich mal wieder etwas frischer geworden war, gern auf morgen.
Die Hütte war schnell so gründlich wie nötig, und da lag die Messlatte nicht hoch, aufgeräumt worden und er schnappte sich seinen Beidhänder, warf ihn über den Rücken und stolzierte heraus auf den Burghof. Die Straßen waren noch feucht, ein Rinnsal des Regenwassers suchte erquickt seinen Weg hinab zum Fluss, der sich vor der Burg gabelte. Im Kasernenhof trainierten viele junge Waffenknechte und Milizionäre, gaben ihr bestes, fit für die raue Welt da draußen zu sein und zu bleiben. Und denen tat es Ronsen gleich. Er hatte dem jungen Yngvar gesagt, sie sollen sich zum Training treffen, wenn das Wetter die Möglichkeit dazu brachte. Jetzt war der Paladin gespannt, ob sein junger Schüler es tatsächlich ernst meinte und in der Kaserne zwischen all den Rekruten und Stadtwachen erschien...
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Sie sitzt auf einer Wiese und flechtet Blumen zu einem Kranz. Weiss-gelbe Gänseblümchen für ihren ungewöhnlich roten Haupt. Es ist ein warmer, sonniger Tag. Schmetterlinge flattern von Blüte zu Blüte. Sie möchte einen fangen, erhebt sich, gibt den unfertigen Kranz der Wiese zurück und läuft einem besonders schönen Exemplar hinterher. Der farbenfrohe Schmetterling tanzt mal vor, mal neben und mal über ihr, während sie überlegt, wie sie ihn einfangen kann, ohne ihm weh zu tun. Das möchte sie nämlich nicht.
„Redsonja.“ Erklingt es aber plötzlich und bei der Nennung ihres Namens schaut sie sich um und bemerkt, dass schwarze Gewitterwolken aufgezogen waren.
„Sonnenschein.“ Flüstert es hinterher und es ist nicht ihre Mutter gewesen, sondern ein Mann, dessen Stimme so bekannt und doch so fremd erscheint. Sie bleibt stehen und dreht sich um, aber da ist nur dunkel. Egal wohin sie sich dreht. Alles ist dunkle und der Platz wird enger und enger. Sie versucht sich zu bewegen. Es geht nicht.
„Sonnenschein.“
Erklingt es, dringt es vor bis in ihr langsam erwachendes Bewusstsein. Sie ist wieder in der Zelle, gefangen, aber Raad hatte sie noch nicht vergessen. Warum? Fragte sie sich. Wollte er so dringend von ihr kämpfen lernen? Wollte er sich die Möglichkeit nicht nehmen lassen nehmen lassen sie eines Tage zu besiegen?
„Ja.“
Entgegnete sie nur, sie nannte keine Namen. Hier gab es nur Bezeichnungen. Sie war diejenige mit der toten Ratte in der Zelle, die langsam zu verwesen und stinken begann, dem Giftkelch und dem weissen Kreis rundherum. Sie war die Schweigsame.
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Es hatte aufgehört zu regnen. Yngvar hatte nur darauf gewartet gehabt. Die Zeit war gekommen, sich mit seine Lehrmeister zu treffen. Auf dem Trainingsplatz der Kaserne sollte er sich einfinden.
Der Nordmann zog nochmal schnell seine Kleidung zurecht und nahm den Speer, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte.
Den Weg kannte er und so hatte er den Trainingsplatz auch schnell erreicht gehabt. Zwischen den Anderen kam er sich fremd vor aber das war eigentlich immer der Fall, egal wo er sich aufhielt, so richtig passte er einfach nicht rein. Daher machte ihm das aber auch nicht sonderlich viel aus, er war auch nicht hier um Freunde zu gewinnen oder wie auch immer, er war hier um den Umgang mit dem Speer zu perfektionieren und nur das zählte für den Nordmann.
Sein Lehrmeister wartete schon auf ihn, den hatte Yngvar gleich erblickt gehabt und näherte sich Rheinold auch gleich, auf direktem Weg.
Seid gegrüßt!
Hier bin ich.
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Neuling
Yaret verbrachte den Tag damit sich mit der Stadt vertraut zu machen. Er verlies zuerst das Hafenviertel Richtung Marktplatz. Schon von weiten konnte er die Burg des Königs sehen, der hier residiert. Betreten wollte er sie aber nicht, er war sich nicht mal sicher ob ihn die Wachen überhaupt reinlassen würden. Yaret sah aus wie ein Landstreicher und im Grunde war er auch nicht mehr.
Er begutachtete noch einige Stände auf dem Markt, kaufte sich allerdings nichts. Vieles hier war unnütze für ihn und sein weniges Gold das er besaß wollte er sinnvoller investieren als in Schmuck oder Waffen.
Nach einigen umherschlendern verlies er auch den Marktplatz und betrat das Tempelviertel. Die Bauten hier waren prunkvoll, so wie er es nur aus dem oberen Viertel in Khorinis kannte. Häufig begegnete er Gelehrten und Magiern und wiedermal kam er sich schäbig vor in seinen dreckigen Lumpen. Er zog die Kapuze ins Gesicht und ging weiter. Er hielt kurz inne und schaute noch einmal zurück als er auch aus dem Tempelviertel ging. Hinter ihm lag das Handwerkerviertel.
Beschäftigt wurde hier geschreinter, geschmiedet und gehämmert. Besonderes Augenmerk legte Yaret auf die Schreinereien. Doch keine hier schien einen Arbeiter zu benötigen. Aber es war ja auch nicht Yarets Plan Khorinis zu verlassen um hier als Schreiner zu arbeiten, vieleicht boten sich ja noch andere Möglichkeiten hier.
Müde vom umherlaufen lies er sich auf einer Bank neben einer Alchemiestube nieder, aus der ein leicht süßlicher Geruch kam. Neben ihn war ein Baum an dem ein Zettel hing. Yaret ries ihn vom Baum und las das Schreiben.
"Tritt der Bürgerwehr bei und tu etwas nützliches. Melde dich bei Sunder."
Er überlegte kurz. Das könnte man sich mal anschauen dachte er. Er knüllte den Zettel und stopfte ihn in seine Tasche. Nach einigen Minuten des Ruhens stand er auf und ging zurück ins Hafenviertel. Ein letztes mal ging er zum Hafen.
Yaret stand am Steeg und beobachtete den nahenden Sonnenuntergang.
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Der Geruch modrigen Holzes und kalter Verwesung stieg ihm in die Nase, als wollte er ihm jene aus dem Gesicht reißen. Der Schwarzhaarige schluckte, als er näher an die dunkle, unbeleuchtete Zellentür heran trat, aus dem die einzige, leise Stimme vernommen worden war. Was war das hier für ein Ort, wenn Innos doch über diese Stadt wachte? Die gewählte Hölle, um zu zeigen, dass auch im Licht wandelnde Menschen verstanden, was der Abgrund bedeutete? Oder war diese Stadt trotz allem Schein nicht längst schon vom Licht verlassen worden?
Der Schwarzhaarige zog den alten, rostigen Schlüssel aus seinem Gürtel hervor und stieß mit der Spitze des etwa handlangen, groben Schmiedestückes gegen eine Eisenstange der Zellentür. „Sieh an, hier hältst du dich versteckt.“, sprach Raad mit leiser Stimme und sarkastischem Tonfall, „Wir hatten erwartet, du hättest dir mit dem General ein flauschigeres Plätzchen gesucht, eines, an dem nicht selbst der hellste Sonnenschein grau wirkt.“ Raad lachte leise, als er mit dem Schlüssel über Eisen schabend das Schlüsselloch suchte und schließlich fand. Ruhig drückte er den Schlüssel herein und spähte zwischen den Gitterstäben hindurch, ob sich in der Zelle etwas regte. Es tat sich nichts.
Schließlich seufzte der ehemalige Assassine und drehte den Schlüssel um. Knacken wandte sich jener durch das alte Schloss und machte dabei solch einen Lärm, dass man vermuten konnte, dass selbst der König von diesem quälenden Quietschen wache werden müsste. Mit einem letzten Ruck und einem dröhnenden Krachen sprang das Schloss und mit ihm die Tür auf. „Na, was ist, Sonnenschein? Hast du dich schon eingelebt oder pocht die Sehnsucht noch, mit ein paar alten Freunden eine kleine Reise zu wagen? Wenn es nach mir geht, weit von dieser Stadt entfernt. Ich habe gehört, Nordmar sei zu dieser Zeit ein wirtlicher Ort, frei von jedem Lord und Paladin.“, hauchte der Schwarzhaarige und grinste in die stille Dunkelheit hinein, in der scheinbar keiner, weder Troan noch Redsonja, wagten, ein Wort zu sprechen. Doch sie blieb still, wider allen Erwartungen, die sie hegen mochten.
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Völsungur machte sich gut, bei seinen Versuchen, sich an Passanten, die größtenteils betrunken waren, heranzuschleichen, machte er sich gut. Bei ein oder zwei Versuchen, bei denen die Opfer seines Schülers nicht ganz so unaufmerksam waren, wie es schien, wurde er bemerkt, doch hatte er es immer geschafft zu entkommen. Perfekt war das zwar natürlich nicht…aber so schlimm auch nicht. Irgendwann wurde eigentlich jeder Mal bemerkt, egal wie gut man sich anstellte, das war immer so. In diesen Fällen war es natürlich wichtig, schnellstmöglich zu verschwinden. Was Völsungur auch gut schaffte.
Seit gestern schlich sich der Mann aus dem Norden nun auch an Leute heran, die allerhöchstens angetrunken waren, solche konnten immerhin auch große Geldbeutel bei sich tragen.
Hierbei stellte sich Nils’ Schüler auch nicht eben ungeschickt an. Er würde dies noch ein, allerhöchstens zwei Tage üben, dann wäre Völsungur bereit dafür, sich prüfen zu lassen.
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„Nur müssen wir hier zuerst heraus kommen. Wo sind eigentlich die Wachen?“
Wollte Redsonja sogleich wissen, bedanken konnte sie sich, wenn sie frei waren. Und noch war es ein sehr weiter und vor allem gefährlicher Weg bis dahin.
„Hier waren keine.“
Entgegnete eine Stimme, die nicht Raad gehörte.
„Tr...?“
Vermutete die rothaarige Kriegerin und fuhr gleich fort:
„Es muss eine Falle sein!“
Stellte sie fest und auch den anderen war das irgendwie klar, dachte sie zumindest.
„Also werden wir wohl nicht einfach auf demselben Weg herauskommen, wie ihr hierher gekommen seid...“
So irrten sie einige Zeit durch jenes Labyrinth, das sich mit gutem Recht Festung nannte. Aber ohne Licht war es alles andere als einfach und ohne Ortskenntnis beinahe unmöglich. Allerdings wagte es keiner Zweifel zu äussern, sodass die Furcht der Begleiter nur über ihnen schwebte, jedoch nicht zwischen ihnen stand.
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