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    HASS Avatar von Stonecutter
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    Post [Story]Der Zorn der Toten

    Der Zorn der Toten



    Kapitel 1 - Eintritt ins Kloster

    Majestätisch erhob sich der Turm der Kirche in den strahlend blauen Himmel, ein Schwarm Tauben flog umher und ließ sich auf seiner Spitze nieder. In der seltsamerweise überhaupt nicht abweisenden Mauer, die das Kloster umgab, war lediglich eine kleine Holztür eingelassen. Ein Mann stand mit verschränkten Armen davor und schien als Wächter zu fungieren.
    Gandur schritt langsam über die Brücke, der einzige Weg der zum Kloster führte. Er blieb stehen. Ehrfürchtig fragte sich der junge Mann, wie Menschen so eine meisterhafte Konstruktion fertig bringen konnten, und blickte zur Seite hinunter. Ein großer See erstreckte sich in dem Tal, in dem sich die Magier des Feuers einst niederließen, das Wasser floss in der Ferne unter einem mächtigen Felsbogen hinweg.
    Ein plötzlich hinter ihm ertönendes Mähen ließ Gandur zusammenzucken. Er schaute sich kurz um. Das Schaf, dass er heute morgen noch bei einem Bauer gekauft hatte, stand hinter ihm und sah ihn erwartungsvoll an. "Ist ja gut, Kleine", murmelte er gedankenverloren und setzte seinen Weg fort. Das Schaf folgte ihm auf Schritt und Tritt.
    Schließlich erreichte er den Vorhof des Klosters. Der Wächter, den er bisher nur aus der Ferne gesehen hatte, kam auf ihn zu. Dieser war ebenso wie Gandur noch jung und trug einen kurzen Schnauzbart. "Innos zum Gruß", begrüßte er Gandur freundlich. "Mein Name ist Pedro, ich bin Novize des Feuers. Ich sehe, du hast ein Schaf bei dir. Gehe ich damit recht in der Annahme, dass du unserer Gemeinschaft beitreten möchtest?"
    Gandur nickte. "Ich heiße Gandur. Ich will mich in den Dienst Innos' stellen."
    "Das freut mich außerordentlich. Ein neues Gesicht hier. Ähm, nur eine kleine Formsache: ich hoffe, du weißt, dass wir von allen neuen Anwärtern eine kleine Spende für das Kloster verlangen?"
    Gandur nickte erneut. "Die tausend Goldstücke habe ich dabei."
    "Das ist gut! Also, hiermit frage ich dich offiziell: bist du bereit, dein Leben in Innos' Dienst zu stellen? Bedenke, es ist eine große Verantwortung, selbst für uns Novizen. Entschließe dich zu diesem Schritt nur, wenn du dir wirklich sicher bist. Mit deinem Beitritt verpflichtest du dich, Innos bereitwillig zu dienen und das Böse in jedweder Form zu bekämpfen. Überleg es dir also gut!"
    Gandur hörte aufmerksam zu. Seine Hand glitt dabei langsam an seine Hüfte, an der sein Schwert baumelte. Die Klinge war noch feucht vom Blut des Räubers, der noch vor weniger als zwei Stunden versucht hatte, ihm sein gesamtes Gold zu stehlen, alle eintausend Münzen, für die er jahrelang gespart und geschuftet hatte. Der Bandit lag nun in der Nähe der Taverne im Boden verscharrt. Gandur wusste, dass es dem Banditen andernfalls nicht besser ergangen wäre; früher oder später wäre er sowieso von der Stadtwache geschnappt und in die Minenkolonie geworfen worden, Gerüchten zufolge herrschten dort barbarische Zustände.
    Das Blut des Banditen benetze noch immer seinen Daumen. Schnell wusch er ihn an der alten Hose ab. Er war sich sicher. Er hatte heute schon begonnen das Böse zu bekämpfen und würde es sein gesamtes weiteres Leben auch tun. Tief holte er Luft und antwortete: "Ich bin bereit diese Bürde zu tragen."
    "Ausgezeichnet. Ich heiße dich herzlich im Kloster willkommen. Hier ist dein persönlicher Schlüssel für die Klosterpforte. Um deinen Tribut wird man sich im Inneren kümmern. Innos' Segen sei mit dir."
    Gandur nahm den ihm angebotenen Schlüssel, begab sich zur Tür, steckte ihn in das Schloss und drehte ihn langsam nach links. Er hörte das Knacken des Riegels und schwang die Tür auf. Zusammen mit dem Schaf trat er über die Schwelle, während Pedro das Tor wieder verschloss.


    Gandur befand sich nun auf dem Hof vor der Kirche. Unschlüssig, was er tun sollte, blieb er vor dem Tor stehen und betrachtete die Bauweise des Klosters sowie die Bewohner, die geschäftig ihren Tätigkeiten nachgingen.
    Zu seiner rechten arbeiteten einige Novizen in einer Art Kräutergarten, links von ihm liefen Schafe umher, die nur mühsam von einem Novizen im Zaum gehalten werden konnten. Einige fegten die Kammern, die die Kirche flankierten, andere wiederum bereiteten auf einer Kochstelle das Essen zu.
    Plötzlich kam ihm aus der Kirche ein ehrwürdig anzusehender Magier entgegen, der ihn lächelnd in die Augen blickte. Sein Haar war weiß und kurz geschoren, er hatte ebenfalls einen weißen Bart. Er machte sofort einen sympathischen Eindruck. "Siehe da, ein neuer Novize", sagte er zu Gandur. "Ich bin Parlan und betreue alle Neuankömmlinge. Ich hoffe doch, dass dich Pedro über das Leben im Kloster aufgeklärt hat, oder?"
    "Ich heiße Gandur", antwortete ihm dieser. "Ich hoffe, dass ich würdig genug bin, Innos zu dienen."
    "Dann herzlich willkommen in unserer Gemeinschaft. Ich schlage vor, du bringst dein Schaf erst einmal zu unserem Hirten Opolos, den Tribut wird Meister Gorax in Empfang nehmen. Du findest ihn dort drüben," Parlan zeigte mit seiner Hand auf eine Kammer, "danach werden wir über deine Aufgaben sprechen."
    Gandur wollte sein Schaf zum Hirten bringen, bemerkte dann aber, dass dies überflüssig war, denn das Schaf hatte es sich bereits bei seinen Artgenossen bequem gemacht. Also begab er sich direkt zum Magier Gorax.
    Von diesem wurde er ebenfalls freundlich begrüßt und nebenbei um tausend Goldmünzen erleichtert. Als Gegenleistung erhielt er eine neue Novizenrobe und konnte diese alten Klamotten, die er schon viel zu lange trug, ablegen. Zusätzlich bekam er von Gorax einen Kampfstab ausgehändigt.
    Mit neuer Ausrüstung machte er sich schließlich auf, Parlan aufzusuchen. Er war sichtlich gespannt auf seine neuen Aufgaben.
    Geändert von Stonecutter (12.03.2006 um 01:38 Uhr)

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    Kapitel 2 - Aufbruch

    Seufzend wusch Gandur die Steinplatten vor seiner Novizenkammer. Der Boden war wirklich schmutzig und es war dringend nötig, dass er gereinigt würde. Doch Gandur war enttäuscht, er hatte sich das Novizenleben aufregender vorgestellt.
    Er lebte nun schon etwa zehn Wochen im Kloster, der frühe Sommer hatte gerade angefangen, doch bisher waren sämtliche Aufgaben recht eintönig gewesen: fegen, putzen, kochen, gelegentlich Handel in der Taverne abwickeln oder für Meister Neoras Feuernesseln sammeln. Das bis zu diesem Zeitpunkt spannendste Erlebnis war die Begegnung mit einer Fleischwanze, die er in den Gewölben des Kellers auffand.
    Sicherlich war all dies wichtig für die Gemeinschaft des Klosters, doch etwas Abwechslung konnte nicht schaden. Andererseits getraute er sich nicht, die Magier nach anspruchsvolleren Aufgaben zu fragen, denn er glaubte dass sie ihn selbst ansprechen würden wenn er bereit dazu war. Außerdem fürchtete er, Innos zu erzürnen indem er nach neuen Aufträgen fragte ohne sich um das Wohl der Klosterbewohner zu sorgen.
    Mit Daron, einem Novizen der schon einige Jahre im Kloster verbracht hatte, schloss er schon kurz nach seinem Eintritt ins Kloster enge Freundschaft. Etwas beneidete ihn Gandur auch, denn Daron war oft tagelang nicht anwesend und hielt sich in der Stadt auf, beim Großbauern und sogar in der Wildnis oder am Rande der Kolonie. Die Magier vertrauten ihm sehr, er erzählte einmal etwas davon, dass er sich sogar beim Sonnenkreis aufgehalten und dort Meister Serpentes bei einem wichtigen Ritual geholfen habe.
    Darons Leben war mit Abstand interessanter als seins, er gab aber nicht die Hoffnung auf.
    Allerdings ahnte Gandur nicht, was dieser Tag noch alles ändern würde...

    Während er auf dem Boden hockend mit dem feuchten Lappen die Steinplatten reinigte, merkte Gandur, wie sich ihm jemand von hinten näherte. Er richtete sich auf, drehte sich um und sah, dass es Gorax war. Dieser blickte ihn mit ernstem Gesicht an und begann zu sprechen.
    "Du bist nun seit zweieinhalb Monaten im Kloster und hast unserer Gemeinschaft viel und gut geholfen. Meister Parlan und ich haben wohl gemerkt, dass du über deine Arbeiten nicht immer erfreut warst, aber du hast sie immer, ohne dich zu beklagen, erledigt. Wir wollen dir nun die Möglichkeit geben, etwas anspruchsvolleres tun zu können."
    Gandur starrte ihn nur an und blieb bewegungslos stehen, doch innerlich machte er Luftsprünge vor Freude. Endlich, die Plackerei hier hatte sich wirklich gelohnt!
    "Es geht um folgendes: wie du sicher schon bemerkt hast, ist unser Novize Daron zurzeit wieder auf einer Mission. Allerdings ist er noch nicht zurückgekehrt, was sehr ungewöhnlich ist, da er normalerweise sehr zuverlässig ist und schon seit zwei Tagen hätte hier sein müssen. Würdest du versuchen ihn zu finden?"
    Gandurs Freude schwand wieder ein bisschen. So toll hörte es sich doch nicht an, allerdings müsste er dann hier nicht mehr Parlans Aufgaben erledigen. Er sagte: "Ja, ich denke ich bin bereit dazu. Ich könnte auf der Stelle aufbrechen."
    "Ausgezeichnet. Anfangen zu suchen solltest du beim Pass zum Minental..." Gandur horchte auf. Die Sache schien doch viel versprechender zu werden, als er angenommen hatte. "...denn Daron sollte etwas am Rande der Kolonie für uns erledigen."
    "Ich mache mich sofort auf den Weg", sagte Gandur, warf den Wischlappen, den er noch immer in der Hand hielt, in den Wassereimer und wollte losgehen.
    "Moment noch, junger Novize. Du hast zwar damals bei deiner Aufnahme von mir deinen persönlichen Kampfstab erhalten, doch dieses solltest du auch noch besser mitnehmen."
    Gorax drückte Gandur einige Pergamentrollen in die Hand. Stirnrunzelnd betrachtete er die Papierteile: es waren tatsächlich Spruchrollen. Die Angelegenheit wurde immer seltsamer, wenn er sogar Spruchrollen ausgehändigt bekam. Die Magier gaben den Novizen eigentlich nie so leichtfertig Gegenstände, mit denen die magische Kraft freigesetzt werden konnte. Gandur wusste nicht, wie sie funktionierten, würde es aber wohl später noch herausfinden.
    "Innos' Segen sei mit dir. Möge dein Ziel von Erfolg gekrönt sein. Du solltest nun aufbrechen.", sagte Gorax, wandte sich ab und entfernte sich von Gandur.
    Dieser steckte die Rollen weg, ging kurz in die Novizenkammer, holte seinen Kampfstab, band ihn sich auf den Rücken und verließ das Kloster. Er zog an Pedro vorüber, überquerte die Brücke, folgte dem Pfad und kam unterwegs bei Isgaroth vorbei, der wie üblich in seinem Schrein betete. Dieses mal hatte er allerdings nicht die Zeit, sich wie sonst mit dem Magier ein wenig zu unterhalten, er nickte ihm nur knapp zu und marschierte weiter. Er passierte Orlans Taverne, in der anscheinend eine gute Stimmung herrschte; er hörte aus dem Inneren kräftige Männerstimmen irgendwelche Spottlieder über die Stadtwachen grölen.
    Gandur kümmerte sich nicht darum und setzte seinen Weg fort, er betrat nun das üppig begraste Weidenplateau. Ein kleiner, klarer Fluss sprudelte neben dem Weg entlang, er sah einen Hirten, der mit seiner Herde Schafe in Richtung des Bauernhofs ging, der sich dort befand. Eine kleine Horde Scavenger graste friedlich in der Nähe und schien sich nicht für Gandur zu interessieren. In der Ferne, neben den großen Wasserfällen, sah er das Tor, das den Eingang zum Pass darstellte. Die beiden Milizen, die es bewachten, würden ihn sicherlich ohne Probleme eintreten lassen, da sie ja wahrscheinlich keinen Ärger mit dem Kloster riskieren wollten.
    Doch langsam überkam Gandur doch etwas Unsicherheit. Was würde ihn dahinter wohl erwarten? Er erreichte das Tor, die Milizen stellten nicht einmal Fragen und öffneten ihm wortlos die Pforte. Er durchschritt sie.

    Es dämmerte bereits, als Gandur den Pass betrat. Weit entfernt sah er ein bläuliches, kuppelförmiges Schimmern. "Die magische Barriere", murmelte er vor sich hin. Er wusste so gut wie nichts über die so genannte Kolonie, nur dass sämtliche Verbrecher Myrthanas dort zum Erzhacken verdonnert wurden und sie vor etwa fünf Jahren von dreizehn Magiern Innos' erschaffen wurde. Doch irgendwie war die Sache außer Kontrolle geraten, und die Magier waren seitdem Mitgefangene.
    Nun, etwas Gutes schien es doch zu geben: seit der Erschaffung der Barriere legten unentwegt Schiffe in der Hafenstadt an und bescherten Khorinis somit Handel und auch großen Reichtum.
    Gandur wurde unruhig, als er den Weg weiterging, denn es wurde schnell dunkel und die Geräusche die er überall zu hören waren klangen unheimlich: Raschelnde Dornengestrüppe, den Hang hinab rieselnde Steine, das seltsame Krächzen einer Krähe.
    Gandur beschloss, am Rande des Weges in einer geschützten Mulde zu übernachten. Er entzündete ein Lagerfeuer und holte sich eine der Spruchrollen hervor. Es wurde Zeit, dass er herausfand, wie sie zu benutzen waren, damit er im Falle eines Falles keine bösen Überraschungen erlebte. Er rollte sie auf und sah nur die seltsamen Runen und ihm unbekannte Schriftzeichen. Umgeben wurde die Rolle von einer magischen Aura, die selbst Gandur intensiv spürte.
    Und wie ging es nun weiter? Gandur hielt die Spruchrolle mit seiner linken Hand, und blickte lange auf die Schriftzeichen. Plötzlich schienen sie irgendeinen Sinn zu machen. Gandur schloss die Augen und konzentrierte sich auf sie - und spürte plötzlich Wärme auf seiner rechten Handfläche. Verwirrt starrte er die kleine Flamme an, die sich dort gebildet hatte. Er reckte die Hand gerade aus und überlegte sich wie er nun wohl die Magie wirken könnte. In diesem Moment löste sich die Flamme und flog nach vorne. Erfreut sah Gandur dass er einen Zauber gewirkt hatte - den ersten seines Lebens. Als er in seine linke Hand sah merkte er dass die Spruchrolle sich zu Asche verwandelt hatte. "Das meinen sie wohl alle mit 'nur einmal verwendbar' ", dachte er sich und legte sich auf den trockenen Boden, um zu schlafen.

    Mitten in der Nacht wurde er von einem lautem Heulen geweckt.
    "Wölfe!", rief er aufspringend aus und zückte in Windeseile seinen Kampfstab. Nicht zu früh, denn schon kam eines der Tiere auf ihn zu gerannt. Schnell reagierte Gandur, schwang den Stab und traf den Wolf in die Breitseite. Fiepend zuckte dieser zurück und hielt sich knurrend auf eine gewisse Entfernung. Angespannt wartete Gandur darauf dass die anderen des Rudels eintreffen würden - dort kam auch schon der nächste. Gandur schlug gekonnt zu und zerschmetterte dem Tier den Schädel. Der erste Wolf griff erneut an und sprang. Gandur konnte ihm nur den Stab entgegenhalten, gegen den das Raubtier prallte und zu Boden fiel. Gandur rammte ihm die Waffe in den Bauch, um ihm den Gnadenstoß zu geben.
    Er beobachtete die restlichen Wölfe, die sich knurrend zurückzogen.
    "Das war‘s", dachte er. "Hier werde ich heute Nacht keinen Schlaf mehr finden."
    So marschierte er weiter durch die Dunkelheit, beleuchtet vom Vollmond und dem blauen Schein der Barriere, die immer näher kam. Die Wölfe schienen ihm nicht mehr zu folgen. Er bog um eine Ecke. Was er dort sah ließ ihn gehörig erschrecken...
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:42 Uhr)

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    Kapitel 3 - Der Pass

    Es handelte sich um den Umtauschplatz, der höchste Punkt des Passes. Direkt über der Rampe begann sich die kuppelförmige Barriere zu erstrecken. Zusammen mit dem Mond ließ sie die Szenerie in einem unheimlichen Licht erscheinen.
    Auf dem Boden verstreut lagen tote Milizen und Sträflinge, Kisten mit Warengütern befanden sich daneben. Etwa ein Dutzend Skelette stand starr zwischen den Leichen herum. Ihre gebleichten Knochen und ihre rostigen, alten Waffen waren blutbefleckt, was aufgrund des magischen Lichtes der Barriere gut zu erkennen war.
    Gandur verschwand sofort wieder hinter der Biegung, sein Gesicht war kreidebleich. Was war hier nur geschehen? Nur durch die unheilvolle Macht Beliars war es möglich, die Toten zu erwecken und ihr Dasein als Untote fristen zu lassen. Was sollte er nun bloß unternehmen? Gorax musste irgendwas geahnt haben, sonst hätte er Gandur wohl kaum mit Spruchrollen ausgestattet, aber so etwas... die Magier würden die Novizen doch nie einer direkten und so gefährlichen Situation aussetzen. Wie sollte er bloß mit noch vier verfügbaren Spruchrollen gegen diese Kreaturen ankommen?
    Zu seinem Entsetzen hörte er nun auch noch ein Geräusch, das Klappern von Knochen, das sich unheilvoll näherte.
    Gandur, den Kampfstab fest umklammert, wich langsam zurück. Ein Skelett erschien, starrte ihn an und schlug sofort mit seiner Streitaxt zu. Gandur wich dem Schlag aus, wissend, dass sein Stab nicht viele Hiebe einer Axt aushalten würde. Nach dem Angriff seines Gegners setzte er sofort nach, schwang seine Waffe gegen den vergilbten Schädel und sah wie er vom Körper des Skelettes fiel. Doch dies war nicht genug: das Geschöpf Beliars kämpfte ohne seinen Kopf weiter! Gandur wich Schlag um Schlag aus, bis er seine Chance sah, der Kreatur die Beine wegzuhauen. Das Skelett brach zusammen.
    "Ein Mistvieh weniger", murmelte Gandur und betrachtete den Haufen Knochen, der nun den Boden bedeckte. Ein unheimliches Knirschen ließ ihn wieder aufblicken. Zu seinem Schrecken sah er die gesamte Horde Skelette auf sich zukommen.
    "Verdammt" war das einzige, was er herausbrachte, er nahm die Beine in die Hand und lief direkt auf einen Baum zu. Ohne sich umzuschauen wusste er, dass die Skelette sich rapide näherten. Sein Herz pochte schnell und laut, noch nie hatte sich Gandur so gefürchtet wie in diesem Augenblick.
    Glücklicherweise erreichte er den Baum bevor die Skelette ihn erreichten. Er schwang sich auf den untersten Ast und kletterte schnell weiter in die Krone. Von dort konnte er beobachten wie die Skelette den Baum belagerten; er zählte elf von ihnen. Fürs erste in Sicherheit schloss er ein paar Minuten die Augen, atmete mehrmals tief durch und überlegte wie er am besten vorgehen sollte. Schließlich beschloss er, seine verbliebenen Spruchrollen zu benutzen.
    Er holte sich eine weitere hervor und tat mit ihr das gleiche, was er vorhin auch schon getan hatte. Aber anstatt einer kleinen Flamme erschien etwas anderes in seiner Hand: eine gelbliche Kugel. "Was soll‘s", dachte Gandur und war bereit den Zauber gegen die Skelette zu schmettern. Doch die Kugel stieg auf und blieb über seinem Kopf stehen. Völlig entgeistert sah Gandur wie die Kugel größer wurde und anfing Licht auszustrahlen und dabei zu pulsieren.
    "Na toll, ein Lichtzauber" sagte Gandur wütend und holte eine weitere Spruchrolle hervor. Diese war die richtige: eine große Feuerkugel schoss auf Beliars Diener und explodierte beim Auftreffen. Einige der Skelette gerieten in Brand, zwei von ihnen fielen in ihre Einzelteile zusammen. Dem nächsten Zauber fielen gleich drei zum Opfer.
    Gandur wollte grade seine letzte Rolle einsetzen, hielt sich dann aber doch zurück. Erst zog er Bilanz: fünf Feinde waren noch übrig und er wusste nicht, was diese Rolle bewirken würde. Erst einmal beschloss er bis zum nächsten Morgen zu warten.

    Die Morgendämmerung trat ein. Der rötliche Schein der aufgehenden Sonne zog sich durch das Minental und begann über den Pass zu kriechen. Es war absolut still, nicht einmal ein Rascheln oder Vogelzwitschern war zu hören. Aber es war ein grässlicher Anblick der sich Gandur bot.
    Im Licht der Sonne konnte er die Einzelheiten des Massakers noch besser erkennen: Milizen, denen die Bäuche aufgeschlitzt wurden, geköpfte Sträflinge, ein blutgetränkter Boden. Niemand schien überlebt zu haben. Inmitten der Leichen suchte er nach Daron, fand ihn jedoch nicht. "Bei Innos", murmelte er dabei. "Wie konnte das nur geschehen?"
    Er sah nach unten, noch immer hockte er im Baum. Stundenlang hatte er nichts anderes getan als zu warten, die fünf verbliebenen Skelette hatten es ihm gleichgetan. Bewegungslos wie Statuen hielten sie den Baum belagert. Gandur seufzte. Irgendwie musste er sich hinaus kämpfen, oder er würde im Baum früher oder später verhungern. Er hatte bereits versucht, die Spruchrolle zu analysieren, damit er wenigstens wusste, was er noch gegen die Scheusale Beliars zur Verfügung hatte. Relativ erfolglos allerdings, das einzige Wort das er entziffern konnte war "Eis".
    Er hatte sich entschieden. Jetzt oder nie. Er nahm die Spruchrolle, holte tief Luft, schloss die Augen und konzentrierte sich auf den Zauber. Seine Hand wurde kühl. Er streckte sie in die Richtung der Skelette und entfesselte die Macht der Magie. Ein seltsames, undefinierbares Geräusch drang an seine Ohren, um seinen gesamten Körper wurde es kalt. Als er die Augen wieder öffnete, sah er verwundert, was passiert war: die Skelette schienen am Boden festgefroren zu sein!
    Gandur sah seine Chance und reagierte schnell. Er sprang aus dem Baum, zückte den Kampfstab und begann die Skelette zu zerschlagen. Als der Zauber seine Wirkung verlor, war nur noch eines übrig, das ihn sofort attackierte. Es schwang einen großen, zwar rostigen aber nicht minder gefährlichen Zweihänder. Gandur wich den starken, heftig geführten Hieben aus, es gelang ihm nicht, aus der Defensive herauszukommen. Plötzlich spürte er nackten Fels im Nacken, weiter zurückweichen war unmöglich. Das Skelett schlug zu, Gandur hob der Waffe verzweifelt seinen Stab entgegen. Der Schlag wurde zwar abgelenkt, doch wurde Gandurs Waffe in der Mitte zweigeteilt. Entsetzt registrierte er nun, dass er nun keine Verteidigungsmöglichkeit mehr besaß.
    Er sah schon den rostigen Stahl auf sich zukommen, blickte in die leeren, schwarzen Augenhöhlen seines Gegenübers, erkannte genau die feinen Risse in den alten, verblichenen Knochen und dachte, dass es nun zu Ende sein würde. Er schickte noch schnell ein Stoßgebet zu Innos, doch hatte er eigentlich schon keine Hoffnung mehr.
    Es geschah plötzlich: mit einem lauten Krachen und Knacken wurde der Schädel vom Rumpf getrennt, der Körper fiel leblos in sich zusammen. Gandur traute seinen Augen kaum, sein Feind wurde hinterrücks erschlagen! Ein zerlumpter, erschöpfter und keuchender Mann stand dort, einen ramponierten Kampfstab in den Händen haltend.
    "Daron!", entfuhr es Gandur.
    "Hallo, Gandur", entfuhr es ihm mit einem gequälten Lächeln. "Du hast hier ja ganze Arbeit geleistet. Die anderen armen Kerle hatten nicht so viel Glück wie du."
    "Bei Innos, du lebst! Was bei den Göttern ist hier passiert?"
    Daron holte Luft. "Meister Karras gab mir vor einigen Tagen einen Auftrag. Ich sollte ihm Erdproben aus der unmittelbaren Umgebung der Barriere beschaffen. Benötigt er wahrscheinlich für seine Experimente. Ich kam hier an, nahm die Proben und wollte wieder gehen. Doch dann kamen sie.
    Ich habe meinen Augen nicht getraut: die Skelette kamen aus der Barriere marschiert und haben mich angegriffen. Ich bin geflohen, den Hang dort hinten nahe der Barriere hinaufgeklettert und habe mich dort verschanzt. Dort saß ich bis heute fest."
    Sein Blick wurde etwas glasig.
    "Gestern Nachmittag ist dieser Gefangenentransport gekommen, die paar Milizen hatten keine Chance gegen Beliars Kreaturen, die unbewaffneten Sträflinge erst recht nicht. Ohne dein Auftreten wäre ich vermutlich auch gestorben."
    Gandur konnte es nicht glauben. "Aus der Barriere? Niemand kommt doch da raus. Das ist unmöglich!"
    "Nun ja, nichts Lebendes, kommt dort wieder heraus. Diese Kreaturen hier lebten allerdings nicht. Weder innerhalb der Kolonie, noch außerhalb. Nur die Macht Beliars gab den Toten die Möglichkeit, ihre Knochen wieder zu erheben und als Untote über die Erde zu wandeln."
    "Der Hohe Rat muss sofort davon erfahren!", rief Gandur.
    "Das stimmt. Seltsame Dinge gehen in Khorinis vor, wir müssen uns beeilen."
    Zusammen brachen sie auf, Gandur warf einen letzten Blick auf das Minental. Er sah eine bedrohlich wirkende Burg, mit zwei großen Türmen, die wie schwarze Finger in die Höhe reckten. Vor der Burg befand sich eine große, halbfertige Palisade, am Horizont auf einem großen Berg die Ruinen eines ehemals vermutlich prächtigen Schlosses. Alles war er sah, gefiel ihm kein bisschen. Gandur war froh, diesen unheimlichen Ort endlich hinter sich lassen zu können.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:43 Uhr)

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    Kapitel 4 - Seltsame Ereignisse

    "Innos steh uns bei", sagte Pyrokar. "Beliar wird immer mächtiger. Es muss so schnell wie möglich etwas getan werden."
    Ohne Umschweife hatten sich Gandur und Daron vom Pass zum Kloster aufgemacht, den Wachen am Tor Bericht über das Gemetzel am Pass erstattet, am späten Nachmittag schließlich waren sie angekommen und hatten dem Hohen Rat die Geschehnisse mitgeteilt.
    Nun standen sie vor dem Hohen Rat der Feuermagier, bestehend aus Pyrokar, dem höchsten der Diener Innos', Serpentes und Garnacon. In großen Stühlen saßen die drei vor einer mächtigen Innos-Statue.
    Die drei Magier hatten währenddessen aufmerksam zugehört. Gandur konnte allerdings in Pyrokars Augen erkennen, dass er nicht sonderlich über das Auftreten von Untoten überrascht war.
    Es war still in der Kirche, obwohl sich hinter Gandur und Daron bereits etliche andere Novizen und Magier gescharrt hatten, um die neuen Ereignisse mitzubekommen. Absolut nichts war zu hören, alle waren gespannt auf das, was der Hohe Rat zu sagen hatte.
    Serpentes' Stimme durchbrach die Stille. "Ihr Novizen, verlasst jetzt die Kirche, kommt später wieder zurück um zu beten. Auch ihr beiden hier vorne, ihr müsst ebenfalls gehen."
    Sämtliche Novizen gingen ohne zu murren und ohne Widerworte wieder hinaus, an die Unfreundlichkeit von Serpentes hatte man sich schon längst gewöhnt. Die restlichen Magier blieben.
    Gandur und Daron schlenderten über den Hof, konnten sich aber vor den vielen Fragen der Novizen nicht retten. Als die Fragerei abgeflaut war, war ihr nächstes Ziel die Novizenkammer. Daron seufzte, als sich in sein Bett warf. "Bei Innos, wie habe ich das doch vermisst", murmelte er noch und war kurz darauf eingeschlafen. Gandur erging es nicht anders.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:44 Uhr)

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    Sie beide wurden am nächsten Mittag von einem Novizen namens Hyglas geweckt. "Aufstehen, ihr Faulpelze, Pyrokar will mit euch reden."
    Stöhnend standen die beiden auf. "Wie, es gibt vorher noch nicht einmal Frühstück?", beschwerte sich Daron.
    "Scherzkeks", antwortete Hyglas. "Es schlägt schon bereits zur zwölften Stunde, so spät gibt's hier nichts mehr. Beeilt euch, ich muss jetzt erst einmal zu Meister Gorax."
    Gandur und Daron zogen sich ihre Novizenkleidung an, gingen langsam über den Hof und betraten die Kirche. Der Hohe Rat erwartete sie bereits. Pyrokar ergriff das Wort.
    "Wir sind die Diener Innos, es ist unsere Pflicht, die Schergen Beliars zur Strecke zu bringen", begann er. "Ihr habt gut daran getan, die Skelette zu vernichten. Dafür ist euch der Orden des Feuers sowie Innos selbst dankbar."
    Garnacon begann zu sprechen. "Wir haben uns gestern mit den anderen Magiern beratschlagt. Es gibt eine Sache, die wir geheim zu halten versuchen. Ihr habt euch am Pass gegen Beliar bewiesen, somit wollen wir euch einweihen."
    "Dies war nicht der erste Angriff von Untoten", fuhr Serpentes fort. "Überall in Khorinis sind sie bereits gesichtet worden. Und es handelt sich nicht nur um menschliche Skelette. Es sollen sogar Skelette von Goblins, Tieren und sogar ein Orkskelett gewesen sein."
    Gandur schluckte. "Aber wie wurde es denn geheim gehalten? Wieso ist darüber nichts bekannt?"
    "Sie wurden nie in Gruppen, immer nur einzeln gesehen. Zudem weit auf der Insel verstreut, und wirklich Schlimmes ist noch nie passiert", antwortete Pyrokar. "Somit ist es und gelungen, es geheim zu halten. Wir vermuteten zwar, das dieses Phänomen auch im Minental auftritt, doch nun haben wir Gewissheit. Und wir wissen nun, dass es diesen Kreaturen auch möglich ist, die magische Barriere zu verlassen."
    "Womit wir beim nächsten Punkt wären", sagte Garnacon. "Seit über 50 Jahren sind in Khorinis keine Untoten mehr aufgetaucht. Wir haben sogar sämtliche alten Schriften durchforstet, die wir auftreiben konnten. Die neuen Erscheinungen treten erst seit etwa 5 Jahren auf. Seit genau dem Zeitpunkt, als die magische Barriere erschaffen wurde."
    "Das heißt, Ihr glaubt, dass die Barriere dafür verantwortlich ist?", fragte Daron.
    "Wir sind uns sehr sicher, dass es so sein muss. Wir ihr wisst, ist auch irgendetwas außer Kontrolle geraten, die Barriere ist dadurch größer geworden als sie ursprünglich sein sollte. Was auch immer dies verursacht hat, es hat auch bewirkt, dass die Toten aus ihren Gräbern steigen. Beliar muss mit am Werk sein, nur er besitzt solche nekromantischen Kräfte."
    Der Hohe Rat schwieg.
    "Was sollen wir nun tun?", fragte Gandur. "Wie geht es jetzt weiter? Habt Ihr keine Verstärkung vom Festland gefordert?"
    "Bisher hatten wir keine großen Probleme mit den Untoten", sagte Garnacon. "Dies hat sich geändert. Es scheint so, als fingen sie an, sich zusammenzurotten. Und du hast selbst gesehen, was am Pass geschah, vielleicht wäre in unserer Situation momentan ein Trupp Paladine tatsächlich hilfreich. Aber der König hat schon genug mit dem Orkkrieg am Hals und benötigt alle Kämpfer, von daher ist es unwahrscheinlich, dass wir uns auf ihn verlassen können."
    Pyrokar öffnete den Mund. "Gandur, aufgrund deines Einsatzes am Pass gestatten wir dir ein Privileg: es ist dir ab sofort erlaubt, in der Bibliothek zu studieren."
    Gandur klappte der Kiefer auf, dies durften wirklich nur wenige Novizen. "D-Danke, Meister", sagte er nur.
    "Außerdem habe ich noch einen Auftrag für dich, junger Novize..."
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:44 Uhr)

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    Kapitel 5 - Balorn

    Die kühle, prickelnde Flüssigkeit lief über seine Zunge, floss weiter in seinen Magen. genussvoll nahm er noch einen weiteren Zug des Getränks. Der köstliche, malzige Geschmack blieb noch eine Weile im Rachen hängen. Seufzend setzte Gandur den nur noch halb vollen Krug Bier auf dem Tisch ab und lehnte sich zurück. Er wusste nicht genau, ob dies wirklich innosgetreu war, aber da im Kloster auch beträchtliche Mengen Wein gekeltert wurden, schloss er, dass der Genuss von Bier wahrscheinlich ebenfalls nicht von seinem Gott verboten worden war.
    Er saß in der Taverne im Tempelviertel. Seit Monaten war er nicht mehr in der Hafenstadt gewesen, doch Pyrokars Auftrag hatte ihn endlich wieder dorthin geführt. Am Tag, nachdem er und Daron in die Sache mit den Untoten eingeweiht worden waren, sollte er jemanden in der Taverne treffen. Er ließ es sich nicht nehmen, früh morgens aufzubrechen und durch seine Heimatstadt zu spazieren und zu sehen, was sich während seiner Abwesenheit geändert hatte. Erfreut hatte er dabei bemerkt, dass er aufgrund seiner Novizenrobe nun von vielen Bürgern respektvoll angesehen und höflich behandelt wurde. Nun, am späten Nachmittag, saß er an einem Tisch, trank ein Bier und wartete.
    Ein lautes Poltern schreckte ihn aus seinen Gedanken. Als er sich umblickte, sah er zwei Knaben, vielleicht im Alter von zehn oder zwölf Jahren, durch die Kneipe rennen. Einer von ihnen war versehentlich gegen einen Tisch gerannt und hatte ihn mitsamt mehreren Krügen, die sich darauf befanden, umgeworfen. Der Wirt kam wütend von seiner Theke zu den beiden hingerannt und fing an zu brüllen. "Coragon, ich habe dir schon oft genug gesagt, du und deine komischen Freunde vom Hafenviertel, ihr sollt nicht durch meine Taverne laufen und mir meine Kunden vergraulen!"
    Gandur grinste. Er erinnerte sich noch gut an Coragon, den kleinen Taugenichts, der es immer wieder schaffte, seinen Vater zur Weißglut zu treiben und schon vor seiner Zeit im Kloster massenhaft Unfug trieb. Er beobachtete die Szene, Coragon und sein Freund verschwanden auf schnellst möglichem Weg wieder, während sich sein Vater mit hochrotem Kopf darum bemühte, sich bei den anderen Gästen in der Kneipe zu entschuldigen und das verschüttete Bier aufzuwischen. "Was habe ich nur getan", murmelte er dabei, "Innos, das du mich mit so einem Sohn strafst..."
    "Ähm... Herr Feuermagier?", hörte Gandur plötzlich eine zaghafte und zittrige Stimme hinter sich sagen. Er drehte sich um und sah einen kleinen, gedrungenen und nervösen Mann vor sich stehen. Seine Kleidung war abgetragen, er sah ziemlich ungepflegt aus: fettige Haare, glasige Augen und ein stoppeliger Bart zeichneten ihn aus. "Ich glaube, ich sollte mit Euch treffen..."
    "Nun, zuallererst mal bin ich kein Magier, ich bin nur ein Novize", entgegnete Gandur freundlich. "Du brauchst mich auch nicht mit "Herr" anzusprechen, nenn mich einfach Gandur."
    "I-In Ordnung", sagte der Mann. "Ich heiße Balorn. Ich habe vor ein paar Tagen etwas... seltsames gesehen und bin zur Miliz gegangen. Ich glaube, die hat die Feuermagier benachrichtigt und gestern kam einer von der Stadtwache zu mir und hat gesagt, die Magier wollen mich treffen..."
    "Ja, du bist richtig hier. Ich bin vom Hohen Rat geschickt worden, um mit dir zu sprechen und um mich um dein Problem zu kümmern."
    Gandur sah deutlich eine Erleichterung in Balorns Gesicht.
    "Na, dann fang mal an. Was hast du zu berichten?"
    Balorn war sich zuerst unsicher, schaute umher, begann dann aber zu erzählen. Gandur hörte ihm aufmerksam zu.
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    "D-Dort", sagte Balorn mit leiser, zittriger Stimme und zeigte auf ein kleines Waldstück. "Hinter den Bäumen, dort ist eine Höhle, da habe ich es gesehen. I-Ich glaube, ich bleibe lieber hier um... äh, um für Rückendeckung zu sorgen."
    Es war offensichtlich, dass er große Angst hatte. Gandur war nach ihrem Gespräch in der Taverne hierhin aufgebrochen, an einem Bauernhof vorbei und über einer Brücke. Würde er diesem Weg folgen, käme er bei Orlans Taverne an. Ihm selbst war auch nicht wohl bei der Sache, vor allem weil es begann, dunkel zu werden.
    "Na gut, ich gehe vor", sagte Gandur. "Warte hier auf mich."
    Langsam verließ er den Pfad und marschierte unter den bedrohlich wirkenden Bäumen hindurch. Dabei überprüfte er, ob sein neuer, verbesserter Kampfstab, den er von Gorax erhalten hatte, locker auf seinem Rücken hing, um ihn schnell greifen zu können. Des weiteren bewaffnete er sich mit einer Spruchrolle, die einen starken Kampfzauber auslösen würde. Vom Magier Ulthar hatte er sich am Vortag noch in Kürze die verschiedenen Bedeutungen der einzelnen Rollen erklären lassen.
    Ein Geräusch links von ihm ließ ihn zusammenzucken. Er schaute sich um und sah einen Feldräuber, der aufsprang und kreischend durch das Dickicht wegrannte. Gandur ging weiter. Dabei erinnerte er sich daran, was ihm Balorn berichtet hatte. Er war wohl hier gewesen um Pilze zu sammeln. Dann hatte er seltsame Geräusche gehört und nachsehen wollen. Balorn habe dann in dieser Höhle eine Gestalt gesehen, die sofort auf ihn zu gerannt kam, also war er geflohen und hätte dies der Miliz gemeldet. Seinen Aussagen zufolge hätte die Gestalt anstatt einem Kopf einen Totenschädel gehabt, weswegen die Miliz die Magier einschreiten ließ.
    Plötzlich stolperte Gandur. Er wäre fast gestürzt, konnte sich aber gerade noch halten. Er sah auf den Boden und erblickte das Hindernis: ein Korb voller Pilze, der auf dem Boden lag. "Ich bin wohl auf der richtigen Spur", murmelte er und ging weiter. Es wurde immer dunkler, die Nacht brach herein.
    Der bedrohliche, schwarze Schlund einer Höhle tat sich vor ihm im Berg auf. Es war zu dunkel, um irgendetwas darin sehen zu können. Gandur suchte sich einen Lichtzauber hervor, kurz darauf erstrahlte die Umgebung in einem hellen Licht. Und Gandur sah, was sich in der Höhle befand...

    Die plötzlich eintretende Helligkeit schien der Kreatur Beliars nicht zu gefallen. Es war ein Skelett, allerdings nicht nackt wie diejenigen am Pass, es trug eine Metallrüstung, darunter verschlissene Reste einer Lederkleidung. Eine Waffe hatte es anscheinend nicht, es versuchte sich Gandur zu nähern, doch die Lichtkugel über Gandurs Kopf hielt das Skelett auf Distanz.
    "Bei Innos, warum bin ich sofort hier hin gegangen ohne erst die Magier davon zu unterrichten", sagte er leise. Er nahm sich einen Kampfzauber, wich einige Schritte zurück, konzentrierte sich auf die Spruchrolle und ließ einen mächtigen Feuerball auf das Geschöpf los. Als dieser auf die Rüstung des Skeletts aufschlug, stoben mächtige Funken auf, sie waren so grell dass Gandur sich abwandte. Als er wieder zum Skelett sah, bemerkte er, dass es noch nicht besiegt war, noch immer stand es auf den Beinen, lediglich die Rüstung glühte schwach. Es schien ihn anzugrinsen. "Oh Scheiße", murmelte Gandur, holte schnell eine andere Spruchrolle hervor, eine stärkere und hoffte, dass sie mehr Wirkung zeigen würde.
    Das Licht über ihn schien blasser zu werden, sein Gegner setzet langsam einen Fuß nach dem anderen und näherte sich bedrohlich. Gandur wich weiter zurück und feuerte seinen Zauber ab, diesmal einen Blitz. Mit einem lauten Knallen schlug er am Skelett ein, doch fügte ihm keinen Schaden zu, im Gegenteil, der Untote näherte sich ihm nur noch schneller.
    Das Licht über ihm erlosch plötzlich. Dies genügte Gandur. Er fing an zu rennen, durch die Dunkelheit. Ein Ast peitschte ihm durchsGesicht und fügte ihm einen Kratzer an der Wange zu. Mit seinen Füßen traf er auf ein Hindernis, er stolperte und konnte sich nicht abfangen. Der Länge nach stürzte er auf den Boden und blieb keuchend liegen. Das Knacken von Ästen ertönte hinter ihm, stöhnend richtete sich Gandur, so schnell es ihm möglich war, wieder auf und drehte sich um, um zu sehen, wie nah die Kreatur inzwischen gekommen war.
    Zu nah, eine knöcherne Faust traf ihn mitten ins Gesicht. Vor Schmerzen aufschreiend taumelte er zurück, drehte sich um und lief weiter; jetzt trieb ihn nur noch die pure Panik. Plötzlich war das Dickicht verschwunden, er befand sich wieder auf dem Weg. Der Mond tauchte hinter einer Wolkendecke auf und spendete etwas Licht. Hektisch blickte sich Gandur um, zum Glück schien er das Skelett abgehängt zu haben. Allerdings gab es auch keine Spur von Balorn.
    "Hallo?", schrie Gandur in die Nacht hinaus. "Balorn? Balorn, wo bist du?"
    Er erhielt keine Antwort, lediglich ein Schwarm Vögel flog erschrocken und kreischend aus einem nahen Baum. "Balorn, ich bin's, Gandur!"
    Nichts. Nun bekam er es richtig mit der Angst zu tun. Er war für Balorn verantwortlich gewesen. Was könnte passiert sein? Was würde nur Pyrokar dazu sagen?
    "Vielleicht ist er in der Taverne", dachte Gandur. Ein kleiner Fetzen Hoffnung, er machte sich auf den Weg zur Taverne. Aber irgendwie wusste er, dass er Balorn dort nicht antreffen würde...
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    Kapitel 6 - Der Lord der Toten

    "Du hast ihn verloren?!", donnerte Pyrokar laut und mit tiefer Stimme durch die Kirche. Gandur zuckte zusammen. "Was fällt dir eigentlich ein, alleine zu versuchen, es mit Untoten aufzunehmen?!"
    Pyrokars funkelnde Augen starrten ihn durchdringend an, auf seiner Stirn pulsierte eine rote Ader.
    "E-Entschuldigung, Meister Pyrokar, ich dachte nur, äh, ich habe es auch am Pass geschafft-"
    "Und was hättest du gemacht, wenn in dieser Höhle nicht nur eine Kreatur Beliars, sondern gleich ein ganzes Dutzend gewesen wären?"
    Gandur schwieg, Schweiß perlte von seiner Stirn hinab.
    "Dein Auftrag war, mit Balorn zu reden und in Erfahrung zu bringen, was er gesehen hatte, nicht ihn der Gefahr auszusetzen! Er ist wie vom Erdboden verschluckt, sagst du! das ist nun wahrlich nicht die Aufgabe der Diener Innos', die Bevölkerung verschwinden zu lassen. Wie sollen wir ihn nur wieder finden?"
    Serpentes und Garnacon saßen still da, ließen Pyrokar reden und dachten nicht daran, seine Standpauke zu unterbrechen. In Garnacons Augen meinte Gandur sogar etwas Mitleid zu erkennen, Serpentes hingegen schien genauso wie Pyrokar zu denken.
    In der Taverne hatte Gandur Balorn nicht gefunden, er hatte die Leute dort gefragt, doch keiner hatte ihn gesehen. Ebenso wenig auf dem Bauernhof, der sich in der Nähe befand und in der Stadt. Niemand hatte etwas ungewöhnliches bemerkt, in Balorns Haus im Hafenviertel war er nicht anzutreffen gewesen. Die ganze Nacht lang hatte er gesucht, erfolglos. So musste sich Gandur geschlagen geben und am folgenden Morgen dem Hohen Rat beichten, was passiert war.
    Pyrokar hatte sich inzwischen etwas beruhigt.
    "Nun, es ist jetzt zu spät. Wir müssen uns weiterhin um die Untoten kümmern, vielleicht erhalten wir durch sie mit etwas Glück und Innos' Hilfe einen Hinweis auf Balorns Verbleib. Deiner Beschreibung nach handelte es sich um diese Kreatur in der Nähe von Orlans Taverne ebenfalls um ein menschliches Skelett, oder?"
    Gandur nickte langsam.
    "Kannst du diese Rüstung, die es trug, näher beschreiben?"
    "Es war dunkel und die Rüstung war schon ziemlich rostig. Viel konnte ich davon nicht erkennen. Nur dass sich an den Schultern und Ellbogen lange Stacheln befanden."
    "Deine Magie hatte keinen Einfluss auf das Skelett?"
    "Nein, ich habe einen Feuerball und einen Blitzzauber angewandt. Beides hat ihm keinen Schaden zugefügt."
    Pyrokar schloss die Augen und dachte nach. "Ich vermute, es war kein gewöhnlicher Untoter", sagte er schließlich. "Schon die Rüstung lässt darauf schließen, dass er zu seinen Lebzeiten noch jemand mächtiges und wichtiges gewesen sein musste. Er scheint ebenso auch ein hohes Tier bei den Toten zu sein."
    Er schloss den Mund und überlegte weiter. Nach einiger Zeit sprach er wieder. "Ich habe mich entschieden. Es wäre eine zu große Gefahr für Khorinis, um ihn dort zu lassen und nicht weiter zu beachten. Wir, der Hohe Rat sowie einige der Magier, werden uns aufmachen das Geschöpf Beliars aufzusuchen und zu vernichten."
    Gandur schluckte. "Ihr wollt es wirklich mit ihm aufnehmen?", fragte er.
    "Ja. Und da wäre noch etwas. Ich werde dich nicht aus dem Kloster verweisen."
    Gandur hörte dies, ihm fiel ein Stein vom Herzen. Er hatte fest damit gerechnet, dass man ihn aus der Gemeinschaft ausschloss.
    "Aber du wirst eine Bestrafung für dein Verhalten erhalten müssen. Über genaueres unterhalten wir uns später, wenn wir wieder zurück sind. Aber eine Sache klären wir sofort. Du wirst nicht weiter in der Bibliothek studieren dürfen."
    Gandur zuckte zusammen. Er war nicht verwiesen worden, aber diese Strafe empfand er dennoch als schlimm.
    "Serpentes, Garnacon, wir brechen auf. Gandur, hole Meister Karras, Ulthar, Isgaroth, Tarnsa und Marduk zusammen und sage ihnen, was wir vorhaben."
    Gandur nickte und verließ sofort die Kirche um die Magier zusammenzutrommeln. Hoffentlich würde alles ein gutes Ende nehmen.
    Geändert von Stonecutter (24.03.2006 um 22:39 Uhr)

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    Anscheinend war das gesamte Kloster zusammengekommen, um die Magier zu verabschieden. Selbst Neoras und Talamon hatten ihr Kellergewölbe verlassen und standen zusammen mit den anderen Magiern und Novizen auf dem Hof vor der Brücke.
    Pyrokar, Garnacon, Serpentes, Karras, Marduk, Ulthar und Tarnsa waren bereit. Isgaroth würde sich ihnen am Schrein anschließen. Auf dem Rücken trugen sie jeweils einen Kampfstab, die anders waren als die der Novizen: sie glitzerten schwach, eine magische Aura ging von ihnen aus. In die Stäbe der Mitglieder des Hohen Rates schien sogar etwas des magischen Erzes eingearbeitet zu sein, das in der Kolonie abgebaut wurde.
    Pyrokar blickte in den klaren, wolkenlosen Himmel. Unter den dicken Roben begannen viele Magier zu schwitzen, doch er war es gewohnt. Er sah es als ein gutes Zeichen; die Kraft der Sonne und Innos waren mit ihnen.
    Nun schaute er zu den Bewohnern des Klosters und sprach zu ihnen. "Wir werden mit acht Magiern aufbrechen und mit Innos' Hilfe auch wieder mit acht Magiern zurückkehren. Die Macht der stärksten von uns ist nötig, um diese Kreatur Beliars in ihre Schranken zu verweisen. Es ist unsere heilige und von Innos gegebene Pflicht, die Menschheit vor Beliar zu beschützen. Deshalb werdet ihr alle verstehen, warum wir uns dieser Gefahr aussetzen."
    Er wandte sich um und begann die große Brücke zu überqueren, die anderen sechs folgten ihm.
    Gandur war sich sehr unsicher. Wusste Pyrokar, was er tat? Dieses Monstrum, das er gesehen hatte, schien verdammt mächtig gewesen zu sein. Auch die Tatsache, dass er nur ein Novize war und gerade acht mächtige Magier dem seltsamen Skelett den Krieg erklärten, beruhigte ihn kein bisschen.
    Die Bewohner des Klosters betraten es langsam wieder, Gandur schloss sich ihnen an. Schließlich stand nur noch Pedro vor dem Tor, schloss es und nahm seinen Wachdienst wieder auf.

    Zusammen machten sie eine imposante Erscheinung, acht Diener Innos' unter Führung des Hohen Rates, die in einer Reihe Richtung Taverne wanderte. Selbst die Tiere schienen diese von den Magiern ausgehende Macht zu spüren; eine Horde Scavenger nahm vor ihnen Reißaus, ein Rudel Wölfe hielt sich knurrend in einem kleinem Waldstück versteckt.
    Die Taverne war nun in Sichtweite. Sie gehörte Orlan, einem Mann, der gerade einmal zwanzig Jahre zählte. An diesem sonnigen Tag hatte er sich mehrere Tische und Bänke vor die Kneipe gestellt: seine Kunden lachten, grölten und betranken sich nun schon am frühen Nachmittag unter der Sonne mit Bier, Schnaps und natürlich dem Wein, der im Kloster gekeltert wurde. Einer der Kerle lag bereits mit dem Kopf auf dem Tisch, die Augen geschlossen und mit Speichel, der ihm aus dem Mundwinkel tropfte.
    Die Magier, vor allem Pyrokar und Serpentes, missbilligten dies als sie es sahen, sagten jedoch nichts. Durch ihr Erscheinen wurde die Stimmung an den Tischen etwas gedämpft, die Männer sahen sie neugierig an. Es passierte immerhin nicht jeden Tag, dass plötzlich eine Gruppe Magier auftauchte. Orlan kam sofort zu ihnen gerannt und wollte ihnen schon einen Tisch anbieten. "Wollen denn die werten Herren Magier etwas zu trinken haben", fragte er. "Ich könnte Ihnen auch etwas zu essen geben, heute habe ich zartes, saftiges Moleratfleisch-"
    "Nein danke", unterbrach ihn Pyrokar barsch. "Wir sind lediglich in Innos' Auftrag unterwegs, unser Weg führt uns nur zufällig hier vorbei."
    "Ah ja, ich verstehe, für diese Mission benötigen die werten Herren Magier doch sicherlich einige nützliche Gegenstände? Ich kann zur Zeit folgendes anbieten-"
    "Wir gehen weiter", rief Pyrokar den anderen zu. Sie folgten den Weg, der hinter der Taverne vorbeiführte. Orlan sah ihnen achselzuckend nach. "Versteh doch einer diese komischen Gestalten", murmelte er vor sich hin. "Aber eines können sie. Ihr Wein ist wirklich gut..." Daraufhin verschwand er wieder in der Taverne.


    Pyrokar stoppte. Dies musste die Stelle sein, von der Gandur gesprochen hatte. "Macht euch kampfbereit. Ich glaube, ich kann diese Kreatur Beliars schon spüren." Es gab ein knisterndes Geräusch, als sich die Magier vorbereiteten: sie entzogen den magischen Runen ihre Energie, um sie als Zauber wirken zu können. Nun begannen sie, sich langsam durch das Geäst zu bewegen und verteilten sich dabei, um ein möglichst großes Gebiet abzudecken. Nach kurzer Zeit blieb Marduk plötzlich stehen.
    "Still", flüsterte er den anderen durch das Gebüsch zu. "Da vorne ist irgendetwas..."
    Pyrokar konzentrierte sich, wenige Sekunden später hielt er eine Flamme in der Hand. Sollte diese Kreatur bloß kommen...
    Ein plötzlicher Aufschrei ließ ihn sich umschauen, es war die Stimme Karras' gewesen! Sofort darauf geriet alles in Aufruhr Chaos: er sah nur Umrisse von Gestalten, die sich mit Schwertern durch das Dickicht kämpften, auch spürte er einen Strahl aus purer magischer Energie, der dicht an ihm vorbeischoss. Pyrokar überlegte nicht lange und feuerte einen seiner mächtigsten Feuerzauber auf die Umrisse vor sich. Ob er getroffen hatte, war nicht zu sehen, das Gebüsch hatte sich dabei entzündet und begann zu brennen. Dies war ihm egal, er hetzte zur Seite um zu sehen, was Karras widerfahren war. Er passierte dabei Carnagon, der unentwegt Eiszauber nach vorne warf, teils um Feinde zu treffen, auch teils um das von Pyrokar in Brand gesetzte Dickicht zu löschen.
    Dieser hatte inzwischen Karras gefunden; er lag bewusstlos auf dem Boden. Ein Skelett mit erhobenem Zweihänder stand über ihm. "Nicht mit mir", schrie Pyrokar, schmetterte eine Feuerkugel auf das Wesen und sah wie es innerhalb von Sekunden verbrannte. Überall im Waldstück schien nun gekämpft zu werden. Ein seltsames, kreischendes Geräusch ließ Pyrokar aufschrecken. Er sah in die Richtung aus der es kam und erbleichte. "Bei Innos..."
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:48 Uhr)

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    Besorgt blickte Gandur in den Himmel, die Sterne waren bereits zu sehen. So lange war Pyrokar noch gar nicht weg, trotzdem beschlich Gandur ein äußerst ungutes Gefühl. Plötzlich spürte er jemanden hinter sich stehen. Es war Daron.
    "Ich habe ein ziemlich schlechtes Gefühl, was dieses Skelett betrifft.", sagte Gandur schließlich.
    "Mach dir keine Sorgen", sagte er. "Es ist schließlich der Hohe Rat, mit fünf hoch qualifizierten Magiern im Schlepptau. Die werden schon wissen, was sie tun."
    "Mag sein, doch ich habe diese Kreatur Beliars selbst mit meinen eigenen Augen gesehen. Sie muss verdammt mächtig sein."
    "Ich wollte ja auch nur sagen, dass-"
    Daron wurde abrupt unterbrochen, als plötzlich die Klostertür aufschwang und gegen die Wand knallte, Pedro stürzte auf den Hof. "Los, schnell, Pyrokar braucht Unterstützung!", schrie er laut aus.
    Sämtliche Magier und Novizen, die dies hörten, liefen Pedro entgegen.
    Vor allem die Novizen schienen sehr erschrocken und verängstigt zu sein. Pedro rannte wieder zurück zur Brücke, wo sich auch Orlan befand. Dieser stand gebückt, hielt sich seine Knie und keuchte unaufhörlich. Es schien, als sei er den gesamten Weg von seiner Taverne zum Kloster gerannt. "Die... Magier... brauchen... Hilfe", brachte er stöhnend hervor.
    "Was ist passiert?", fragte Parlan, der sich vor Orlan aufgebaut hatte.
    "Ich... weiß es nicht.", bekam er zu Antwort. "Die Magier... tauchten bei der Taverne auf... und wollten... dass ich Verstärkung hole. Ich glaube, einige von ihnen sind verletzt."
    "Verdammt, wir müssen schnell handeln", sagte Parlan. "Los, Gorax, wir nehmen uns ein paar Novizen mit und kommen Pyrokar zu Hilfe." Zu einem Novizen gewandt sprach er: "Schnell, hole Neoras herauf. Und sage Talamon, dass er während unserer Abwesenheit hier im Kloster das Sagen hat."
    Der Novize nickte und lief hinunter in die Kellergewölbe.
    Während sich Orlan allmählich erholte, wählten Parlan und Gorax die Novizen aus, die sie begleiten würden. Neben sechs anderen wurden auch Gandur und Daron ausgewählt. Zudem wurden die Novizen von Gorax großzügig mit Spruchrollen ausgestattet. "Ich hoffe bei Innos, dass wir die nicht benötigen", murmelte er dabei.
    Neoras war inzwischen aufgetaucht. Zusammen mit Orlan ging es im Eilschritt Richtung Taverne.
    Die Nacht war hereingebrochen. Als sich die Kolonne der Taverne näherten, sahen sie dort lediglich ein paar Lichter. "Wir pirschen uns möglichst lautlos heran", raunte Gorax den anderen zu.
    Sie bewegten sich wie Schatten über die Wiese auf das Haus zu. Urplötzlich schoss ein Blitz zwischen sie und verbrannte einen Flecken Gras. Um eine Panik zu vermeiden, sprang Parlan auf und hoffte dabei, dass der Blitz auf Pyrokars Konto ging. "Pyrokar, nicht, wir sind es!"
    Stille machte sich breit. "Bei Innos, Parlan ist gekommen!", hörten sie Marduk aufschreien. "Los, schnell kommt hier herein!"
    Unter Führung von Parlan lief die Verstärkung nun auf die Taverne zu. Im Innenraum warteten die anderen Magier.
    "Pyrokar, was ist geschehen?", fragte Neoras besorgt.
    "Unwichtig, wir müssen uns um Karras und Tarnsa kümmern!", antwortete dieser.
    Tatsächlich, die beiden lagen anscheinend schwer verletzt auf den Tischen.
    Die anderen Magier saßen um sie herum, sahen allerdings ziemlich mitgenomen aus. "Unsere magische Energie ist fast vollkommen erschöpft, wir konnten nicht viel für sie tun, wir mussten uns zuerst um diese Schergen Beliars kümmern!"
    "Bin schon zur Stelle", sagte Neoras, der sich mit Verletzungen am besten auskannte. Er flößte den beiden einige seiner Tränke, die er stets im Überfluss braute, ein. Währenddessen berichtete Pyrokar, was geschehen war.
    "Dieses Skelett, von dem Gandur berichtet hatte, muss viele Diener um sich gescharrt haben. Sie alle haben uns angegriffen. Wir mussten uns hierher zurückziehen, da Karras und Tarnsa schwer verwundet wurden. Orlan haben wir zum Kloster geschickt, die anderen Kerle, die sich hier noch aufgehalten hatten, sind zur Stadt oder zu den Bauern geflohen.
    Es war erschreckend. Nicht nur normale Skelette waren es, einige von ihnen waren sogar in de Lage, Magie einzusetzen. Doch das schrecklichste war dieser Schattenläufer!"
    Gandur stutze. "Ein Schattenläufer? Was ist daran so besonders?"
    "Ein toter Schattenläufer, wohlgemerkt. Er bestand nur noch aus dem Skelett und Resten von Fleisch und Muskeln. Er hätte mich fast getötet, als er auf mich zu stürmte!"
    "Nun, es steht fest dass dies unmittelbar mit der Barriere zusammenhängt", sagte Serpentes. "Sie muss irgendetwas in Gang gesetzt haben, was die Toten aus ihren Gräbern auferstehen lässt. Wir vermuten, dass diese hier die Stadt angreifen wollte. Glücklicherweise sind wir ihnen zuvorgekommen. Der einzige Untote, der überlebt hat, war dieser mit der Rüstung. Unsere Magie konnte ihm nichts anhaben."
    Neoras gesellte sich zu ihnen. "Karras wird es überstehen", sagte er leise und mit bedrückter Stimme. "Tarnsa nicht. Er wird den nächsten Sonnenaufgang nicht mehr erleben. Die Untoten haben ihm zu stark zugesetzt."
    Ein betretenes Schweigen machte sich breit.
    "Wir gehen zurück zum Kloster", durchbrach Pyrokar die Stille. "Es bleibt uns nichts anderes übrig. Der Totenlord ist verschwunden, es gibt nichts mehr zu tun für uns."
    "Der Totenlord?", fragte Gorax.
    Garnacon begann zu sprechen. "Es muss so sein. Dieses übermächtige Skelett, es muss ein Herrscher unter den Toten sein. Aber lasst uns nun endlich gehen."
    Sie begannen aufzubrechen, Karras und Tarnsa wurden auf behilfsmäßige Tragen gelegt. Es ging zurück zum Kloster.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:49 Uhr)

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    Kapitel 7 - Suche

    Gandur fror. Es war sehr kühl im Keller des Klosters und er fegte den Boden dort unten schon eine ganze Weile. Es war eine der unbeliebtesten Arbeiten der Novizen, doch sie blieb nun an Gandur hängen. Es war eine der Bestrafungen dafür, dass er versucht hatte, der Sache alleine auf den Grund zu gehen und dabei auch noch Balorn verloren hatte.
    Von diesem wiederum wurde bis zu diesem Zeitpunkt keine Spur gefunden. Seit dem Angriff der Magier auf die Skelette waren nun bereits drei Wochen verstrichen. Vor etwa eineinhalb Wochen, nachdem sie sich erholt und wieder gesammelt hatten, starteten sie in Zusammenarbeit mit der Miliz eine erneute, diesmal sorgfältig geplante Aktion gegen diesen Totenlord. Sie war absolut erfolglos und ohne Ereignisse verlaufen, an dem Schauplatz des Kampfes fanden sie lediglich die Überreste der erschlagenen Untoten. Wohin der Totenlord verschwunden war, vermochte niemand zu sagen.
    Gandur sah sich um. Der Kellerboden erschien ihm sauber genug, er stellte den Besen zurück in die Ecke und stieg langsam die Treppenstufen hinauf. Oben angekommen trat er auf den Hof in die helle Sonne. Er blinzelte und ging weiter geradeaus in Richtung des Innosschreins. Dort kniete er sich hin um still zu beten. Dies tat er eine lange Zeitspanne; Pyrokar befand nämlich, dass Gandur neben den Bestrafungen täglich mindestens zwei Stunden lang Innos preisen und ihn um Verzeihung bitten müsse.

    Nach dem Gebet begab sich Gandur in die Kirche. Ulthar hatte ihm an diesem Morgen bescheid gegeben, dass der Hohe Rat ihn im Laufe des Tages zu sprechen wünsche. Während er sich vor den Altar stellte, begann Garnacon zu sprechen. "Ursprünglich hatten wir beschlossen, dass du deine Strafe über einen längeren Zeitraum erhältst. Aber nun haben wir uns geeinigt, dass du andere Aufgaben erhältst." Er hielt inne, um Gandurs Reaktion abzuwarten. Dieser schaute verdutzt. Er hatte mit wesentlich strengeren Strafmaßnahmen gerechnet.
    "Trotz deiner Verfehlungen hast du ganz Khorinis einen großen Dienst erwiesen", fuhr Pyrokar fort. "Die Untoten wollten sicherlich Khorinis angreifen. Doch der Grund dafür ist uns unklar. Auf jeden Fall steht es mit der magischen Barriere in Zusammenhang. Ihre Erschaffung muss irgendetwas ausgelöst haben. Etwas, das mit Beliar zu tun hat. Der finstere Gott hat definitiv seine Finger mit im Spiel." Pyrokars Gesicht wurde düster, Falten schoben sich über seine Stirn. "Dieser verfluchte Xardas", murmelte er leise vor sich hin.
    Gandur horchte auf. "Wer? Worum geht es?"
    Serpentes antwortete ihm. "Xardas, er war einst ein Angehöriger des Hohen Rates. Er saß dort, wo heute Garnacon seinen Platz hat. Er war - oder ist - einer der mächtigsten Mitglieder des Ordens des Feuers. Doch etwas war an ihm immer anders als bei uns anderen. Er beschäftigte sich besonders mit der Beschwörungsmagie."
    "Ja, und der ganze Schwachsinn mit der Barriere ist auf seinem Mist gewachsen", unterbrach ihn Pyrokar. "Dieser miese Hund. Er meinte, dass er die Größe der Barriere genauestens berechnet habe. Das Ergebnis sieht man ja. Das verdammte Ding ist zu groß, er selbst und viele unserer besten Magier sind darin gefangen.
    Aber ich schweife ab. Deine neue Aufgabe, junger Novize, ist etwas über den Verbleib dieses Totenlords herauszufinden. Wahrscheinlich wird er wieder finstere Schergen um sich scharen. Sobald du etwas weißt, kehrst du sofort zu uns zurück." Pyrokar zögerte kurz. "Sieh dies als deine Chance an, das Vertrauen des Hohen Rates wieder zu erlangen. Am besten wäre es, wenn du sofort aufbrichst. Suche überall. Frage die Bewohner nach seltsamen Vorkommnissen. Möge Innos dich begleiten."
    Gandur nickte und verließ die Kirche. Schnell packte er die wichtigsten Dinge zusammen. Zudem erhielt er wieder einige Spruchrollen von Gorax. Er blickte noch einmal über das Klostergelände. "Innos steh mir bei", murmelte er leise. Kurz darauf hatte er das Kloster verlassen.
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    Fluchend schlug Gandur um sich, er versuchte diese lästigen Mistviecher loszuwerden. Verdammte Blutfliegen! Sie schwirrten ständig um ihn herum und stachen ihn an allen möglichen Stellen. Sie liebten Gebiete bei Gewässern und fanden dort auch beste Bedingungen zum leben. Unglücklicherweise befand sich auch Gandur an einem See. Er sah ein, dass es zu viele Fliegen waren, also entfernte er sich wieder vom Seeufer. Es half, nur wenige Tiere verfolgten ihn. Diese konnte er problemlos vernichten.
    Der See befand sich im Norden von Khorinis. Gandur hatte auf dem Weg dorthin versucht, gründlich nach Hinweisen auf den Lord der Toten - und vielleicht auch auf Balorn - zu finden, bis jetzt allerdings erfolglos. Er war bereits bei den Bauernhöfen im Osten gewesen und hatte die Bauern dort befragt, doch niemand hatte ihm Informationen geben können. So beschloss er, sein Glück im Norden zu suchen.
    Vor einer Woche erst war er vom Kloster aufgebrochen, doch es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Die Wege waren unsicher geworden, noch gefährlicher als damals, als er noch in der Stadt lebte. Es begegneten im zwar keine Skelette, aber dafür Wölfe, Feldräuber, äußerst aggressive Scavenger... Gandur hatte für seine Verteidigung schon einen großen Teil seiner Spruchrollen eingebüßt, was er sehr bedauerte. Er hoffte, dass er bald etwas finden würde, damit er zum Kloster zurückkehren konnte. Er überlegte zudem, ob er nicht noch einmal bei dieser seltsamen Pyramide vorbeischauen sollte, die er am vorherigen Tag aus der Ferne erspäht hatte. Das Snapperrudel, dass sich dort befand, hatte ihn allerdings abgeschreckt, so dass er sie vielleicht später aufsuchen würde.
    Gandur blickte in den Himmel. Es war um die Mittagszeit, doch der Himmel war bewölkt und sah düster aus. "Kein gutes Omen", dachte Gandur. Er setzte seinen Weg fort und aß währenddessen ein Stück Brot. Wohlwissend machte er dabei einen großen Bogen um den Blutfliegenschwarm, der sich in der Nähe am See aufhielt. Er umschritt das Gewässer in nordöstliche Richtung, traf allerdings auf andere unangenehme Gegner. Lurker! Einer baute sich vor Gandur auf und begann seltsame Geräusche von sich zu geben, die sich wie eine Mischung aus Knurren und Grunzen anhörte. Es waren nur Drohgebärden, doch Gandur nahm die Warnung ernst und wich langsam zurück. Als er zwischen sich und dem Tier eine einigermaßen große Distanz gebracht hatte, umging er den Lurker und folgte dem Weg weiter.
    Schließlich erreichte er eine große Höhle. Sie erschien ihm uninteressant, also verließ er sie wieder durch einen weiteren Ausgang. Nun befand er sich vor einer alten Hängebrücke. Stutzend blieb er stehen. Die Brücke erschien ihm ziemlich morsch und wackelig. Langsam setzte er einen Fuß auf die erste Holzplanke. Sie knarrte, doch schien das Gewicht auszuhalten. Auch die nächste Planke bereitete Gandur keine Probleme. So arbeitete er sich langsam vor, bis er die Schlucht überquert hatte. Die trockene, karge Ebene, die hinter der Brücke lag, gab Gandur drei verschiedene Möglichkeiten. Er konnte dem Weg nach Süden folgen, wobei er dann aber wieder an seinem Ausgangspunkt am See landen würde. Ebenso führte ein Weg geradeaus unter einem Felsbogen hindurch direkt in den Wald, in dem sich seines Wissens der Sonnenkreis befand. Zu seiner rechten gab es auch noch eine weitere große Höhle. Gandur entschied sich schließlich für die letztere Möglichkeit.
    Er betrat die weite, offene Grotte und bemerkte einige Knochen, die dort lagen. "Ich denke, hier bin ich richtig", murmelte er. Am Ende der Höhle fand er viele weitere Knochen. Er war sich ziemlich sicher, dass die Untoten hier gewesen sein mussten, sonst würden hier wohl kaum so viele Überreste von Tieren und Menschen sein. Er begann, diesen Fund sorgfältig zu überprüfen, was allerdings durch den schlechten Lichteinfall nicht einfach war.
    Etwa eine halbe Stunde später bekam er plötzlich Bedenken. Nach seiner Untersuchung hatte er gemerkt, dass die Knochen abgenagt zu sein schienen - er fand sogar Exkremente mit herausragenden Knochen in einer Ecke... "Ich glaube, ich sollte hier verschwinden", sagte er laut, plötzlich begann ihm der Schweiß überall am Körper zu laufen. Nicht nur das, der Himmel draußen schien sich auch noch rasend schnell zu verfinstern. Jedenfalls wurde es bei Gandur in der Höhle sehr dunkel. Als er zum Höhleneingang blickte, erstarrte er. Nicht der Himmel behinderte den Lichteinfall. Eine riesige Gestalt blockierte den Eingang zur Grotte. Und diese Kreatur begann zu brüllen, dass es einem durch Mark und Bein ging. Durch einen plötzlich draußen zuckenden Blitz konnte Gandur erkennen, dass er mitten in der Höhle eines schwarzen Trolls stand.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:50 Uhr)

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    Das riesige, schwarze Monstrum kam in großen Schritten auf Gandur zu. Dieser wich zurück, er wusste nicht, wie er dieser Situation entkommen könnte. Er nahm sich eine Spruchrolle, eine der mächtigsten, die er hatte. Es war der Zauber, der ihn schon damals am Pass den Hals vor den Skeletten gerettet hatte.
    Der Troll hatte ihm sich schon beträchtlich genähert, er richtete sich noch einmal zu voller Größe auf und brüllte. Gandur konzentrierte sich und ließ den Zauber wirken. Es wurde kalt, und eine Welle aus Eis breitete sich um Gandur aus. Allerdings sah er entsetzt, dass nicht der Effekt eintrat, den er sich erhoffte. Die Eiswelle erreichte zwar den Troll, fror ihn aber nicht fest. Am Fell hing lediglich etwas Eis oder Schnee. Die Kreatur hielt für ein paar Sekunden inne, und grunzte verdutzt. Wütend stürzte sie nun auf Gandur zu. "Oh verflucht", war das einzige, was Gandur noch herausbrachte, nahm die Beine in die Hand und floh zur Rückwand der Höhle. Dort wurde er vom Troll eingeholt, der sich wieder aufbäumte. Gandur sah nur eine Fluchtmöglichkeit. Er nahm seinen Mut zusammen und sprintete unter den mächtigen Achseln des Ungetüms hindurch. Als er an dem Monstrum vorbei war, befand er sich im strömenden Regen auf der Hochebene über dem See. Doch er sollte sich nicht zu früh freuen.
    Der Troll ließ seine Pranken hinunter und drehte sich um. Er schlug nach Gandur und erwischte ihn gerade noch. Gandur wusste nicht, wie ihm geschah; in einem Moment spürte er einen starken Druck und Schmerz im Rücken, im anderen Moment flog er einige Meter durch die Luft. Geistesgegenwärtig gelang es ihm, sich beim Sturz abzurollen. Zwar nicht sehr elegant, doch bewahrte ihn das vor weiteren Verletzungen.
    Stöhnend richtete er sich wieder auf und drehte sich um. Der Troll stand vor der Höhle und kam wieder näher. Fluchend begann Gandur zu dem großen Steinbogen zu rennen und ignorierte dabei die starken Rückenschmerzen. Hinter dem Felsbogen bog er sofort nach rechts ab, er spürte den Boden unter den Schritten des Trolls erzittern. In dem kleinen Waldstück, in dem er sich nun befand, begegnete er einigen Molerats, die jedoch selbst flohen.
    Als Gandur die Luft ausging, warf e sich in eine Mulde im Boden. Dort wartete er schwer atmend ab. Zu seinem Erstaunen hörte er jedoch nichts mehr. Der schwarze Troll schien abgehängt worden zu sein.
    Gandur blieb erst einmal liegen. Sein Rücken schmerzte noch immer stark aufgrund des Schlages. Er trank in einem Zug eine ganze Flasche Wasser, auch etwas des schmerzlindernden Trankes von Neoras. Danach ging es ihm schon weitaus besser. Nachdem er sich einigermaßen erholt hatte, kletterte er aus seiner Mulde.
    "Ich glaube, ich gehe besser zurück zum Kloster...", murmelte er. "Hat doch keinen Sinn mehr zu suchen..." Seine Gedanken wurden just unterbrochen, als er ein Geräusch hörte. Plötzlich aufschreckend sah er sich danach um, dieses Geräusch kam ihm sehr bekannt vor. Das Klappern von Knochen!
    Gandur sprang auf, zückte seinen Kampfstab. Ein winziges Skelett stürmte auf ihn zu, von den Maßen her war es wohl früher einmal ein Goblin gewesen. Doch diese Kreatur, bewaffnet mit einem Ast, war keine Gefahr für Gandur: ein Schlag mit dem Kampfstab und das Skelett brach zusammen.
    Nun wurde er aufmerksam. War er hier vielleicht doch richtig? Langsam und vorsichtig pirschte er durch das Gebüsch und fand kurze Zeit später eine im Fels eingelassene Höhle. Innen erkannte er zwei mit Zweihändern bewaffnete Skelette. Sie schienen etwas zu bewachen. Diese Höhle versprach interessant zu werden.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:51 Uhr)

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    Die Skelette hatten Gandur anscheinend noch nicht bemerkt. Langsam zückte er eine seiner Spruchrollen und war kurz davor, sie einzusetzen. Es schien ihm allerdings, als hätte er etwas vergessen. Er konnte sich jedoch nicht erklären, was es war. Er verwarf diesen Gedanken, konzentrierte sich auf das magische Schriftstück in seinen Händen und feuerte einen mächtigen Blitzzauber auf den Untoten.
    In diesem Moment weiteten sich seine Augen vor Schreck.
    Eine alte Rüstung blitzte im hinteren Teil der Höhle auf. Sie war rostig, mit seltsamen Pflanzen bewachsen und machte einen bedrohlichen Eindruck. Ein Totenschädel, der auf der Rüstung saß, grinste ihn an. Zwei knöcherne Hände umfassten einen mächtigen Zweihänder. Es war zwar nicht dieser Totenlord, aber eine andere mächtige untote Bestie.
    Und in just diesem Augenblick fiel es ihm wieder ein.
    "Wahrscheinlich wird er wieder finstere Schergen um sich scharen. Sobald du etwas weißt, kehrst du sofort zu uns zurück."
    Pyrokars Hinweis. Das hatte er vergessen! Doch nun war es zu spät. Der Blitz traf eines der Skelette, dass daraufhin in sich zusammenbrach. Das andere Skelett sowie das Monstrum in der schweren Rüstung stürmten auf ihn zu. Unschlüssig, wie er sich verhalten sollte, und starr vor Schreck verharrte Gandur auf der Stelle. Erst als das Skelett wenige Meter von ihm entfernt war, setzte er seinen zweiten Zauber ein, wieder ein Blitz. Auch dieses Skelett war damit erledigt.
    Doch nun kam dieser schwer gepanzerte Untote auf ihn zu. Gandur zog seinen Kampfstab und schon musste er dem ersten mächtigen Hieb seines Gegners ausweichen. Nun schlug Gandur zu, doch sein Stab hinterließ nicht einmal eine Macke in der dicken Rüstung. Ein weiterer Hieb kam auf ihn zu, Gandur duckte sich unter ihm hindurch. Allerdings verlor er bei dieser Aktion das Gleichgewicht und stürzte mit dem Bauch auf den nassen, matschigen Waldboden. Er schmeckte Erde im Mund und spuckte aus. Sofort darauf drehte e sich um und sah nur noch etwas dunkles auf ihn zukommen. "Innos, steh mir bei!", schrie er noch in die Nacht, dann spürte er einen starken Schmerz im Gesicht. Danach kam nichts mehr.
    Schwärze.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:51 Uhr)

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    Kapitel 8 - Gefangen

    "...die Feuermagier uns hier herausholen?"
    "Innos, Adanos, bitte, helft uns!"
    "Was ist mit dem da?"
    "Bitte, Innos, bitte!"
    "Ich kenne den, ich glaube der kommt von den Magiern."
    "Adanos, ich flehe dich an!"
    "Warum sollte der denn sonst kommen, wenn nicht um uns zu retten?"
    "Innos!"
    "Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?"
    Gandurs Kopf schmerzte. Es schien ihm, als sei ihm eine Horde Schattenläufer darüber her gelaufen. Er kniff die Augen zu, hörte lediglich zwei Männer reden. Redeten sie über ihn? Er merkte, dass er auf hartem Holz lag. Bei dem Versuch, sich aufzurichten, begann sein gesamter Körper, jedes einzelne Glied zu schmerzen. Er stöhnte laut auf.
    "Guck mal, er hat sich bewegt!"
    "Na und? Bitte Adanos, hörst du mich nicht?" Der unbekannte Mann begann daraufhin lauthals zu schluchzen.
    "He du! Bist du es Gandur?"
    Diese Stimme kam Gandur seltsam bekannt vor. "Balorn?", fragte er zaghaft. Dabei riss er mit aller Kraft seine Augen auf. Obwohl es dunkel im Raum war, tat es seinen Augen verdammt weh. Doch langsam gewöhnten sie sich daran und er konnte einige Konturen erkennen. Er war in einem großen, feuchten Steinraum. Und ihm fiel auf, dass er selbst mit dem Rücken auf einem Tisch lag, seine Fuß- und Handgelenke waren mit dicken eisernen Schellen daran festgeschlossen. Gegenüber, in einer Ecke befand sich Balorn, in der gleichen Situation wie Gandur. Er sah noch ungepflegter aus als damals: wesentlich dürrer, schwächlicher und zerlumpter. In einer weiteren Ecke hing ein Mann in Milizenuniform; er brachte außer Schluchzen nichts heraus.
    "Ja Gandur, ich bin es!", rief Balorn erfreut.
    "Was ist denn überhaupt passiert?", fragte Gandur.
    "Ich weiß es nicht mehr genau. Damals, als wir bei der Höhle waren, habe ich auf dich gewartet. Und dann wurde ich plötzlich bewusstlos. Hier bin ich wieder aufgewacht und harre seitdem an diesem Brett gefesselt aus.
    Dieser Kerl da vorne ist erst seit gestern hier. Ich habe geschlafen, als ich aufwachte war er da. Aber ich glaube, dass er verrückt geworden ist. Man kann nicht mit ihm reden. Er schreit andauernd nur nach Innos und Adanos."
    "Er ist doch von der Miliz, oder nicht?"
    "Er trägt zumindest die Rüstung der Stadtwache. Aber sag mir, was ist dir denn passiert?"
    So erzählte ihm Gandur alles, er berichtete von dem Kampf der Feuermagier gegen die Untoten bei der Taverne und von seiner Suche.
    "Ein Totenlord", murmelte Balorn, nachdem Gandur fertig war. "Ich habe einmal aus dem Nebenraum Stimmen gehört. Irgendetwas von wegen Schattenkriegern, dem Minental und Beliar."
    "Wer hat denn gesprochen?", fragte Gandur nach.
    "Ich weiß es nicht. Aber es waren verdammt unheimliche Stimmen. Ich glaube, im Minental braut sich was zusammen. Beliar hat seine Finger im Spiel und bereitet irgendetwas vor. Die Untoten helfen ihm dabei."
    Gandur überlegte und versuchte sich zu erinnern. Was hatte ihm Hohe Rat damals noch gleich gesagt?
    "Als die Barriere erschaffen wurde, ging irgendetwas schief", sagte er. "Sie wurde extrem vergrößert. Und seitdem erheben sich die Toten. Die magische Barriere hat irgendetwas in Gang gesetzt. Beliar muss eine Chance erkannt haben und setzt jetzt alles daran, dass er sein Ziel erreicht."
    "Ich glaube, die Untoten wollten ins Minental ziehen", sagte Balorn.
    "Was?", fragte Gandur verdutzt. "Sie wollten nicht in die Stadt?"
    "Nein, so viel habe ich noch verstanden. Deshalb haben sie sich so nah am Pass gesammelt. Wahrscheinlich unter Führung dieses Totenlords. Die Magier haben dieses Vorhaben mit ihrem Angriff unterbunden, also mussten sich die Toten neu sammeln. Du sagst, wir befänden uns im Norden von Khorinis. Das käme den Untoten gelegen, denn im Norden wohnt niemand, sie werden hier folglich also nicht entdeckt."
    "Hm, das ist alles ziemlich interessant. Der Hohe Rat muss sofort davon erfahren. Aber wie kommen wir hier raus?"
    "Tja, da fragst du mich was...", meinte Balorn leise. "Glaub mir, wenn ich es wüsste, wäre ich schon längst nicht mehr hier..."
    Gandur seufzte. Da hatte er sich ja etwas Schönes eingebrockt...
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:52 Uhr)

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    Der bleiche Totenschädel war nur wenige Zentimeter von Gandurs Kopf entfernt. Die tiefen, pechschwarzen Augenhöhlen blickten ihn direkt an. Die vergammelten, gelben Zähne schienen Gandur förmlich anzugrinsen. Langsam hob der Untote seine schwere, zweihändige Waffe und holte aus. Gandur versuchte zu schreien, doch seinem Mund entwich nur ein leises Japsen. Verängstigt blickte er auf das mächtige Schwert seines Gegenübers, das im Kontrast zu dem Skelett neu zu sein schien und bedrohlich funkelte. Der Untote zielte und schlug schließlich zu; die Klinge raste unmittelbar auf Gandurs Hals zu. Er begann zu schreien - und wachte auf. Verwirrt schaute er sich um. Noch immer befand er sich gefesselt in diesem kühlen Raum, ohne eine Möglichkeit zur Flucht. Balorn schlief, der Mann mit der Milizenuniform ebenfalls.
    Der Schweiß rann Gandur in die Augen. Alpträume dieser Art bekam er beinahe täglich. Er war bereits mehrere Tage hier eingesperrt, ohne auch nur den Hauch einer Idee zu haben, wie sie aus diesem Verlies entkommen könnten. Er verspürte Hunger: ab und an kamen einige vermummte Gestalten in den Raum und gaben ihnen etwas altes, dreckiges Wasser und ein paar Stücke knochenhartes Brot.
    Mit Balorn hatte er schon öfter über ihre Lage geredet, mit dem anderen Mann war dies unmöglich, da er tatsächlich verrückt geworden zu sein schien. Siie waren zu dem Schluss gekommen, dass die Untoten sie vermutlich für irgendetwas benötigten, vielleicht für ein Ritual, und sie deswegen am Leben ließen.
    Gandur wollte Balorn nicht unbedingt wecken, also dachte er zum wiederholten Male über seine Situation nach. Wann würden die Feuermagier anfangen, nach ihm zu suchen? Er hatte keine Ahnung. Sie wüssten ja noch nicht einmal, wo sie anfangen sollten, nach ihm zu suchen.
    Er wurde irgendwann aus seinen Gedanken gerissen, als er ein Geräusch hörte. Es war wohl im Raum nebenan, doch nicht die üblichen Geräusche. Keine Stimmen, wie sie normalerweise zu hören waren, eher ein Laut, als würde etwas zusammenbrechen, gefolgt von einem seltsamen "Zisch"...
    Rumms. Irgendetwas war gegen die Wand geknallt. Und plötzlich hörte Gandur ein Lachen. Es kam ihm vertraut vor... Seine beiden Mitgefangenen waren mittlerweile ebenfalls aufgewacht. Der Kerl von der Stadtwache fing entsetzt an zu schreien. "Es ist Beliar! Beliar selbst ist gekommen! Er wird uns alle vernichten! Oh Innos, bitte, rette mich!"
    "Halt endlich deine verdammte Klappe!", fuhr in Balorn plötzlich laut an. Gandur blickte in verblüfft an. So etwas hatte er dem kleinen, schmächtigen und eigentlich immer angsterfüllten Mann wirklich nicht zugetraut. Aber es wirkte. Der Schreihals verstummte abrupt.
    "Was ist da los?", fragte Balorn.
    "Ich weiß es nicht", antwortete Gandur, "aber es hört sich so an, als ob-"
    Rumms. Die alte Holztür brach aus den Angeln und fiel in den Raum. Ein Mann trat ein und schaute sich um. Gandur konnte seinen Augen nicht trauen. Er? Er war hier? Wie konnte dies möglich sein?
    "Gandur! Muss ich dir schon wieder aus der Klemme helfen?", rief Daron lachend. Wahrhaftig, es war Daron, und er stand mitten vor ihm. "Na, was hast du denn schon wieder gemacht. Warte, ich hole dich da raus. Er zückte einen Bund Dietriche und begann an den Hand- und Fußschellen damit zu hantieren. Kurze Zeit später war Gandur frei. Zusammen befreiten sie noch die anderen beiden, und Daron führte sie hinaus. Es mussten hier wüste Kämpfe stattgefunden haben: Gandur sah überall erschlagene Skelette und auch viele Anzeichen von Magieschäden an Wänden und Boden.
    Währenddessen begann Daron zu erzählen. "Gandur,du wirst es nicht glauben: Innos hat mir die Chance gegeben, die Prüfung des Feuers abzulegen. Sie führte mich in die Nähe von hier, in den Norden von Khorinis. Da hinten auf der Hocheben, dort wo dieser riesige Troll haust, fand ich eine Spruchrolle auf dem Boden, eine von denen, die Gorax dir gegeben hatte. Ich hatte ja eigentlich vor, wieder zum Kloster zurückzukehren, doch ich bin deiner Spur gefolgt, bis ich auf diese Höhle traf. Untote haben mich angegriffen, doch durch die Magie Innos' war es mir möglich, sie zu bezwingen. Tja, und da bin ich eben auf euch drei gestoßen..."
    Sie verließen die Höhle, helles Sonnenlicht begrüßte sie. "So, jetzt aber nichts wie weg hier", sagte Daron. Zusammen verließen sie diesen unheimlichen Ort und begaben sich Richtung Kloster.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:53 Uhr)

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    Kapitel 9 - Angriff

    Langsam öffnete Gandur die Augen, während seinem Mund ein Gähnen entfuhr. Er erblickte steinerne Wände um sich herum sowie die steinerne Decke über sich. Bei Innos, wann würde er endlich aus diesem schrecklichem Gefängnis entfliehen können? Es war doch nicht auszuhalten, wie grausam man von den Untoten behandelt wurde.
    "Balorn?", krächzte er vor sich hin. "Balorn, bist du da?"
    "Wassnlos?", beschwerte sich eine verschlafene und äußerst mürrische Stimme.
    "Balorn? Bist du das?", fragte Gandur misstrauisch nach. Seltsam. heute schien es viel heller im Kerker zu sein als sonst. Und irgendetwas war noch anders...
    "Gandur du Spinner", erwiderte die Stimme. "Lass mich einfach weiterschlafen..." Ein langgezogenes Gähnen, gefolgt von einem lauten Schnarchen hallte daraufhin im Raum wider.
    Und plötzlich stellte Gandur fest, dass er gar nicht mehr gefangen war. Ganz im Gegenteil, er konnte sämtliche Gliedmaßen bewegen, was bedeutete, dass er nicht mehr gefesselt war, zudem lag er in einem weichen, gemütlichem Bett. Und sein Gegenüber, das ihn als Spinner bezichtigt hatte, konnte Gandur als Pedro identifizieren, der sich wohl einmal eine Pause gönnte.
    Langsam kehrten seine Erinnerungen zurück. Er war zusammen mit Daron, Balorn und dem Kerl von der Miliz geflohen. Sie waren zusammen ins Kloster zurückgekehrt und hatten dem Hohen Rat alles berichtet. Danach hatte Pyrokar den Milizsoldaten der Obhut Neoras' unterstellt, der ihn mit seinen Tränken nach Möglichkeit helfen sollte, da er anscheinend wirklich den Verstand verloren hatte und an starker Amnesie litt; er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wie er hieß. Pyrokar hatte einen Boten zur Stadtmiliz geschickt, damit sie sich über ihn im Klaren wurden, jedoch war dieser noch nicht zurückgekehrt. Gandur und Balorn indessen, die geistig bei bestem Bewusstsein waren, wurden nach einer gründlichen Befragung lediglich angewiesen, sich ins Bett zu legen und sich einmal richtig auszuschlafen.
    Und nun lag Gandur hier, inmitten einer Novizenkammer.
    Langsam erhob er sich, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, schlenderte am schnarchenden Pedro vorbei und trat auf den Innenhof des Klosters. Dem Stand der Sonne zufolge musste es schon Nachmittag sein. Während er sich umsah, kam ihm ein Magier entgegen. Erstaunt bemerkte Gandur, dass es sich um Daron handelte. Er trug anstelle der Novizenkleidung nun eine neue, makellos saubere Magierrobe und lächelte Gandur an.
    "Bei Innos, du bist wirklich ein Langschläfer, Gandur", sagte er. "Balorn ist schon seit vier Stunden wach."
    "D-Du bist jetzt ein echter, vollwertiger Magier?", fragte Gandur, immer noch total verblüfft und auch beeindruckt.
    "Ja. Gestern, nachdem ihr beiden euch schlafen gelegt habt, wollte der Hohe Rat noch einmal mit mir sprechen. Pyrokar meinte, dass ich die Prüfung des Feuers bestanden hätte und darüber hinaus auch noch euch gerettet habe. Er hat mich offiziell in den Rang eines Magiers befördert."
    "Meinen Glückwunsch", sagte Gandur. "Ich freue mich so für dich."
    "Danke", erwiderte Daron. "Ich habe übrigens etwas für dich."
    Feierlich überreichte er Gandur einen Kampfstab. "Ich weiß, dass die Untoten dir deinen eigenen abgenommen haben. Und in der Höhle, in der ihr gefangen gehalten wurdet, war er nicht mehr aufzufinden. Ich habe jetzt einen neuen Magierstab erhalten, deshalb benötige ich meinen alten nicht mehr. Ich schenke ihn dir."
    Gerührt nahm ihn Gandur an. "Danke", hauchte er leise. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
    "Am besten gar nichts", meinte Daron lachend. „Iss jetzt erst mal etwas, danach gehst du mit Balorn zu Pyrokar. Ich glaube, er möchte euch sprechen."
    "In Ordnung", sagte Gandur. Erst jetzt fiel ihm auf, wie hungrig er war. Er begab sich langsam in in den Raum Gorax', wo er ein reichhaltiges Mahl zu sich nahm: Brot und Käse, Schinken und Schafswurst. Gorax bedachte ihn mit einem Stirnrunzeln und zog missbilligend die Augenbrauen hoch. "Normalerweise solltet ihr Novizen ja nicht so in Saus und Braus leben, wie du es gerade tust, Gandur", meinte er. "Aber Pyrokar meint, du bräuchtest Kraft, deshalb mache ich einmal eine Ausnahme. Aber lass es dir bloß nicht zur Gewohnheit werden!"
    Nach dem Essen machte sich Gandur auf die Suche nach Balorn. Er fand ihn in einer Ecke sitzend, wo er mit einigen Novizen Karten spielte. Er sah besser aus als je zuvor; Gandur konnte kaum glauben, das es der gleiche Mann war, der damals so ungepflegt war. "Gandur!", rief er erfreut. "Gut, dass du kommst. Wir sollen wieder mit dem Hohen Rat sprechen." Er erhob sich und kam auf Gandur zu.
    Zusammen verließen sie die Novizen und begaben sich in die Kirche, bereit sich anzuhören, was der Hohe Rat zu sagen hatte.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:54 Uhr)

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    "Ich kann euch jetzt sagen, wer dieser Milizsoldat ist", begann Pyrokar zu sprechen. "Unser Bote ist heute zurückgekehrt, die Stadtmiliz hatte ihn tatsächlich schon seit ein paar Tagen vermisst. Er ist gerade einmal vor ein paar Wochen in die Stadtwache eingetreten, sein Name ist Wulfgar. Neoras wird sich noch etwas um ihn kümmern.
    Zu euch: Ihr solltet den Untoten vermutlich wirklich zu einem unheiligen Ritual dienen. Ich habe keine Ahnung, was sie damit bezwecken wollten, aber sicherlich nichts Gutes."
    "Darauf wäre ich jetzt von allein nicht drauf gekommen", murmelte Balorn leise.
    Pyrokar hatte dies gehört und runzelte die Stirn. "Nicht so vorlaut, vor allem nicht in der Kirche Innos'!" Balorn zuckte zusammen. "Du bist übrigens entlassen, Balorn. Du kannst jetzt wieder nach Khorinis zurück."
    "Was denn, alleine?"
    "Natürlich, was denkst du denn? Soll ich dir etwa eine Eskorte von zehn Magiern mitgeben?"
    "Na ja, eine schlechte Idee wäre das bestimmt nicht..." Doch er fügte sich und trottete hinaus.
    Pyrokar sah nun Gandur an und seufzte. "Hatte ich dir nicht gesagt, du solltest sofort zurückkommen, wenn du etwas verdächtiges findest?"
    "Ja", antwortete er kleinlaut.
    "Aber du hast trotzdem wieder auf eigene Faust gehandelt. Wärest du wieder zurückgekommen, hätten wir sofort gehandelt. Das hätte dir und Balorn wahrscheinlich einige unangenehme Tage erspart. Aber ich will dich nicht aus dem Kloster werfen."
    Gandur entspannte sich, er war sichtlich erleichtert. Aber es wunderte ihn dennoch, wieso Pyrokar so großzügig war, schließlich war er schon damals Schuld daran gewesen, dass Balorn entführt worden war.
    "Wäre Xardas noch im Hohen Rat und nicht in der Barriere, hätte er dich vermutlich schon längst aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Doch ich spüre etwas in dir, Gandur. Eine starke magische Kraft steckt in dir, und dieses Talent könnte für das ganze Kloster von großen Nutzen sein."
    Plötzlich blickte Pyrokar auf. Gandur sah sich um und erspähte Hyglas, der in die Kirche hetzte. Er hatte Schnittwunden an den Armen, seine Novizenrobe war an vielen Stellen eingerissen und angesengt. Keuchend blieb er vor dem Hohen Rat stehen und fing an zu sprechen. "Ich weiß, wo sich die Untoten aufhalten", berichtete er. "Im Wald hinter dem Hof des Großbauern! Es ist fast eine ganze Armee!"
    Garnacon sah ihn mit aufgerissenen Augen an, Serpentes hatte sich aufgerichtet.
    "Ich glaube, der Totenlord ist bei ihnen!", erzählte Hyglas weiter.
    Der drei Mitglieder des Hohen Rates begannen sofort miteinander zu diskutieren. Pyrokar war der Meinung, sie müssten die Untoten sofort angreifen, Garnacon vertrat den Standpunkt, noch etwas zu warten und zu sehen, wie sich die Sache entwickelte. Serpentes war überzeugt davon, dass es das Beste wäre, den Pass zum Minental bewachen zu lassen, damit die Untoten nicht dorthin vordringen konnten.
    Schließlich wandte sich Garnacon an Gandur und Hyglas. "Ihr beiden, ruft sofort die Magier zusammen und schickt sie her! Wir müssen uns mit ihrer Hilfe entscheiden! Und zwar schnell!"
    Die beiden rannten sofort los. Kurz darauf hörten alle Novizen vor der Kirche, wie sich dort eine heftige Debatte unter den Magiern entwickelte. Einige Zeit später kam der Hohe Rat hervor. "Wir greifen die Untoten sofort an", begann Serpentes zerknirscht. Ihm war anzusehen, dass ihm diese Entscheidung nicht gefiel. "Alle Magier kommen mit. Sowie die stärksten von euch Novizen, die sich schon oftmals bewährt haben und genug über Innos' Lehren und über die Anwendung von Kampfmagie wissen. Der Rest bleibt hier. Die Miliz wird nicht eingeschaltet, das würde zu lange dauern, außerdem wäre die uns eher ein Hindernis. In einer halben Stunde brechen wir auf."
    Er sagte die Namen derjenigen Novizen, die mitgehen sollten. Gandur befand natürlich nicht unter ihnen. Die ausgewählten Novizen eilten in ihre Kammern und begannen sich auszurüsten; Gorax und Karras verteilten zudem großzügig Spruchrollen, während Neoras spendabel Heil- und Manatränke ausgab. Dann war es so weit. In einer langen Kolonne verließen sie das Kloster, um den Großbauern aufzusuchen und die Untoten endgültig zu besiegen. Gandur fühlte sich plötzlich ziemlich allein.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:54 Uhr)

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    Nachdem er einige Zeit lang die Novizenkammern gefegt hatte, beschloss Gandur, Ruhe im Gebet zu finden, da er ziemlich unruhig war. Würden die Feuermagier die Untoten aufhalten können? Er betrat die Kirche, kniete sich vor den Altar und betete zu Innos. Es ging ihm schließlich wieder etwas besser.
    Als er das Gebäude verlassen wollte, bemerkte er etwas aus seinen Augenwinkeln. Ein aufgeschlagenes Buch lag auf einer Bank. Neugierig ging er darauf zu. Es stammte aus der Bibliothek, Karras, der dort nach Hinweisen auf die Vernichtung von Untoten gesucht hatte, musste es wohl mitgebracht haben. Gandur nahm das Buch auf, um die aufgeschlagenen Seiten zu lesen. Dabei fiel eine Spruchrolle, die zwischen den Seiten gelegen hatte, hinunter. Gandur nahm sie auf. Sie sah nicht wie eine der Spruchrollen aus, die Gorax austeilte, sie musste schon erheblich älter sein.
    Als Gandur zu lesen begann, weiteten sich seine Augen. Das konnte doch nicht wahr sein! Dieses Buch handelte von den vielen Untotenerscheinungen, die zum letzten Mal vor über fünfzig Jahren in Khorinis auftraten. Einer der damaligen Magier des Klosters, der heute schon lange tot war, hatte damals diesen Zauber entwickelt, der auf dieser alten Spruchrolle manifestiert worden war. Dieser Zauber erlaubte es, Untoten jedweder Art großen Schaden zuzufügen oder gar komplett zu vernichten. Karras hatte wohl wahrlich einen großartigen Fund gemacht, denn damit besaßen sie eine Möglichkeit, gegen den scheinbar unbesiegbaren Totenlord vorzugehen.
    Und nun waren die Feuermagier ausgezogen, und die Spruchrolle lag hier im Kloster! Sie besaßen nun die einmalige Gelegenheit, den Untoten Einhalt zu gebieten, und die Magier vergaßen hier ihre mächtigste Waffe.
    Schnell fasste Gandur einen tollkühnen Entschluss. Entgegen den Anweisungen der Magier, dass alle Novizen im Kloster warten sollten, schnappte er sich die Spruchrolle, verstaute sie sorgfältig in seiner Robe und sprintete aus der Kirche. Er öffnete das Tor, raste am überraschten Pedro vorbei in Richtung des Großbauern.


    Er hetzte über den schmalen, schlammigen Pfad. hinweg. Er konnte den Hof des Großbauern bereits sehen. Die Bauern auf den umliegenden Feldern, die ihn seltsam anstarrten, ließ er hinter sich und erklomm die Anhöhe des Hofes. Völlig außer Atem fragte er einen Mann, der in seiner Nähe stand: "Sind die Magier hier vorbeigekommen?"
    "Ja, aber die sind sofort weiter in den Wald gegangen", antwortete er. "Sie haben gesagt, wir Bauern sollten uns die nächste Zeit lieber von hier zurückziehen, aber ich sehe keinen Grund dafür."
    Gandur überlegte. Ja, die Magier hatten es den Bauern wahrscheinlich nicht gesagt, um eine Massenpanik zu vermeiden.
    "Ich schlage aber auch vor, dass ihr euch entfernen solltet. Im Wald könnte bald einiges passieren."
    "Ach ja, und was denn?"
    Wie auf Kommando schossen aus dem hintersten Teil des Waldes plötzlich Feuerkugeln in die Luft, gefolgt von in der Ferne verhallenden Schreien.
    "Das passiert", sagte Gandur, rannte weiter und ließ einen völlig verständnislosen Bauern zurück.
    Schnell war der Bauernhof weit hinter ihm. Neben ihm knackte es laut und ein Skelett mit einer Streitaxt stellte sich Gandur in den Weg. Er packte seinen Kampfstab und begann mit dem Untoten zu kämpfen. Er war nun recht geübt, das Skelett war innerhalb weniger Minuten vernichtet.
    Er wusste, dass er sich nur noch auf seinen Kampfstab verlasen konnte, da er außer der einen von Karras keine Spruchrolle bei sich trug. Wenn ihm mehr als zwei Untote auf einmal begegnen würden, hätte er ein großes Problem zu bewältigen. Doch nun erkannte er etwas rot gefärbtes hinter dem Gebüsch, vermutlich handelte es sich um Magierroben Er lief weiter und stieß direkt auf Neoras und Garnacon, die ihm den Rücken zuwandten. Der Grund dafür war klar: Eine Horde von Skeletten und Zombies, mindestens zwanzig an der Zahl, stapfte langsam auf sie zu. Gandur stellte sich, seinen Kampfstab gezückt, neben Garnacon, der ihn verblüfft anstarrte.
    "Gandur? Was machst du denn hier?", fragt er, während er einen Feuerball auf einen Zombie schoss, der einfach brennend weiterging und die Flammen ignorierte.
    "Ich glaube, ihr habt etwas vergessen", sagte Gandur und zog die Spruchrolle heraus. Garnacon wurde schreckensbleich. "Was... nein... das kann nicht sein! Pyrokar hat sie nicht mitgenommen? Sie sind alle irgendwo dahinten", er deutete in eine Richtung, aus der weiterer Kampflärm zu hören war, und feuerte noch einen Blitzzauber auf den brennenden Zombie ab, der daraufhin einen unirdischen Schrei ausstieß und mit einem von ihm ausgehenden starken, blauen Licht zu Boden fiel, "und bekämpfen die Hauptarmee. Wir beide sind etwas zurückgeblieben, um diese Untoten hier zu vernichten. Aber es sind weit mehr, als wir angenommen haben!" Er beschwor eine kleine Feuerkugel auf seiner Handfläche, die größer und größer wurde, und schoss sie schließlich auf die Feinde ab. Die Kugel traf ein Skelett und explodierte, vier Untote brachen zuckend zusammen. "Hier, Gandur, mit deinem Stab kommst du nicht weit, nimm dies!" Garnacon gab ihm schnell mehrere Spruchrollen in die Hand, und zu dritt erschlugen sie viele der Untote. Während die Zauber der beiden Magier gezielt und präzise waren, um die Untoten an empfindlichen Stellen zu treffen und um selbst ihre magische Kraft zu schonen, schoss Gandur seine Zauber wahllos in die Horde der Gegner.
    Als sich die Anzahl der Angreifer auf fünf reduziert hatte, bekamen diese plötzlich Verstärkung. Zehn Skelette kamen plötzlich von der Seite und gingen auf Garnacon los. Dieser konnte seinen Blitzschlag, den er eigentlich auf einen Zombie feuern wollte, gerade noch umlenken und auf die neuen Angreifer zusteuern. Eines der Skelette fiel krachend in sich zusammen, doch ein anderes erreichte Garnacon und schlug mit seinem mächtigen Zweihänder zu. Garnacon sprang mit einem Aufschrei zurück, doch die Klinge erreichte gerade noch seine linke Hand. Kurz darauf lag sie auf dem feuchten Waldboden.
    "Garnacon!", brüllte Neoras und kam ihm zu Hilfe, indem er den Skeletten mit Feuerstürmen einheizte. Auch Gandur gelang es, viele der Skelette in ihre Einzelteile zu zerlegen.
    Schließlich schafften sie es gerade noch mit Müh und Not, die Horde zu vernichten. Gandur hatte einen Schnitt am Arm abbekommen. Neoras kniete sich sofort zu Garnacon auf den Boden, da dieser gestürzt war. Er zog einen starken Heiltrank hervor, und er ergoss die Hälfte davon auf Garnacons blutenden Armstumpf. Die Blutung stoppte, und Neoras hob daraufhin die abgeschlagene Hand auf. Sie wurde mit dem Rest des Trankes übergossen, dann hielt er sie an Garnacons Arm. Gandur war erstaunt denn es sah wirklich merkwürdig aus. Langsam verwuchs die Hand wieder mit Garnacons Arm.
    "Danke, Neoras", keuchte dieser, während er sich aufrichtete.
    "Ihr dürft die Hand noch nicht bewegen, Meister Garnacon", sagte Neoars ernst. "Es braucht mehrere Stunden, bis die Wunde wieder vollständig verheilt ist."
    „Los, komm", sagte Garnacon zu Gandur. "Wir müssen schnellstens zu den anderen. Die Lage ist mehr als bedrohlich. Und ob wir dem Totenlord ohne diese Spruchrolle überhaupt Schaden zufügen können, ist fraglich. Wir müssen uns beeilen!"
    Die drei rannten los, über die Überreste der Untoten hinüber, um den anderen, die sich weit hinten im Wald befanden, zu Hilfe zu eilen.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:56 Uhr)

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    HASS Avatar von Stonecutter
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    Es war eine Schlacht, wie sie sich Gandur in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen konnte. Er hatte den Eindruck, als wäre die Armee der Untoten größer als die der Orks auf dem Festland. Von allen Seiten gingen die Skelette und Zombies unaufhaltsam auf die Diener Innos' los, sie hatten sie ringförmig eingeschlossen. Die Magier und Novizen feuerten so viele Zauber ab wie es ihnen möglich war, doch für jeden gefallenen Untoten traten zwei neue an seine Stelle. Entsetzt sah Gandur, dass bereits zwei Novizen tot auf dem Boden lagen. Kleinere Brände entstanden überall; das direkte Kampfgebiet war bereits völlig kahl und voller Asche.
    "Wir müssen irgendwie zu den anderen durchbrechen", schrie Neoras laut und schoss einen Feuerball ab, der einem Skelett den Brustkorb zerfetzte. "Pyrokar! Serpentes!", schrie er laut hinüber, doch aufgrund des Kampflärms konnten nur Gandur und Garnacon ihn hören.
    Garnacon begann, mehrere Blitze hintereinander abzufeuern, wobei er darauf achtete, seine verletzte Hand zu schonen, und schrie: "Los jetzt, ich gebe euch beiden Rückendeckung! Ihr müsst unbedingt zu Pyrokar und den Totenlord vernichten!" Und schließlich sprach er einen mächtigen Zauber aus: die Eiswelle. Sie breitete sich nach vorne aus und ließ viele der Untoten erstarren.
    "Aber Meister,", begann Gandur, "Ihr könnt nicht alleine hier bleiben!"
    "Oh doch, ich kann", erwiderte dieser grimmig. "Los schnell, sie sind bewegungsunfähig, nutzt diese Chance!"
    Neoras und Gandur rannten los. Sie schlängelten sich durch die eingefrorenen Skelette und schossen Zauber auf diejenigen dahinter ab, die nicht von der Eiswelle erfasst worden war. Und es gelang ihnen tatsächlich, durch die Reihen der Untoten zu brechen und zu den anderen zu gelangen.
    "Neoras?", rief Isgaroth erstaunt. "Ihr habt es geschafft, die Vorhut der Untoten zur Strecke zu bringen? Und... Gandur! Was machst du denn hier?" Er wirkte mehrere Eiszauber gegen eine Gruppe Zombies, die bedrohlich nah gekommen war, und vernichtete sie.
    "Er hat die Spruchrolle gegen Untote aus dem Kloster gebracht", erzählte Neoras und schoss nebenbei drei Feuerbälle ab. "Sie befand sich noch dort. Wo ist Pyrokar?"
    "Ich weiß es nicht", sagte Isgaroth, "vielleicht ist - BEI INNOS!"
    Schreckensbleich starrte Isgaroth geradeaus. Gandur folgte seinem Blick. Die Untoten hatten eine Gasse gebildet, und aus dem Wald stürmte etwas auf sie zu. Es trug ein mächtiges Horn auf der Schnauze und besaß riesige, alles zerquetschende Pranken, die über den Waldboden stampften und alles, egal ob Äste oder Steine, zermalmten. Ein Schattenläufer? Nein, das konnte doch kein Schattenläufer sein, es musste eher - aber es war doch einer. Ein untoter Schattenläufer, der zwischen den Skeletten hindurch direkt auf Isgaroth zulief. Dieser war starr vor Schreck, doch Gandur und Neoras reagierten. Gleichzeitig entfesselten sie Feuerstürme auf das schreckliche Untier, das direkt aus Beliars Reich entsprungen zu sein schien. Das Schattenläuferskelett kreischte zwar mit einem schrecklichen, nichtirdischen Laut, doch es war nicht aus der Bahn zu bringen. Langsam erwachte Isgaroth aus seiner Starre, und als das Monstrum nur noch wenige Meter von ihm entfernt war,warf er sich zur Seite. Er landete mitten in einer Horde von Zombies, die sich hirnlos und stöhnend um ihn drängten und ihn mit Schlägen eindeckten.
    "Isgaroth!", rief Gandur. Er wollte gerade zu den Zombies laufen, als sich ihm der Schattenläufer knurrend in den Weg stellte. Erschrocken taumelte Gandur zurück. Der Schattenläufer machte sich bereit, wie eine Katze duckte er sich, um zum Sprung anzusetzen. Er stieß sich mit den mächtigen Hinterbeinen ab, flog durch die Luft genau auf Gandur zu. "Innos, steh mir bei", flüsterte er und wartete auf den tödlichen Aufprall. Doch dieser blieb aus. Eine Feuerkugel explodierte in der Seite des Ungetüms, während es sich noch in der Luft befand. Gandur hielt die Hände vor die Augen, um sie vor den Funken zu schützen, die in alle Richtungen schossen. Der Schattenläufer wurde durch die Kraft des Zaubers weggeschleudert und landete in den Reihen der Untoten. Er regte sich nicht mehr.
    Verblüfft suchte Gandur seinen Retter. Unwillkürlich musste er grinsen. Wie sagte man so schön? Aller guten Dinge sind drei. Und es war Daron, der ihm gerade zum dritten Mal das Leben gerettet hatte. "Daron!", rief er. "Schnell, Isgaroth ist da vorne! Bei den Zombies!" Daron verstand und lief zu der Horde der Zombies und erledigte mit einem Blitzzauber ein Skelett, das ihm im Weg war. Er zog seinen Magierstab und begann, auf die Zombies einzuhämmern. Die magische Kraft im Stab, die durch das Erz aus dem Minental herrührte, das im Stab eingearbeitet worden war, entfaltete ihre Wirkung, die Zombies wurden einer nach dem anderen von ihrem Untotendasein erlöst. Isgaroth richtete sich stöhnend auf. Er war übel zugerichtet, hatte zwei blaue Augen sowie eine gebrochene Nase und mehrere gebrochene Rippen, zudem Schwellungen und Prellungen am gesamten Körper.
    "Bei Innos", entfuhr es Neoras. Er drückte Isgaroth mehrere Tränke in die Hände und musste sich sofort daraufhin wieder um weitere Gegner kümmern. Ein kleine Gruppe von Goblinskeletten, die lediglich mit Ästen bewaffnet waren, wuselten heran. Sie waren keine große Bedrohung und innerhalb kürzester Zeit vernichtet. Plötzlich fragte sich Gandur, was mit Garnacon geschehen war. Er hatte ihnen Deckung gegeben, aber wo war er nun? Er suchte mit seinen Augen die Richtung ab, aus der sie gekommen waren. Doch er erblickte ihn nicht.
    Die Lage schien insgesamt ziemlich bedrohlich für die Magier zu werden. Sie und die Novizen wurden in immer kleinere Gruppen gespalten, die von allen Seiten bedrängt wurden. Die Untoten waren zu zahlreich.
    "Daron, wo ist Pyrokar?", fragte Gandur, während er ein Skelett in Flammen aufgehen ließ und danach einen einen Trank zu sich nahm, um die magische Kraft wieder zu stärken.
    "Ich glaube, er ist nicht mehr hier", antwortete Daron. "Er ist etwas weiter gegangen als wir, dann hat das Heer hier angegriffen und wir wurden von ihm getrennt."
    Gandur berichtete ihm von der Spruchrolle gegen den Totenlord. "Ist der schon aufgetaucht?"
    "Nein", musste Daron ihn enttäuschen.
    Plötzlich ertönte ein Schreckensschrei von hinten. Gandur und Daron wandten sich um. Die Lage hatte sich noch weiter verschlimmert. Eine Gruppe von schwer gepanzerten Skelette schritt aus den Bäumen hervor. Es waren mindestens dreißig. Gandur wusste nur zu gut, wie schwer ihre Rüstung zu durchdringen war. Die Schlacht schien so gut wie entschieden. Sie würden verlieren. Die Moral der Streiter Innos' befand sich auf dem Minimum, die Elite des Feindes trat nun in den Kampf. Was konnten die Magier denn jetzt noch groß ausrichten?
    Ein tiefes Grummeln legte sich über den Wald. Eine düstere Wolke erschien über ihren Köpfen. Auch das noch, dachte Gandur. Ein Gewitter. Und plötzlich begann es zu regnen. Es waren allerdings keine Wassertropfen. Feuerkugeln stürzten vom Himmel, direkt auf die neu erschienenen gepanzerten Skelette und die übrigen Untoten, die um sie herum standen. Wo immer eine Feuerkugel auftraf, verbrannte sie förmlich alles. Der Feuerregen erreichte seinen Höhepunkt. Staunend betrachtete Gandur das Spektakel. Es fand etwas von den Magiern und Novizen entfernt statt, so dass sie selbst nicht davon betroffen waren. Und der Feuerregen vernichtete innerhalb von Sekunden einen Großteil der Streitmacht Beliars. Zwar begann auch der Wald zu brennen, doch die Moral der Diener Innos' stieg wieder. Die Reihen der Untoten lichteten sich, da der Nachschub gerade in Flammen aufgegangen war.
    "Da hinten!", rief Isgaroth. "Dort ist Pyrokar!" Gandur konnte ihn in der Ferne erkennen. Er hatte sich wohl die ganze Zeit hinter der Skelettarmee aufgehalten und nun den Feuerregen heraufbeschworen.
    "Ich muss schleunigst zu ihm!", sagte Gandur. Er rannte los. Der Weg war mehr oder weniger frei, am Anfang musste er noch einige Feinde bezwingen, doch nur wenige hatten das Inferno, das von Pyrokar entfesselt worden war, überstanden. Er hoffte, dass sie nun endlich dem Totenlord Einhalt gebieten konnten.
    Geändert von Stonecutter (11.03.2006 um 22:57 Uhr)

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