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    Mythos Avatar von Saleph
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    Saleph ist offline
    Weiß und staubig legte sich das Mehl um die rauen Hände, als hätte man einem adligen damit die Haut gepudert, der sich mit der hellen Farbe von der durch die Arbeit gebräunte Landbevölkerung unterscheiden wollte. Aus dem Krug, den Melaine zuvor mit ihrem Zauber auf wundersame Weise gefüllt hatte, plätscherte das Wasser in den Staub und wandelte ihn unter den knetenden Bewegungen der Gärtnerhände zu einer matschigen Masse, die sich bald zu einem dunklen Kloß formen ließ. Mit Schlägen der Handkanten und der Knöchel wurde das Zeug gefügig gemacht und trotzdem war Saleph skeptisch, ob man das überhaupt noch essen konnte. Maden oder anderes Getier hatten sie war nicht entdeckt, als sie das Säckchen mit dem Mehl gefunden hatten, aber lag es immerhin schon Jahre dort, wo sie es fanden und trotzdem roch es nicht schlecht, besaß eine gesunde Farbe und ließ sich scheinbar ebenso verarbeiten.

    „Bist du sicher, dass das was wird?“, fragte der Blauäugige unsicher, trat einen Schritt vom Tisch weg und betrachtete sich den rohen Teigklops, der nun ein Weilchen ruhen sollte. Nur Mehl und Wasser kamen sogar dem Novizen etwas zu wenig vor für ein Brot, obschon der gleich gar keine Ahnung hatte und davon reichlich. Irgendwie hatte er sich das Ganze mit etwas mehr Eiern, Hefe und Gewürzen vorgestellt, aber woher nehmen in dieser verlassenen Gegend?

    Mit den vollgesauten Händen ließ er sich erschöpft auf dem Bett nieder, hatte dabei eigentlich nicht viel angestellt mit dem Tag und dachte mit einem Lächeln, das ihm seit dem Erwachen nicht aus dem Gesicht weichen wollte, an die letzte Nacht zurück. Unbewusst rieben die Finger aneinander, als sie sich gegenseitig umfingen und die Ellbogen auf den Knien abgestützt waren, dass die Teigreste zu kleinen Krümeln gerollt wurden und geräuschlos auf die hölzernen Dielen fielen wie Schneeflocken vom Himmel. Neugierig beobachteten die blauen Augen den Zauber, den die Wassermagierin an der Feuerstelle kniend beschwor und folgten den blauen Fäden, die sich ins Holz schlangen, um in einer kleinen Flamme das eingelegte Holz zum Brennen zu bringen. Wie sie das nur wieder gemacht hatte? Der Novize war ohnehin schon stolz, dass er überhaupt die Magie gefühlt hatte, die dort in die Scheite gekrochen war und die er noch vor wenigen Tagen nicht mit aller Konzentration hatte spüren können. Irgendwas schien wohl doch wahr zu sein an diesem Schicksalskrempel und trotzdem hatten sie nun schon eine ruhige Nacht und zwei Tage hier verbracht seit dem seltsamen Traum und nichts außer dem war geschehen.

    Gedanklich wollte er mit dem Thema abschließen, denn zeichnete sich das Erwartete ab, dass es keinen vorbestimmten Weg gab und so wollte der Wassernovize lernen, was ihm seine Wassermagierin zeigen konnte, mit ihr noch ein paar schöne Tage hier verleben und dann weiterziehen. Die Insel war groß, das konnte man nach den Wanderungen jedes Mal aufs Neue in den Beinen spüren und war es nichtsdestotrotz jedes Mal wert gewesen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Tief sog die Lunge die Luft ein, um sie in einem heißen Schwall wieder in die Freiheit zu entlassen, bei dem die Brust sichtbar an Größe abnahm, um sich darauf erneut zu füllen und die Ruhe einkehren zu lassen, die er für einen weiteren Versuch haben wollte. Die teigbekleckerten Hände zusammengefaltet, schloss Saleph die Augen und wollte sehen, wie weit er die Erinnerung an den hoffnungsvollen Blick in die Sterne er wecken musste, um das kleine Licht zu erschaffen.

    Das Bild eines einzelnen Sternes zeichnete sich vor dem geistigen Auge in der Dunkelheit hab und der Novize nutzte die Kraft, die ihm sein Gott zur Verfügung stellte, um das Licht des Sterns formen zu können oder es zumindest zu probieren. Es schien etwas einfacher zu sein als gestern, denn war der Weg heute halbwegs bekannt, ohne dass er ihn wirklich verstand, doch reichte es für den Moment, ihn gehen zu können. Und das die Lider durchdringende Flackern des Scheins deutete ihm, dass er Erfolg gehabt hatte mit der Magie und trotzdem war es wieder nur ein daumengroßer Funken geworden, der vor seiner Nase schwebte und kein echtes Licht sein konnte. Seufzend ließ sich Saleph zurück aufs Bett fallen, stützte sich auf die Ellenbogen und sah dem kleinen Glühwürmchen zu, wie es erstarb und schließlich verpuffte, ehe sich die blauen Augen an die Liebste wandten, die ihm die ganze Zeit zugesehen hatte.

  2. Beiträge anzeigen #342
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Melaine biss sich unbewusst auf die Unterlippe und ließ jene nur zögernd wieder zwischen den Zähnen hervor gleiten, als suchte sie halt an ihr, um sich nicht in den Erinnerungen der vergangenen Nacht zu verlieren und war doch schon längst in ihnen versunken. Es schien wie ein Traum mit dem besseren Wissen, dass es doch keiner gewesen war, mit der Hoffnung, dass es keiner gewesen sein durfte und mit dem kleinen Zwicken im Hinterkopf, das nach Zweifeln schrie und allzu gerne die Fröhlichkeit der Zauberin getrübt hätte.

    Mit schiefgelegten Kopf, einem Vogel gleich, der das seltsame Wesen Namens Mensch zu betrachten versucht, der sich auf leichtfüßigen Schritten dem scheuen Tier zu nähern versucht, um ein einziges Mal mit dem Finger über den befiederten Kopf zu streichen, schaute die Rothaarige ihrem Liebsten zu, wie er die Magie zu nutzen versuchte.
    Recht schien er nicht zu wissen, wie er mit der Magie umgehen sollte. Doch das, was er leistet, war ein Anfang und bei allen prüfenden Blicken, die die Wassermagierin leichtfertig zu übergehen versuchte und doch nicht konnte, weil es dennoch gut war, bestand Saleph darin, dass er die ersten Schritte mit Bravour gesetzt hatte.

    „Ich bin sicher!“, antwortete Melaine mit einem geheimnisvollen Lächeln auf die Frage des Novizen, die er eigentlich dem Brot zugesprochen hatte, und schlenderte mit ruhigen Bewegungen der Bettkante entgegen, „Sowohl das Brot, als auch deine Magie. Mach dir keine Gedanken!“, beschwor die Lehrmeisterin ihren Schüler, als sie vor ihm stand und die eine Hand auf seine Schulter gelegt hatte. Langsam ließ sie sich neben ihm auf das Bett nieder und ließ die Hand streicheln über den Rücken gleiten.

    „Schau und sag mir, was du spürst!“, forderte die Maga den Gärtner auf und ließ ihrerseits eine kleine, orange schimmernde Kugel entstehen. „Licht erfordert das beständige Halten der Magie, das ewige Fließen des Stromes. Wenn du sagst, es sei, wie einen Muskel anzuspannen, die Magie zu wirken, dann versuch ihn nicht zu entspannen, versuch mehr zu geben, als nutzest du die letzte Kraft um ein Unmögliches befangen zu bewerkstelligen, einen Stein zu heben, der einem Berg gleichkommt.“, versuchte die Grünäugige zu erklären und schaute dabei sehnsüchtig in das wogende Blau hinab, von dem sie hoffte, dass es sie auffangen würde, wenn sie stürzte, wenn sie fiel, um mit ihm zu fallen, weil sie wusste, dass sie einander den nötigen Halt gaben.
    Die Erinnerungen zuckten in einer kleinen Ecke des Hauses, versuchten von dem Stuhl zu springen, auf denen die befohlen wurden und an welchem trotzdem die Ketten vergessen worden waren, wissend, dass es keinen Sinn hätte.
    Sie sehnte sich nach seiner innigen Umarmung, sehnte sich nach leidenschaftlichen Tanz ihrer Lippen und…

    Mit einem leisen Seufzen schüttelte Melaine den Kopf, lenkte die Magie weiter in die Kugel hinein und ließ sie wachsen. „Mehr Magie ist das erste. Es ist gleichsam wie ein Muskel. Je mehr du ihn nutzt, desto leichter fällt es dir mit der Zeit, desto mehr wird er leisten können. Aber es wird nicht einfacher, weil es immer ein wenig mehr zu entdecken gibt!“, sprach die Zauberin und ließ die Hand kraulend über den Nacken des Liebsten wandern.

    „Magst du noch einen Versuch unternehmen?“, fragte die Rothaarige und lächelte ermutigend. „Möchtest du versuchen, dein Empfinden dabei ein wenig näher zu beschreiben? Nur soweit du kannst… Das ist ebenfalls nicht leicht, aber vielleicht hilft es dir… oder mir, dir zu helfen. Oder gar nicht…“, fügte sie ein wenig leiser hinzu und versuchte ihr Lächeln zu erhalten.

  3. Beiträge anzeigen #343
    banned
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    AnnaJoseph ist offline
    Bis zu den Bergen war es nicht mehr sonderlich weit und nur einmal schliefen die Reisenden noch, mehr oder weniger. Sie schienen wirklich nach Hause gehen zu können und nicht noch einmal von der Anomalie verschluckt zu werden. Irgendwann war es sogar so weit, dass Lopadas und Medin den Weg erkannten, den sie fanden, der zurück nach Khorinis führte. Dunkelgrüne Bäume waren es, die dort auch standen, und Blumen gab es sehr viele im hübschen Khorinis. Nicht so böse Monster, unheimlicher Regen und böses Summen wie im bösen magischen Tal. Es schien sogar weiterhin die Sonne auf braune Wege.
    So verging dann nicht viel Zeit, bis der Tempelvorsteher nach Hause ging. Denn er musste nicht, so wie die anderen, zu Fuß laufen, sondern konnte sich teleportieren, um dort im Kloster den wichtigen Aufgaben nachzugehen. Der Paladin und die Kampfmagier-Novizin würden alleine jeden Banditen vernichten, der ihnen in den Weg kam.
    „Bis demnächst in Vengard“, sagten diese beiden und es war ein nicht sehr trauriger, aber doch ein bisschen trauriger Abschied. Einiges war passiert und man war immer zusammen gewesen. Nun waren alle weg und nur noch sie übrig. Sie mussten mit einem Schiff nach Hause fahren, das wackelte und blöd war.
    Aber noch ein weiteres Tier verschwand aus dem Wald. Es war die Katze mit den vier Ohren auf dem Kopf, die sich auf Lopadas’ Rucksack festgekrallt hatte und mitteleportiert wurde, als dieser unglaublich schnell zurück kam. Und so fragte Lilo sich, was diese komische Katze wohl daheim in der Hafenstadt machen würde. Die anderen Novizen würden bestimmt nicht schlecht gucken, wenn dieses Tier mit dem Priester mitkam und dort im Tempelviertel herumlief, und miaute und kratzte und biss.
    Schweigen gab es im Wald auch danach noch, aber nicht so viel, weil Lilo ein sehr redseliges Kind war. Sie fragte Medin beispielsweise oftmals, ob er ihren kleinen Flughasen denn niedlich fände. Oft bejahte er es, doch sie war sich nicht sicher, ob das nur daran lag, damit sie nicht sauer war und ihn in Ruhe ließ. Doch schien der General auch zufrieden zu sein, sein kleines ausgerissenes Mädchen wieder eingefangen zu haben. Jetzt war alles schön.

  4. Beiträge anzeigen #344
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Medin ist offline
    Seit sie die Berge Jharkendars hinter sich gelassen hatten und wieder in den Wäldern von Khorinis unterwegs war, hatte sich Medins Laune erheblich gebessert. Mit Lopadas’ Abschied hatte das nichts zu tun, sondern eher mit dem Umstand, dass er sich hier wieder in der Lage fühlte, die Gegebenheiten einzuschätzen. Er kannte die Gegend, wusste ungefähr was los war und hatte alles unter Kontrolle. Alles war bestens.
    Das Wetter war schön, aber nicht mehr so schwül wie in Jharkendar. Die beiden liefen den ebenen Waldweg unter dem Wechsel von Licht und Schatten entlang, nur begleitet durch den Hasen, der manchmal in Lilos Hand und manchmal in ihrer Tasche mitreiste. Sie waren alleine und Medin genoss das. Er hatte schon immer eine Schwäche für einsame Momente in der Schönheit der Natur gehabt, nur dass er jetzt nicht einsam war.
    „Wie willst du eigentlich den Kleinen nennen?“, fragte er die Novizin, nachdem diese dafür gesorgt hatte, dass er dem Hasen gebührende Beachtung schenkte. Er stellte die Frage nicht aus heiterem Himmel auf einmal in die Stille, sondern nebenbei, mitten in einem schönen, unbeschwerten, nicht sehr sinnvollen, aber gut tuenden Gespräch, wie es sich gerne entwickelte, wenn man zu zweit durch einen Wald wanderte.
    „Hase. Keine Ahnung“, erwiderte sie. „Wie soll ich ihn nennen?“
    Medin überlegte kurz. Er wusste doch keinen Namen. Er hatte nur gedacht, dass sie ihm jetzt auch einen geben wollte, nachdem Lopadas’ Katze einen hatte.
    „Braucht er überhaupt ’nen Namen? Kann ich ihn denn behalten?“, fragte sie sofort weiter.
    „Weiß ich nicht“, gab der General zu. „Aber wo Lopadas’ Vierohr einen hat, fühlt er sich vielleicht diskriminiert.“
    „Dann denk dir einen Namen aus.“
    „Wieso ich? Ist es mein Hase?“
    „Du bist ja nur einfallslos und doof“, antwortete sie, nachdem sie einen kurzen Moment stur geradeaus geschaut hatte.
    „Ich weiß“, sagte Medin ein bisschen traurig und blieb stehen, obwohl sie nicht wirklich böse geklungen hatte. „Deshalb streichelst du ja auch lieber den Hasen.“
    „Dann muss ich mir halt ’nen Neuen suchen“, war sie etwas genervt und blieb ein paar Schritte weiter ebenfalls stehen, um wartend nach hinten zu schauen.
    „Wenn das so ist …“ Nun spielte Medin den Beleidigten und rührte sich nicht von der Stelle. „Dann geh doch.“
    „Soll ich?“ Nun klang ihre Stimme leise und fast unsicher.
    Nein, sollst du nicht.
    „Na wenn ich einfallslos und doof bin.“
    „Mich will aber niemand. Außerdem werde ich dann von einem Wolf gefressen … oder so.“ Ihre Argumentation war nachvollziehbar – wenn auch nicht unbedingt stichhaltig - und Medin wollte ein bisschen schmunzeln, um dann wieder zu ihr zu gehen. Wenn sie halt nur ihn haben konnte … Alles war bestens.
    „Also ich würde sie nehmen.“
    In der Unterhaltung hatte Medin nicht gehört, dass das Vogelzwitschern verstummt war und es hatte auch keinen verräterisch knackenden Zweig gegeben. Sie waren auf einmal da. Neben Lilo war ein ziemlich drahtiger Mann getreten, der wohl ein bisschen jünger als Medin war. In seiner Hand spielte er mit einem ziemlich blank blitzenden Degen.
    „Die ist doch nichts für dich“, meinte ein deutlich älterer Halunke mit einer üblen Narbe im Gesicht, der auf der anderen Seite des Wegs aus dem Unterholz trat. Die beiden sahen ziemlich abgerissen aus, waren dürftig rasiert, hatten aber Waffen und auch einen Lederschutz. Für Medin blieb keine Schrecksekunde, in der ihm die Gefahr glühendheiß bewusst werden konnte. Dass eben noch alles bestens gewesen war, spielte keine Rolle mehr. Er reagierte nur, wie er instinktiv sofort reagierte.
    „Weg!“, stieß er keinesfalls laut sowohl an Lilo als auch an die beiden Banditen gerichtet hervor, während er über die Schulter langte.
    „Nö, stehen bleiben“, meinte der junge Kerl, der nun direkt neben Lilo stand, ziemlich gelassen und nickte zur Seite. Eine dritte Person war am Wegesrand aufgetaucht. Der Mann war der jüngste, sicher noch keine achtzehn Jahre alt, hatte dafür eine geladene Armbrust in der Hand, die direkt auf Medin gerichtet war. Der General erfror in seiner Bewegung.
    „Schon besser“, meinte der Degenschwinger sichtlich zufrieden. „Wir wollen gar nicht groß stören, sondern euch nur von unserer Anwesenheit befreien.“ Medin wusste, was jetzt kam. Eigentlich hätte er damit rechnen müssen. Akil hatte es ihnen doch gesagt, aber das schien Jahre her zu sein.
    „Genau, wir wollen nur eine kleine Spende und dann gehen wir wieder“, meinte der ältere Kerl. „Zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft.“
    „Ach so, für einen guten Zweck.“ Lustig fand Medin das nicht, aber es hätte schlimmer kommen können. Seine Hand war bereits am Geldbeutel, um ein paar Münzen rauszuholen.
    „Viel ist das aber nicht“, meinte der ältere Kerl, als er gar nicht so wenig bekommen hatte. „Wir sind immerhin zu dritt.“
    „Und wir nur zu zweit“, erwiderte Medin mit finsterer Miene. Der andere lachte.
    „Gutes Argument.“
    „Ihr seht trotzdem wertvoller aus“, ergriff der Junge, dessen Degen inzwischen ruhte, wieder das Wort und wandte sich Lilo zu. „Ich meine, ein Mädchen und ein schwer bewaffneter Krieger, die auf dem Weg nach Khorinis zu sein scheinen … Sag mal, Kleine, bist du eine Prinzessin oder so und das da ist dein Ritter?“
    Geändert von Medin (25.07.2009 um 19:20 Uhr)

  5. Beiträge anzeigen #345
    Sword Master Avatar von Florence
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    Florence ist offline

    Khorinis Stadt

    Während man ihr noch gesagt hatte, sie solle einen Tag später wieder die Kneipe besuchen, so hatte sie gestern vor einer zugeschlossenen Tür gestanden. Auch nach mehrerem Klopfen hatte sie niemanden innerhalb des Raumes hören können. Entweder der Wirt war krank geworden oder aber hier geschahen Dinge, in die sie nicht weiter involviert sein wollte.
    Und so hatte sie sich eine der anderen Schanken ausgesucht, die es in Khorinis gab. Die Kundschaft dort war – man konnte sagen – von höherem Stand. Zumindest dem Aussehen nach. Während sie in den Kneipen im Hafenviertel meist unrasierte und ungepflegte Menschen sah, die zudem oft heruntergekommene Kleidung trugen, so konnte sie hier das genaue Gegenteil erkennen: Mann rasierte sich, Frau trug Abendkleidung – wenn auch nicht so prächtig wie einst – und auch die Gespräche waren ruhiger und dafür aufgesetzter.
    Nichts für sie, wie sie schnell festgestellt hatte und so hatte sie sich aus dieser „Schanke“ – man könnte es schon fast Gaststätte nennen – schnell verabschiedet. Hier hätte sie eh keine Informationen gefunden, dessen war sie sich sicher gewesen. Stattdessen hatte sie sich wieder in einem der billigen Hotels ein Zimmer gemietet, wobei sie dabei fast ihr letztes Gold verbrauchen musste.

    Und so musste sie heute Informationen erhalten oder aber ohne solche aufbrechen und sich auf die Suche machen. Noch eine Nacht könnte sie sich hier lediglich leisten, mehr nicht und dies war gewiss. In der Wildnis wusste sie, wie sie leben konnte, wie sie ohne große Aufwendung einen trockenen und sicheren Schlafplatz fände. Nur wohin sollte sie reisen? Wie sie in einigen Gesprächen gehört hatte, waren das Kloster und die Tempelanlagen Jharkendars verlassen. Wie es um das Sumpftal stand, wusste sie nicht. Doch dies als einzigen Anhaltspunkt zu nehmen könnte sie auf eine lange Reise schicken, ohne dass sie jemals die Templer fände – wenn es sie überhaupt noch gab.
    So in Gedanken erreichte sie bald ihr Ziel und drückte sogleich gegen die Tür: Sie öffnete sich mit einem Knarren.
    Endlich mal Glück!
    Als sie die Tür langsam hinter sich zufallen hörte, schaute sie sich in dem Schankraum um. Die kleine Runde, die hier sonst anzutreffen war, schien heute auf zwei Mann geschrumpft zu sein: Einerseits der Wirt, der ihr einen genervten Blick hinüber warf und ein Mann, der ihr nicht bekannt vor kam. Er trug einen Schnäuzer und längeres, braunes Haar. Doch was ihr besonders auffiel, war dessen Kleidung und sein wettergegerbtes Gesicht.
    „Ah, da seid ihr“, meinte der Wirt wenig freundlich.
    „Ja, da wäre ich“, antwortete sie und trat etwas näher, die Hand niemals von dem Griff ihres Schwertes nehmend. „Auch wenn ich scheinbar einen Tag zu spät bin.“
    „Gestern gab es einige... Komplikationen“, kam es wieder vom Wirt. „Dies hier“, und er deutete auf den anderen am Tisch, „ist derjenige, der euch vielleicht helfen kann. Er jagt außerhalb Khorinis und bereits dabei weiter Teile der Insel.“
    Langsam stand der andere auf und trat auf sie zu. Florence machte automatisch einen Schritt zurück, doch der andere erhob seine Hand – und ihr war es so, als könnte sie ihm vertrauen. „Habt keine Angst, Florence“, meinte er. Seine Stimme klang jung, sein Äußeres hingegen verriet aber, dass er bereits die Blüte seines Lebens hinter sich haben musste. „Ich hörte, ihr sucht die Templer? Ich kann euch nicht versprechen, dass wir sie finden, doch bin ich sehr zuversichtlich. Wenn ihr mir denn folgen wollt.“
    „Ich weiß ja nicht einmal“, begann Florence, „wie ihr heißt, geschweige denn, ob ich euch vertrauen kann.“
    „Mein Name ist Lucio“, antwortete der Jäger. „Und ob ihr mir vertrauen könnt, müsst ihr selbst entscheiden. Ich kann euch nur eines anbieten: Kommt morgen früh zum Marktplatz, wollt ihr tatsächlich die Templer finden.“
    „Ich kann es mir überlegen“, meinte sie.

  6. Beiträge anzeigen #346
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    AnnaJoseph ist offline
    So viele Sachen hätten Lilo im Kopf herumgehen können. ‚Seht mal her, was ich kann.’ Sie hätte alle in einer großen Kugel verbrennen und sie mit großen Blitzen erschlagen können, sodass sie tot wären, bevor sie auch nur den Mund aufmachten, oder sie damit bedrohen können … Sie hätte so viele schlagfertige Antworten haben können, die einfach nur dazu dienten, cool zu sein. Es richtig zu machen. Aber wie so oft war bei diesen fremden Menschen nun ihre große Klappe verschwunden und sie war nur noch ein hilfloses Häschen, alle großen Reden und Meisterleistungen verschwunden. Und das obwohl die Situation gar nicht so schlimm war.
    Worte hatte sie nicht, und demzufolge tat sie auch nichts. Sie war ein ängstlicher Grashalm, während Medin die Angelegenheit regelte. Er hatte Geld, er hatte keine Angst … Er hatte alles, was sie nicht hatte. Denken konnte sie kaum.
    „Hey, Mädchen … Bist du stumm?“ Der junge Kerl mit dem Degen fasste sie an der Schulter an, vielleicht um sie zu schütteln und zu einer Antwort zu bewegen, doch obwohl sie sich kaum bewegt hatte, als seine Hand sie berührte, zuckte er mächtig zusammen und fuhr sofort zurück.
    „Au, du kleine --!“ Er sah so aus, als ob er sie zurückschlagen wollte, schien sich aber dann doch, vielleicht angesichts der eben gemachten Erfahrung, zurückzuhalten und sah sie zähneknirschend an. „Was ist das für eine komische Schlampe?“, fragte er, jetzt weniger lustig gestimmt, halb an seine Kollegen und halb an Medin gewandt, schien aber keine Antwort von ihnen zu erwarten. Sein Degen schaukelte direkt neben ihr.
    „Rede!“, fuhr er sie nochmal grob an und machte damit klar, dass er sie hören wollte und nicht wieder den General.
    „Ich … bin keine Prinzessin und er ist nicht mein Ritter. Er ist mein Onkel und wir wollen tatsächlich in die Stadt.“ Ihre Stimme klang erstaunlich ruhig, wenn auch ein bisschen zittrig, als würde sie bald in Tränen ausbrechen, was sie aber ziemlich gekonnt überspielte. „Und ich bin die Königin.“, fügte sie fast mit einem Augenrollen in der Stimme hinzu, als der Typ sie weiter ansah.
    „Haha, kein Glück mit den Frauen, was, Piet?“, lachte der ältere Mann herzhaft, als er den Gesichtsausdruck des jungen Mannes, offensichtlich Piet, sah. Doch der Dritte mit der Armbrust unterbrach die beiden.
    „Seht euch mal das Viech an, was sie da in der Hand hat …“, sagte er, nachdem er sie von weitem angestarrt hatte, tat so, als wären Anna und Medin gar nicht da, und kam einen Schritt näher. „Ein Hase mit Flügeln …“ Seine Stimme zeigte so etwas wie eine Mischung aus Faszination und Irritation.
    Anna wich mit unbeweglicher Miene einen wnizigen Schritt zurück, und ihre Finger umklammerten das Häschen ein bisschen fester, dessen Wärme und Atem sie durch sein Fell spürte. Sie wagte es kaum, Medin anzusehen, doch dass er da war, war das einzige, was sie beruhigte.
    Piet warf dem Tier einen misstrauischen Blick zu, schien sich aber nicht sonderlich eingängig dafür zu interessieren.
    „Dein Onkel also? … Bist du sicher, dass du ihn nicht vögelst?“ Er nickte einmal mit einem abschätzigen Blick zu Medin. Da sie keine Antwort ablieferte, sagte er: „Na ja, ist ja eure Sache … Jedenfalls kommt ihr jetzt erst mal mit.“
    Geändert von AnnaJoseph (25.07.2009 um 20:47 Uhr)

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    Krieger Avatar von Vainguard
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    Vainguard ist offline

    In Jharkendar

    Sie durchquerten den Tunnel, auf dessen anderer Seite schon eine Halle, welche mit angezündeten Fackeln erhellt war wartete. Der Nordmann war erstaunt, dass diese Fackeln noch immer brannten, da offenbar niemand hier war. Xatras fügte noch ein >>Wow, ist das schön hier!<< hinzu, als Vainguard sein Schwert zog, da es hier für ihn zu ruhig war. Irgendetwas war hier faul, diese Stille. Warum sollte der Tunnel so verborgen, sein wenn nicht irgendetwas dahinter lag. Und dieses etwas gehört bewacht.

    >>Rücken an Rücken, irgendwas ist hier faul<<, forderte er Xatras
    >>Wenn du meinst<<, äußerte der Begleiter
    Mit dem Schwert fest an die Wange pressend, und vor sich herhaltend durchstreiften sie Rücken an Rücken die Gänge. Die Mauern schienen noch nicht alt zu sein, dafür war ihre Gravur zu ausgeprägt und zu gut erhalten. Die Buchständer, auf denen keine Bücher lagen, waren voll übersäht mit Spinnenweben. Sie mussten jetzt in diesem Land sein, von dem der Wirt gesprochen hatte. Jharkendar. Was war da vorne?
    >>Eine Ratte!<<, schrie Vainguard, sodass Xatras anfing zu lachen
    >>Nein, eine riesige Ratte! Schnell hilf mir!<<, schrie er, während er mit dem Schwert auf das Vieh zu rann. Ein Hieb von links nach rechts, sodass das Blut auf sein Antlitz spritzte und anschließend noch ein Hieb von oben nach unten durch den großen Schädel des Viechs, dass es lauthalsig noch einen letzten Schrei von sich gab, und es kehrte wieder diese seltsame Stille ein. Vainguard wischte sich erstmal das Blut von der Stirn, als Xatras schon auf das nächste Biest hinwies. Am Ende des Ganges war ein Hund zu sichten. Ein sehr unnatürlich großer Hund.

    Vainguard zog seinen selbstgebauten Myrthanaeichenholzbogen und legte einen besonders spitzen und schneidigen Pfeil ein. Er kniete nieder, was dem ganzen eine gewisse Dramatik und Stabilität gab und ließ die gespannte Sehne los. Noch während der Pfeil durch die erhallten Gänge surrte griff er geübt nach hinten und legte den zweiten Pfeil ein. Er spannte erneut, und erst als der erste Pfeil eintraf ließ er nocheinmal los. Das ganze wiederholte sich noch zwei Mal und schließlich kam der übernatürlich-große Hund vor ihm zu erliegen.

  8. Beiträge anzeigen #348
    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    „Wohin?“, fragte Medin und hatte die Pause genutzt, um an die Novizin heranzutreten. Der Typ mit der Armbrust hatte ihn gewähren lassen. Ihm und seinen Kumpanen war wohl genau wie Medin klar, dass der Südländer direkt neben der Kleinen nie wagen würde die Waffe zu ziehen, wenn so viele Gegner und obendrein noch eine Armbrust im Spiel waren.
    „Zu unserem Boss natürlich“, meinte der ältere Mann. „Der wird schon wissen, ob ihr zwei Hübschen uns was bringt.“
    „Die Kleine bringt euch nichts“, startete Medin einen von vorne herein zwecklosen Versuch, indem auch Verzweiflung lag. Hatten sie nicht schon genug durchgemacht? Musste Lilo noch mehr passieren? Aber er musste stark sein, vor allem für sie.
    „Möglich, aber solange sie dabei ist, spurst du, oh großer gefährlicher Onkel.“ Die helle Haut auf der dicken Narbe verzog sich stark, als der Wegelagerer ein dreckiges Grinsen zeigte. Nichtsdestotrotz hatte er mit seiner Beobachtung den Punkt getroffen. Lilo war für Medin die schlimmste Geisel, die sie haben konnten.
    „Die Verhandlungen sind noch nicht eröffnet“, ließ der Junge mit der Schusswaffe für sein Alter ziemlich selbstbewusst verlauten. Eine geladene Armbrust verlieh anscheinend einiges Selbstvertrauen. „Wir wollen alle deine Waffen auf dem Boden liegen sehen. Los.“
    Der Paladin murrte nicht, sondern spurte, wie es der Bandit prophezeit hatte. Seine beiden Waffengurte und die Dolche lagen auf dem Boden. Dann wurde er von Piet an wirklich jeder Stelle abgetastet. Die Jungs waren gründlich, das musste auch Medin ihnen lassen.
    „Ist das alles?“, fragte Piet nach der Kontrolle trotzdem noch einmal.
    „Weißt du doch“, entgegnete Medin eisig und verschwieg die Wurfmesser, die nutzlos in seinem Rucksack verstaut waren.
    „Nicht pampig werden, mein Herr.“ Piet lächelte freundlich. „Wir machen auch nur unseren Job.“
    „Genug jetzt“, mischte sich das Narbengesicht wieder ein und dann marschierten sie auch schon los. Piet ging voran, während das Narbengesicht und der Armbrustjunge (das waren für Medin nun ihre Namen) den Schluss bildeten. Dazwischen gingen die beiden Geiseln, Medin dicht neben Lilo. Er hatte sie bei der Hand genommen.
    „Uns wird nichts passieren“, sagte er ruhig zu ihr und drückte ihre Hand ganz fest. Die anderen konnten sie problemlos hören, sagten aber nichts.
    Der Weg war nicht sehr lang, wenn auch etwas beschwerlich, da er permanent durch das Unterholz der khorinischen Waldes führte. Schließlich endete er ziemlich abrupt vor einer Felswand zwischen zwei vom Wetter gegerbten Zeltplanen und einem eindrucksvollen Höhleneingang.
    „Die Bauern aus der Gegend nennen es das Tor zur Unterwelt“, bemerkte der Armbrustjunge mit gespielt gruseliger Stimme.
    „Du laberst zu viel“, brummte Narbengesicht. „Los, rein mit euch. Der Boss ist da.“
    Den Boss sah Medin nicht, sondern nur zwei Fackeln, als sie so tief in der Höhle waren, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen mussten. Lilo ließ er nicht los.
    „Boss, wir haben zwei Geiseln“, hörte er Piets Stimme. „Die bringen vielleicht was.“
    „Was?“, hörte er eine kratzige Stimme fragen, ohne dass darin die Erwartung auf eine Antwort lag. Schließlich erkannte er die Umrisse eines Mannes, der ungefähr so groß wie er war und langsam schälte sich auch ein Gesicht heraus. Es war müde. Das Gesicht wirkte müde, als er es das erste Mal sah, mit Ausnahme der Augen. Die waren wach und konzentriert. Einige Momente schien der Mann sie zu begutachten, als wären sie Ware.
    „Vorsicht vor der Kleinen“, warnte Piet aus dem Hintergrund. „Mit der stimmt was nicht. Hat mir vorhin eine gewischt.“
    Der Boss ignorierte ihn. Er schaute Anna genau an – der General drückte ihre Hand – und wandte sich dann wieder Medin zu. Auch ihn musterte er genau, ohne ein Wort zu sagen. Piet hielt ebenfalls die Klappe. In der Höhle war es nun still. Die Spannung, die in der Luft lag, war gefährlich.
    „Die bringen nichts“, meinte der Boss schließlich und Medin war überrascht. Keine Frage, nichts. Kein Urteil. Für einen Moment wollte ihn Panik überkommen. Was würde nun geschehen? Kehlen durchschneiden und im Wald verrotten lassen? Und Lilo …
    „Ihr seid doch Medin, richtig?“ Die Frage überraschte ihn nun genauso. Einen Moment wusste er nicht, was er antworten sollte. Die Wahrheit natürlich, war sein Gehirn schneller als die Zunge.
    „Ja, der bin ich. Kenne ich euch?“
    „Ihr habt euch nicht sehr verändert, General“, antwortete der Mann mit einem schwachen, aber ehrlichen Lächeln und schüttelte ihm auf einmal die noch freie Hand. „Wahrscheinlich erinnert ihr euch nicht an mich. Mein Name ist Kolja und ich bin seit sieben Jahren bei der Stadtwache von Khorinis. Entschuldigt die Behandlung.“
    In der Tat fiel bei Medin kein Groschen, dafür aber ein großer Stein direkt von seinem Herzen. Sie waren bei Freunden.
    „Wir hätten es wohl schlimmer treffen können“, sagte Medin sichtlich erleichtert.
    „Und du bist dann Lilo“, schüttelte er nun auch die Hand der Novizin, die Medin freigegeben hatte. „Ich hoffe, Piet war nicht zu unverschämt.“
    „Ähm“, erwiderte sie nur ein bisschen nervös.
    „Akil hat uns noch von einem Magier erzählt“, fuhr Kolja unbeirrt fort.
    „Wir haben uns getrennt und sind jetzt nur noch zu zweit unterwegs.“
    „Ach so. Wärt ihr zu dritt, hätten euch die Jungs sicher nicht aufgegriffen. Alleine oder zu zweit kann das eine gefährliche Gegend sein.“
    „So?“, erwiderte Medin mit Skepsis. Immerhin sprach Kolja von Gefahren, zu denen er selbst gehörte. „Was macht ihr hier draußen?“
    Der Soldat schaute ihn einen Moment an.
    „Kommt, wir setzen uns nach draußen.“
    Vor der Höhle bei den Zeltplanen gab es ein paar Baumstämme, die um eine Feuerstelle herum gute Sitzgelegenheiten boten. Medin, der immer noch nicht von Annas Seite wich, hatte darauf geachtet, dass sie nicht neben Piet saß.
    „Wir sind Wegelagerer“, gab Kolja dann zu, auch wenn man hörte, dass er es nicht gerne zugab.
    „Warum habt ihr die Stadtwache verlassen?“, wollte Medin wissen, ohne dass er es für ein zu großes Risiko hielt.
    „Habe ich nicht!“, entgegnete der Banditenführer bestimmt. „Ich bin nach wie vor ein Soldat der Miliz von Khorinis und Marlo auch.“ Er nickte zu dem Narbengesicht. „Habt ihr euch mal in letzter Zeit dort umgeschaut?“
    „Ja …“, gab Medin nun zu, der ahnte, wo das hinführte.
    „Vielleicht wisst ihr’s ja: Die Lords Hagen und André haben schon vor einer ganzen Weile die Stadt verlassen und dann ging irgendwie alles den Bach runter. Korruption gab es immer, auch damals, bei allem Respekt, aber nachdem die Paladine weg waren, gab es nichts anderes mehr. Nun ja, die Geschichte ist kurz: Ich habe mich in der Stadt bei den falschen Leuten unbeliebt gemacht und musste abhauen, da ich an meinem Leben hänge. Marlo ging es ähnlich, genau wie noch ein paar andere Jungs, die gerade zu Akil unterwegs sind.“
    „Also seid ihr Rebellen?“
    „Wenn ihr so wollt.“ Der Soldat klang resignierend. „Rebellion gegen eine nicht greifbare Herrschaft ist schwer möglich. Wir versuchen Ordnung zu halten, die Wege sicher zu halten, die Bauern ein bisschen zu unterstützen. Dafür sind wir Gesetzlose geworden, aber das Gesetz ist nichts mehr wert. Gar nichts.“
    „Wir sind das kleinere Übel“, ergänzte Marlo. „Wir erleichtern die Reisenden nur um ein paar Münzen, um selbst leben zu können. Andere würden sie um mehr erleichtern.“
    „Und gehört Freiheitsberaubung auch zu diesem kleineren Übel?“
    „Niemand kommt zu Schaden“, erklärte Kolja. „Wenn jemand in Khorinis was wert ist, erpressen wir ein bisschen Lösegeld. Dort, wo es Korruption gibt, gibt es Geld. Das ist also nur eine Art Vermögensverschiebung. Bei uns ist das Geld besser angelegt.“ Marlo grinste die Ironie begleitend. Das sagte wohl jeder Bandit.
    „Wer nichts wert ist, wird aber wieder laufen gelassen, nachdem er bei uns eine warme Mahlzeit hatte“, ergänzte der Milizsoldat weiter. „Wo wir gerade dabei sind: Es wird Zeit für’s Abendessen.“

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    Nein, dachte Lilo und schaute zu Medin hoch, damit er zu ihr sehen sollte. Sie fühlte sich unbehaglich und fand das alles hier blöd. Sie wollte nicht mit denen essen.
    Medin sah sie ganz normal an, als sein Blick von dem Waldmann zu seiner kleinen Freundin wanderte. Er hatte noch so normal mit ihnen geplaudert. Nur sie war so doof und wollte weg. Für sie machte es keinen Unterschied. Für sie waren Milizen genauso Verbrecher wie Verbrecher … Und sie hatte auch nicht vergessen, was die eben gemacht hatten. Wie konnte er das?
    ‚Ich will nicht’, dachte sie angestrengt, schüttelte so unmerklich den Kopf, dass es niemand von den anderen mitbekam, und machte ein trauriges Gesicht, als würde sie ihn anbetteln. ‚Papa, gehen wir nach Hause?’ Das Baby möchte nicht.
    Sein Blick veränderte sich kurz, und sicher hatte er sie irgendwie verstanden, doch zählte ihre Meinung auch nicht so viel und er drehte sich wieder zu dem Anführer, dessen Name er kannte.
    „Gegen eine warme Mahlzeit in so sicherer Gesellschaft hätte ich natürlich nichts.“, sagte er höflich in einem unterschwellig lustig gemeinten Ton zu dem Mann, der lächelte. Er musste ja antworten und so schnell hatte er sie nicht beachten können, und sie rutschte noch dichter zu ihm und hielt sich an seinem braungebrannten Arm fest.
    Da hüpfte das Häschen mit kleinen Flugbewegungen von ihrem Schoß und roch an einem Grasbüschel auf dem Boden. Dann fing es an zu knabbern, es hatte Hunger. Eigentlich wollte Lilo nicht, dass es abhaute und jetzt von ihr wegging, doch sie wollte das Tier auch nicht vom Fressen abhalten. Leeren Blickes schaute sie den Anführer Kolja an und dann wieder nach unten zum Hasen. Die Männer waren blöd, und er redete mit ihnen. Aber brav schwieg sie.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die vier Wegelagerer gingen los, um das Zeug für einen guten Eintopf zu holen. Die Männer schienen geradewegs ein bisschen enthusiastisch zu sein. Anscheinend hatten sie selten wohl gesonnenen Besuch, der sie nicht als Abschaum oder Ausgestoßene betrachtete. Weniger zu freuen schien sich Lilo, die keine große Lust hatte hier noch länger zu bleiben. Medin konnte das verstehen, aber zumindest bis nach dem Essen würden sie noch bleiben müssen.
    „Wir bleiben nicht lange“, lächelte er, um sie ein bisschen aufzumuntern und gab ihr einen Kuss. Es war der erste seit der Aufregung des Überfalls und irgendwie brachte er für Medin einiges wieder in Ordnung – und für sie hoffentlich auch.
    Als die Gesellschaft eine gute Stunde später um den Kessel saß und den etwas dünnen aber keinesfalls schlecht schmeckenden Eintopf löffelte, war die Anspannung des Überfalls völlig verschwunden.
    „Wie viele seid ihr hier eigentlich?“, wollte Medin zwischen zwei Happen wissen.
    „Wir vier und noch drei, die heute wohl bei Akil bleiben“, antwortete Kolja. „Er hilft uns oft. Als ich aus der Stadt geflüchtet bin, konnte ich eine Weile bei ihm unterkommen. Hab ihm auf dem Hof geholfen, aber dann kamen die ‚Kameraden’ aus der Stadt und wollten die Steuer eintreiben. Da musste ich verschwinden und seit dem sind wir in den Wäldern unterwegs.“
    „Für das Gebiet seid ihr dann nicht sehr viele.“
    „Stimmt. Wir wechseln von Zeit zu Zeit den Ort, um in einem größeren Umkreis präsent zu sein … wir tun was wir können. Aber Hilfe könnten wir wirklich gut gebrauchen.“
    Der Oberbefehlshaber wusste, wie das gemeint war und er wusste auch sofort eine Antwort darauf.
    „Aus Vengard könnt ihr keine Hilfe erwarten.“
    Koljas Miene verfinsterte sich.
    „Läuft der Krieg so schlecht?“
    „Wie man es nimmt. Dafür, dass wir ihn eigentlich schon verloren hatten, schlagen wir uns gut. Die Orks standen schon vor und in der Hauptstadt, aber wir haben sie wieder zurückschlagen können. Seit dem herrscht ein Status Quo, bei dem sich jeder macht so gut er kann. Aber für Khorinis können wir nichts erübrigen“, fügte Medin bedauernd hinzu. „Tut mir Leid.“ Er wäre wahrscheinlich der erste, der hierher eine Truppe führen würde, aber mit diesem Gedanken hatte er schon vor einiger Zeit abgeschlossen.
    „Verstehe.“ Der Milizionär war kurz angebunden.
    „Wenn ihr hier nicht mehr weiter machen wollt … Leute wie euch können wir in Vengard gut gebrauchen.“
    „Tut mir Leid, Sir, aber ich verlasse Khorinis nicht“, bekam er die entschiedene wie auch erwartete Antwort. „Das ist meine Heimat.“
    „Aye, ich weiß, was ihr meint“, sagte Medin und löffelte weiter seine Suppe aus.

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    So kompliziert und undurchsichtig die Magie sein mochte, so einfach konnte sie im selben Atemzug sein, dass es selbst dem simplen Verstand des Gärtners nicht aufgefallen war. Immerhin war es seine Idee gewesen, das Zaubern wie das Anspannen eines Muskels zu beschreiben und trotzdem hatte er bisher nie versucht, diesen magischen Muskel gespannt zu lassen, damit das Fünkchen, was sich Licht schimpfen wollte, nicht nach dem ersten Atemzug erlosch. Melaine hatte es vorgemacht mit ihrer orangenen Kugel, die ein Stückchen höher flog und die hölzerne Decke sanft wie die untergehende Sonne beleuchtete, ehe sie in lauter kleine Teilchen zersprang, die zu Boden regneten und verglühten. Nun also hatte sie aufgehört, den angewachsenen Zauber zu speisen und eigentlich war es dermaßen simpel, dass man selbst darauf hätte kommen müssen. Jedoch war dies letztlich nur die Theorie und in der Praxis hatte sich das Zaubern schon des Öfteren als widerspenstig erwiesen.

    „Ja, ich probier’s nochmal und dann sag ich dir, wie es sich anfühlt... oder probiere es zu beschreiben.“ Erneut faltete Saleph die Hände, an denen der getrocknete Teig eine dünne Kruste gebildet hatte und schloss die Augen, um die nötige Konzentration zu finden. Die Idee, sich nur den einen Stern vorzustellen und nicht auf die gesamte Erinnerung mit ihren ablenkenden Details zurück zu greifen, hatte sich bewährt und würde auch dieses Mal ein Ergebnis zustande bringen – da war er sich sicher. Nur in welcher Form und wie lange es Bestand haben würde, stand auf einem ganz anderen Papier geschrieben. Mit einem Punkt hatte die Wassermagierin zum Glück recht: Je öfter er dieses Lichtchen beschwor, desto einfacher ging es und das obschon er es gerade erst zum dritten Male gebrauchte.

    Ein tiefes Raunen entließ die Luft aus den Lungen und den Willen aus dem Herzen, das mit der Macht des Wassergottes aufs Neue den Funken aus dem geistigen Auge in die Wirklichkeit holte. Ein feines Glimmen wie der glühende Span des letzten Feuers erschien auf seinen Befehl und er wuchs. Zwar langsam und auch lediglich auf das altbekannte Maß der Daumendicke, doch es galt mehr zu holen und als spannte der Novize tatsächlich die Muskeln an, kniffen sich die Augen zusammen und das Licht schwoll. Jeden einzelnen im Körper glaubte er benutzen zu müssen, obwohl es wesentlich einfacher hätte sein sollen, aber war es ein gemachter Anfang, auf den es zu bauen galt und der Lehrmeisterin ein zufriedenes Lächeln in die Züge malte. Viel zu verkrampft ging der Novize bei der Benützung seiner Magie vor und verhinderte letzten Endes selbst die Entstehung einer vernünftigen Kugel. Immerhin war das eigene Konstrukt bereits faustgroß, wenn auch eine kleine Faust, jedoch merklich verbessert, ohne dabei die Form zu erwähnen, die eher an eine an die Wand geklatschte Frucht erinnerte.

    Geräuschlos zog sich das leuchtende Ding in sich zusammen, nachdem es einen Moment hatte existieren dürfen und verpuffte schließlich in den unendlichen Strömen der allgegenwärtigen Magie. „Was ist los?“ Die Frage der Zauberin war berechtigt, denn war die Aufgabe gewesen, das Licht nicht nur wachsen, sondern auch länger im Raum zu belassen. Saleph schnüffelte zwei Mal kurz, kräuselte dabei die Nase und brühwarm fiel es dann auch der Rothaarigen auf, die mit einem Satz den filigranen Körper vom Bett erhob und zum Ofen eilte. „Ist es verbrannt?“, wollte der Gärtner wissen und roch, wie die Feuerstelle den Geruch frischgebackenen Brotes verströmte, das sich kurz darauf auf dem Tisch befand. Und auch an den Unterricht dachte bald keiner der beiden Adanosdiener, als sie bequem in ihrem Bett lagen und sich gegenseitig mit den warm dampfenden Brotstücken fütterten. Wieder war nichts geschehen. Keine unheimliche Kreatur, kein Test, nichts. Der merkwürdige Traum von neulich schien immer mehr in Vergessenheit zu geraten und fast schon wollte Saleph glauben, dass das Schicksal tatsächlich ausschließlich in der eigenen und nicht in der Hand der Götter lag.

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    AnnaJoseph ist offline
    „Wenn wir wieder Zuhause sind, wirst du wieder den ganzen Tag bei den blöden Soldaten in der Burg sein“, sagte Lilo traurig, als die beiden durch den kalten Waldweg schlenderten. Jetzt war noch alles gut.
    „Ja, du weißt doch, wie das ist“, antwortete Medin gleichmütig und sein Blick war irgendwo zwischen den Bäumen und der Erde.
    Aber das war doch gemein. Nur was sollte sie sagen?
    „Du …“, fing sie an, wusste aber nicht, was sie sagen sollte. „Aber in der Burg ist es doch blöd. Kann der König sich nicht einen anderen Befehlshaber suchen?“ Das war naiv und sie wusste genau, was die Antwort war, doch wollte sie es ihm irgendwie mitteilen.
    Eine Weile lang sagte Medin nichts, und sie spürte förmlich, wie er die Lippen zusammenpresste, weil er das von ihr nicht hören wollte. „Könnte er“, sagte er dann immer noch ohne eine erkennbare Regung in seiner Stimme.
    Lilo ließ ihren Mut fallen. Ja, er könnte, aber Medin wollte das nicht. Mit einem schlechten Gefühl im Bauch ging sie weiter, und er schaute sie nicht an. Eine Weile lang passierte nichts.
    Dann fasste Medin sie an der Hand an und ließ sie nicht weitergehen. Als er sie umarmte, kuschelte sie sich auch sofort an ihn, obwohl er so gemein war.
    „Ich hab dich lieb“, sagte er in ihr Ohr, obwohl seine Stimme immer noch ernst und bedächtig klang. Damit war die Sache wohl mehr oder weniger erledigt.
    „Ich dich auch“, antwortete Anna brav, was ja auch stimmte. Sie war so froh, dass er da war und dass er sie immer lieb hatte, aber Zuhause widmete er sich wieder dem Krieg und sie wusste nicht, was sie darüber denken sollte.
    „Billie“, sagte sie dann gedankenverloren, als die beiden Hand in Hand weitergingen, als wäre sie ein Kind, das nicht lange an schlechte Sachen denken konnte. „Billie der Hase.“ Er schlief in ihrer Tasche.

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    Deus Avatar von Rodeon
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    „Wie gehen die Reparaturen voran“, fragte der königliche Herold mit dem Namen Rodeon du Nord, der sich nach wie vor auf einer wichtigen Mission befand, den ersten Maat des Schiffes, das bisher mehr Probleme machte als jedes andere Schiff, das ihm je begegnet war.
    „Es wird noch dauern“, sagte der erste Maat teilnahmslos, während er selbst ein Brett zurecht sägte. „Das Schiff selber sollte bald wieder auf Vordermann sein. Mehr Sorgen machen mir aber unsere Vorräte. Ohne was zu futtern kann das Schiff noch so gut fahren, bis zu den Südlichen Inseln schaffen wir es mit einem Loch im Magen sicher nicht.“
    „Gut, dann will ich euch nicht weiter stören.“

    Rod beschloss, mal nach dem Spähtrupp zu sehen, der jeden Moment zurück ins Lager kommen sollte. Schlimm genug, wie sich überhaupt die Lage entwickelt hat. Als hätten sich alle bösen Kräfte dieser Welt gegen sie verschworen, so war es der Expedition vom ersten Tag an schlecht bestellt. Mehr als nur ein Sturm hatte ihr Schiff in Mitleidenschaft geraten lassen. Auch der eine oder andere Seemann, der zur ursprünglichen Mannschaft gehörte, fand sein Ende auf hoher See. Wahrscheinlich wären es noch mehr gewesen, wenn nicht vor einigen Tagen endlich der Ruf „Land in Sicht“ aus dem Krähennest zu vernehmen war. Irgendwo auf Khorinis waren sie – wo genau wusste keiner so recht. Jedenfalls hatten sie in all den Tagen, in denen sie nun hier ankerten, keine Menschen- oder auch Orkseele getroffen, was die Umstände betreffend vielleicht gar nicht so verkehrt war. Immerhin wollten sie nur schnell ihr Schiff wieder seetauglich machen und dann weiter ihre Mission fortsetzen. Sie hatten schon genug Zeit verloren. Ein paar Tage noch, dann würde es auch endlich weiter gehen. Dann auch hoffentlich ohne weitere störende Vorkommnisse.

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    Mythos Avatar von Saleph
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    Saleph ist offline
    Glitzernd schimmerte die nächste Lichtkugel, die in ihrer Form noch immer nicht als Kugel bezeichnet werden konnte, aber immerhin näherungsweise daran herankam. Irgendwann hatte der Novize herausgefunden, wie er die Form selber bestimmen konnte, ohne dass die Magie wie ein wabbeliger Schleimklumpen ihre eigene Erscheinung suchte. Er versuchte sich das Ganze vorzustellen wie seinen Arm, dessen Muskel er anspannen und halten konnte und auf der magischen Ebene war nun auch die Hand hinzugekommen, die einer gewissen Kontrolle entbehrte. Es war schwer das richtige Feingefühl dafür zu entwickeln, um die Zauber den eigenen Vorstellungen nach zu wirken, sie zu beherrschen und eigentlich wäre es das falsche Wort, denn Saleph war alles andere als ein Herrscher über die göttliche Kraft. Nur Adanos alleine erlaubte es ihm sie zu nutzen, doch den Umgang mit der Leihgabe musste sich sein Diener selbst aneignen.

    Der Gärtner wusste nicht einmal mehr, wie viele von diesen möchtegern Lichtkugeln er bereits beschworen hatte, denn ab einem gewissen Punkt war das Zählen eingestellt worden und wäre kein spürbarer Erfolg sichtbar gewesen, hätte ihn auch schnell die Frustration gepackt. Melaine und er waren spät aufgestanden, fast schon zur Mittagszeit. Und seither hatte er kaum etwas anderes gemacht, außer den Lichtzauber zu üben und irgendwie wurde es was – mehr oder weniger. Im Sand sitzend und die blauen Augen geschlossen haltend, schien dem Novizen die Sonne auf den dunklen Scheitel und dicke Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn, während die Magierin auf der Bank neben der Hütte saß und sich gegen die Hauswand lehnte. Mit übereinandergeschlagenen Beinen besah sich die Rothaarige das Werken ihres Schülers und strich sich mit einem gütigen Lächeln eine der kupferfarbenen Locken aus dem Gesicht.

    Geräuschlos zerplatzte die leuchtende Blase aus Magie, nachdem Saleph ihr zwei unterschiedliche Farben gegeben hatte. Es war eigentlich recht einfach, denn musste er sich seinen Stern nur in eben jener Farbe vorstellen, wie er sie letztlich in der Kugel haben wollte, aber anstrengend und unerklärbar war es trotz alledem. Ein lautes Seufzen ergänzte die Geräusche der Natur, die hier ungestört in Ruhe ihrem Treiben mit Vogelsang, Wind und Blätterrauschen nachging. Langsam und genüsslich zog sich der Ärmel des weißen Hemdes über die Stirn und wurde ein wenig durchsichtig an den Stellen, wo die Fasern den Schweiß aufgesogen hatten. Erschöpft ließ sich Saleph neben seiner Liebsten auf der Bank nieder und hatte dabei doch weitaus länger ausgehalten als alle ihre Schüler zu vor und hätte er gewusst wieso, wäre der schicksalbehaftete Traum nicht bereits in Vergessenheit geraten.

    „Noch nicht wirklich so wie bei dir, aber es wird...“, keuchte der Kräutergärtner und legte seinen Kopf auf Melaines Schulter, die mit ihren zarten Fingern sanft durch seine Haare strich. Selbste ließ er die Hand über ihren Oberschenkel streicheln, dass sich die Falten des dunkelblauen Rocks kurz glätteten, ehe er auf ihrem Knie verharrte und die eigene Erschöpfung spürte. Es war, als hätte sie ihn ein paar hundert Runden um den Tempelplatz gescheucht und jetzt da er saß, sich erholte und Zeit hatte darüber nachzudenken, ließ sich das ganze Ausmaß der Mattheit fühlen, die sich in seinen Knochen und besonders der Magengegend ausbreitete. Ein wenig schlecht wurde es dem angehenden Magus dort, als ihm ein klein wenig die Farbe aus dem Gesicht wich und sich die Schweißperlen auf der Stirn mehrten. „Das kann ja alles... richtig anstrengend sein.“, murmelte er und zog den besorgten Blick aus den grünen Augen auf sich, den er mit einem sanften Lächeln zu mildern ersuchte.

    Eine wichtige Lektion hatte er soeben gelernt, nämlich dass die gottgegebenen magischen Kräfte in der körperlichen Verfassung ihres Nutznießers eine Grenze fanden. Dass man sie regenerieren und ausbauen konnte, würde Saleph noch früh genug erfahren. „Ich sollte es doch beschreiben, wie es sich anfühlt.“, setzte er fort und wischte sich einmal mehr mit dem Ärmel über die Stirn. „Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Es ist einfach schön, macht Spaß und fühlt sich gut an. Als würdest du mich berühren, nur ohne mich zu berühren... Vielleicht rede ich auch dummes Zeug, aber es macht Freude und ich kann kaum genug davon bekommen, obwohl es gerade sehr anstrengend war und es mir irgendwie flau im Magen geworden ist.“

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    „Billie?“, wiederholte Medin den Namen und schaute zu der Tasche, in der eben jener schlief. „Ein hübscher Name.“
    „Ich bin eben schlauer als du“, bekam er zur Antwort. Damit musste er jetzt wohl leben. Sie war schlauer als er. Ihr war immerhin ein Name eingefallen.
    „Und was machst du, wenn er einmal zwei Meter groß werden sollte? Willst du ihn dann immer noch Billie nennen?“ Die Hypothese war nicht so stichhaltig, aber das war nicht so schlimm.
    „Ja, wieso nicht? Hast du anders geheißen, bevor du zwei Meter groß wurdest?“
    „Hm, du bist wirklich schlauer als ich“, brummte Medin und schaute halb schmunzelnd halb schmollend auf den Weg.
    „Also hast du schon immer Medin geheißen?“ Sie stockte kurz. „Deine Mama hat dich gleich so genannt?“
    „Hm, ja, wird sie wohl getan haben“, antwortete er etwas unsicher und war von der Frage irgendwie überrascht. Er war immer Medin gewesen, aber ihm war nicht gegenwärtig, dass dafür wohl seine Eltern verantwortlich waren.
    „Aber du gehst nie zu ihr hin.“ Lilo klang auf einmal traurig und die Art und Weise, wie sie es sagte, machte auch ihn traurig. Er hatte nie ein Problem damit gehabt selbstständig zu sein, seit er die Südlichen Inseln verlassen hatte. Es hatte für ihn auch keinen Trennungsschmerz gegeben. Sie war auch selbstständig und ohne Familie, aber irgendwie hatte er den Eindruck, dass es bei ihr etwas anderes war.
    „Das brauche ich auch nicht“, antwortete er mit sicherer Ruhe. „Sie und ich kommen so ganz gut zurecht.“
    Die Novizin schwieg und Medin hielt es jetzt für das beste auch ein bisschen zu schweigen. Gerne hätte er sie mal nach ihrer Mutter gefragt, aber das traute er sich in dem Moment nicht. Das Thema schien sie traurig zu machen und sie schaute auch ein bisschen so, als wollte sie nicht darüber nachdenken oder reden.
    Auf einmal blieb sie neben ihm stehen und deutete mit dem Zeigefinger in Richtung der Wiesen, die sie schon seit einiger Zeit passierten.
    „Böse Tiere“, erklärte sie nicht sehr viel. Medin folgte ihrem Blick und erkannte drei Scavenger, die in einiger Entfernung mit ihren Schnäbeln in der Erde herumpickten.
    „Die tun nichts.“
    Sie schaute weiter skeptisch zu den Scavengern, die die beiden inzwischen auch bemerkt hatten, und dann wieder zu ihm. So richtig schien sie ihm nicht zu glauben.
    „Komm, die schauen uns auch nur an“, sagte er und zog sie an der Hand sanft weiter. Die beiden liefen einen leichten Bogen, wobei Medin zwischen Lilo und den Laufvögeln blieb. Diese beließen es auch bei ein paar misstrauischen Blicken und widmeten sich danach wieder ihrer Mahlzeit, während die beiden Wanderer weiter ihres Weges zogen.
    Lange taten sie das aber nicht, als sie zu einem einzelnen, großen Bauernhaus kamen. Es hatte zwei Geschosse, war aber nicht im besten Zustand. Besonders das Dach schien den Verlust einiger Schindeln beklagen zu müssen. Die Schindeln interessierten Medin aber weniger als das Schild über der Tür, dass die Art diese Lokalität eindeutig auswies.
    „Wenn die Taverne aufhat, können wir hier übernachten“, meinte er zu Lilo, der die Vorstellung nicht auf dem Waldboden schlafen zu müssen sicher auch gefiel.
    Geändert von Medin (26.07.2009 um 18:18 Uhr)

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    AnnaJoseph ist offline
    „Was ist das?“, wollte Lilo Medin fragen, als sie um eine Ecke des Pfades gingen und dann das dunkle Haus sahen. Doch da er es sagte, blieb sie stumm und stand neben ihm.
    „Kennst du das Haus?“, fragte sie, als sie näher kamen.
    „Ist schon eine Weile her ... Damals war das hier noch keine Taverne, sondern ein kleiner Hof.“ Medin kannte so viel, wusste immer alles und hatte nie Angst. Er ging mit Anna zu der Tür, die alt und aus braunem Holz war. Es war noch nicht unglaublich spät, doch die Sonne schien schon gelb von den Bäumen herüber.
    Da die Kleine nicht widersprach, machte der Paladin ohne große Sperenzien die Tür auf. Natürlich wollte sie nicht lieber auf dem Waldboden schlafen, doch hatte sie auch immer Angst in irgendwelche Häuser zu gehen, wo man nicht wusste, was drin war. Es mussten aber fremde Menschen sein. Es ging nur wegen ihm.
    Drinnen war ein Tresen, an dem niemand war. Die Tür zum nächsten Raum war aber offen, aus dem schon Gelächter und Kerzenlicht drang, da die Fenster offensichtlich nicht genug Licht hindurchließen und die Säufer jetzt schon soffen. Vielleicht machten sie das den ganzen Tag, überlegte Lilo sinnvollerweise, während Medin sich nicht beirren ließ, sich kurz umsah und dann auf den Tresen zutrat. Eine Frau war von einer Tür dahinter erschienen, so schnell, dass Lilo es gar nicht mitbekommen hatte, weil sie wohl die Eingangstür gehört hatte.
    „Hallo, meine Herrschaften.“ Sie war jung und hatte eine schneidende Stimme, und hatte ein dunkles, vornehmes Kleid an, das Lilo irgendwie an eine Puppe erinnerte.
    „Hallo“, murmelte Medin in seiner offiziellen, aber höflichen Generalsstimme. „Wir suchen ein Zimmer.“
    Die Frau lächelte ihn daraufhin unerklärlicherweise an. Sie schien ziemlich spitze Zähne zu haben, wobei Lilo sich vorstellte, dass sie auch lange Krallen hatte und ein Vampir war.
    Hinter ihr trat ein weiterer Mann aus der Tür.
    „Oh, mein Schatz, Gäste?“, fragte er und legte den Arm um die Taille der Frau. Er hatte dunkle Haare, die ihm ins Gesicht hingen.
    „Einen wunderschönen Abend, mein Herr, meine junge Dame.“ Er nickte Lilo zu, um sich dann wieder Medin zuzuwenden. „Wir haben selbstverständlich noch ein hübsches Zimmer für Eure Übernachtung frei. Wir freuen uns sogar, wenn uns Unbekannte als Gäste beehren … Und macht Euch keine Sorge über die Bezahlung, das können wir morgen erledigen. Oder gedenkt ihr, nur ein paar Stunden zu bleiben?“ Die merkwürdige, falsche Höflichkeit schien sich um seine weißen Zähne und edlen Haare zu schlingen.
    Die Frau starrte Medin in die Augen, als ob sie ihn fressen wollte. Lilo bewegte sich nicht und kam sich vor wie in einem komischen Traum, da nur sie so wahrnahm.
    „Nein“, sagte er bloß, als er den Blick von ihr abwandte und wieder zum Gastgeber sah. Lilo hörte gar nicht richtig zu.
    „Vortrefflich“, murmelte der Wortführer weiter. „Meine bezaubernde Maria wird Euch in Euer Zimmer geleiten. Und macht Euch keine Sorgen wegen der Männer im Nebenzimmer, die sehen zwar manchmal etwas gefährlich aus, tun aber keiner Fliege was zuleide.“ Sein Lächeln war zurückhaltend und charmant.
    „Ihr könnt Euch gerne zum Abendessen zu ihnen gesellen und etwas von dem köstlichen Mahl probieren, das unsere Köchin heute zaubert. Ich bin übrigens Markus von Ribentau, der Besitzer dieser Räumlichkeiten.“ Mit einer ausladenden Bewegung und einem niemals erlöschenden Lächeln wies er auf den Kamin an der Wand, die Türen und die getäfelten Holzwände.
    „Medin. Erfreut. Danke“, antwortete Annas Freund knapp, als er seinen Blick abwandte und Anstalten machte, der Vampirfrau Maria zu folgen, die sich an der offenen Tür mit dem Gelächter positioniert hatte.
    Die Kleine schaute gar nicht so genau hin, ob die Männer im Schankraum wirklich zwielichtig aussahen, aber sie sah einige Waffen an Wänden und Tischen. Am Fenster saß eine Frau, die ein Baby stillte. Anna starrte sie an, während sie mit Medin der Frau hinterherlief und die Treppe nach oben.
    „Bitteschön“, murmelte Maria mit einem erneuten Lächeln, als die Tür aufgestoßen hatte und mit ihrer Hand hineindeutete. Lilo sah den Ansatz ihrer Brüste im Dekolletee und schaute schnell wieder weg.
    „Habt Ihr sonst noch irgendwelche Anliegen?“, fragte sie Medin und ignorierte das neben ihm stehende Mädchen.

  17. Beiträge anzeigen #357
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    Medin schwieg einen Moment und schaute zu der netten Bardame, die vor allem um sein Wohl besorgt schien. Sie und ihr Mann wollten wahrscheinlich feinere Herrschaften sein, als sie waren und der General zweifelte nicht an den privaten Dienstleistungen, die Maria manchen Gästen inoffiziell anbot. Sie sah oberflächlich sogar hübsch aus, übte auf Medin aber keine Anziehungskraft aus. Vielleicht dachte sie ja, dass Anna seine Tochter war. Unwillkürlich kam ihm der Gedanke, ob er denn schon so alt aussah.
    „Nein, wir kommen zurecht“, erwiderte er nach dem kurzen Moment, in dem ihm gewisse Aussichten entgegengestreckt worden waren, und betonte das wir. Die finale Absage schien Maria zu genügen, wenn auch nicht besonders zu erfreuen.
    Als die Tür zugefallen, setzte sich Medin erst einmal auf das Bett und schnallte das ganze Gepäck, was er herumtrug, ab. Es tat gut sich mal wieder auf diese Art und Weise zu erleichtern.
    „Ist gar nicht so schlecht“, meinte er zu der Qualität des Bettes, die wirklich besser war, als man es hier draußen erwartet hätte. Vielleicht hing das aber auch mit einem etwaigen sekundären Erwerbszweig dieses Lokals zusammen.
    „Was meinst du, wollen wir runter etwas essen oder hier oben bleiben?“

    Der Wein war billig, der Eintopf herzhaft und das Brot frisch. So schmeckte es auf dem Land, genauso wie es auch in den Schankräumen nur auf dem Land so zuging. Es wurde nicht so viel gegrölt wie in einer Hafenkneipe, dafür mehr gewürfelt und gelacht. Einige der Gäste schienen zwar nicht bloß Bauern zu sein, aber für die anderen Gäste interessierten sich die beiden sowieso nicht. Die interessierten sich schließlich auch nicht für sie. Sie saßen an einem kleinen Tisch in einer Ecke des Schankraums und kauten auf ihrem Abendessen herum. Nach den Wochen ohne Alkohol (mit einer kleinen, exzessiven Ausnahme) hatte Medin besonderen Gefallen an dem Wein gefunden, auch wenn er es nicht übertrieb. Aber heute konnte man sich schon etwas gönnen, wie er fand.
    „Schmeckt es nicht?“, fragte er die Novizin, die ein bisschen misstrauisch dreinblickte. Den kleinen Flatterhasen hatten sie oben auf dem Zimmer freigelassen, damit er ein bisschen hoppeln konnte.
    „Keine Ahnung …“, erwiderte sie auf jeden Fall nicht so begeistert. Medin guckte sie einen Moment an, in dem er das Brot in den Eintopf tauchte und dann abbiss.
    „Wir können ja dann wieder nach oben gehen, wenn wir aufgegessen haben“, meinte er, als er runter gekaut hatte. Sie nickte nur, schüchtern wie sie war, also beließ Medin es dabei. Er legte auch keinen gesteigerten Wert auf die Gesellschaft im Schankraum und wollte erst gar nicht ausprobieren, ob Maria es nach der Steigerung seines Alkoholpegels noch einmal versuchen würde.
    „Guck mal, ein Baby“, sagte sie leise, nachdem sie einen Blick zu der Frau am Fenster geworfen hatte, die da noch immer ihr Kind im Arm hielt und sich an der Gesellschaft nicht zu stören schien. Medin musste lächeln, sagte aber nichts, sondern nahm nur einen Schluck aus seinem Krug.
    Als sie aufgegessen hatten, ging Anna schon einmal alleine nach oben, während Medin noch einmal zum Tresen ging.
    „Kriege ich noch einen Krug Wein?“, fragte er.
    „Natürlich“, kam mit einem leichten Lächeln die Antwort. Es war Maria.
    Als er den Wein erhalten hatte achtete er peinlich genau darauf nicht irgendwelches Trinkgeld, das missverstanden werden könnte, auf dem Tresen zu hinterlassen. Schon wollte er seiner Freundin folgen, als er innehielt und auf dem Stiefelabsatz kehrt machte. Ein paar Augenblicke später stand er wieder in der Taverne. In der Rechten hielt er noch immer den Weinkrug, aber in der linken Hand befanden sich nun ein paar Löwenzahnblätter. Mit diesen beiden Mitbringseln stieg er die knarrende Treppe zu den Zimmern hinauf.
    Geändert von Medin (26.07.2009 um 21:28 Uhr)

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    AnnaJoseph ist offline
    Als Medin mit dem Weinkrug, wie sie ihn kannte, aber auch mit den Löwenzahnblättern für Billie aufs Zimmer zurückkam, musste sie lächeln. Sie saß schon auf dem Bett und das Tier schnupperte alleine am Holz des Schrankes in einer Ecke.
    Dann aber musste sie an ihre Frage denken, die sie über Maria gedacht hatte, und sagte: „Findest du die Frau hübsch?“
    Er schien über die Frage überrascht zu sein, sagte dann aber: „Nein, nicht besonders hübsch.“
    „Sie ist doch aber hübsch“, antwortete Lilo fast ein bisschen irritiert, denn sie fand, dass das offensichtlich war.
    „Ist sie das?“, fragte der Paladin gleichgültig zurück, als er eingoss und den Krug auf den Tisch an der Wand stellte. „Also ich kenne jemand hübscheren“, meinte er und drehte sich zu ihr um.
    „Du lügst doch“, sagte sie jetzt fast ein bisschen sauer.
    „Nein“, erwiderte er etwas ernster, sah ihr dabei in die Augen und setzte sich neben sie. Sie glaubte es ihm nicht, denn sie konnte unmöglich hübscher sein als diese Frau, die davon abgesehen noch viel eher in Medins Alter war als sie und einfach … mehr zu bieten hatte.
    „Wein?“, fügte er noch hinzu und hielt ihr den Krug hin, den sie wortlos annahm. Die Kleine grübelte.
    „Aber sie ist ungefähr so alt wie du, und kein kleines doofes Kind.“, murmelte sie nach ihren ersten Schlucken. Der Wein tat gut, wie er sauer ein bisschen in ihrer Kehle brannte.
    Medins Gesicht veränderte sich nicht und er sagte: „Hier ist kein kleines, doofes Kind.“ Auf den Rest ging er nicht ein, was Lilo nicht gerade beruhigte, doch sie schwieg. Nach einer Weile gab sie ihm den Weinbecher zurück, woraufhin er trank.
    „Na gut, ich hielt es nur für umöglich, dass ich toller bin als so eine Frau, aber bitte“, sagte Lilo schließlich und lächelte, denn sie bekam langsam auch das wohlige Gefühl des Alkohols im Kopf, das ihr immer dein Eindruck gab, sie würde von jemand anderem gesteuert und würde sich nur beobachten.

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    Am Ufer des Rubikon  Avatar von Medin
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    Die Gilde Innos' im Forenrollenspiel
    Medin ist offline
    Medin war ein bisschen nachdenklich, trotz oder vielleicht gerade wegen des Alkohols. Er versuchte herauszufinden, wieso sie solche Fragen stellte. Sicher, Maria war nach den Maßstäben, nach denen ein Mann, der abends in die Taverne ging, eine Frau normalerweise beurteilte, wirklich hübsch und auch attraktiv. Aber das spielte für Medin keine Rolle. Für ihn war Lilo schön. Vor allem, wenn sie lächelte und er sie dabei ansehen konnte … oder ihr noch näher war. Sie lächelte nicht besonders oft. Das tat er auch nicht. Aber wenn sie es tat, dann war das ein Gefühl, das er vorher nie gekannt hatte. Es war eine Droge, die den Rest des Lebens betäubte und als unwichtig erscheinen ließ. Und deshalb war die relativ gleichaltrige Maria mit dem adretten Kleid und dem anziehenden Lächeln egal.
    „Ich glaube, es gibt viele Marias“, sagte Medin, nachdem er noch einen Schluck genommen hatte. Es war ein bisschen Zeit vergangen, aber die Unterhaltung eilte schließlich nicht. Sie waren alleine und hatten alle Zeit der Welt. Dabei sah er sie ein bisschen versonnen an. Das tat er immer, wenn er ganz besonders das in ihr sah, was sie für ihn war. Ein einziges, kleines Licht in der Dunkelheit, einmalig. Sein Licht.
    „Aber ich habe bis jetzt nur eine Lilo getroffen.“ Er lächelte ein bisschen. Es war kein Lächeln im Sinne von Lachen, sondern von Zufriedenheit. Mit ihr hatte er doch alles, was er brauchte.
    Ohne ihr was aufdrängen zu wollen bot er ihr wieder den Becher an. Es war noch etwas drinnen und sie trank noch einmal daraus, während er auf dem Bett zu ihr rutschte und sich so neben sie setzte, dass sie sich an ihn anlehnen konnte, wenn sie es wollte. Dank des Weins, der nachdenken wollte, war ihm bei seinen letzten Worten wieder etwas eingefallen. Lilo. An diesem Namen war er ja Schuld.
    „Hat dich schon deine Mutter Anna genannt?“, fragte er und berührte mit ihrer Hand fast beiläufig ihre, mit der sie sich auf dem Bett abstützte. Er wusste noch immer nicht, ob er das wirklich fragen konnte und der Alkohol hatte ihm diese Entscheidung ein bisschen erleichtert, aber sie sollte merken, dass er da war, auch wenn sie nicht antwortete. Genauso wie er da war, wenn sie etwas sagen wollte – nicht nur, wenn er danach fragte.

  20. Beiträge anzeigen #360
    Burgherrin Avatar von Melaine
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    Melaine ist offline
    Es war ein Luftzug, der sich aus den sanft schlagenden Flügeln des Schmetterlings erhob, der brausend seinen Weg über eine kurze Strecke in die Welt fand und vergangen wäre, hätte nicht die Magie nach ihm gegriffen. Und so wurde aus dem einstigen Luftzug, der bleich und stotternd das Licht der Welt erblickt hatte, ein Wind, der stolz und mächtig seine Kraft entfaltete und rauschend über das Land zog, beschworen und geboren seinem Gebieter zu gehorchen.
    Ein Wind, dessen Nutzen unbekannt, dessen Stärke eine Wahrnehmung von flatternden Haaren, tanzenden Blättern und gehobenen Röcken, dessen Ursprung mit jedem weiteren Schritt unwichtiger und dessen Ziel so seltsam war, wie das einer Ratte, deren Schiff schwankend unterging.

    Und so flog der Wind über das Meer, die Stadt, Khorinis und die Berge, bis er Jharkendar erreichte und heulend zwischen den Kluften nach seinen Opfern schrie, die still und ineinander versunken vor der Hütte der Ankunft des Unbekannten harrten, ohne zu wissen, was geschehen würde.
    Und so donnerte der Wind einer Herde Wildhengste gleich über die Treppen hinweg, hielt jaulend auf die Rothaarige und den Blauäugigen zu, warf sich einem Liebenden gleich in die Gesichter des Paares, spielte mit ihren Haaren, erst liebevoll, dann grob, als wollte er sie ihnen ausreißen, als gönnte er ihnen ihren Frieden nicht.

    Und so zog und zerrte er an ihnen, bis die Kraft ihn verließ, bis der stille Ton ihn weiter seinem Ziel entgegen rief und er pfeifend von dannen zog, den Sand mit sich schleifte und eine kaum sichtbare Spur hinterließ, die zu jenem Ziel führte, in der er jammernd eindrang.
    Ein Beben fand seinen Weg durch die magische Sphäre dieses Ortes, zeugte von der Seltsamkeit des entstandenen Windes und gab doch kein Zeichen von der Wahrheit hinter dem Gefühlten.

    „Hmm…“, machte die Wassermagierin und seufzte leise, während ihre Hand einen kurzen Augenblick in dem sanften Kraulen durch die Haare ihres Novizen inne hielt, sich hob wie der Kopf des aufgeschreckten Tieres, nur um sich dann wieder zu senken und seinem vorherigen Treiben zu widmen.
    „Ich würde dir jetzt sagen, was du mir bereits gesagt hast. Nur du scheinst es bereits verstanden zu haben!“, sprach die Zauberin leise und blickte aus grünen Augen in das glänzenden Blau, welches aus dem sich an ihrer Schulter windenden Kopf zu ihr hoch funkelte.

    „Aber schau, die Magie ist nur so stark, wie dein eigener Geist und dein Körper. Sie bilden eine Einheit. Ist der Geist müde, kann der Körper nicht reagieren, ist der Körper müde, findet der Geist keine Kraft, sich zu erheben.
    Die Magie bedarf als Erstes eine Anstrengung des Geistes, doch je mehr du versuchst sie zu nutzen, obwohl du vielleicht weißt, dass es gut sein sollte, desto mehr greift sie den Körper an. Es ist schwierig, ein Maß festzulegen und den Einfluss sichtbar zu machen, aber die Auswirkungen sind zu spüren.“, erklärte die Zauberin und ließ ihren Blick schwimmen, als sie weiter versuchte die blauen Augen ihres Liebsten zu fixieren. Ein entschuldigender Ausdruck trat in ihren Blick, „Halte dich an die Grenze, die du heute kennen gelernt hast. Sie wird sich weiten, sie wird vielleicht kurzzeitig deinem Blick entrinnen, aber vergiss sie nicht. Niemals.“, schloss die Zauberin und hielt in ihrem Streichen durch seine Haare inne.
    Langsam senkte sich der Kopf und das zitternde Paar an Lippen fand das andere und vereinte sich im kurzen Spiel, ein sanfter Tanz der seine eigene Melodie beschwor, zu der folgen konnte.

    „Hast du nicht Hunger?“, fragte Melaine und lächelte sanft. „Komm. Es ist noch Brot von gestern da. Zeit, Essen und Schlaf sind gute, natürliche Mittel gegen die magische Ausbeutung!“
    Die Zauberin erhob sich nach der Hand des Gärtners greifend und zog ihn sanft mich sich zurück in die Hütte.
    Mit wenigen Bewegungen führte sie ihn zum Bett und suchte durch das Zimmer gleitend nach den letzten Resten des Brotes, welches auf einer Kommode in der Ecke der Hütte stand.
    Eilig fand es seinen Weg in ihre Hand und jene den zurück an die Seite des Blauäugigen, der mit ruhigem Gesichtsausdruck dem Treiben der Zauberin gefolgt war.
    „Du machst übrigens richtig gute Fortschritte. Selten hatte ich einen so guten Schüler wie dich, der mit einem solchen Elan an die Sache heran ging!“, sprach die Zauberin mit einem sanften Lächeln und reichte ihrem Schüler das Brot.
    Wenn sie es nur gutheißen könnte. Er hatte sich so gegen die Magie gewehrt, schien alles getan zu haben, ihr zu entfliehen und ihr letztendlich doch nicht zu entkommen. War es gut, dass er sie akzeptiert hatte, oder war es zu schnell gegangen? Sorgte sie sich zu Recht? Oder war sie blind für die eigenen Fehler geworden?
    Mit plötzlich sorgenvollem Blick schaute sie Saleph beim Essen zu und blickte doch durch ihn hindurch in eine fremde Leere, die nach Sein oder Nichtsein fragte und die eigene Existenz zu verleugnen schien, obschon sie stolz auf sich war…

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