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In den Ruinen von Braga
Nach dem Kampf wusste keiner so genau, was einer zu dem anderen sagen sollte. Redsonja sah etwas durcheinander aus. Der Glatzkopf konnte nicht abschätzen, ob sie tatsächlich ernst genug gekämpft hatte. Vielleicht wollte sie Rock gar nicht zur Strecke bringen. Hoffentlich hatte ihr der Gedanke des Kopfgeldes nicht Kopf herum geschwirrt, denn das war tatsächlich eine Lüge, wahrscheinlich eine Routinebehauptung. Ein richtiger Agent, sollte Rethus das jetzt auch richtig definieren, würde seine Identität nicht so schnell preisgeben. Nur tat man dies schnell, wenn man mal eine Klinge unter dem Hals hatte. Denn das war in Bakaresh der Fall. Nur so konnte der Gardist Hinweise über die sogenannte ‚Ebene Zwei‘ bekommen und überhaupt eine Gruppe von Rebellen, die unabhängig der Lagerkommandanten agierte. Jetzt war es zunächst wichtig, was über diese ‚Ebene Zwei‘ zu erfahren.
Während dieser Vulsie, den Namen hatte der Glatzkopf aus Rock herausbekommen, immer noch bewusstlos war, das war übrigens eine Glanzleistung, die Cyrith da abgelegt hatte, konnte der Glatzkopf diesen Agent Blue Rock ausfragen.
„Also, so sieht man sich wieder, was?“ Rethus setzte sich auf einen Stein. Die Männer befanden sich ein paar Meter abseits, genauso wie die Gruppe, die unter Redsonjas Führung stand, nur wussten die nicht genau, was gerade Sache war. „So, Agent… Blaustein“, Rethus schmunzelte. „Nenn mir bitte deinen richtigen Namen, um besser kommunizieren zu können, weil der Name klingt echt albern.“
„Wieso sollte ich dir etwas verraten?“ entgegnete der Agent.
„Weil ich euch vertraue und ihr mir vertrauen solltet. Ich habe nicht vor, euch umzubringen. Ich möchte gerne etwas über die ‚Ebene Zwei‘ erfahren und was ihr vorhabt. Im Gegenzug erzähle ich nichts davon unseren Lagerkommandanten.“
„Können wir dir wirklich vertrauen?“ Blaustein schaute Rethus tief in die Augen.
„Bist du tot?“ Rethus formte Falten auf seiner Stirn.
„Äh, ich glaube nicht.“
„Ist das nicht Beweis genug? Einmal Rebell, immer Rebell. Sagt dir dieser Satz nicht etwas? Als du bei den Rebellen aufgenommen wurdest, hatte dir sicherlich schon einmal jemand diesen Satz gesagt.“
Blue Rock nickte.
„Damit will ich dir sagen, ich habe nicht vor dich umzubringen. Wie es aussieht bist du ein Werkzeug und kein Drahtzieher.“
„Das ist wohl wahr.“ Der Mann vor ihm atmete tief durch. „Okay, mein Name ist Bruce. Und der Name meines Kameraden ist zufälligerweise wirklich Vulsie. Reicht das zunächst?“
„Zunächst ja, aber Dauer nicht. Was war euer Auftrag? Wieso wolltet ihr mich Entführen?“
„Hab ich dir doch schon einmal gesagt: Wir brauchen dich, wir wissen, dass du hinter Ortega her bist, genauso wie wir.“
Rethus schaute ihn eindringlich an. „Und da muss man so ein Geheimnis drum machen?“
„Wenn man nicht so schnell entdeckt werden möchte, ja.“ Eine Pause trat ein, in der Rethus zu Sonja hinüber schaute.
„Bruce, ich gehe mal kurz zu unserer Kameradin. Denke du in der Zwischenzeit über eine gekonnte Zusammenarbeit nach.“ Rethus klopfte auf das Knie des Agenten.
Als er vor Sonja stand, machte er seine Überlegung ihretwegen ganz kurz:
„Ich möchte dir danken, dass du mich unterstützt hast. Und vergiss das mit dem Kopfgeld, das war eine Routinereaktion von unserem Gefangenen. Er ist kein Söldner oder dergleichen.“ Dann wendete er sich an Cyrith. „Und dir möchte ich danken, dass du uns den Schützen ausgeschaltet hast. Das konnte man echt als Mut bezeichnen.“ Und schließlich richtete er seine Aufmerksamkeit an alle zusammen. „Wir sind gerade an einen Punkt angekommen, wo sich unsere Wege trennen. Wir sind hier zufälligerweise auf meine Kameraden gestoßen. Ich denke, es wird hier noch eine Menge Klärungsbedarf geben. Aber das ist unsere Sache. Ich hoffe, ihr kommt wohlbehalten bis an euer Ziel und nehmt euch vor dem Pass in Acht, ich habe da so eine Vorahnung, dass der nicht ganz menschenleer ist.“
Dann verabschiedete sich jeder Einzelne auf seine Weise, bis sie alle Redsonja in die Richtung des Dorfes Braga folgten. Sie würden sich wahrscheinlich wiedersehen, das wusste Rethus.
Anschließend begab sich der Gardist wieder zu Rock… halt, Bruce hieß er ja.
„Und hast du über mein Angebot nachgedacht?“
„Im Grunde war das Ziel gewesen, dich auf unsere Seite zu setzen“, meinte der Agent. „Wenn du mir selbst dieses Angebot setzt, schlage ich es auf gar keinen Fall aus.“
„Dann löst ihm die Fesseln.“ Einer der Rebellen schnitt die Fesseln des Agenten los. Im selben Moment tauchte einer der Rebellen auf, der mit Rethus sprechen wollte. „Okay, ich komme“, antwortete der Oberrebell. „Bruce, ich komme gleich zurück, dann möchte ich gerne ein paar Dinge über die ‚Ebene Zwei‘ erfahren. Du musst mir auch nicht alles erzählen, nur das Nötigste.“
So gingen er und dieser Hakon, wie er sich nannte, an ein anderes Plätzchen. Dort teilte eben dieser ihm mit, dass sein Auftrag es war, Rethus zu suchen. Nun stellte er die Gegenfrage, was eigentlich Rethus‘ Auftrag war. Und ja, es war wirklich fair, es dem Rebellen zu sagen. Aber irgendwie strahlte er nicht ganz das Maß eines Rebellen aus.
„Hast du eine Münze von Ulrich bekommen?“
Etwas verwirrt schüttelte Hakon den Kopf.
„Du scheinst mit den Rebellen aber schon fest im Bunde zu sein. Deshalb kann ich dir verraten, dass unser Erkennungszeichen, diese Münze ist.“ Rethus hielt seine hoch. „Wenn ich dir gleich sage, was mein Auftrag ist, verpflichtest du dich aber auch gleichzeitig, dich mit daran zu beteiligen. Das könnte übrigens ein gelungener Durchbruch für dich sein und dich in der Gunst der Rebellen verdammt schnell nach oben katapultieren.“
Hakon nickte, teils auch mit einem erfreuten Gesichtsausdruck. Scheinbar war ihm das sogar ernst.
„Und zwar handelt sich um einen Banditen namens Ortega. Der macht den Rebellen nun schon seit Monaten ordentliche Probleme. Reddock stand mal kurz vor der Entdeckung durch Banditen. Nemora ist wegen Ortega aufgegeben worden. Nun ist es scheinbar ein Banditenversteck geworden. Zwei Mal ist uns Ortega durch die Lappen gegangen. Jetzt ist es mein Auftrag, gezielt nach ihm zu suchen und der Schlange endlich den Kopf abzuschlagen. Bei Gelegenheit werde ich dir vielleicht die ganze Geschichte erzählen.
Ortega ist momentan unser größter Feind. Solltest du mich bei meinem Auftrag unterstützen, wette ich mit dir, dass Ulrich dich nur zu gerne bei uns aufnehmen möchte.“ Rethus sah kurz zu Bruce hinüber, der sich mit Narson austauschte, während er sich selbst die Wunde verbannt und reinigte. „Äh, komm mal mit, Hakon. Scheinbar versteht unser Kumpel hier was von Arznei. Vielleicht kann er meine Wunde auch reinigen.“
Geändert von Rethus (21.05.2010 um 14:08 Uhr)
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Der Bärtige nickte, nachdem Rethus ihm von seinem Auftrag erzählt hatte. Das passte alles zusammen. Er erinnerte sich, dass einige Rebellenmitglieder bei der Stadtgarde mal über Orthega gesprochen hatten. Er war ein gefürchteter Bandit. Dieser Auftrag war wirklich gefährlich, so dass die Sorge von Sir Ulrich auf keinen Fall unbegründet war.
Rethus bot ihm nun an, dass er bei dem Attentat auf diesen Orthega half. Zwar bekam der Bärtige diesen Auftrag nicht vom Rebellenführer selbst, doch wie er den Paladin einschätzte, würde dieser Eigeninitiative zu würdigen wissen. Das machte ihm die Entscheidung leicht. Er würde Rethus helfen. Doch Sir Ulrich musste trotzdem erfahren, dass er seinen ursprünglichen Auftrag erfüllt und Rethus einigermaßen heil und gesund angetroffen hatte. Er würde einen Boten nach Reddock zurückschicken, welcher dem Paladin Bericht erstatten sollte.
Der Mann, der sich immer noch als Hakon ausgab, überlegte jetzt, wen er zurückschicken sollte. Viele Männer waren ihm ja nicht geblieben. Narson verbot sich von selbst, er war froh, seinen alten Herren wiedergefunden zu haben und würde ihn mit Sicherheit begleiten wollen. Auch Alvins Schleichkünste würden sie mit Sicherheit bei der bevorstehenden Aufgabe gebrauchen können. So blieb nur noch Erni. Den kleinen dicken Rebell mit den schwarzen Haaren hatte ohnehin der Tod seines besten Freundes Bert sehr mitgenommen und er würde daher für das bevorstehende Unternehmen eh nicht besonders nützlich sein.
Also nahm er Erni beiseite und gab ihm den Auftrag nach Reddock zurückzureisen, um Sir Ulrich von der erfolgreichen Suche zu berichten und ihm weiterhin mitzuteilen, dass die drei verbliebenen Rebellen Rethus auf seinem zukünftigen Weg begleiten würden. Nachdem er dies getan hatte und Erni sich aufbruchsbereit machte ging er zu Rethus, welcher sich von dem Gefangenen verarzten ließ und sagte:
"Ich habe mich entschlossen dein Angebot anzunehmen und dich gemeinsam mit Narson und Alvin zu begleiten. Erni wird derweil nach Reddock zurückkehren, um Sir Ulrich Bericht zu erstatten."
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In den Ruinen von Braga
„Sehr gute Idee, Hakon“, antwortete Rethus auf die Frage, während Bruce ihm das Bein verband. „Und du? Ich hoffe, wir haben dich nicht zu sehr strapaziert.“ Der Gardist grinste.
„Ach, das ist in meinem Job normal. Ich hatte schon bösere Verletzungen“, entgegnete Bruce. „Ah, wie es aussieht, kommt unser Kumpel wieder zu sich.“
Vulsie stand völlig benebelt auf. „Na toll, wir sind Gefangene der Rebellen“, meinte dieser nur.
Bruce lachte auf. „Keine Sorge, Rethus und ich haben ein Abkommen.“
Der Scharfschütze blickte total verwirrt drein. Schließlich nahm sich Narson ein Herz und nahm ihn sich zur Seite, um ihm die Situation zu erklären.
Als Rethus‘ Bein fertig war, erlaubte der Gardist dem Agenten, seine Waffen wieder an sich zu nehmen.
„Wie geht es jetzt weiter?“ fragte Rethus, um offen stehen zu lassen, was genau diese Leute jetzt mit ihm vorhatten.
„Na ja“, begann Bruce, während er sein letztes Wurfmesser an seinen Platz brachte. „Unser Auftrag war es, dich fest zu nehmen und in unser Versteck zu bringen. Dort würdest du unserem Anführer vorgestellt werden.“
„Na ja.“ Rethus hob die Arme. „Dann gehen wir jetzt in euer Versteck.“
„Aber das können wir nicht so einfach preisgeben.“
„Schon vergessen, wir vertrauen uns. Außerdem bist du deinem Chef keine Rechenschaft schuldig. Dein Auftrag war es, mich zu ihm zu bringen. Nicht wie.“
„Hey, ich glaube, du hast Recht.“
„Das will ich aber hoffen.“
„Dann sollten wir sobald wie möglich aufbrechen.“
…
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Lago
Endlich erreichte sie Lago. Der Marsch war beschwerlich gewesen, aber nun war sie angekommen. In der Nacht musste sie öfter in Deckung gehen, weil sie meinte, Hufgetrappel hinter sich zu hören. Einmal war tatsächlich eine kleine Gruppe mit Pferden vorbeigeritten, aber danach war sie alleine auf dem Weg gewesen.
Sie schaute in de kleinen Lederbeutel, in dem sie die Goldmünzen aufbewahrte hinein und musste schlucken. Vielleicht sollte sie doch weiter gehen. Sie konnte dann in Ben Sala noch einmal Halt machen, bevor sie den Weg nach Bakaresh auf sich nahm. Azshera genehmigte sich einen großen Schluck Wasser aus dem letzten Schlauch. Ihr Wasservorrat war durch den Tagesmarsch ein wenig zur Neige gegangen. Sie würde, bevor sie weiterging, einen Brunnen aufsuchen und die Schläuche auffüllen müssen. Aber zunächst wollte sie noch ein wenig Essen und nahm sich etwas von dem Fleisch aus ihrer Tasche und biss genüßlich hinein. Es schmeckte immer noch. Es war geräuchertes Fleisch und somit haltbarer als normalerweise. Aber sie musste dabei etwas trinken.
Nachdem die junge Frau ihre Mahlzeit beendet hatte, machte sie sich auf die Suche nach einem Brunnen. Sie musste ein wenig durch die Gassen streifen, bis einer in Sicht kam. Den ersen Schlauch hatte Azshera schon aufgefüllt und wollte gerade beginnen, den zweiten zu befüllen, als jemand zum Brunnen gelaufen kam und sie aufhielt. "Keiner darf sich Wasser aus MEINEM Brunnen nehmen!" Der Mann war schäbig gekleidet und sah nicht so aus, als gehöre ihm der Brunnen, aber Azshera hielt ein und befüllte den zweiten Schlauch vorerst nicht. "Aber hier steht doch nirgendwo ein Schild, auf dem steht, dass es verboten ist, sich Wasser zu nehmen!" Sie deutete auf die Umgebung um den Brunnen, um dem Mann zu zeigen, dass hier nichts war. Da kamen gerade ein paar Soldaten vorbei und riefen ihr zu: "Der Mann ist ein wenig wirr im Kopf, das macht er jeden zweiten Tag. Nimm dir ruhig von dem Wasser!" Mit einem Augenzwinkern wandten die Soldaten sich ab und gingen weiter. Azshera ließ sich das nicht zweimal sagen und füllte den zweiten Schlauch auch noch einmal randvoll.
Wieder mit frischem Wasser im Gepäck machte sich die junge Frau nun auf den Weg nach Ben Sala. Es würde bald dämmern, hoffte sie und so würde ein großer Teil der Reise hoffentlich angenehmer werden. Azshera ging durch das Stadttor in Richtung Ben Sala und machte sich mit strammen Schritten auf den Weg.
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Ben Sala
Die Wasservorräte waren aufgefrischt und der Proviant soweit sicher verstaut für die letzte Strecke bis nach Bakaresh. Dennoch leicht genervt stand Trilo nun am Stadttor und wartete auf seinen Weggefährten damit es endlich losgehen konnte. Leider war von selbigen nicht die kleinste Spur zu sehen. genau genommen hatte der ehemalige Ritter den Streuner schon den ganzen tag nicht gesehen.
Ob er tot ist? Unwahrscheinlich. So schnell stirbt man nicht in diesem dreckskaff. Außerdem sieht er nicht gerade so aus als würde er sich leicht umlegen lassen. Seis drum; ich geb ihm noch eine Stunde, dann geh ich ohne ihn allein los. Kindermädchen spiel ich sicher nicht....
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Neuling
Es scheint wieder der Abend hereinzubrechen in der Wüste Varant. Die Tiere flüchteteten sich auch wieder vor der Nacht und liefen in ihre Verstecke. Jedoch nicht alle Geschöpfe machten sich auf und davon. Certaso, ein Jäger, der die Nacht mehr liebt als den Tag öffnete seine Augen und gähnte. Er hat nun die ganze Zeit in seinem provisorischem Versteck geschlafen.
In der Zeit in der er langsam wach wurde, hat er sich ein kleines Feuer entfacht um sich etwas aufzuwärmen. Die Abende und Nächste in der Wüste darf man auf keinem Fall unterschätzen, es kann sehr kalt werden. Aber dies war nicht sein einziger Grund, denn sein Magen knurrte wie verrückt. Er hatte schon Angst, dass er irgendwelche Tiere anlocken könnte. Eine von seinen beiden Schwestern hätte nun womöglich gesagt, dass er die Tiere nicht mit einem Paarungsruf anlocken soll. Certaso fiel in gelächter und konnte nicht mehr still sitzen bleiben.
Doch seine lustige Miene verzog sich ganz schnell wieder, da er an seine Schwestern denken musste. Er starrte die ganze Zeit in die Flammen und verschlang diese förmlich. Er musste immer an sie denken und das er sie auf jedenfall wieder finden will. Doch er hat kaum noch Hoffnung, es sind schon zu viele Monde vergangen als die beiden verschwanden. Jedoch mochte er nicht daran denken, was mit ihnen passiert sein könnte. Die Zeit verging...
Certaso starrte immer noch in die Flammen und merkte nicht, dass diese immer kleiner werden. Ganz in seinen Gedanken vertieft sprang er ganz plötzlich auf und machte sich Kampfbereit. Er schaute sich hektisch um, doch er sah nichts. Nachdem er sich nochmal gründlich umgeschaut hatte, setzte er sich wieder ans Feuer und dachte über sein weiteres Leben nach, denn dieses muss irgendwann weiter gehen...
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Ben Sala
Der Wind wehte durch das Dorf, trug den Sand mit sich und ließ den Umhang des zum Tor schreitenden Mannes wehen. Die Kapuze hatte er sich übergezogen, die Hände waren in den Taschen der ledernen Hose. Vom Gesicht sah man nicht viel. Nur das markante, wenn auch etwas knochige Kinn und das typische, freudlose Lächeln waren zu sehen.
Vryce trat zu dem Herzog, der hörbar laut seufzte.
„Entschuldige“, murmelte der Dieb, „Ich muss doch schon einmal üben, damit ich später als Assassine Eindruck schinden kann. Bin doch dann offizieller Überbringer des Todes und Klinge Beliars … Oder was für flatterhafte Begriffe man da verwenden mag.“
Der Gauner hob die Schultern, streifte die Kapuze ab. Hellbraunes, etwas farbloses Haar in einem langen Zopf kam zum Vorschein. Die schwarzen Augen – denen ein scheinbar immerwährender gereizter Schein inne war – fixierten Trilo.
„Brechen wir auf? Oder hält uns noch etwas hier?“, fragte er gelangweilt.
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Ben Sala
Was auch immer die Möchtegern-Todesklinge, wie sie sich scheinbar neuerdings nenn möchte, auch aufgehalten hatte, Trilo befand es für unwichtig, nervtötend und definitiv unnötig. Nichtsdestotrotzw ar er froh, dass Vryce nun endlich da war. Immerhin hatte man so jemanden zum reden während des Marschierens. und ganz nebenbei brauchte er den deppen noch für spätere Aktionen.
"Nein. Hier hällt mich nichts mehr. ich gehe einfach mal davon aus, dass du alles Wichtige beisammen hast, wenn du schon solange gebraucht hast? selbst wenn nciht, du wohnst hier in der Wüste, du kommst schon irgendwie durch.
was anderes bevor wir gehen: Wettest du gerne? Wenn aj, dann schlage ich dir eine Wette vor. ich wette, dass ich sehr wohl der ehemalige Ausbilder DraconiZ' bin, welches du ja als Lüge aufgefasst hast. Wenn wir in Bakaresh gehen wir direkt zu ihm, damit er es bestätigen kann. Ich wollte ja ohnehin zu ihm und du wolltest Kontakte dort. Also wieso nicht bei ihm anfangen.
Mein Einsatz: Wenn er es leugnet, wieso auch immer, dann überschreibe ich die Besitzurkunde Bragas, wenn ich sei wieder ahbe, auf dich um. damit hättest du deren Vorteile. was ist dein Einsatz? Falls du manns genug bist die Wette anzunehmen..."
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Vryce seufzte. Er hatte erwartet, dass Trilo die Sache nicht einfach ruhen lassen würde. Vielleicht war es sein fast schon krankhafter Zwang, sich in den Mittelpunkt zu rücken oder insgesamt einfach das Höchstmaß an Aufmerksamkeit zu erhalten. So war es doch auch bei dem Typ in Ben Erai gewesen, dem der Herzog zugerufen hatte, dass er einen gewissen, alten Schüler namens Medin grüßen solle.
„Keine Ahnung“, murmelte der Dieb, „Was soll ich Dir als Wetteinsatz anbieten, da ich doch selber nicht viel hab? Gold hast Du genug, mein Freund, und Waffen oder dergleichen sind sicherlich nicht das, was Du brauchst. Könnte Dir kostenlos eine Rüstung aus Leder zusammenschustern, aber ich denke mal, dass Du so was nicht brauchst.“
Vryce fuhr sich übers unrasierte Kinn, als die beiden durch den Sand marschierten und langsam begannen, den Berg zu umrunden, der das südliche Ende eines Gebirges markierte, welches in gewisser Weise Bakaresh, Lago und Ben Sala verband. Die Umrisse des Dorfes verschwanden langsam hinter der Erhebung, die sacht anstieg und sich zu immer weiteren Höhen hinauf schwang.
„Ja, mehr als irgendwelche Dienste kann ich Dir nicht anbieten. Von daher wird das mein Einsatz sein. Genau. Gewinnst Du, verpflichte ich mich für eine Aufgabe, die Du erledigt haben willst.“ Vryce sah seinen Begleiter seitlich mit einem Grinsen an. „Oh nein, glaubst Du etwa die ganze Zeit, dass ich Dir verpflichtet bin oder ohne zu murren und mit größter Loyalität diene? Diebe und Gauner kennen keine Loyalität, merk’ Dir das, mein Guter. Ich habe Dich nur noch nicht bestohlen, da Du einerseits eine erfrischende Persönlichkeit im Gegensatz zum Rest dieser tristen Wüste als auch etwas gefährlicher bist. Keine Sorge, den bragischen Wirt hab ich noch nicht vergessen. Aber ja ... Wenn wir in Bakaresh sind, begleite ich Dich zu DraconiZ. Bin doch etwas gespannt.“
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Irgendwo im Nirgendwo
Wie ätzend war doch diese verfluchte Wüste. Sobald die Sonne unterging wurde es immer gleich asrchkalt. Dreckssandkasten! Wohin man sah, nur Sand. Und weit in der ferne konnte man auch die letzten Schakale heulen hören. Weit genug weg um keine direkte Gefahr zu sein, aber zu nah damit sie einem vor Augen führten, dass man eventuell die nächste Nacht überlebte, weil sie einem beim ruhen die Kehle durchbissen. Doch erstmal war der naheste Schakal ein Straßenköter namens Vryce.
"Okay, Vryce. Ich nehme deinen Einsatz an. ich hätte sogar direkt einen Auftrag für dich. Zumindest sofern du dich traust einen Hexenmeister zu beklauen...
Was genau ein wahrer Hexenmeister ist, erklär ich dir dann wenn es soweit ist. was machen wir eigentlich, wenn Draco gar nicht anwesend ist?"
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Nirgendwo im Irgendwo
„Dann“, fing Vryce an und gab ein kaltes Lächeln von sich, „erledigen wir erst einmal etwas, das mir noch im Nacken sitzt. Dabei solltest Du eigentlich auf Deine Kosten kommen, Trilo, und Dir dazu gleich einen Namen bei einigen Händlern in Bakaresh machen. Jetzt glotz’ mich nicht so blöde an, die Händler sind in der Perle diejenigen, die die Macht ausüben und besitzen. Hör mir mit Zirkel, Bund und sonst wem auf … Ohne Händler wäre Bakaresh nur eine weitere, beschissene Siedlung dieser riesigen Einöde. Wer sich mit den Geschäftsleuten gut stellt, kann in Bakaresh alles bekommen. Ich empfehle es Dir wärmstens.“
Ohne Zweifel. Vryce selber wollte – parallel zum Einfinden und Kennen lernen des Alten Bundes weitere Kontakte zu den Händlern in der Stadt schließen.
„Obwohl … ich gespannt bin, was es mit Deinem ‚Hexenmeister’ auf sich hat. Hoffe, Du kannst zumindest so viel Sympathie für mich aufbringen, dass das kein Himmelfahrtskommando wird.“
Ein bitteres Lachen folgte den Worten. Natürlich konnte Vryce sich genau das vorstellen.
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Ort: Woher soll ich das wissen? Hier ist nur Sand!
Er hat Interesse an Hexenmeistern? Ist der irre? Offenbar sind die hier unten in Varant wirklich geradezu unbekannt. Dabei hat doch sowohl der alte Bund als auch die Vereinigung der Nomaden einen unter sich. Andererseits könnte ich den Typen hier ja als eigenes Versuchskaninchen missbrauchen für das Blutritual. Ja, das behalt ich mal im Hinterkopf...."Keine Sorge. Ich werde dich nicht gleich auf einen der wirklichen Meister ansetzen. Du musst wissen wir sind verbreiteter als man denkt, und ich will nur mein hab und Gut von einem Kollegen zurück haben, welches du dann für mich holen könntest. Ja, du hörst Recht. Ich gehöre selber dazu... Ich zähl dabei sowieso eher darauf ab, dass du es schaffst ohne dass dich jemand bemerkt. Wenn doch... naja, war schön dich gekannt zu haben.
Na immernoch Interesse? Wenn ja, dann gib mir die Hand darauf." Er konnte sich das Grinsen einfach nicht mehr verkneifen. Eine bizarre Fratze, aus Todeslust, Gier und Hohn zusammengesetzt, machte sich auf seinem gesicht breit und fixierte seinen Gegenüber. Er zog sogar seinen Handschuh aus um Vryce die nackte hand zu reichen für das besiegeln des Paktes... ähm Handels. Eine seltene Geste. Immerhin war direkt dort drauf eine kleine schwarze Hand tätowiert worden und der Ring der Diebesgilde hing auch gleich an dieser Hand. wenn Vryce eine Ahnung von einer der beiden organisationen hatte, so würde er sicherlich gleich reagieren. und das wusste Trilo nur zu gut...
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Wo wir sind? Gute Frage, zumindest gibt's hier Sand ...
Das Gesicht des Herzogs wurde zu einer Maske aus Gier und Hohn, was den Dieb an den Worten zweifeln ließ. Natürlich würde er Dich ohne zu zögern ins Verderben schicken, Vryce, mach’ Dich nicht lächerlich!
Der Blick fuhr hinab zu der hingehaltenen Hand, an der ganz klar ein Damastring sowie eine Tätowierung zu sehen waren. Letztere zeigte eine pechschwarze Hand. Die Augen des Gauners verengten sich. Das Zeichen sagte ihm nichts, vielleicht war es auch das jener Bande von Leuten, die Trilo erwähnte. Das Zeichen dieser Hexenmeister. Und der Ring? Vielleicht auch ein Erkennungszeichen. Aber hatte nicht auch Tenebricus so einen Ring getragen? Oder war das eher Einbildung gewesen? Verdammt, wenn Du nur nicht so vergesslich wärest …
„Immer noch Interesse“, sprach Vryce entschlossen und griff nach der Hand, besiegelte so die Wette. Immerhin hatte die auch für den Dieb etwas Nettes offen: Die Besitzurkunde Bragas. Kein schlechter Deal, weswegen nur zu hoffen blieb, dass DraconiZ jeglichen Unterricht bei Trilo leugnen würde.
Verlass’ Dich nicht drauf, Kumpel.
„Und jetzt lass uns rasten, mir tun die Beine weh. Bakaresh erreichen wir in den späten Morgenstunden, denke ich.“
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Sandkasten! Hast du 'ne Schaufel? Nicht? Naja, ich hab zumindest ein Eimerchen...
Hm, er hat kaum reagiert. Vielleicht kam ihm irgendetwas daran bekannt vor. Schade, dass ich nicht in seine Gedanken eindringen kann wie Valnar um herauszufinden was genau er da an Erinnerungen hat. Naja, vielleicht irgendwann mal. Spätestens wenn ich den Ring einzeln offen lege find ichs heraus. Sollte er die Hand wieder erkannt haben, dann zähle ich ihn einfach mal eiskalt als Bekannten der Schwarzen hand und räum ihn als Gefahrenpotenzial aus dem Weg. Hehe, ja so macht das Leben wieder Spaß!
"Okay, Vryce. Dann lass uns hier irgendwo pennen. Den Auftrag würdest aber auch ohen wettgewinn von mir bekommen wenn du willst. Nur leider müsst ich dich dann ja auch bezahlen... Seis drum. Schlaf gut. Ich halt Wache. Ich hab so das Gefühl, dass wir Besuch bekommen werden."
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Ben Sala
Azshera war schon vor einigen Stunden in Ben Sala angekommen. Es war sehr heiß gewesen und ihre Wasservoräte waren zur Neige gegangen bevor sie Ben Sala erreicht hatte. Die junge Frau hatte schon in einigen Tavernen nach einer Unterkunft gefragt, aber entweder waren die Zimmer belegt oder einfach nur viel zu teuer gewesen. Offensichtlich hatte sie alle Tavernen abgesucht. Sie würde in einer Scheune schlafen müssen oder weiterwandern und in der Wüste nächstigen müssen, aber das konnte sie nicht. Der Weg nach Bakaresh würde noch einige Tage in Anspruch nehmen.
Azshera war eben an einem Brunnen vorbei gekommen und ging nun dorthin zurück und füllte ihre Schläuche wieder randvoll. Dann nahm sie noch einige große Schlucke aus dem Brunnen, um ihren Durst zu stillen. Aus ihrem Beutel nahm sie noch etwas Fleisch und aß etwas davon. Die Sonne brannte hier zu dieser Tageszeit besonders heiß und das geräucherte Fleisch regten ihren Durst sehr bald wieder an. Während die junge Frau aß sah sie sich ein wenig um. Vielleicht enddeckte sie ja noch irgendwo eine Möglichkeit für die Nacht. Azshera nahm sich noch ein paar große Schlucke aus dem Brunnen und beendete ihr Mahl.
Gestärkt machte sie sich auf den Weg durch die Stadt. Vielleicht hatte Azshera eine Gasse oder ein Schild übersehen. Es war sehr geschäftig in dieser Stadt, da konnte man leicht etwas übersehen. Insbesondere dann, wenn man nur flüchtig zu den Seiten sieht, weil man ganz schnell eine Unterkunft finden möchte. Also musste die junge Frau noch einmal die Stadt durchsuchen. Ihre Augen waren schwer und trocken. Die Müdigkeit wurde mittlerweile schon richtig drückend. Azshera musste sich beeilen, damit sie nicht einfach auf offener Straße einschlief.
Sie versuchte genauer hinzusehen und ging langsamer als zuvor. Die junge Frau war beinahe durch die gesamte Stadt gelaufen, als ihr ein Haus auffiel, dass sie zuvor nicht bemerkt hatte. Sie näherte sich dem Haus und erkannte tatsächlich, dass es ein Gasthaus war. An der Tür angekommen klopfte Azshera und wartete, bis ihr die Tür geöffnet wurde. Eine rundliche Frau öffnete ihr die Tür und begrüßte sie freundlich. Das erinnerte sie an die Taverne in Braga und an Marramea. Azshera fragte nach einem Zimmer und wurde sogleich von der Frau hereingebeten. Der Raum in den sie trat war warm eingerichtet. Es sah richtig gemütlich aus. Azshera wollte schon ablehnen, denn sie dachte, es würde zu teuer für sie werden, als die Frau auf sie zukam und sagte. "Mach dir keine Sorgen um die Kosten! Hilf mir heute Nachmittag ein wenig in den Zimmern und du musst mir nichts bezahlen." Dabei lächelte die Frau Azshera an. Die junge Frau konnte es nicht richtig glauben."Sind Sie sich sicher, dass das in Ordnung ist?" "Natürlich liebes Kind. Ich war auch mal auf Abenteuern und kenne deine Situation. Also mach dir keine Gedanken. Du kannst deine Sachen auf das Zimmer bringen, dass ich dir gleich zeigen werde und dann hilfst du mir dabei, die Zimmer herzurichten." Azshera nickte nur, als die Frau ihr das Angebot machte. Sie folgte der Frau und legte ihre Sachen in dem Zimmer ab, welches die Frau ihr zugewiesen hatte. Dann verließ die junge Frau das Zimmer wieder und begab sich zu ihrer Gastgeberin, um die Unterkunft abzuarbeiten.
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Sie waren eben mit den Zimmern fertig geworden und nun konnte sie endlich in die Kissen ihres Bettes sinken. Doch ihre Gastgeberin wollte Azshera nicht ins Bett gehen lassen, bevor sie nicht etwas vernünftiges gegessen hatte. Zwar schlief die junge Frau beinahe ein, aber sie wollte die Frau nicht verärgern. Deswegen folgte Azshera der Frau die Treppe hinunter in einen gemütlichen Speisesaal. Dort wartete sie im Halbschlaf darauf, dass die Frau Azshera ihr Abendessen brachte.
Wenige Minuten später hatte sie einen reich gefüllten Teller vor sich auf dem Tisch stehen. "Los, iss. Du musst Hunger haben, so, wie du gearbeitet hast. Das hast du dir verdient!" Azshera dankte der Frau und aß ohne einen weiteren Kommentar. Nachdem sie das Essen beendet hatte, empfahl sie sich und stieg die Treppe hoch und in ihr Zimmer. Sie bemerkte, dass ihre Habe noch dort lag, wo sie sie abgelegt hatte. Dann legte sich Azshera in das Bett und sank sofort in einen angenehmen Schlaf.
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Ben Sala
Azshera war aufgewacht. Sie musste lange geschlafen haben, denn als sie aus dem Fenster sah war es bereits dunkel geworden. Die junge Frau wusch sich, nahm ihre Sachen und verließ das Zimmer. Sie verabschiedete sich von ihrer netten Gastgeberin, die noch wach war und Gäste bewirtete und verließ das Gasthaus.
Ihre Schläuche hatte sie am Tag zuvor aufgefüllt und nun konnte sie die Reise nach Bakaresh antreten. Ben Sala war der letzte Halt gewesen, nun würde sie bis nach Bakaresh gehen müssen ohne Halt zu machen und sie musste sich beeilenn. Azshera wusste immer noch nicht, ob die Männer aus Ishtar sie nicht bereits verfolgten. Die junge Frau begab sich zum Tor und lenkte ihre Schritte Richtung Bakaresh. Sie marschierte in einem strammen Tempo los.
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Varant lag in seiner ganzen Schönheit wie auch Schrecklichkeit vor dem Krieger, der nunmehr Reisender war. Die Sonne – Abbild Innos’ – schien auf die weiten Ebenen hinab, ließ sie flimmern und surreal wirken. Tavik fuhr sich über den langen Bart, der ihm gewachsen war, hob erneut den Wanderstab und ließ ihn zum unzähligsten Male wieder in den Sand hinabfahren, zog sich weiter. Der Klippe entgegen, einer der schwarzen Öffnungen, die Kühle und Ruhe versprachen.
Hoffentlich, ging es dem Mann durch den Kopf, ist es nicht der Bau eines Sandcrawlers. Das wäre wohl mein Ende.
Endlich hatte der Krieger die Höhle erreicht, betrat sie und verschwand im dunklen Schlund.
Zum Glück erwies sie sich nicht als Bau einer gefährlichen Kreatur der Wüste, sondern als Rückzugsort für jemanden, der der Sonne entfliehen wollte. Pilze wuchsen hier zuhauf, es herrschte Kühle und Nässe. Als Tavik die Wand berührte, spürte er das Wasser auf seinen Fingern, zerrieb es und seufzte. Er ließ sich im feuchten Dreck nieder, legte den Wanderstock neben sich und nahm das schwere Gepäck ab, welches er durch die Wüste trug.
Warum eigentlich, fragte er sich, warum tust Du das?
Wahrscheinlich, um mich besser kennen zu lernen, wäre die einfache Antwort. Ja, es war eine Art Reise zur Selbstfindung. Wie sollte Tavik sich in Varant beheimatet fühlen, wenn ihm die Gegend missfiel, wenn er die Hitze der Sonne verachtete, den Sand in seinen Stiefeln, die Trockenheit im Wasserschlauch?
Ein heiseres Lachen kam über die trockenen, rissigen Lippen, die vom Bart fast vollkommen verdeckt wurden. Fast einen Monat war es her, dass er aufgebrochen war. Maris hatte er nicht viel gesagt, meinte nur, er wolle sich und diese Wüste miteinander bekannt machen. Dann war er gegangen, hatte sich auf den beschwerlichen Weg durch die Einöde gemacht und dabei tunlichst jede Stadt der Assassinen gemieden. Nun befand er sich irgendwo westlich von Mora Sul, an einem Gebirge, hinter dem – so einige Karawanenführer, mit denen der Reisende gesprochen hatte – Ishtar, der Sitz Zubens liegen sollte. Weiter nach Westen würde Tavik nicht reisen, wahrscheinlich eher zurück in Richtung Al Shedim.
Seufzend schritt der in lange, vor der Hitze und dem Wind der Wüste schützende Gewänder gekleidete Mann zum Ausgang der Höhle hin, hatte aus seinem Gepäck nur einen kleinen, rissigen Spiegel mitgenommen, den auf seiner Reise im Sand gefunden hatte. Dieser hatte die Oberfläche zerkratzt, rau gemacht und dennoch ermöglicht, sich selbst darin zu betrachten.
Genau das tat der Krieger nun.
Da war nicht mehr ganz der Nordmann, der vor Monaten aus Silden in südliche Gefilde gereist war, da war ein Mann, dem man nachsagen könnte, er würde aus der Wüste stammen. Sein dunkles Haar wirkte etwas blass, wucherte wild und war verfilzt. Die Augen – eisblau, wie Schollen auf der stürmischen, nordmarischen See – blickten aus einem gebräunten Gesicht hinaus, das ausgemergelt wirkte. Als Tavik sich mit dem Finger über die Haut fuhr, kam es ihm vor, als würde er Leder anfassen.
Erneut lachte der Krieger heiser, trocken.
„Darf ich vorstellen, Tavik der Varanter“, sprach er kichernd und legte den Spiegel zu Boden. Einen Moment überlegte der Krieger, ehe er aus der Höhle trat, den Blick hob und die Klippe hinaufsah. Ja, dort im Fels erkannte er eine einfache, keine akrobatischen Kenntnisse erfordernde Möglichkeit, an den Rand der scharfkantigen Klippe zu kommen.
Es vergingen Minuten, ehe der Mann schwer atmend, schwitzend und aus einigen kleinen Schürfwunden blutend, auf dem harten, heißen Stein lag. Dies war einer der Momente, in denen er einfach die Augen schließen und … Nein, noch nicht. Dafür war die Zeit nicht reif, das wusste Tavik. Er atmete tief durch, stemmte sich hoch und stellte sich gerade hin. Als er die Augen wieder öffnete, sah er Varant in einer nie gekannten Pracht. Bis zum Horizont hin erstreckte sich die trockene Einöde, die ebenso bezaubernd wie abstoßend war, Tod mit Leben verband, Leiden mit Freude. Der Blick des Mannes glitt über die Ruinen des Alten Volkes, die Mora Sul umgaben, welches selbst nur ein Fleck in der Ferne war. Alt, mächtig und ewig wirkten sie, waren sie dennoch schon seit Jahrhunderten nur noch eine Erinnerung, die langsam vom Wüstensand zurückerobert wurde.
Dann schauten die Augen zum Meer, das einige Meilen in der südlichen Richtung lag. Der Anblick ließ den Mann straucheln, war er doch wie benommen von diesem Zusammenspiel des Landes wie der See. Es schien, als würde die vielfarbige, helle Fläche Varants nahtlos in das blaue, glitzernde, unendliche Meer übergehen. Schwer war es für den Krieger, den Blick abzuwenden, die Augen zu schließen.
Ihn umwehte der Wind, heiß und trocken, schmerzhaft auf eine Art, befreiend auf eine andere. Er spürte die Hitze im Gesicht, die ihn umgebene Abwesenheit des Wassers, jeglicher Feuchtigkeit. Und doch … obwohl Varant gleichermaßen von Leblosigkeit sprach, fand sich in diesen Dingen … Leben.
Der Mann öffnete die Augen, Tränen im Eisblau.
„Danke, Varant“, sprach er nur.
Geändert von Tavik (25.05.2010 um 16:43 Uhr)
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Es hatte nicht viel Zeit in Anspruch genommen, da Tavik seine Sachen aus der Höhle geholt und den Rückweg angetreten hatte. Wieder zog die Wüste an ihm vorbei, wechselten sich sandige Senken mit wachsenden Dünen ab, bescherten ein Auf und Ab, als wäre der Reisende auf Hoher See unterwegs. Und doch … war die Reise bis jetzt eher eine Tortur gewesen, eine Qual, ein Kampf gegen die Elemente der Wüste, so hatte sich das Ganze nun geändert.
Tavik wanderte durch den Sand, fühlte sich dabei aber so frei und jung wie lang nicht mehr, genoss den warmen Wind im Gesicht, den Schein der untergehenden Sonne im Rücken.
Das ist doch klar, Tavik, Du hast Dich endlich auf Varant eingelassen und diese Gegend als Deine neue Heimat akzeptiert. Vielleicht … hat auch Bás etwas damit zu tun, vielleicht warst Du schon immer bereit, Varant als neues Zuhause zu sehen, nur der Geist nicht. Vielleicht hat sich dies nun geändert …
Tavik musste sich vergewissern. Er blieb stehen, kramte nach dem Spiegelchen und hielt es sich vors Gesicht, wobei er fast krampfhaft an die Erscheinung des Naturgeistes dachte, der ihm damals in Nordmar begegnet war. Der Krieger schloss die Augen, rezitierte in Gedanken den Namen dieses übernatürlichen Wesens. Als er sie wieder öffnete, als er erwartete, eisblaue Augen im gebräunten Gesicht zu erblicken, überraschten ihn andere Züge, die nicht die seinen waren.
Was er sah … glich aber auch nicht Bás. Es war eher, als würde Tavik zwei Eiskristalle in einer Windböe sehen, die Sand mit sich trug, der ihr eine gewisse Form verlieh.
„Bás?“, sprach der Hüne leise, fast ängstlich.
Nein, nicht mehr Bás. Ich bin vergangen, als Du Teil von Varant wurdest wie Varant Teil von Dir. Bás – der Sohn der Ursa – existiert nicht länger.
„Was bist Du dann?“, fragte er.
Die Verkörperung der Gefühle, des Glaubens … Deiner Selbst. Ich bin Du. Ich bin der Wind, der um Dich weht. Der Sand auf dem Du gehst.
„Wie kann das sein? Du warst … doch ein Naturgeist, eine Wesenheit, die von den Kindern Adanos’ stammte.“
Daran hat sich auch nichts geändert. Wenn Du so willst, bin ich noch ein Naturgeist und ein Nachkomme der Kinder Adanos’. Nur, dass ich nun den Teil Deiner Seele verkörpere, der den Glaube beschreibt, die Gefühle für die Welt … wie auch für Adanos’, der diese Welt ist.
„Besessenheit …“, murmelte Tavik, sprach das Wort aus, welches er schon so oft in der Bibliothek von Vengard gelesen hatte. Es war ihm auch in den Sinn gekommen, als er den Bund mit der Natur in Nordmar eingegangen war.
Nein, keine Besessenheit. Ich bin ein Teil von Dir, Deiner Seele. Das wir reden … ist das letzte Bisschen der Kraft, die ich als Geist besaß. Von nun an, Tavik, sind wir eins.
„Das heißt … Ich erlange die Kraft eines Geistes?“, fragte der Krieger erstaunt.
Nein. Das ist der Preis, den wir zahlen müssen. Der Bund der Natur bleibt Dir verwehrt, so wie es mir verwehrt bleiben wird, jemals zu dem zurückzukehren, was ich war. Bás, der Sohn der Großen Bärin, ist vergangen und wird nie wieder erscheinen.
Und als diese Worte im Geiste des Mannes verhallten, nahm das Spiegelbild wieder normale Form an, zeigte einen verwirrt dreinblickenden Tavik. Einerseits war er entsetzt, andererseits erleichtert. Mit einem Mal befiel ihn eine Unbekümmertheit, wie sie ihn seit Kindestagen nicht mehr heimgesucht hatte.
„Danke, Bás“, sprach er nur, ehe er weiter gen Al Shedim wanderte.
Er freute sich auf seine Rückkehr.
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zwischen Ben Erai und Lago
Seit in der Mine von Ben Erai kein Gold mehr geschürft wurde, glich der kleine Ort fast einer Geisterstadt. Natürlich gab es immer noch einige Menschen dort, aber eine Taverne fanden die beiden Reisenden nicht. So zogen sie es vor nach einer kleinen Pause am Brunnen, dessen Wasser nicht erfrischend sondern abgestanden schmeckte, weiter zu laufen nach Lago. Estefania wusste aus Erfahrung das der Fußmarsch dorthin nicht besonders anstrengend war, da er leicht bergab führte, jedoch war sie hier schon oft entweder einem Rudel von Schakalen oder auch diesen ekligen Sandcrawlern begegnet.
"Bist du schon einmal Sandcrawlern begegnet?", fragte Estefania und zog dabei die eine Augenbraue hoch, so wie sie es meist tat wenn sie vermutete die Antwort sowieso schon zu kennen. Wie gedacht, verneinte der verwirrte Begleiter ihre Frage.
"Minecrawler?"
"Auch nicht..."
"Nimmst mir nicht übel, aber da hab ich mir gedacht. Wenn du Pech hast wirst du aber vielleicht gleich die Bekanntschaft mit diesen grazilen Wesen machen."
Kaum hatte sie das ausgesprochen tauchte auch schon der Schatten eines dieser Tiere vor ihnen auf. Ein Crawler wäre natürlich kein Problem, leider war es höchst selten das diese Tiere allein auftauchten. Natürlich hing es mal wieder von der Diebin und ihren Kampfkünsten ab, ob sie diese Nacht mitten in der Wüste überleben würden.
Denn kurz nach dem der erste Sandcrawler kraftlos mit angezogenen Armen und Beinen auf den Sandboden sank, tauchten bereits zwei weitere Artgenossen mit ihrem zischenden Angriffslaut auf und kamen auf sie zu. Estefania versuchte mit ihren beiden Schwertern gleichzeitig zu kämpfen, aber es wollte nicht so recht klappen, seit ihrer Verletzung am Arm, war sie froh das sie wenigstens den einhändigen Kampf wieder einigermaßen beherrschte.
"Du könntest dir auch ruhig mal was einfallen lassen..." rief sie dem Mann zu der fast regungslos hinter ihr stand. Er las doch so viel. Vielleicht hatte er auch mal etwas über die Flucht vor Sandcrawlern gelesen.
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