[Gath]

Was war es doch friedlich gewesen, am Meer, in der Bucht südlich der Stadt. Man konnte sich fast an Ardea zurückerinnert fühlen, aber darauf verzichtete der junge Bootsbauer lieber und dachte an die Küste Varants, in der Nähe von Bakaresh, wo er damals dieses Schiff von Gilbert Rottingham wieder in Stand gesetzt hatte - wohin auch immer der Kerl damit dann auch gefahren war.
Jedenfalls hatte Gath beschlossen, dass er, um Iain Boot zu reparieren, dort eine kleine "Werft" aufzubauen, damit er nciht versuchen musste, das mehr als desolate Boot irgendwie durch die Stadt zu tragen. Er war nämlich arg skeptisch, dass es das überleben würde. Da war es doch wesentlich sinnvoller, sich einen kleinen Bretterverschlag außerhalb der Stadt zu bauen und dort sein Werkzeug zu deponieren, denn da hatten sie den Jungel sammt Holz in der Nähe - auch wenn ihm dieser etwas unheimlich war, trotz der durchaus nicht allzu knappen Zeit mitten im Sumpf - und das Meer direkt vor der Nase.
Nur Holz fehlte noch in ausreichender Menge, aber da war Gath optimistisch, dass sich das auch finden würde.
Jetzt fehlte eigentlich nur noch ein Schloss für die Bretterbude, damit ihm niemand die verschlossenen Kisten klaute - damit konnte zwar auf der Insel wahrscheinlich kaum jemand etwas anfangen, denn Gath hatte bisher erst einen Handwerker ausgemacht, der ebenfalls seiner Proffession nach ging, aber es wahr durchaus wahrscheinlich, dass Diebe auf allerlei dumme Gedanken kamen. Und Holz, denn das war viel zu schweißtreibende Arbeit, um sie alleine zu erledigen - und wahrscheinlich am allerwichtigsten: Iain, um ihm zur Hand zu gehen, und das Boot.
Und genau dafür war er jetzt in der Stadt, um dem Fischer mal wieder einen Besuch abzustatten - in der Hoffnung, dass dieser mitbekommen hatte, wohin Gath verschwunden war - und mit ihm zu erörtern, wie zur Hölle sie das Boot da hin bekamen. Es war zwar leichter, als es aus dem Wasser zu heben, denn dabei würde es am Ende noch außeinanderbrechen, aber einsteigen konnte auch keiner mehr, sonst würde das Ding sinken...

"Hallo Iain!", begrüßte Gath den am Pier Sitzenden, nachdem er es gerade noch so geschafft hatte, durch die sich schließenden Stadttore zu kommen und nochmal im Lagerhaus vorbeigeschaut hatte.
"Ich habe mich mittlerweile soweit eingerichtet, wir könnten fast loslegen.", verkündete er gut gelaunt, während er sich zu ihm setzte.

[Iain]

Die letzten Tage hatte ihn ganz schön geschlaucht. Am frühen Morgen Fischen mit seinem Vater, dann ins Magierhaus, den anderen Novizen zur Hand gehen und sich so gut als geht in die Gemeinschaft einfinden, Einkaufsdienst bei Clemens, nochmal Arbeit im Magierhaus und schließlich noch weiter daran Arbeiten das Schreiben zu lernen. Eben dabei war er gerade - Iain zog sich dafür gern an den Pier zurück. Dorthin verliefen sich nur den Wenigsten und das stete Rauschen des Meeres beruhigte und entspannte ihn ungemein. Da erklang eine vertraute Stimme hinter ihm. Etwas erschrocken wandte der Fischer seinen Kopf in Richtung des Ankömmlings.

"Hallo Gath. Du bist ja doch noch in der Stadt", begrüßte er den Bootsbauer mti leicht spöttischem Unterton. Doch er grollte ihm die lange Abwesenheit nicht, war er doch selbst mit den Gedanken überall gewesen, aber nicht bei seinem Boot, wie es ihm schlagartig bewusst wurde. Wie konnte er nur den Familienschatz vergessen? Wie der junge Mann so darüber nachdachte, fiel ihm auf wie wenig sie eigentlich Abhängig davon waren. So viel weniger als er gedacht hatte. Mutter und Schwester waren in Clemens Küche untergekommen, der ihre fleißige Arbeit immer wieder lobte. Sein Vater vergnügte sich am Strand und es schien ihm sichtlich Spaß zu machen. Er fühlte sich an seine eigene Kindheit erinnert, wie er mit seinem Vater an eben dieser Stelle stand und mit bloßen Händen Fische fing. Vielleicht brauchen wir gar kein so großes Schiff mehr, zumal ich ja ohnehin kaum mehr Zeit dafür habe...
"Klingt gut", erwiderte Iain schließlich. "Hast du denn eine Werkstatt wo wir das Boot bearbeiten können?"

[Gath]

"Deswegen war ich ja jetzt so lange weg.", stellte Gath fest.
"Aber das scheint an dir dann doch vorbei gegangen zu sein, so wie ich befürchtet hatte. Ich habe mir draußen vor den Toren der Stadt eine naja... Werkstatt aufgebaut. So ganz trifft es das jetzt nicht, das ist eigentlich nur ein Bretterverschlag, in dem ich meine Werkzeuge deponiert habe. Aber das ist wesentlich besser als dieses Boot irgendwie in das Lagerhaus zu bekommen, denn ich habe so die ganz leise Befürchtung, dass es das nicht überleben würde...
Naja, jetzt müssen wir nur noch versuchen, dass Boot da raus zu bekommen und irgendwo Holz her zu bekommen, weil irgendwie scheinst du dich ja nicht so wirklich gelangweilt zu haben, oder?"

[Iain]

"Langeweile? Ganz sicher nicht.", erwiderte Iain seufzend. "Es war genug Aufregung um mich die ganze Sache fast vergessen zu lassen. Tut mir leid. Den einen Tag hab ich noch nach dir gesucht und den nächsten hat mich das städtische Treiben wieder eingeholt." Seine Aufnahme in den Orden ließ er erstmal unerwähnt, da er nicht sicher war wie der Bootsbauer reagieren würde. Schnell lenkte er das Thema wieder ihrem Geschäft zu. "Werkstatt klingt gut, aber wenn wir es wohl schon nicht mehr bis ins Lagerhaus bekommen, wie soll es dann vor die Stadt gebracht werden. Ich meine..." Iain dachte an das hölzerne Gerippe, das vor seiner Hütte lagerte. "... es sieht schon nicht mehr so gesund aus, ist aber zumindest ganz gut getrocknet." Der Bärtige starrte einen Moment auf das weite Meer und grübelte. "Vielleicht sollte ich nochmal den Karren und Esel mobilisieren. Wenn wir ganz langsam fahren sollte nicht viel passieren und..." Der Fischer begann zu grinsen. "Ganz langsam ist eine Spezialität des sturen Pauls. Für den Holztransport könnte das ohnehin interessant werden. Hast du denn schon eine Idee wieviel wir brauchen und woher wir es bekommen? Eignet sich das Dschungelholz dafür?"

[Scorchal]

So hatte Scorchal also mit seiner Erklärung richtig gelegen. Ein zufriedenes Lächeln fand den Weg auf seine Lippen, verzog sich jedoch ebenso schnell wieder. Ernst lauschte er den weiteren Worten Ptahs die Ausbildung betreffend. Die Magie sollte nicht dazu benutzt werden, sich das Leben bequemer und angenehmer zu machen. Ebenso wenig, um jemandem damit grundlos zu schaden oder Schlechtes damit zu treiben. Zum Glück war Scorchal aber nicht derart achtlos, wenn es um Dinge ging, die mit Respekt benutzt und behandelt werden sollten.
„Natürlich verspreche ich Euch, dass ich die Magie nicht dazu benutzen werde, Unsinn anzustellen oder um mir damit die Arbeit im Refektorium zu erleichtern. Ebenso könnt Ihr Euch gewiss sein, Ptah, dass ich sie nicht für Niederträchtiges einsetzen werden.“, antwortete der Dunkelhäutige ebenso ernst wie der Adept sie Bedingungen von sich gegeben hatte.
„Und die Sache mit den Rätseln … das wird schon“, kam es lachend über seine Lippen, um so die ernste Stille nach seinen Worten zu überdecken, „Nur erwartet nicht, dass ich alle verstehe. Die Götter meinten es wohl nicht gut mit mir, was die Verteilung von Rätselgespür betrifft, aber das wird vielleicht nocht.“

[Gath]

"Ob sich das Dschungelholz dafür eignet, weiß ich nicht so wirklich, immerhin habe ich hier auf der Insel bisher meine Boote immer mit normalem Holz gebaut... Aber im Prinzip wäre es einen Versuch wert. Meine Bretterbude am Strand habe ich auch aus diesem Holz gebaut. Und wie viel wir brauchen kann ich erst sagen, wenn ich mir das Boot mal genau angeschaut habe und weiß, wie viele Planken zu nichts mehr zu gebrauchen sind. Aber ich rechne schon mit einigem - mal ganz abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich etliches an Feuerholz brauchen werde. Und ja, das Holz müssten wir am besten oberhalb des Strandes fällen. Nur kann ich das nicht alles allein machen - aber so wie du jetzt klingst, scheinst du ja auch ziemlich eingespannt zu sein, auch wenn du gar kein Boot mehr hast.
Aber gut. Vielleicht finden sich ein paar Kerle, die für etwas Fisch arbeiten würden?"
Gath machte eine kurze Pause und schaute nachdenklich auf das Meer hinaus. Irgendwas hatte er doch gerade vergessen...
"Ach ja, wegen dem Boot da hin: Ich wollte eigentlich irgendwie vermeiden, dass das Boot aus dem Wasser raus muss, denn die Idee, das ganze auf einem Karren zu transportieren, ist zwar nicht schlecht, aber es muss erstmal auf den Karren. Die Idee war eigentlich entweder, das Boot zu paddeln und zu hoffen, dass es dabei nicht komplett untergeht, oder mit ein paar Mann zu schwimmen und das Ding dabei hinter sich herzuziehen. Das ist wirklich nicht weit bis zu der Bucht und bei ruhiger See sollte es eigentlich problemlos machbar sein.", schlilderte der junge Bootsbauer seine mehr oder minder praktikablen Transportideen.

[Iain]

Iain musste lauthals lachen, was ihm einen fragenden Gesichtsausdruck einbrachte. "Ich denke, die Entscheidung wurde uns beiden abgenommen. Mein Vater hat während unserer Abwesenheit, dass Boot bereits aus dem Wasser gebracht und in der Nähe unserer Hütte aufgestapelt. Frag mich nicht nach Details, aber genau dort wartet es jetzt darauf repariert zu werden. Es sollte auch mit wenigen starken Händen zu verladen sein." Der junge Fischer stand auf. "Am besten gehen wir einfach mal hin. Dann kannst du vielleicht schon einen ersten Eindruck gewinnen."

Die beiden jungen Männer verließen zügig aber nicht hastig den Pier. "Und ich habe in der Tat allerhand zu tun, doch habe ich versprochen zu helfen und daran halte ich mich auch.", fuhr Iain fort. "Mein Vater ist auch viel aufgeschlossener gegenüber der ganzen Sache und wird sicherlich mit Anpacken wo er kann. Vielleicht kann er sogar ein paar seiner Kumpanen animieren. Ganz sicher wird er sich aber mal umhören, wenn ich ihn darum bitte. Wie weit ist es eigentlich bis zur Bucht? Kannst du mir den Weg erklären, denn heute ist es schon zu spät um dorthin zu laufen."

[Gath]

"Der Weg ist relativ einfach: Aus dem Tor raus, und dann links in so einen Weg rein. Präziser geht es leider nicht, deswegen würde ich vorschlagen, wir schauen uns das zu zwei nochmal an - auch wenn ich jetzt gerade ernsthaft sauer bin, denn wenn das Boot nicht mehr im Wasser ist, dann hätte ich meinen Verschlag da draußen am Wasser auch nicht gebraucht, sondern hätte ganz einfach meine Werkstatt oben im Lagerhaus wieder in Betrieb setzen können."
Aufgrund des etwas betretenen Gesichtsausdrucks des Fischers fügte Gath schnell noch an: "Nein, nicht sauer auf die oder deinen Vater! Nur sauer auf dem Umstand, dass ich mir jetzt unnötige Arbeit gemacht habe... Ich muss mir nochmal überlegen, ob ich unter diesen Vorraussetzungen nicht doch einfach noch ein paar Tage in die Vorbereitungen investiere, um mir die Werkstatt im Lagerhaus herzurichten...
Ich werde da mal eine Nacht drüber schlafen."
Mit diesen Worten marschierten die beiden zur Hütte des Fischers, wo wirklich neben dem Haus das Boot aufgebaut war - eigentlich ziemlich dumm, dass Gath es nicht vorher gesehen hatte...
Aber nunja, jetzt hatte er viele Tage am Meer verbracht, die doch recht sinnlos waren.
"Das schaut doch gar nicht mal so gut aus.", stellte Gath fest, nachdem er einen ersten Blick auf das Boot geworfen hatte, bevor er sich etwas im Detail damit zu beschäftigen - und festzustellen, dass man aufgrund des doch recht bewölkten Nachthimmels, an dem sich dementsprechend weder Mond noch Sterne zeigten, rein gar nichts genaueres sagen konnte.
"Aber um dir irgendwas qualifizierteres sagen zu können, bräuchte ich Licht. Und das schaut gerade erstaunlich dunkel aus.", meinte der junge Bootsbauer dementsprechend mit einem vielsagenden Blick gen Himmel.
"Ich würde sagen, ich komme einfach morgen bei Tageslicht nochmal vorbei - auch wenn vielleicht nicht da bist - und dann schaue ich mir das ganze mal genauer an."
Iain stimmte dem Vorschlag auch sofort zu und so trennten sich die beiden wieder, schließlich hatte sich doch so langsam aber sicher auch eine recht enspannte Ruhe auf die Stadt gelegt, was wohl der späten Stunde geschuldet war.

[Ptah]

"Auch wenn ich Gefahr laufe mich allmählich zu wiederholen: Auch beim Rätseln wird nur Meister, wer genügend übt.", erwiderte Ptah mit einem Zwinkern. "Also gar nicht lange getrödelt, sondern gleich eine neue Aufgabe für Euch erdacht. Hmmm... also schön probieren wir es doch mal mit:

Innig lieben sie sich nicht,
von adamant ist ihr Gesicht,
beliebt sind sie mal mehr, mal nicht.
Wer ist gemeint in dem Gedicht?"

Mit passender Betonung hatte der Adept seine eben erdachten Zeilen vorgetragen und fügte gleich noch hinzu: "Ich gebe Euch dafür bis morgen Abend Zeit. Gute Nacht, Scorchal und enttäuscht mich nicht."

[Iain]

Iain schritt den Besen schwingend unter den Bogengängen des Innenhofs entlang. Es war ein schöner, warmer Frühlingstag und allerhand Novizen und Adepten tummelten sich auf dem Gras - lasen, erzählten, lachten und lernten. Er war ein wenig neidisch, dass er seine Arbeit noch nicht hatte beenden können und hier im kühlen Schatten umherstreifte, doch da er nicht der einzige war - die Küchenhelfer waren noch weiter vom Tageslicht entfernt - fuhr er munter fort. Je schneller er arbeitete, desto eher würde er sich zu den Anderen gesellen können. Während der junge Mann allmählich den Hof umrundete, fiel ihm eine kleine Gruppe Novizen auf, die merkwürdig still schienen und im klaren Kontrast zu ihren Brüdern und Schwestern standen. Iain meinte Leigh zu erkennen. Ob ich mal vorbei gehen soll? Er entschied sich dagegen. Sein Weg würd unweigerlich näher an den im Kreis sitzenden Stummen vorbei führen.

[Die Wassernovizen]

"Hast du denn immer noch niemanden gefunden?", murmelte der Novize zu seiner Rechten. "Sei still und konzentrier dich. Leigh meldet sich schon wenn er jemanden passendes gefunden hat und dann muss es schnell gehen." "Na gut."

Der blonde, junge Mann sah sich auf dem Hof um. Er und seine vier Freunde hockten im grünen Gras des Innenhofs und widmeten sich ihren magischen Studien, zumindest sollte es so aussehen. Während er scheinbar beiläufig mal hier mal dorthin sah, waren seine Brüder in tiefer Konzentration versunken um auf sein Kommando zu warten. Der Sommer kündigte sich an und so wollten sie ihre diesjährige Streichparade mit einem Paukenschlag eröffnen - wenn man so sagen wollte. Doch man brauchte ein passendes Opfer. Jemand der den Spaß verstand und nicht sofort zu den Magiern rannte - die sahen es nämlich nicht gern, wenn man die Magie zu solch Kindlichen Spielereien missbrauchte. Gerade als Leigh überlegte, ob sie nicht einfach wieder ein paar der Roben der hübschen Adeptinnen anheben sollten - wie letztes Jahr - fiel ihm ein blaues Gewand im Schatten der Gänge auf. "Ich glaube ich habe jemanden.", flüsterte er seinen wartenden Brüdern zu. Der unwissende Kerl fegte munter den Gang und kam immer näher. "Der wirds. Also bereit machen. Ich hol ihn her." der Blonde stand auf und näherte sich dem eifrigen Feger und erschrak etwas als er ihn erkannte. Doch das macht es nur leichter. "Hallo Iain. So schnell kanns gehen?" Der Braunhaarige blickte auf und erkannte ihn offenbar ebenso. "Hast du nicht Lust dich zu uns zu setzen? Du kannst doch später weiter machen. Genieß erstmal die Sonne wie alle anderen auch." Der junge Mann schien hin und hergerissen, gab schließlich aber nach. Während er ihn zur Gruppe führte erklärte Leigh dem Neuzugang, dass sie gerade mit einer magischen Übung beschäftigt waren. Er sie ihm aber gleich danach vorstellen würde. "Am besten setzt du dich erstmal hier neben mich", flüsterte er ihm zu. "Hier auf den umgedrehten Eimer." Ahnungslos folgte Iain dem Angebot.

"JETZT", schrie Leigh.

Iain

[Iain]

Bevor Iain wusste wie ihm geschiet segelte er durch die Luft. Vor Schrecken klammerte er sich fest an den Eimer, auf den er sich gerade gesetzt hatte und zusammen mit ihm schwebte er durch die Lüfte, in Richtung Brunnen. Noch ehe es geschah wusste er was passieren würde. Der Eimer drehte sich in der Luft und ließ ihn Kopfüber ins Becken fallen. Ein lautes Platschen erfüllte den Hof und einige Novize sprangen erschrocken auf, als sie das umherspritzende Wasser traf. Einen Moment herrschte Stille. Der klatschnasse Novize stieg aus dem Brunnen, den Eimer in der Hand, mit wütendem Blick. Leigh bekam Angst und hob abwehrend die Hände, wusste aber nicht was er tun sollte, denn seine Brüder lagen auf dem Rücken, erschöpft nach Luft schnappend. Plötzlich schwang der Fischer den Eimer und ein kräftiger Schwall Wassers traf Leigh, der nun ebenfalls triefend und vollkommen irrtiert da stand. "Ich dachte wir Novizen teilen alles und du sahst so durstig aus." Iain Züge glätteten sich und er begann lauthals zu lachen und der Rest des Hofs stimmte ein.

Allmählich ebbte der Krach ab und die jungen Männer und Frauen widmeten sich wieder ihren Aufgaben und die vier Übeltäter richteten sich wieder auf - deutlich weniger keuschend. Cayden ergriff schließlich als Erster das Wort: "Du bist schwer in Ordnung Iain und hiermit endlich ein vollwertiges Mitglied der WASSERnovizen." "Ach schade. Das war etwas Einmaliges? Es war ein aufregenedes Gefühl zu schweben.", erwiderte der Braunhaarige grinsend. "Keinesfalls. Doch dazu gleich mehr. Nun stell ich dir erstmal den Rest der Truppe vor. Das sind Donnie, Locan und Fjonn." Die jungen Männer begrüßten sich mit einem anerkennden Nicken. "Nun sagt aber mal. Wie habt ihr das gemacht und ihr tut das doch nicht zum ersten Mal." Die Runde lachte auf. "Nein. Ganz sicher nicht. Also pass auf..." Leigh begann von ihrer kleinen Gemeinschaft und ihren regelmäßigen Sommerstreichen zu erzählen, immer wieder unterbrochen durch seine Brüder, von denen ein jeder eine Anekdote vergangener Tage beisteuern konnte.

[Kilijan]

Kilijan hatte seine Robe von Ptah noch immer nicht bekommen. Die beiden Ordensbrüder waren schon bei ihrem ersten Treffen nicht unbedingt als Freunde auseinander gegangen, und jetzt glaubte Kilijan, dass die Verzögerung wirklich hauptsächlich daran lag, dass er den Robenwirker mit seinem Angebot, ihn ordentlich für seine Arbeit zu bezahlen, tatsächlich beleidigt hatte. Es war ihm relativ gleich. Er trug sowieso den Großteil des Tages Arbeitskleidung und wenn er sich ins Haus der Magier aufmachte, so hatte er gern seine neue Hofmagierrüstung an, über der er bei solchem Wetter wie heute auch den grauen Mantel trug, den er ebenfalls von Kaspan erhalten hatte. So grau und ordinär, wie er war, so erstaunlich war er auch. Wenn man die Kapuze überzog, so schien niemand einen mehr zu bemerken, man konnte völlig unbehelligt durch die Stadt kommen, und auch Menschen, die einen kannten, sahen einen einfach nicht mehr. Kilijan vermutete darin eine ganz eigene Art von Magie, aber sie war wohl verborgen, vermutlich, um nicht magiefühlige Leute wieder auf einen aufmerksam zu machen.
"Du solltest nicht immer in der Kälte stehen und starren. Irgendwann holst Du dir den Tot." sagte von hinten eine Stimme. Kilijan versuchte sich zwar daran zu gewöhnen, dass Kaspan keinerlei magisches Artefakt brauchte, um plötzlich hinter einem aufzutauchen - und von dieser Fähigkeit auch rege Gebrauch machte -, aber es wollte ihm noch nicht so recht gelingen. Entsprechend erschreckt und mit allen Sinnen auf Alarm drehte der Schmied sich zu dem hutzeligen Männchen um, das verschmitzt grinsend an der inneren Säule des Arkadenganges lehnte und genüsslich an seiner Pfeife zog. "Entweder das, oder ich bin am Ende vernünftig abgehärtet und krepiere nicht jedes mal, wenn es etwas zieht." gab der Schmied zurück. Er drehte sich wieder zum Innenhof, wo etliche Novizen Schabernack trieben und deutete auf einen, der von den anderen ins Wasser geschickt worden war. "Der arme Teufel dagegen wird mit Sicherheit eine Erkältung davon tragen.." sagte er, während er mit versteinertem Gesicht in den grauen Himmel starrte. Das Frühjahr gab sich mal wieder recht die Ehre, die meisten dieser Tage wechselten sich Regen und Sonne schon mehrfach zwischen Frühstück und Mittag ab. Heute dagegen war es einfach nur grau und kalt. "Weißt Du, Junge, Du solltest mal einen der Novizen unter deine Fittiche nehmen. Die Fähigkeit zu lehren wird bei uns hoch gehalten.." - "..und außerdem trainiert es die Geduld." beendete Kilijan den Satz und grinste. "Sicher. Meint Ihr, einer von den Jungs will Schmieden lernen?". Der Alte schnaufte: "Magie, Junge, Magie sollst Du beibringen. Ich fand immer..", eine vanille-duftende Rauchwolke erhob sich in die Luft, ".. dass die Lehre der Magie einem ganz neue Perspektiven aufzeigt. Niemand kann sie völlig verstehen, ohne sie von allen Seiten gesehen zu haben." Kilijans Gedanken sprangen sofort zu Wombel, der technisch gesehen schon in seiner Lehre war. Er hatte völlig versäumt, seinem Mentor davon zu erzählen - was ihm jetzt gerade so peinlich war, dass er nur nickte und sofort auf die Novizen im Innenhof zuging. Besser die Situation verlassen, bevor der alte Alleswisser seiner Dummheit auf die Spur kam. Der klatschnasse Novize schien seinen Peinigern die Tat nicht böse anzukreiden, denn sie standen dort zusammen und lachten. Der Hofmagier schlenderte langsam auf die Gruppe zu und nutzte die Gelegenheit, dass sie sich gerade trennten, um zu dem jungen Mann zu treten. "Du solltest herein gehen. Die Heiler sehen es nicht gerne, wenn man mit etwas kommt, was man selbst hätte verhindern können." Kilijan lächelte väterlich, sein Mantel war weit genug offen, um die reich dekorierte Hofmagierrüstung ausreichend zu zeigen. "Mal schauen, wie ich mich als Respektsperson mache.", dachte er noch bei sich. Als Schmied fiel ihm die Rolle des Meisters nicht schwer, das kam mit dem Können. Als Magier - eine ganz andere Sache...

[Iain]

Iain verabschiedete gerade Leigh und seine neuen Bekannten, als hinter ihm eine Stimme erklang. Als er sich dem Quell derer zuwandte trat er erschrocken einen Schritt zurück. Ein großer Mann in einer merkwürdigen Rüstung stand vor ihm und wies ihn zurecht. "Mir ist gar nicht k...k...alt." Erst als er es aussprach bemerkte der Fischer wie wenig Wahrheit in seinen Worten lag. "Oh" Im herzhaften Gelächter und den vielen Geschichten hatte er gar nicht bemerkt wie der Himmel zugezogen und es etwas frischer geworden war. Unterstützt durch die noch immer klamme Robe kroch die Kälte allmählich in seine Glieder. "Vielleicht sollte ich mir doch etwas trockenes anziehen", murmelte Iain verlegen und blickte zu Boden. Bei Männern mit Rüstungen überkam ihn immer ein beklemmendes Gefühl. Ob das am Tod seines Bruders in einer Schlacht lag? "Verzeiht Meister?" Ist er überhaupt ein Magier? Das fehlen jedweder Robe verunsicherte den Bärtigen. Aber wäre ein regulärer Soldat hier herein gelassen worden? Vorsichtig blickte er an dem Blonden vorbei. Einige der anderen Novizen tuschelten und deuteten immer wieder in ihre Richtung. Also ist er wohl wichtig. Verdammt warum weiß ich noch so wenig.​

[Kilijan]

Der junge Mann .. naja, viel jünger als er war er auch wieder nicht .. verlor erst mal ambulant die Fassung. Auch nicht schlecht. Zumindest besser, als wie eine Lachfigur rüber zu kommen. "Meister Kilijan." half Kilijan dem Novizen, "Ich bin einer der Hofmagier des Königs. Wir .. tragen etwas andere Kleidung, als der Zirkel, das bringen die anderen Aufgaben mit sich." Erneut versuchte Kilijan sich an einem freundlichen Lächeln.
"Wir." musste er dabei denken, es kam ihm reichlich komisch vor, für die Hofmagier zu sprechen, war er doch selbst erst ein paar Wochen dort Mitglied und hatte kaum einen Bruchteil der Aufgaben kennen gelernt, die die Magier am Hofe Ethorns erfüllten. "Und jetzt sollten wir wirklich herein gehen und uns am Feuer im Gemeinschaftsraum wärmen." Kilijan deutete dem Novizen mit einer Armbewegung, mitzukommen. Der hatte zwar immer noch große Augen und schien etwas verwirrt, aber der Magier glaubte zu sehen, dass der Zustand sich langsam besserte. "Entschuldigen brauchst Du dich übrigens nicht. Das war keine Zurechtweisung, lediglich ein Hinweis - man vergisst doch einfach viel zu schnell, was gerade passiert, wenn man in etwas vertieft ist."

[Iain]

"So ist es wohl", pflichtet Iain dem Magier leise bei. Er folgte ihm wie geheißen - warum sollte er auch einem vollwertigen Ordensmitglied, noch dazu einem, dass am Königshof verkehrte! - widersprechen. Außerdem verhieß das Lächeln Meister Kilijans zumindest keine Strafarbeiten. Im Gemeinschaftsraum angekommen zog es ihn zum wärmenden Feuer wie eine Motte zum Licht. Vorbei an den vielen anderen Adepten und Novizen, die mal mehr mal weniger versunken in ihre Arbeiten waren und sie kaum eines Blickes würdigten.

Die Hände gen züngelnden Flammen gestreckt sog er die Hitze regelrecht auf, um die kalten Glieder aus deren eisiger Umklammerung zu befreien. "Darf ich euch etwas Fragen Meister Kilijan?", murmelte der Novize, den Kopf zum Gerüsteten gewandt. "Was ist eigentlich ein Hofmagier?" Er hoffte den Würdenträger damit nicht zu verärgern, doch die Neugier drängte ihn diese Gelegenheit zu nutzen. Wann würde er schon nochmal dazu kommen mit einem Magier zu sprechen. Die meiste Zeit des Tages, die er seinen Pflichten nachging sah er nur seines Gleichen und nur selten lief ihm einer der Höheren über den Weg. Meist tief versunken in ein Buch und seltsames Zeug murmelnd.

[Kilijan]

Kilijan zog eine Augenbraue hoch. Dann erinnerte er sich aber daran, wie lange er in diesem Orden in Setarrif gewesen war, bevor er von den Hofmagiern überhaupt erfahren hatte. Zu einem gewissen Teil war diese Aufsehenslosigkeit eine Strategie, die die Hofmagier mit großer Absicht verfolgten. Also senkte der Magier seine Augenbraue wieder, ließ sich im Sessel etwas zurückfallen und faltete die Hände:
"Die Hofmagier gehören zum Orden des Wassers, sind aber traditionell sehr unabhängig. Während sich der Zirkel um Lehre, Ausbildung, Predigt, die Menschen, das Gleichgewicht, Forschung und Erhalt des Wissens bemüht, so sind die Ziele der Hofmagier etwas weltlicher: Sie dienen dem König als Legaten, Diplomaten, als Generäle, als Berater. Wir spüren Intrigen am Hof genauso auf, wie wir Verhandlung an anderen Höfen führen. Wir versuchen, Schlachten zu vermeiden, lenken sie aber, wenn sie unausweichlich sind. Das und noch viel mehr tun die Hofmagier." Kilijan seufzte, während er den Drang, aus dem Nähkästchen zu plaudern beiseite schob, und versuchte, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. "Trotzdem hören wir natürlich nie auf, Wassermagier zu sein und uns um den Zirkel zu kümmern..." Mit den Worten öffnete Kilijan die Hand und konzentrierte sich auf die Feuchtigkeit in der Kleidung des Novizen. Die Magie durchströmte das Wasser, es sang in Kilijans Geist und folgte seinem Fingerzeig, das Gewebe zu verlassen und sich in den Kamin zu bewegen und sich von der heißen Luft der Flammen in den Himmel tragen zu lassen. "So sollte das Aufwärmen wesentlich schneller gehen..." zwinkerte Kilijan dem Novizen zu.

[Iain]

Dem jungen Mann blieb der Mund offen stehen. Nicht nur ob der wichtigen Aufgaben die ihm der Hofmagier schilderte, von denen er sich nur unter der Hälfte etwas vorstellen konnte, sondern auch wegen dessen scheinbar beiläufigen Geste. Mit einem mal war seine Robe deutlich leichter und als er an sich herab sah erkannte er auch warum - sie war getrocknet. Binnen weniger Lidschläge hatte der Blonde Magie gewirkt und Iain hatte es nicht mal bemerkt. Cayden und die Jungs waren heute total erschöpft nachdem sie mich ins Wasser katapultiert haben, während Meister Kilijan nicht mal den Anschein macht als hätte er überhaupt etwas getan. Er saß einfach nur amüsiert drein blickend in seinem Sessel während der Bärtige die Fassung zurückerlangte und den Mund schloss. Die Angst vor dem Krieger verflog. Stattdessen betrachtete er den Magier eingehender. Er war kaum älter als er selbst, doch wirkte so viel erhabener, was nicht nur an seiner Kleidung lag. Auch das kurz geschorene, blonde Haar und der weniger fulminante Bart trugen ihren Teil dazu bei. Der Fischer strich durch seinen Eigenen. Es war ihm nie in den Sinn gekommen diesen großartig zu stutzen, im Gegenteil. Unter seinesgleichen war es durchaus üblich eine gesunde Haarpracht mit sich zu führen. Nur die feineren Herren kümmerten sich um ihr Äußeres. Ob er wohl gar von adligem Geblüht ist? Iain widerstand dem Drang danach zu fragen nicht zuletzt weil ihn viel mehr nach dem Unbekannten, der Magie gierte. Endlich brachte er auch ein paar schwache Worte hervor. "Wie...Wie habt ihr das gemacht?"

[Kilijan]

"Die Magie des Wassers ist der Kern der Lehren unseres Ordens. Die Kontrolle des Elements eröffnet einem große Möglichkeiten. Dazu gehört der Wille, Durchhaltevermögen und Talent zu gleichen Teilen." Kilian setzte sich etwas auf und sammelte seinen Geist. "Man beginnt mit dem Lernen einfacher Zauber: Licht -", eine Lichtkugel erhob sich über seiner ausgestreckten Hand, "-, Telekinese, -" der oberste Scheit im Feuer erhob sich und schwebte in seine Hand, wo er das noch nicht brennende Ende in seine Hand nehmen konnte, "- Adanos' Feuer." Mit der anderen Hand zog er von dem lodernden Scheit aus einen Bogen aus blau leuchtenden Flammen. "Im zweiten Kreis dann lernt man unter anderem, das Wasser zu kontrollieren." Es bedurfte Kilijan schon einer kleinen Anstrengung, um erneut Wasser herbeizubeschwören und es sich so schnell um den Holzscheit ballen zu lassen, dass es mit einem Zischen die Flamme erstickte. Er zog immer mehr Wasser zusammen, bis eine Wasserkugel um das Ende des Holzes gebildet hatte, die er dann eine Speerspitze formen ließ. "Und schließlich lernt man auch, das Wasser zu Eis gefrieren zu lassen -", ein scharfer Stoß seiner Gedanken und das Wasser gefror mit einem Mal zu Eis, "- denn Adanos gibt uns auch die Mittel zur Verteidigung." Die Eisspitze funkelte gefährlich und Kilijan ließ den verdatterten Novizen einen Moment auf die glasigen Schneiden starren, bevor er den Eisspeer mittels Telekinese in den Kamin zischen ließ, wo die Spitze mit einem dumpfen Krachen an der Rückwand zerbarst und der Scheit in den Feuerkorb zurück fiel. Das Holz krachte, Funken und Ruß staben auf, sodass die Esse für einen kurzen Moment in einem Sturm orangener Leuchtflöhe zu glühen schien. "Die Magie ist viel mehr als nur ein Werkzeug.", schloss Kilijan ab, "Sie ist ein einmaliger Einblick in die Schöpfung, das Geschenk Adanos, das es uns erlaubt, in die Geheimnisse der Welt weiter Einblick zu nehmen, als es dem Normalsterblichen erlaubt ist. Deshalb ist es meine Pflicht, sie zu lehren, und Deine, sie zu lernen."

[Iain]

Erneut verschlug es Iain die Sprache. Sein ganzes Leben hatte er nie auch nur ein Fünkchen magischen Wirkens gesehen und heute wurde er regelrecht damit überflutet. War er schon beeindruckt von Selinas dichtem Nebel und dem gemeinschaftlichem Schwebezauber der Novizen, so schmolz er förmlich dahin beim Anblick der vielen Magie die er diesmal sogar zu spüren glaubte. Ob es der schiere Anblick war der ihm ein kribbeln in der Magengegend brachte oder echte Magie würde sich erst zeigen müssen, doch vielleicht würde es bald soweit sein sollte er seinen Ohren trauen. Hat Meister Kilijan wirklich angeboten mich zu unterrichten? Skeptisch blickte er zu dem blonden Mann. Er hatte von einfachen Zaubern gesprochen. Doch wie einfach konnte ein nicht fassbares Gebilde schon sein, dessen Ursprung weit hinter seinem Horizont lag? Außerdem war seine Demonstration alles andere als einfach gewesen. So viel war passiert in so kurzer Zeit. War er überhaupt schon bereit dafür, so kurz nach dem Beitritt in den Orden? Andererseits hatte der Hofmagier weniger eine Bitte, als eine Forderung in den Raum gestellt. Es ist meine Pflicht zu lernen. Iain ballte die Hand zur Faust und schloss die Augen. Dies ist ein weiteren Schritt auf meinem langem Weg weg dem Tod als einfach Fischer zu entfliehen. Doch bevor er sich zu früh freute wollte der Bärtige sichergehen.

"Heißt das ihr könntet mich die Magie lehren?", sprach er konzentriert darauf das zittern seiner Stimme zu verdrängen.