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Lehrling
Hatte dieses Subjekt eben tatsächlich seine Führungsqualitäten in Frage gestellt? Diese Person, die selbst nicht einmal in der Lage war mit Karte und Schildern am Straßenrand von einer zur nächsten Stadt zu finden? Nun, um es kurz zu machen: Ja, er hatte es tatsächlich. Und genau genommen hatte er zwar keineswegs recht, wenn er die Führungsqualitäten kritisierte, aber zumindest ein wenig problematisch war die Situation nun eben doch, kannte keiner von ihnen den Weg. Wenn sie alles richtig machten, dann wanderten sie stets nach Süden und folglich Richtung Wüste. Wenn. Nicht, dass Leriso ein so tölpelhafter Fehler untergekommen wäre, doch wer konnte schon wissen, wie der verwirrte Tyrael ihre Richtung zu beeinflussen mochte? Doch so oder so, eine Alternative existierte nicht und die Situation wollt gerettet, nicht aus der Hand gegeben werden.
„Nun, ich vermute, dass dein Kommentar eher scherzhafter Natur war, nicht? Noch ist es ja nicht so spät und wir können noch eine ganze Weile wandern, jedenfalls in mir steckt noch eine nicht zu brechende Energie!“ Die nächste Lüge, fuhr ihm durch den Kopf, unterstrichen von schmerzenden Gliedmaßen und von der Müdigkeit zugefallenen Augen.
„Daher müssen wir einfach weiterhin unserem Weg folgen und wir werden... moment, siehst du das?!“
Es war nicht weit weg, höchstens 20 Meter. Ein scheinbar lebloses Bündel, fast wie ein kleines Zelt. Vielleicht ruhte hier ja tatsächlich jemand, sicher konnte er ihnen helfen.
„Nun, ein Bauernhof ist das vielleicht nicht, aber sicher wird man uns dort weiterhelfen können!“
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Es war nur allzu offensichtlich, dass Gwydion viel daran lag, die Familie zu finden, denn dass sie ihm nicht weiterhelfen konnte, schien den Mann zu bedrücken und nicht gerade zur Aufhellung seiner Stimmung beizutragen. Da er jedoch das Thema wechselte, ging sie nicht weiter darauf ein.
„Murielle ist nicht meine Schwester und Freundin kann ich sie wohl auch nicht nennen. Das ist ein wenig kompliziert mit ihr, ich habe sie vor ungefähr einem Jahr in Vengard kennen gelernt, aber nunja. Sie ist recht eigenwillig und redet nicht viel, außerdem war sie damals in sehr gewöhnungsbedürftiger Gesellschaft unterwegs. So ein seltsamer junger Mann mit rabenschwarzen Augen, den man nie hat lächeln sehen, ein finsterer und ziemlich bösartig wirkender Bursche. Sie ist seit einigen Monaten schon das, was man vielleicht meine Weggefährtin nennen kann, aber Freundin, das wäre wohl übertrieben, dafür weiß ich zu wenig über sie.“ Sie stand auf und räumte die leeren Teebecher vom Tisch, während sie weiter redete.
„Sie ist eigentlich immer irgendwie über etwas böse, habe ich den Eindruck, da macht es wohl nicht viel aus, sie wird sich schon wieder beruhigen. Manchmal könnte man beinahe denken, dass sie zornig auf die ganze Welt ist, aus welchem Grunde auch immer.“ Sie zuckte mit den Schultern und nahm dann eines der frisch gebackenen Brote, welche inzwischen angemessen abgekühlt waren und brach dieses in zwei etwa gleich große Hälften. Diese legte sie zusammen mit jeweils einem Stück Käse auf zwei Teller, die sie nun zum Tisch herübertrug und dort abstellte. „Dann lasst es Euch schmecken, auch wenn es nicht viel ist.“
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„Für mich sieht das nach einem ziemlich unförmigen Zelt aus, wenn du meine bescheidene Meinung in Betracht ziehst. Bist du dir sicher, dass das ein Zelt ist? Nunja, ein Schattenläufer wird es wohl nicht sein, die sind Nachtaktiv und schlafen nicht nachts.“
Tyrael und der Wüstenhund gingen näher ran, bis Tyrael ein ungutes Gefühl erfasst. Auch der Hund schien beunruhigt. „Weisst du, das ist sicherlich kein Zelt.“ Als das falsche Zelt dann auch noch die Augen öffnete und sie beide in sprunghafter Pose ansah, gab es keinen Zweifel mehr. Rennen oder Beliar treffen. Tyrael entschied sich für letztes und gab dem Wesen keine Chance auf einen Sprung. Den Wüstenhund wusste er hinter sich und rannte den Weg weiter, betend eine kampferfahrene Truppe oder wenigstens einen großen Felsen zu finden.
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Südlich von Montera
Thorwyn zerbrach sich den Kopf über ihre Situation. Jetzt, da es die Sperre der Orks zu durchbrechen galt, merkte er, wie sehr es auf die körperliche Verfassung derjenigen ankam, die ein solches Unterfangen ausführen wollten. Die Rebellengruppe, die er begleitet hatte, hatte aus geübten und ausdauernden Kämpfern bestanden, mit denen sowohl eine Flucht als auch – hätte es nicht vermieden werden können – ein Kampf möglich gewesen wäre. Seine Eltern hingegen waren zwar noch an harte Arbeit gewöhnt, wussten aber keine Waffe zu schwingen. Zudem würden sie einem ausdauernden Ork-Krieger kaum entkommen können. Auch Thorwyn selbst würde eine solche Herausforderung bis an seine Grenzen treiben, und dann war nicht einmal sicher, ob er es wirklich schaffte …
Sie mussten also noch vorsichtiger sein als die Rebellen auf dem Weg nach Trelis, denn jetzt war ein Zusammentreffen mit Orks oder Söldnern eine höchstwahrscheinlich tödliche Angelegenheit. Sicher, sein Bogen war von guter Qualität und er kein schlechter Schütze, aber er war eben nur einer. Und Leyla war ohnehin unkalkulierbar, also sollte man zur Sicherheit wohl gar nicht mit ihr rechnen.
Verdammt, wo habe ich sie da nur reingeritten?, dachte der Jäger verzweifelt. Wenn ihnen jetzt etwas passiert und das meinetwegen … Innos, nein, verdammt!
„Am Wasser … in der Nähe des Wassers … führt auch die Straße entlang“, brachte er mit abgehackter Stimme hervor, während er sich krampfhaft die Stirn massierte und nach einer Lösung suchte. „Verdammt … wenn nicht über das Wasser … dann der Weg zwischen den Hügeln und der Bucht … aber die Stelle wird gut überwacht …“
Wieder schwieg er. Bis ein klarer Gedanke in ihm emporstieg, der ihm neue Hoffnung gab. Was, wenn man den Feind täuschte? War das möglich? Das Waldstück zwischen dem Posten auf dem Hügel und der Straße wurde von beiden Seiten überwacht, das Gebiet zwischen Straße und Wasser war zu schmal, zu leicht einzusehen. Aber …
„Eine … eine Ablenkung auf der Straße“, flüsterte der Anwärter. „Und gleichzeitig … nehmen meine Eltern einen Weg gleich am Fuß des Hügels. Bloß … bloß wir müssen irgendwie davonkommen … aber vorher Zeit gewinnen.“
Er blickte auf, nahm noch einmal den Hügel in Augenschein und stellte sich vor, wie die Straße sich in der Nähe vorbeischlängelte. Es könnte klappen.
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Nemora
Gwendor erhob sich von dem Strohsack, welcher ihm in dem heruntergekommenen und vom Kampf gezeichneten Rebellenlager als provisorisches Nachtlager gedient hatte, und streckte sich. Seine Gelenke knackten und sein Rücken schmerzte. Er hatte schon deutlich besser geschlafen. Glücklicherweise war mittlerweile ein Großteil der verletzten Rebellen so weit genesen, dass der Aufbruch nach Reddock wohl demnächst stattfinden würde. Der ehemalige Soldat freute sich schon wieder auf ein bequemes Bett und eine warme Mahlzeit. Hier in Nemora hatten die Rebellen überwiegend von Wasser, Brot und Hartwurst gelebt.
Jetzt aber wurde es Zeit etwas loszuwerden, was den frisch gebackenen Rebellen schon lange störte, denn es stand gewissermaßen für seinen Status als Vogelfreier. Seinen Bart. Er hatte vor seiner Flucht nie Bärte getragen und er hasste das Kratzen im Gesicht und das Gefühl, wenn er mit der Zunge über die Haare über seinen Lippen fuhr. Die Zeit des Versteckspiels war jedoch endgültig vorbei, er brauchte den Bart nicht mehr. Auch seine Haare würde er von heute an wachsen lassen, bis sie wieder die alte Länge erreicht hatten.
Gwendor suchte also den Waschraum auf. Das Wort "Waschraum" war eigentlich stark übertrieben, es gab hier weder einen Badezuber noch Seife, geschweige denn irgendwelche teuren Duftwässerchen, nur eine irdene Schüssel mit Wasser und einen kleinen, halbblinden Spiegel.
Der ehemalige Soldat stellte sich vor den Spiegel und griff zu dem Rasiermesser, welches er die gesamte Zeit seines Exils mit sich geführt hatte, ohne es zu benutzen. Er benetzte das Gesicht mit Wasser und begann die Haare, welche es bedeckten, nach und nach abzuschaben. Schließlich war er fertig. Zufrieden betrachtete er sein Antlitz im Spiegel. Er nickte bestätigend. Das sah doch schon viel mehr nach ihm selbst aus! Jetzt war er auch äußerlich fast wieder Gwendor.
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"Wenn du meinst, dass das funktionieren könnte...", murmelte Leyla mit zuversichtlichem Blick gen Thorwyn, der auch kurz darauf seine Eltern erfasste. Den beiden schienen die Worte zu fehlen oder sie hielten sich bewusst zurück, weil sie ähnlich ratlos waren. Was musste derzeit in ihren Köpfen vorgehen? Ihr Sohn, der offenbar schon vor langer Zeit den Hof verlassen hatte - ob vor oder nach Ankunft der Orks, das wusste sie nicht - kam mit einem wildfremden, schier wehrlosen Mädchen mitten in der wohl schlimmsten Zeit zu ihnen, um sie quer durch die Reihen der Orks an einen sicheren Ort zu bringen. Die einzige Bewaffnung war ein guter Bogen und ein scharfer Intellekt, eine eher mäßige Ortskenntnis und der eigene Glaube, sie würden es schaffen. In solch einer Situation an Erfolg zu denken, das musste schwer sein, selbst für zwei alteingesessene Menschen, die etlichen Strapazen getrotzt und sich den Orkbesatzern mehr oder minder gefügt hatten.
"Lass uns herausfinden, mit wie vielen Orks wir es zu tun haben. Mit einer kleineren Gruppe können wir unter Umständen fertig werden, wenn dort drüben eine halbe Armee wartet, kann ich mir das jedoch nur schwer vorstellen."
Wieder einmal war die Ovates ihre Möglichkeiten gedanklich durchgegangen. Auf wilde Tiere oder Verwandlungen wollte sie fürs Erste verzichten. Zu groß die Gefahr, denn Orks waren, wenn es darauf an kam, auch gute Distanzschützen. Sie würde weder den Tod mehrerer wilder Tiere, geschweige denn den eigenen riskieren. Ein offener Angriff unter Einsatz des gesamten Repertoires an magischen Fähigkeiten kam ebenso wenig in Frage. Nicht hier, nicht ohne weitere druidische Unterstützung, nicht ohne anständige Rückendeckung. Vielleicht konnte sie nach erfolgter Ablenkung während ihrer Flucht den einen oder anderen Trick ausspielen, das kam aber auch auf ihren eigenen Gesundheitszustand an, der momentan bestenfalls Mittelmaß war. Ihr Bein meldete sich nur gelegentlich mit Schmerzschüben, in bestem Zustand, auch mental, fühlte die Sildenerin sich jedoch auch nicht.
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Jeden Tag beobachtete er Lair und Xerxo, wie sie sich Übungskämpfe lieferten oder ihre körperlichen Fähigkeiten sonst wie miteinander verglichen. Jeden Tag stieg Echyts Neid auf die beiden ein wenig mehr.
Oft hatte er überlegt, ob er vielleicht Redsonja darum bitten sollte, ihm ein paar Kniffe im Schwertkampf zu zeigen. Aber andererseits war er nur ein unbedeutender Taugenichts, während die Rothaarige ihr Handwerk meisterlich beherrschte. Immerhin hatte er sie in der Arena kämpfen sehen. Warum sollte jemand wie sie, ihm etwas zeigen, von dem er nicht die geringste Ahnung hatte? Oder war gerade das die Art und Weise wie sowas funktionierte?
Für den Moment war er jedenfalls auch schon vollkommen damit zufrieden, einfach nur durch Myrtana zu wandeln, mit einigen anderen Menschen, die er zwar nicht Freunde, aber zumindest Bekannte nennen konnte. Wenn nur dieses verdammte myrtanische Wetter nicht wäre.. er war ein Kind der Wüste, das war nur allzu offensichtlich.
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Küste
Der Wind wehte stark und der Wellengang ließ die Maera schaukeln, wie man es so von manch Schiffen gewohnt war. Doch vertraute Jun auf die Mannschaft dieses Schiffes. Er sprach sehr wenig mit ihnen. Letztlich war dies alles hier ein Geschäft und keine 'Ich bringe meinen besten Freund überall hin'-Aktion. Doch was er sah, waren tüchtige Seemänner die scheinbar sehr froh waren dem Meer zu trotzen.
Wenn es ihre Bestimmung war, so war dies gut. So wie es Juns Bestimmung war, das zu sein was er war. Der Streiter blickte gen Küste. Fern war sie nicht und gerade umsegelten sie auch Kap Dun.
Kap Dun ein wohl wichtiger Sieg der Königstreuen mochte man meinen und doch wirkte es fast noch so, wie nach der Schlacht. Nicht einmal der Leuchtturm stand wieder und Jun fragte sich, wer die Führung dort hatte. Gut, Kap Dun war nicht Ardea damals, aber um jenes Fischerdorf hatte man sich mehr gekümmert bevor die Orks Rache übten. Oder waren die Verluste so immens bei Kap Dun?
Jun konnte es nicht so recht abschätzen, er mochte es auch nicht abschätzen. Lediglich Kap Dun versprechen, dass sobald er der König ist, er es zu alter Pracht bauen werde. Strategisch war es einfach zu wichtig.
Juns Blick schweifte von der Küste ab gen Schiff. Er setzte sich wieder hin und kümmerte sich um seinen Schild und Waffen. Die Feuchtigkeit tat ihnen nicht so gut. Seine Rüstung hatte er in einer Kiste untergebracht und hoffte, dass dort keinerlei Feuchtigkeit hinkam. Zu schade wäre es um jene. Während er nun so die mit roten Erz überzogene 'Flammenzunge' pflegte, beobachtete er einen jeden an Deck, selbst yinnesell die hin und wieder rauf kam weil sie die alte Vida hinauf schickte. Mal um Abfälle über Bord zu befördern, mal andere Dinge. Jun indes packte dann mit an, wenn seine Hilfe auch brauchbar war, ansonsten schrieb er immer wieder in sein Buch. Machte Skizzen von den Menschen hier, von der Maera, Eindrücke die er auf der See wahrnahm und auch von eben gesehenen Kap Dun würde sein ihm heiliges Buch erfahren und eine Impression erfahren.
Wieso er es machte blieb sicherlich so manchem ein Rätsel. Doch für Jun war es wichtig, seine gesamte Lebensgeschichte war in diesem verfasst. Wichtige Pläne, Ziele, Wünsche erwähnt und jeder besondere Ort den er besuchte vermerkt. Wer dieses Buch besaß, kannte Jun.
Als die 'Flammenzunge' fertig mit Waffenöl eingerieben war, blätterte Jun kurz in seinem Buch. Er besah sich die Skizze zu Cotton und bemerkte erst jetzt, dass der Kapitän ein Glasauge getragen haben muss. Die Augenklappe die er jetzt trug erinnerte an einen Piraten. Doch war Cotton kein Schurke. Trotzdem blieb ein Hauch von Abenteurergeist auf dem Dunkelhäutigen liegen. Solch einer wie jeder kleine Junge mal sich erdachte, wenn er von Piraten hörte. Doch er wäre wohl nie ein guter Pirat geworden und erst recht nicht das idealisierte, romantische Bild eines Piraten. Die Wahrheit war, dass Piraten meist ganz anders waren und der heutige Jun ihnen das Leben im Namen Innos für all ihre Schandtaten nehmen würde.
Und wer wusste schon, ob nicht dies noch geschehen würde? Doch würden diese Gestalten nicht schlecht staunen, wenn ein Paladin sie erwarten würde.
Erwarten tat Jun jedoch jetzt keine Piraten, sondern die Rückkehr nach Vengard. Er hoffte er würde jenen finden, den er brauchte...
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Ein schöner Platz, um Halt zu machen und sich etwas unter der – im Vergleich zu Varant – gnädigen Sonne zu bräunen. Für ihre Schüler hatte sie allerdings etwas anderes vorgesehen, als sich auf die faule Haut zu legen.
„Ich habe euch die letzten Wochen seit dem Turnier beobachtet und ihr seid deutlich stärker geworden, jeder auf seine Weise. Das heisst nicht, dass ihr nicht weiter hart trainieren müsst. Der Kampf ist eine Kunst, die gepflegt sein möchte. Einmal nachlässig mit dem Training, werdet ihr es mehrfach bereuen. Durch Verletzungen werden Rückschläge kommen, aber schlussendlich ist es wie überall, ihr dürft einfach nicht aufgeben und müsst euch im richtigen Moment anstrengen.“
Sie blickte die beiden an, bog die Mundwinkel, kniff die Augen zusammen und blinzelte der Sonne entgegen.
„Doch lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke ihr seid bereit für die letzte Prüfung.“
Sie hielt inne und wusste nicht, ob sie es sagen sollte, dass dies gleichzeitig auch das Lebewohl sein sollte, denn sie wusste wie übel Renya es ihr genommen hatte, als sie einfach verschwunden war. Taeris ebenso. Damals. Die Folgen davon wollte sie nun ausbaden. Alleine. Sie strich sich durchs Haar und entschied, dass es noch nicht Zeit für solche Worte war. Erst kündigte sie den Ablauf der Prüfung an:
„Praktischer Teil I: Überraschen eines Gegners, der einen schon sehr gut kennt.
Praktischer Teil II: Kampf mit einer improvisierten Waffe in einem Bachbett.
Theoretischer Teil: Was ist ein gute Schwert, Gefahren und erste Hilfe – der Weg zum Heiler.
Praktischer Teil III: Die Flucht.
Gibt es dazu noch Fragen?“
„Die Flucht?“
„Das haben wir nie wirklich geübt, doch ist euch ein Gegner sichtlich überlegen, so ist es das einzige mögliche Manöver. Seid jedoch gewarnt, es ist eines der Schwierigsten, denn nichts ist einfacher, als jemanden von hinten zu erwischen.“
Nach diesen Worten liess sich Redsonja auf den Boden sinken, machte es sich bequem, riss einen Grasstängel ab und kaute darauf herum, während sie sich darauf vorbereitete die Leistungen der beiden zu beurteilen.
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"So fangt an." befahl Redsonja den Prüflingen.
Lair und Xerxo zogen ihre Schwerter. Sie fingen an. Als erstes langsam dann immer schneller.
Xerxo versuchte als erstes Lair zu überraschen und das wollte er mit einer Antäuschung versuchen. Er machte einen Schlag von links. Es war schwer den schnellen und schwungvollen Hieb zu stoppen. Aber er schaffte es. Lair wollte schon abwehren, aber da war Xerxo schon mit dem Schwert auf der anderen Seite und schlug ihn nur sanft.
Gut das Xerxo nicht irgendwas gegen Lair hatte, sonst hätte das eklig enden können.
"Wow. Das hätte ich nicht erwartet!" sagte Lair und fasste sich an der Schlagstelle. Dort floss kein Blut, wenn doch wäre Lairs Haut ja Babyweich und das war sie nicht. Wahrscheinlich hatte Lair jetzt auch sich eine Taktik ausgedacht womit er Xerxo überraschen kann.
Lair versuchte nach einiger Zeit eine Drehung um die eigene Achse und schwingte sein Schwert mit seiner ganzen Kraft auf Xerxo. Natürlich wusste Lair das Xerxo abwehrt. Somit war Xerxo erstmal vom Rückstoß gelähmt. Lair stach locker in Xerxos Bauch.
"Gut geschlagen." sagte Xerxo ein wenig kraftlos.
"Gut, der Teil ist abgeschlossen. Jetzt machen wir Teil 2 der Prüfung auf in das Bachbett. Aber davor gibt mir eure Schwerter." erklärte Redsonja. Lair und Xerxo gaben ihre Schwerter Redsonja und gingen zum Bachbett. Lair und Xerxo betraten das Bachbett und wateten umher.
"Die einzige Waffe die ich hier finden kann sind nasse Stöcke. Ach egal dann muss ich das halt nehmen." dachte Xerxo. Er suchte sich nach einen aus dem Wasser herausragenden Stock. An diesen Stock war nur unten ein wenig Wasser dran. Xerxo ging zu einem Baum und schlug an diesen mit dem Stock an. Am Stock brach nichts ab, Xerxo dachte das war gut. Lair hatte auch einen Stock gefunden der passte.
Sie fingen an mit dem Kampf. Dieser verlief fast genauso wie bei dem ersten Kampf. Nur das bei diesen Kampf es mit den Beinbewegungen nicht gut ging. Denn das Wasser ging beiden nur bis zu den Knien. Aber bald hatten sie sich an das Wasser gewöhnt und konnten den Kampf normal fortsetzen.
"Gut, gut, ihr habt den Teil 2 bestanden. Ihr habt einen soliden Stock gefunden und euch im Wasser duelliert." erklärte Redsonja.
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Der Dieb hatte nicht das Gefühl, dass er sich bei der Prüfung sonderlich geschickt anstellte. Überraschungsangriffe waren wenig überraschend, wenn der Gegner wusste, dass man ihn angreifen würde und letztlich waren die beiden Schüler in einen fließenden Kampf übergegangen. Dennoch hatte Redsonja diesen Teil der Prüfung beendet erklärt. Der Gauner fragte sich nur, ob seine Lehrmeisterin mit ihrer Leistung nun zufrieden war oder mit der vernichtenden Kritik bis zum Schluss wartete.
Beim zweiten Teil hatte er ein ein etwas besseres Gefühl. Zwar glich der Schwertkampf zunächst einem unkoordiniertem Gefuchtel, doch nach relativ kurzer Zeit hatten sich beide an das kalte Nass gewöhnt und konnten einen recht ansehnlich Kampf darbieten.
Zwar reichte das Wasser des Baches ihm nur bis zu den Knien, dennoch war er stark durchnässt, als er sich erschöpft ins Gras legte.
Aus Redsonjas Miene konnte der Dieb nicht ablesen, wie sie über seine Leistung dachte. Jedenfalls begann die Lehrmeisterin, ihren Schülern einige theoretische Fragen zu stellen. Sie hielt das Schwert des Gauners in die Höhe, betrachtete es kritisch.
»Was machst eine gute Klinge aus, Lair?«, fragte sie.
Mhm … äh … wie?
»Also … das ist auf jeden Fall keine«, antwortete er und deutete dabei auf seine Waffe in Redsonjas Hand. Seine Lehrmeisterin lächelte amüsiert.
»Und wie kommst du zu der Annahme?«
»Die Klinge ist nicht mehr scharf, leicht verbogen und stark zerkratzt«, meinte er.
»Auch wenn sie neuwertig wäre, wäre das Schwert nicht das Beste.«
»Nun ja … «
So ging es weiter, abwechselnd löcherte Redsonja Lair und Xerxo und forderte zufriedenstellende Antworten auf ihre Fragen, die nicht nur die Klinge eines Schwertes betrafen, sondern auch andere entscheidende Punkte, wie besondere Gefahren im und abseits des Kampfes, das Behandeln von Verletzungen …
Geändert von Lair (26.05.2010 um 19:08 Uhr)
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Nun waren sie wieder zu zweit unterwegs. Thorwyns Eltern waren zurückgeblieben, während er mit Leyla auskundschaften wollte, wie die Lage auf und neben der Straße war. Jedoch rechnete er nicht mit einer schwachen, aus wenigen Orks bestehenden Wache. Vor Kap Dun waren die Orks schon einmal überrascht worden und hatten nicht rechtzeitig Verstärkung heranschaffen können, diesen Fehler würden sie sicher nicht wiederholen wollen.
Der Posten auf dem Hügel konnte Truppenbewegungen auf der Straße schon von weitem sehen, und weder er noch die Wachen in der Umgebung der Straße sollten von einer handvoll Kundschafter ausgeschaltet werden können. Ging es dagegen nur darum, ein wenig Zeit für zwei flüchtende Menschen zu gewinnen, reichte vielleicht eine Ablenkung durch einige wenige Personen.
Schließlich erreichten Leyla und Thorwyn, nachdem sie sich durch den Wald äußerst vorsichtig genähert hatten, die Biegung der Straße, hinter der der Wachposten liegen musste. Mit zusammengekniffenen Augen spähte der Jäger die Straße hinunter und versuchte, einen Überblick über die Situation zu gewinnen. Hölzerne Behausungen waren dort aufgebaut worden, die den Wachposten einen halbwegs bequemen Unterschlupf boten. Wie viele Orks oder Söldner sich darin aufhielten, war natürlich nicht zu erkennen, aber auf der Straße stand wenigstens eine handvoll herum. Regungslos beobachteten die beiden weiter, warteten auf Bewegungen in der Gruppe, auf zurückkehrende Patrouillen, die noch mehr über die Zahl der Krieger verraten konnten.
Nach einiger Zeit tauchten auch wirklich einige Orks aus dem angrenzenden Wald auf und verschwanden in einer der Hütten, während andere diese verließen. Dies sagte den beiden Beobachtern zwar nichts über die genaue Anzahl der Wachen, aber zumindest dass es wohl zu viele waren, als dass man im Kampf mit ihnen fertig werden könnte, wenn Leyla nicht gerade den Himmel auf die Erde fallen ließ.
Wie also vorgehen? Sollten die Orks in Richtung der Bucht gelockt werden, reichte ein kleines Feuer ja nicht aus, da die Wachen dann eine handvoll Krieger losschicken und gleichzeitig auf ihrem Posten bleiben konnten. Es bräuchte schon einen größeren Aufruhr, viel Lärm, die Vortäuschung eines Angriffs von See aus, eine kleine Panik … jedenfalls irgendetwas, das die Grenzposten dazu veranlassen würde, in die gewünschte Richtung zu eilen.
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"Ein Schwert ist nur so gut, wie derjenige, der es führt. Daneben gibt es natürlich noch einige andere Kriterien. Vor allem muss man sich an spezielle Waffen, wie nasse Äste erstmals gewöhnen, doch wie ihr bestimmt bemerkt habt geht auch das. Ihr müsst die Waffen bloss pflegen, damit der Rost sie nicht zerfrisst und sie mitten im Kampf zerbrechen."
Ergänzte sie. Dann zeigte sie den beiden, wie ein Druckverband angelegt wurde, damit sie nicht zu viel Blut verlieren würden, falls sie jemals ernsthaft getroffen wurden. Beide mussten sich zuerst gegenseitig, dann jeweils selber verbinden.
Zu guter Letzt zog sie ihre Schwerter.
"Dann wären wir noch bei der letzten Aufgabe."
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"Arakos! - Was hast du vor?", fragte Gaar und konnte lediglich schon ahnen was gleich passieren würde.
"Verdammt mach das nicht, die bringen dich um!", zischte der Waldläufer doch der Hüne, der legendäre Waldläufer mit dem Beinamen 'der Bär' drehte sich nur kurz zu ihnen, gab ihnen das Zeichen sich bereit zu halten und schritt dann mit Runenspeer auf einer Schulter abgelegt in Richtung des orkischen Vorpostens.
Arakos machte sich groß, wirkte imposant mit seinem wilden Äußeren, dem rot-braunen dichten Haar und Bart das einem Bären glich und den dunklen Augen, die Stärke ausstrahlten wie es nur die wenigsten Menschenaugen vermochten zu können. Vielleicht kannten die Orks den Hüter schon von ihren Lagerfeuergeschichten, vielleicht wirkte er auch nur wie jeder andere. Der Hüter fürchtete nichts. Adanos bewahrte ihn mit eigenem Verstand vor dummen Taten und falsch gewählten Worten.
Der Hüter wurde bemerkt und sofort brüllte ein Ork nach dem anderen was auf, Waffen wurden gezogen, bevor jener in der besten Rüstung laut brüllte, sich nach vorne stellte und die Axt demonstrativ hob. Ruhe herrschte unter den Orks. Arakos hielt, hob seinen Speer, drehte diesen in de Hand und rammte diesen in den Boden.
"Gegrüßt seid ihr Orks! Ich bin Arakos der Bär vom Volk des Waldes! Ich suche nicht den Streit. Ich suche das Wort!", sprach der Hüne und blickte dem Anführer in die Augen. Der überlegte, blickte nicht zu seinen Brüdern und senkte seine Axt. Jedoch behielt er sie in seiner Pranke, während er sich bis auf 10 Schritt Abstand näherte.
"Wald-Morra! Sagen was du willsten! Wahl von Wort besser weise, sonst sterben!", brummte der Ork der selbst den für einen Menschen sehr großen Arakos noch klar überragte und weit breiter war.
ornlu
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»Willst du das erste Tänzchen wagen?«
Redsonja richtete die die Spitze ihrer Klinge auf den Gauner. Dieser schluckte.
»In Ordnung«, antwortete er und erhob sich. Es war kein angenehmes Gefühl, wenn eines der Schwerter der Rothaarigen einen in den Fokus nahm.
»Wenn du heil bis zum Ende dieser Lichtung gelangst, bist du fertig.«
… heil … ?
»Dann mal los.«
Der Dieb erhob sein Schwert und wusste nicht wirklich, wie er zu handeln hatte. Bei diesem Teil der Prüfung sollte er auf eine bestimmte Art und Weise fliehen.
Fliehen … das hat doch was mit weglaufen zutun. Dann laufe ich für den Anfang einfach mal weg, dachte er, wandte sich um und nahm die Beine in die Hand. Redsonja, von der plötzlichen Tat ihres Schülers überrascht, regte sich nicht.
Wie ein Irrer hetzte der Gauner die Lichtung entlang, legte so viel Kraft und Energie in den Sprint wie er konnte, denn der Gedanke, mit seiner Lehrmeisterin die Klinge(n) kreuzen zu müssen, ließ ihn frösteln.
Er drehte den Kopf, wollte sehen, wie groß sein Vorsprung war und musste mit Erschrecken feststellen, dass sie direkt hinter ihm war.
Wie hat sie mich so schnell eingeholt?, dachte er überrascht und sah, wie sie bereits zum Schlag ausholte – zum Glück des Gauners nur mit einer Waffe.
Der Dieb wandte sich rasch um 180° und fing den Angriff seiner Lehrmeisterin mit dem Schwung seiner Drehung ab, die Klingen berührten sich für Sekundenbruchteile, trennten sich sofort wieder. Daraufhin vollendete er seine Bewegung in einem Kreis und rannte weiter. Doch weit kam er nicht. Redsonja hätte ihm mühelos den Rücken aufschlitzen können, beließ es aber bei einem kräftigen Schlag mit einem Schwertknauf, der den Gauner ins stolpern brachte. Glücklicherweise fiel er nicht hin, sondern konnte sich noch auf den Beinen halten.
Erneut drehte sich der Dieb um, erblickte seine Lehrmeisterin, die sich an seine Fersen geheftet hatte. Dieses Mal wollte er ihr zuvorkommen und hieb mit seiner Klinge in ihre Richtung. Kraftlos und langsam kam ihm dieser Schlag vor, was die Rothaarige dadurch bestätigte, dass sie sich nicht die Mühe machte, eine ihrer Klingen zu heben, sondern der Attacke einfach auswich. Der Gauner entschloss sich dazu, sich nicht wieder umzudrehen, sondern die Flucht zunächst im Rückwärtsgang fortzusetzen, damit er die Frau immer gut im Blick hatte. Auf diese Weise kam er aber nicht so schnell voran und war gezwungen, sein Schwert öfter einzusetzen.
Wo bleibt nur das Ende der Lichtung?
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Kap Dun
" Schneller, schneller, so beeilt euch doch!" Mit Tränen in den Augen, Hände ins Haar gegraben und immer wieder laut die vier Männer anfeuernd stand Neraida an der Tür der ersten Hütte des Dorfes. Tomta, der mutige Tomta, wurde gerade stöhnend von den Wachen, die bis vor kurzem noch am Eingang gestanden hatten, in die Hütte getragen und dort auf einen Tisch gelegt. Eine leuchtend rote Blutspur wurde auf dem Boden zurückgelassen.
" Oh, Innos...hilf!" Wimmerte Neraida, als sie den Männern durch die Tür folgte und in der Hütte auf einen Stuhl sackte. Ihr Gesicht vergrub sie in ihren Händen. Die Bilder vom Wolfangriff und dem angefallenen Tomta, der nun über und über mit tiefen Bisswunden übersät war und stark blutete, gingen ihr nicht aus dem Kopf und schwirrten ihr nun sogar mit geschlossenen Augen im Geist herum.
" Komm schon, Tomta! Du bist ein harter Junge!"
" Bleib bei uns! Bleib bei uns!"
" Wir brauchen einen Barbier hier!"
Die Stimmen und Rufe der vier Waffenknechte ließen Neraida keine Ruhe und bei jedem schmerzerfüllten Aufschreien Tomtas zuckte die junge Frau schluchzend zusammen. Warum war so etwas passiert? Wo waren die Wölfe nur hergekommen?
Als lautes Fußgetrapel und hektische, neue Stimmen erklangen, schlug Neraida die Augen auf und richtete sich auf dem Stuhl auf. Weitere Männer und Frauen aus dem Dorf waren in die Hütte geeilt. Manche trugen Schüsseln mit heißem Wasser, andere weiße Verbände. Nach einem fachkundigen Heiler sah jedoch niemand aus und soweit Neraida wusste, gab es nicht einmal einen ausgebildeten Arzt oder Heiler im Dorf. Für Tomta sah es nicht gut aus...
Mit schwachen Knöcheln und wackligen Beinen erhob sich die junge Frau und schwankte benommen aus dem stickigen, nach Blut riechendem Raum. Sie würde sich einen einsamen Platz suchen und das einzige unternehmen, was sie für Tomta tun konnte....beten.
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Als Lair sich das nächste mal umdrehte war keine Lehrmeisterin mehr auf seinen Versen, sie war stehen geblieben. Die eine Klinge steckte neben ihr in der myrtanischen Erde. Stattdessen hatte der Wurfdolch den Weg in ihre Hand gefunden. Auf ihren Lippen lag ein undeutbares Lächeln. Sie schloss die Augen. Für einen Moment sah sie Wun Aba vor sich und sie entschied sich dafür dieses Drama nicht zu wiederholen, sondern stand da wie eine Säule und liess Lair selber danken, was geschehen wäre, wenn sie ein Feind gewesen wäre.
Xerxo, den sie Augenblicke später lossandte, ereilte ungefähr dasselbe Schicksal, was allerdings auch kein Zufall war, denn die Aufgabe war nicht zu lösen. Hier auf der freien Fläche, wo kein Baum Schutz vor Schwert und Dolch bot, war es beinahe unmöglich einfach davonzulaufen. Was in einem Kampfgetümmel natürlich komplett anders gewesen wäre.
Und wieder fand ein aufmerksamer Beobachter dieses schelmische Funkeln in den Augen der rothaarigen Kriegerin. Sie liebte ihren Beruf.
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Solche Wurfdolche muss ich mir auch zulegen, dachte der Dieb, während er schwerfällig wie ein voller Sack Mehl im kniehohen Gras lag. Sein Herz Schlug ihm bis zum Halse. Wäre dies ein ernsthafter Kampf gewesen, würde er sein Herz nicht mehr spüren … und auch sonst nichts, er wäre mit Sicherheit tot. Er wäre zumindest tot, wenn Redsonja getroffen hätte, aber davon ging der Gauner stark aus; und eine Möglichkeit, einen Wurfdolch abzuwehren, besaß er nicht.
Mit einem Schild hätte man den Dolch abblocken, mit einem Schwert eventuell ablenken oder auch einfach ausweichen können. Doch weder besaß er einen Schild noch die Schnelligkeit und das Geschick, letztgenannte Manöver zu vollführen.
Zu seinem Glück war die Rothaarige aber nicht sein Feind und hatte kein Interesse an seinem Tod. Aus diesem Grund konnte er sich nun entspannen und von den Strapazen des Trainings erholen.
Der Dieb hörte, wie zwei Klingen aufeinanderprallten.
Viel Glück, Xerxo, dachte er. Hoffentlich stellst du dich besser als ich an.
Der Gauner glitt in einen kurzen und unruhigen Schlaf.
Sein Schwert ruhte an seiner Seite.
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Irgendwo um Silden
"Nero!" rief Bartimäus ein weiteres Mal. Er hatte seinen Gefährten schon so oft gerufen, dass seine Stimme schon ganz heiser war. Viel zu lange schon suchte er seinen vierbeinigen Freund und seine Sorgen wurden immer größer. Zusammen mit der Müdigkeit und der Erschöpfung, die ihn überkam wuchs sie zu einem Schmerzen an. Es Dämmerte schon und Bartimäus musste sich entscheiden was er tun würde. Noch einmal ging er den vergangenen Tag in Gedanken durch:
Es musste zur Mittagszeit gewesen sein, als Bartimäus und Nero im Wald unterwegs waren und Nero plötzlich sehr unruhig wurde. Er hatte zwar nicht gebellt, nicht einmal geknurrt, aber war wie verrückt um Bartimäus herumgelaufen. Nein, eigentlich war er geschlichen! Kein Geräusch hat er dabei gemacht. Bartimäus hatte die Nachricht erst verstanden, als er den Wolf sah, den Nero schon viel früher gerochen haben musste. Während sich Bartimäus vor Schreck nicht vom Fleck bewegen konnte, hatte Nero wie vom Donner gerührt die Flucht ergriffen. Zu Bartimäus' Glück musste dass den Jagdinstikt des Wolfes geweckt haben, denn dieser schoss an Bartimäus vorbei, dem Flüchtenden hinterher.
Von da an war alles sehr schnell gegangen und Bartimäus wusste, dass er nicht die klügsten Entscheidungen getroffen hatte. Den beiden nachzurennen war genaugenommen wohl das dümmste was er machen hätte können. Trotzdem hatte er es getan.
Was er sich dadurch erhofft hatte, wusste er selber nicht. Logisch betrachtet gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder Nero war schneller und ausdauernder und konnte den Wolf abhängen oder der Wolf würde Nero töten. Im ersten Fall würde Nero früher oder später hoffentlich zu Bartimäus zurückkehren, im anderen würde Bartimäus dem Wolf direkt ins Maul laufen.
Welcher Fall eher eintreffen würde konnte er nicht abschätzen. Nero war zwar mittlerweile schon alt genug um ausgewachsen zu sein, war aber trotzdem immer noch kleiner als ein normaler Wolf. Ob nun der größere, kräftigere oder der kleinere und deshalb hoffentlich flinkere gewinnen würde, wusste Bartimäus nicht.
Bartimäus beschloss sich ersteinmal einen sicheren Ort für die Nacht zu suchen und dann am nächsten Tag umzukehren. Wenn Nero noch lebte und zu ihm zurückkehren wollte, würde er schon wissen wo er zu finden war. Momentan konnte Bartimäus sowieso nichts tun.
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Irgendetwas schien im Gange zu sein, denn einige der Orks waren plötzlich aus den Hütten gelaufen, Waffen waren gezogen worden, doch es herrschte kaum Bewegung in dem Trupp. Und sie waren auch nicht in Richtung Thorwyn und Leyla oder zum Versteck seiner Eltern gestürmt und dann plötzlich stehen geblieben, sondern genau von ihnen weg. Es schien fast so, als würde derzeit kein Augenpaar in ihre Richtung schauen.
"Was geht da vor?", fragte die Blonde verwundert, ohne aber wirklich eine Antwort ihres Gefährten zu erwarten, denn er konnte es genauso wenig wissen. Stattdessen mühte sie ihre sonst recht guten Augen, die jedoch nichts im Vergleich zu den Luchsaugen waren, die sie vor kurzem noch genutzt hatte. Aber es war nichts zu erkennen, was auch immer sich an diesem Wachposten abspielte, es geschah außerhalb ihres Blickfeldes.
Allerdings nicht abseits der Natur, weshalb die Ovates ohne zu zögern auf magischem Wege nach einem geeigneten Helfer in der nahen Umgebung suchte und auch fand: Ein Eichkater buddelte nur wenige Steinwürfe entfernt im Boden herum, offenbar auf der Suche nach einst vergrabenen Nahrungsvorräten. Die würden nun wohl noch ein wenig warten müssen. Eine magische Verbindung bestand schnell und als sie die Augen schloss, nahm sie auch das wahr, was der Eichkater sah. Ihn dazu zu bewegen, von seiner Buddelei Abstand zu nehmen und für kurze Zeit näher an die Straße heran zu gehen, um dort dem Orkwachposten einen Besuch abzustatten, war im Vergleich zu anderen magischen Eingriffen in die Natur eine Kleinigkeit, dennoch ging sie hier ähnlich konzentriert und sorgfältig vor, wie bei komplizierterer Magie. Und was sie dann sah, dass überraschte sie und gefiel ihr zugleich: Eine Gruppe Menschen stand den Orks gegenüber, die ganz offensichtlich von sich aus einen gebührenden Abstand zu den Menschen hielten, die mit Speeren und Bögen bewaffnet waren, diese jedoch zurückhielten. Worte wurden zwischen beiden Gruppen gewechselt, welcher Art, soweit ging ihre Magie dann doch nicht. Aber es schien kein freundschaftlicher Ton zwischen ihnen zu sein, das erkannte sie an der Art und Weise, wie sie sprachen.
Und damit sollte ihre kleine Aktion auch schon beendet sein. Behutsam lenkte Leyla den Eichkater zurück zu der Stelle, an der er nach seiner vergrabenen Nahrung gesucht hatte, danach bedankte sie sich gedanklich und verabschiedete sich damit wieder aus seinem Kopf. Ein kurzes Zwinkern, um wieder in ihrer eigenen Welt zu landen, dann blickte sie Thorwyn an.
"Wir sollten die Gelegenheit nutzen, solange sie uns geboten wird. Ganz offensichtlich haben diese Orks im Moment nur Augen in die andere Richtung. Und die Wachen auf dem Hügel können uns hier glaube ich nicht sehen, die Wegbiegung versperrt ihnen die Sicht."
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