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Lexi nahm vorsichtig ihren Sohn entgegen, der zwar etwas benommen drei blickte, wie oft er heute hin und her gereicht wurde, aber keinen Mucks von sich gab. Den hob er sich wahrscheinlich für später auf.
"Hunico sagt, er hat eine alte Hütte im Viertel der... weniger gut gestellten Gesellschaft erworben. Wir zahlen es mit der Zeit ab. Er meint, Dach und Wände wären dicht und wir hätten auch eine Feuerstelle, von der Seite her sollten wir also gut versorgt sein..."
Sie hatte das Haus noch nicht gesehen, vertraute in der Hinsicht aber ihrem Liebsten. Der war heute wieder zu Besuch gewesen und ab morgen konnten sie wieder in einem Bett nebeneinander schlafen.
"Wo du schon davon sprichst", damit wollte sie auf die Untersuchung ihrerseits überleiten, "Ich fühle mich noch nicht wieder so... fit wie vor der Geburt. Mein Bauch ist ja doch noch ein bisschen rundlich, wird sich das wieder bessern?"
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"Das klingt gut", sagte Aniron und nickte. Ein Dach über den Kopf war wichtig für die kleine Familie. Sie deutete Lexi an, sich hinzulegen.
"Hm, naja, Euer Körper leidet - ich benutze mal dieses Wort - gerade an der Umstellung zurück zur Normalität. Das heißt, dass in Euch derzeit viele Dinge vorgehen, die können auch Eure Gefühlswelt betreffen. Manche Frauen haben die Heultage nach der Geburt des Kindes, manche entwickeln eine richtige Abneigung gegen ihr Kind, dann müssen sie zu einem Heiler. Wir wissen nicht, warum diese Dinge geschehen, manche Frauen sind auch sehr ausgeglichen nach der Geburt. Es ist von Frau zu Frau unterschiedlich."
Aniron machte sich an ihre Arbeit, währen sie weiter erzählte.
"Euer Körper braucht viel Zeit, um genau zu sein, braucht er genauso viel Zeit zur Regeneration, wie Ihr schwanger gewesen seid. Allerdings wird Euer Bauch schneller zurückgehen. Viel Bewegung hilft dabei. Aber das Gewebe braucht seine Zeit."
Sie war zufrieden. Lexi fieberte nicht und die Naht schien auch zu verheilen.
"Es wird dauern, bis Euer Körper in allen Dingen wieder so funktioniert, wie früher. Wichtig ist, dass Ihr, solange Ihr noch Wöchnerin seid, Euch keine Infektion einholt und Euch schont. Das ist mein voller Ernst. Zu viele Frauen sind schon gestorben, weil sie zu eilig wieder an die Arbeit mussten. Nehmt Euch lieber die Zeit und lernt Euer Kind besser kennen. Wenn Ihr fiebert oder irgendwelche anderen Probleme habt, sei es dem Kleinen oder das Stillen oder was anderes, lasst mich holen."
Sie stand auf und wusch sich die Hände.
"Ich bin aber sehr zufrieden, Ihr macht mir einen guten Eindruck. Aber was ich Euch noch dringend ans Herz legen möchte, ist, dass es sein kann, dass Ihr den Eindruck gewinnt, noch nicht wieder schwanger werden zu können, solange Ihr stillt. Das ist allerdings ein Ammenmärchen. Ihr könnt sehr schnell wieder schwanger werden. Bedenkt das."
Aniron überlegte, ob sie der jungen Mutter noch etwas mit auf den Weg geben konnte. Eigentlich nicht viel, sie würde das meiste selber in Erfahrung bringen müssen. Die Wehmutter lächelte daher.
"Ich bin mir sicher, dass Ihr das alles gut hinbekommt."
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Zumindest würde das Spielchen nicht allzu lange dauern - das war ein Vorteil. Inzwischen begann sich Andrahir ein wenig Sorgen um Ryu zu machen. Er hatte sich lange keine Übung mehr ausgedacht die wenigstens auf den ersten Blick vollkommen sinnfrei und schwachsinnig schien und ihr damit den typischen hayabusischen Trainingscharakter gab - aber man wollte ihn ja nicht auf dumme Gedanken bringen und so stellte der Schüler nur wie bereits gewohnt den ungespannten Bogen in eine Ecke, legte Pfeile und Mantel dazu, zog seine Waffe und warf auch die Lederhülle zur Seite bevor er in den noch sehr großen Kreis trat, dessen bewegbare Begrenzung unterdessen ausgelegt worden war. Nach und nach traten in etwa gleichgroßen Abständen die anderen Waffenschüler hinzu. Es war diese typische angespannte Situation in der jeder den anderen schon vor dem Geschehen einschätzen wollte. Jeder der behauptete, er hätte hier noch den ein oder anderen lockeren Spruch auf den Lippen gehabt, müsste sich seiner Sache entweder aufgrund erprobter Kampffähigkeiten verdammt sicher sein oder er log.
Die fünf anderen schienen schon eine Weile in der Kampfschule zu sein, sich jedoch auf unterschiedlichen Niveaustufen zu befinden. So waren zwei von ihnen noch mit den einfachsten Übungsschwertern zugange, als wüssten sie noch nicht genau in welche Richtung sie sich weiterentwickeln wollten, einer hielt ein Langschwert in der linken Hand, was insofern interessant war, als dass Andrahir noch nicht gegen Linkshänder gekämpft hatte, der Vierte - recht klein aber kräftig - trug einen Streitkolben und einen Schild und der Fünfte hatte ein Kurzschwert in der Rechten und zog mit der Linken gerade einen Parierdolch.
Es war eine Übung wie jede andere. Es ging hier nicht um Leben und Tod, aber es ging, wie in jeder Übung, darum etwas zu beweisen. War man, und diesem Fall im besonderen Andrahir, dessen Lehrmeister diesen Kampf organisiert hatte, bereit für die nächste Stufe?
Fackel- und Mondschein erfüllten den Platz mit einem milden Licht, welches kaum die Sicht einschränkte, aber eben doch anders war als das normale Tageslicht. Die Spannung stieg noch einmal als Ryu seinen Platz an den beiden Enden des Seils einnahm um jederzeit die Schlaufe enger ziehen zu können und sich räusperte. Wie inzwischen vor jedem Kampf - vor jedem Training - umschlossen die Finger Andrahirs noch einmal nacheinander den Griff des Sumpfstahlschwertes fest und er hob die Klinge leicht an, so dass sie ungefähr auf Gürtelhöhe in der waagerechten schwebte...
"Kämpft!" Fast noch im selben Augenblick, in dem Ryus Stimme erklang schnellte der Jäger vor, schlug dem überrumpelten Kämpfer, der ein paar Schritte rechts von ihm gestanden hatte das halb erhobene Übungsschwert aus der Hand und stieß ihn mit der freien Hand über die Kreislinie. Er hasste lange Psychospielchen mit gegenseitigem Angestarre – das machte nur verrückt.
Der Ruck, der durch den schmalen Körper ging, als er sich erneut umwandte lies die ersten Haare aus dem zusammengebundenen Zopf fliegen. Diesmal jedoch blieb keine Zeit für sarkastische Gedanken hinsichtlich klischeehafter Jugendträume, wie bei der halben Schlammschlacht in Schwarzwasser – dem Abschluss des ersten Teils seiner Lehre bei Ryu. Stattdessen machte er sich bereit für den Angriff des Streitkolbenträgers der sich ihn wohl als erstes Ziel auserkoren hatte, bereit. Dass nicht automatisch drei Zweiergruppen entstanden waren, war vorauszusehen gewesen und so nahm Andrahir aus dem Augenwinkel wahr, wie der recht groß gewachsene, aber wendige Kämpfer mit Kurzschwert und Parierdolch in die Mitte des Kreises sprang um zu verhindern, dass er von den zwei ihn flankierenden Kontrahenten einfach über die Begrenzung getrieben wurde. Gerade mal wenige Sekunden waren bisher vergangen und nach dem Ausscheiden des ersten Kämpfers ertönte nun zum zweiten Mal das Klirren zweier aufeinander treffender Waffen. Dies kam aber nicht mehr im Bewusstsein des Langhaarigen an. Längst stand er seinem neuen Gegner vis-à-vis und duckte sich unter einem wuchtigen Schlag weg. Sein Schlag mit der linken Faust in die Bauchgegend des anderen erwies sich jedoch als keine gute Idee. Obwohl die Kraft sich in Maßen hielt, zuckte doch ein Schmerz durch die Knöchel, als sie das Metall der Rüstung unter der Lederummantlung des Kontrahenten zu spüren bekamen. Kaputt ging dabei nichts, aber durch den Schreck entstand eine Lücke in der Verteidigung Andrahirs, in deren Richtung der Streitkolben vorstieß. Im inneren Ohr den Hinweis Raads es zu vermeiden sich auf den Boden zu werfen, riss er gerade so den Arm hoch um den nahenden Waffenstiel zwischen Parierstange und Klinge nach oben zu drücken. Mit einigen Schritten gelang es ihm schließlich doch sein Gleichgewicht wieder herzustellen, vor dem nächsten Angriff des stabilen Kleinwüchsigen zur Seite zu springen und sich so in angemessenerer und beliebterer Position wiederzufinden – er konterte so wie er es am besten konnte.
Der Schild des Verteidigers fing die ersten Schläge noch halbwegs ab, konnte aber keine rückwirkende Kraft erzeugen, weil Andrahir schon bevor er mit seiner Waffe den runden Schutz erreichte, diese eine leichte Kurve beschreiben lies und er so den Schwung der abgleitenden Waffe für den nächsten Schlag benutzen konnte. Nun zog Ryu auch noch den Kreis enger und Gegner kam in echte Platznot – seine Zeit des Abschieds aus dem Kampfring war aber noch nicht gekommen. Aus dem Augenwinkel nahm der Waldbewohner einen nahenden Schatten war und so drehte er sich blitzschnell – gerade noch rechtzeitig um, um einen Schlag des Langschwertes abzuwehren und den Träger dessen in die andere Richtung zu treiben. Der Akademieschüler hatte ihn unterschätzt und einen anderen Gegner übersehen und so sprang er von allein aus dem Kreis, als der große Kerl die Geschwindigkeit seines Kurzschwertes drosselte um dem Linkshänder nicht den Kopf ab zu schlagen.
Der Kreis wurde kleiner. Die vier übrig gebliebenen hielten einen Augenblick inne. Doch es war mehr ein Wimpernschlag, denn eine Pause bis den schwarzen Augen des jungen Jägers wieder dieses ehrgeizige Glühen eigen wurde und er sich erneut auf den Schild- und Streitkolbenträger stürzte. Mit schnellen Schritten veränderte er ständig die Position was den anderen verwirrte und schließlich aus dem Gleichgewicht brachte. Raad sollte Recht behalten. Der fallende nahm reflexartig den linken Arm zur Seite um sich aufzufangen: der Schild decke nur mehr den Boden und die Klinge an seinem Hals überzeugte den geschlagenen von seiner Niederlage. Struppig legten sich die schwarzen Haare über das Gesicht des jungen Kämpfers. Überrascht stolperte er weiter in die Mitte als Ryu wieder an dem Seil zog. Der Durchmesser des Kreises maß nun vier Schritt weit und eben in diesem Moment beobachtete er überrascht wie der Kerl, der mit seinem Übungsschwert noch im Kreis stand dem Kurzschwert seines Gegners auswich, den Arm, der den Parierdolch hielt mit der freien Hand zur Seite drückte und mit einem kräftigen Körpereinsatz den schmalen Großen aus dem Ring beförderte.
Andrahir hatte ihn aufgrund seiner Waffe unterschätzt und er konnte froh sein, dass er das erkannte, bevor es zu spät war. Nun standen sie sich doch gegenüber und musterten einander. Mit ruhigen Bewegungen lehnte der schmale Waldbewohner seine Waffe aufrecht stehend gegen seinen Oberkörper, strich sich die Haare aus dem Gesicht und band sie wieder zusammen, während er unablässig auf die geringste Bewegung des anderen wartete – doch dieser lies ihn gewähren, bis er den Arm wieder herunterriss um nach dem Schwert zu greifen und es hochzureißen.
Grünliche Lichtreflektionen rasten über den Boden während die Klingen immer wieder aufeinander trafen und Ryu den Kreis noch enger Zog um schlussendlich aufzustehen und näher heran zu treten. Enger würde der Kreis nicht werden, doch schon so gab es keine Möglichkeit nach hinten auszuweichen. Drei Schritte reichten nun um den Kreis zu durchqueren. Es gab nur Angriff und Parade, maximal noch ein Seitwärtsschritt. Dankbar über jede Minute des Trainings, die er bereits bestritten hatte und besonders dankbar über die gestrige Lektion mit Raad führte Andrahir die Waffe in der Verteidigung stets so, dass das Schwert des Gegners nicht gestoppt sondern nur abgelenkt wurde. Dieser hatte zwar nun den Vorteil, dass er seine Kombinationen weiter ausführen konnte, jedoch gelang es ihm auf die Art und Weise nicht einen Schwachpunkt zu finden oder die Balance des Jägers in Gefahr zu bringen.
Der Gast Setarrifs hätte nicht sagen können ob sich inzwischen Zuschauer eingefunden hatten. Er hörte nichts als die metallischen Schwingungen der Schwerter, sah nichts als seinen Gegner und die sich bewegenden Waffen, spürte dafür aber jede seiner Bewegungen im kleinsten Detail. Spürte auch die weniger werdende Wucht der ihn anvisierenden Schläge und roch den Schweiß des Gegners, der an Ausdauer verlor, bis es soweit war: Ohne darüber nachzudenken vollführte der Langhaarige plötzlich einen Ausfallschritt nach links, so dass er halb im Rücken des seitlich stehenden Angreifers stand, schob seinen Fuß am Knöchel des anderen vorbei und versetzte ihm, sich duckend einen Schlag mit dem Schwertgriff in die Kniekehle. Der Staub wirbelte um den anderen Fuß des fallenden auf, als dieser nach Halt suchte – er fiel... wie ein Baum unter dem letzten Schlag eines Holzfällers. Noch bevor der Körper auf den Sand aufschlug, drehte sich der bereits siegreiche Kämpfer aus seiner Haltung heraus und sprang dem besiegtem hinterher um ihm hier, abseits des Kreises wie noch einmal zur Bestätigung die Klinge auf die Brust zu setzen.
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"Ich werde versuchen, mich zu schonen", antwortete Lexi nach einer Weile und streichelte ihrem Sohn über die dünnen Härchen, "Und ihn natürlich. Und sei dir sicher, dass ich mich gleich an dich wende, wenn es Probleme gibt, bin ja nicht doof und vertraue mich irgendwem an, wo ich doch jetzt weiß, dass es eine kwa... qua... em... gute Heilerin hier in Setarrif gibt."
Eine Sache wollte sie aber noch wissen.
"Wir wollten in der Stadt aber nicht sesshaft werden. Wann meinst du, können wir uns wieder auf Reisen begeben?"
"Reisen solltet Ihr erst, wenn die Naht und die innere Wunde vollkommen verheilt ist."
"Wann wird das denn sein? Im Groben. Ein Monat? Oder länger?"
"Allerspätestens in vier Wochen, ja."
Lexi nickte. Ein Monat. Nun, das konnte sie ertragen, das musste sie ertragen. Wer weiß, vielleicht fand sie ja noch Gefallen an diesem Ort. Tief im Inneren glaubte sie zwar eher an die Lehren Innos', aber sie hatte sich damit noch nicht sonderlich viel beschäftigt. Sollte sie ihr Kind taufen lassen? Oder sich selbst? Für Adanos oder Innos? Darüber musste sie mit Hunico reden.
"Wenn es weiter nichts gibt, möchte ich die Chance nutzen", ihr Sohn schlief ja schon, "Und für ein paar Stunden die Augen schließen. Nochmal danke für alles!"
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Es war früh am Morgen. Sehr früh. Die Sonne hatte noch nicht ihre tägliche Herrschaft von der Nacht zurückerlangt, doch die ersten Lichtschimmer erhellten bereits das Antlitz der Stadt, die noch ruhig und friedlich da lag, schlafend, wie ihre Bewohner.
Marvin wusste noch immer nicht, wie lange er eigentlich weg gewesen war, doch hatte er beschlossen, dieses auch nicht mehr herauszufinden, zumindest nicht danach zu suchen. Schließlich lag für ihn kein Nutzen darin, es würde ihm nicht dabei helfen, mit dem Erlebten fertig zu werden, geschweige denn es zu verstehen und ihm einen Sinn zuzusprechen.
Selbst die Taverne zu seiner Linken war um diese Zeit ruhig. Er kannte es durchaus von anderen Tavernen, dass mancher Besucher erst nach Hause stolperte wenn Marvin sein Bett bereits wieder verlassen hatte, die Wirkungen des Alkohols waren doch immer wieder ein Wunder ... Marvin war ganz zufrieden damit, sich seinen Wirkungen nicht mehr hinzugeben.
So stand er jetzt vor dem Haus der Magier, nicht ganz sicher, ob er den Wassermagier von gestern hier wirklich finden würde, geschweige denn ob er ihn wiedererkennen würde, würde er in seiner amtlichen blauen Robe vor seiner Nase stehen und fragte sich, ob es wohl um diese Zeit unhöflich war, nach jemandem zu fragen ... vorausgesetzt er würde jemanden finden, den er fragen konnte. Noch hatte er keine Menschenseele gesehen...
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"Los Sohn, beeil dich. Es ist ohnehin schon spät genug!"
"Jawohl Vater."
Hastig eilte der junge Mann, das Fischernetz in der Hand dem alten Fischer hinterher zur Anlegestelle. Dort ankerte ihre kleine Schaluppe, die ihre besten Tage längst hinter sich hatte. Das Segel war ein einziger Flickenteppich, die Planken verzogen und notdürftig gestopft. Langsam aber stetig rann das kühle Nass ins Boot. Wir brauchen unbedingt ein Neues, dachte der Fischerssohn bei sich, doch verwarf er die Idee sofort. Sie hatten weder das Geld dazu noch würde sein Vater den seit Generationen vererbten Besitz ersetzen. Manchmal ist er ganz schön stur.
"Hör auf zu träumen! Wie oft hab ich dir das schon gesagt!", erklang die wütende Stimme des Alten.
"Los jetzt. Ran ans Ruder oder willst du das deine Mutter und deine Schwester verhungern müssen."
In die Gegenwart zurückgeholt sprang Iain ins Boot und warf routiniert das Netz hinter sich ehe er die hölzernen Ruder hob und die Fahrt begann.
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Nun schon den dritten Tag in folge stand der Schwarzhaarige auf dem Trainigsplatz und Blondie gegenüber, dieser hatte es sich zur Aufgabe gemacht ihn täglich in den Staub zu werfen. Zwar gelang ihm dieses immer seltener, aber damit waren die Fortschritte des Anfängers aber auch zu ende, er schaffte es kaum die Attacken abzuwähren oder gar ernsthaft zurückzuschlagen. Das Schwert in seiner Hand fühlte sich immer noch wie ein Fremdkörper an, etwas das bewusst versuchte sich ihm zu wiedersetzten.
Ein weiterer schwungvoller Schlag, dem er nach hinten auswich, und sofort versuchte seinen Gegner zu treffen, während dieser noch mit dem Übergang in den nächsten Angriffsschlag beschäftigt war. Zwar war dies der richtige Moment aber wieder war sein Schlag zu langsam und ungezielt. Noch bevor er diesen Umstand allerdings vollkommen realisiert hatte war Blondie mit einer leichten Drehung ausgewichen und hatte ihm mit der flachen seite des Schwertes seitlich auf den Kopf geschlagen.
"So in den letzten Stunden 16 mal gestorben, sicher dass du nicht langsam aufgeben willst?"
Nein dass war er nicht, er wollte den Umgang mit dieser Waffe lernen und das würde er auch, egal wie lange es dauern würde. Zumindest redete er sich dies die letzten Stunden ein, um nicht das Handtuch zu werfen und so antwortete er,"Nein so weit bin ich noch nicht, aber eine kurze Pause wäre nicht schlecht."
Und da der Andere diese zugestand, schlurfte er sich sein Ohr haltend zum Rand des Platzes und lehnte sich dort schwer atmend gegen die Wand.
Was der ihm unbekannte Ausbilder, der nicht sagen wollte, dass er einer war ihm mitgeteilt hatte klang so einfach wie es schwer war. -Schwert halten, sich nicht treffen lassen und dem Gegner eine verpassen- Der einzige der drei Punkte der ihm gelang, zumindest wenn er deffensiv kämpfte, war der Zweite. Damit war es aber auch vorbei, sobald er den Dritten auszuführen versuchte. Inzwischen war sich Putorius ziemlich sicher, dass das ganze nur ein blöder Witz war, und der Unbekannte ihn beobachtete, um zu sehen wie er aufgrund mangelndem Wissens ständig 'starb'.
Doch bevor er diese Gedanken weiterspinnen konnte und eventuell zu irgendeinem sinnvollen Schluss gefunden hätte erschien Blondie wieder und befand, dass er sich genug ausgeruht hatte und dass es wieder von vorne losgehen würde. Schnell noch einen Schluck Wasser getrunken, also auf ein Neues.
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Ruhig führte eine Hand den Kohlestift über ein Blatt Papier, ließ mal fette, schwarze Striche auf weißen Hintergrund entstehen und manchmal zog sich nur ein dunkler Schatten über das Bild. An sich war es bedeutungslos, eine Zeichnung der Stadt Setarrif aus seinem Fenster heraus. Er war nicht wirklich gut, so dass es als Kunststück hätte durchgehen können. Viel wichtiger war aber, dass es ihn beruhigte, ihn für eine lange Zeit einfach aus der Realität riss und ihn in die Welt der Zeichnung entführte. Doch dann brach ein Stein durch die gläserne Fassade eines Hauses.
"Ja." rief er, noch etwas verwirrt. Es dauerte einen Moment, doch dann öffnete sich die Tür und herein trat ein Adept und fragte nach ihm. "Entschuldigt, Meister, aber vor dem Haus der Magier wartet ein Mann mit seltsamen Haaren und mit einer Narbe im Gesicht. Er hat nach euch gesucht. Ihr wolltet euch heute mit ihm treffen." Der Magier nickte und erhob sich von seinem Stuhl. Er lächelte dem Schüler entgegen. Zwar wusste er nicht einmal wie sein Name war, doch es schien, als würde dieser junge Kerl immer zur Stelle sein, wenn es um eine Angelegenheit ging, die man Jary überbringen konnte oder ihn sonst irgendwie anging. "Dankeschön. Du kannst wieder deinen Arbeiten nachgehen oder nein. Mach eine Zeit lang Pause oder studiere die Bücher." Sein Gegenüber verneigte sich leicht, bedankte sich und war schon dabei, wieder zu verschwinden. "Aber warte!" Der Schütze hob die Hand. "Wie heißt du eigentlich?" Etwas verdutzt schaute der Blonde noch einmal zu ihm. "Ich? Mein Name ist Taren, Meister." "Du darfst gehen, Taren." Erst als er verschwunden war, seufzte Jaryvil leise. Meister.. Herr.. Er konnte nur den Kopf schütteln. So sehr es ihn ehrte, einer der Vertreter Adanos' auf Erden zu werden, doch dieses distanzierter Gefühl, welches sich von diesem Moment an zu den Novizen und Adepten eingestellt hatte, empfand er als grässlich. Es waren Menschen, genau wie er und mit denen er vorher noch gemeinsam Straßen gekehrt und das Refektorium gesäubert hatte. Ein weiteres Problem.. .. von mehreren die sich in letzter Zeit bei ihm häuften.
Genug Zeit verschwendet, ich sollte meinen zukünftigen Schüler begrüßen. Und mit diesen Worten, Bogen und Köcher auf dem Rücken verließ er seine Kammer und ging nach draußen.
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Dem Meister wird er Bescheid geben hat er gesagt, dem Meister. Ein netter junger Kerl schien er ja gewesen zu sein, doch schrecklich verunsichert im Verhalten gegenüber Höheren. Vielleicht war dies auch ein Teil der den Wassermagiern oder Magiern eigenen Kultur, wenn man so wollte. Schließlich hatten sie auch in anderen Bereichen andere Verhaltensweisen als die Krieger der Akademie oder die Söldner vor der Stadt oder den Bürgern in den Straßen oder den Adligen in den Palästen ... einfach ihre eigenen eben. Schon allein diese Roben, die auf Marvin einen eher unpraktischen Eindruck machten.
Jedoch hatte er nicht lange Zeit sich Gedanken darüber zu machen, den der verlangte trat schon heraus. Bogen und Köcher hatte er bereits dabei. Sofort fand sein Blick den weißhaarigen Krieger und schritt entschieden auf ihn zu. Es war auch schwer die auffallende Gestalt zu übersehen, einer der Nachteile seiner Haarfarbe ... dafür hatten sie Wiedererkennungswert ... was auch nicht unbedingt positiv sein musste ... egal! Er begrüßte seinen neuen Lehrmeister — welch ungewohntes Wort aus der Sicht eines Schülers.
»Dann können wir von mir aus eigentlich sofort anfangen. Wir könnten am Trainingsplatz in der Akademie trainieren, als Wächter derselbigen darf ich den problemlos nutzen oder wäre Dir der Wald lieber?«
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Es hatte nur eines kurzen Rundblicks vom Eingang aus gereicht, dann hatte Jary schon den Weg zu seinem zukünftigen Schüler eingeschlagen. "Guten Tag. Ich hoffe du musstest nicht zu lange warten?" Vielleicht wollte er das aber auch gar nicht wissen, schließlich hatten sie nicht einmal ungefähr eine Zeit geplant gehabt und ob der Adept sofort zu seiner Kammer gekommen war, wusste er auch nicht. "Jedenfalls sollten wir keine Zeit verlieren, du hast recht. Die Akademie wäre mir vorerst lieber. Du hattest ja gesagt, dass du schon ein bisschen was kannst." Und was das war, darüber wollte sich der Magier ein Bild machen. Dass dieser Kerl einer der Wächter war, das hätte Jary aber nicht erkannt, als er ihn noch am gestrigen Abend mit seinem Bogen fast niedergeschossen hätte. Instinktiv wollte er sich nach der Wunder erkundigen, doch er hielt sich zurück, schließlich hatte er ja gesagt, er solle sich keine Sorgen machen.
"Wenn wir dann dort sind -" Der Varanter stoppte für einen Moment, als sich eine junge Frau durch die beiden drängte. "dann kannst du mir ja mal kurz vorführen, was du einmal gelernt hast oder zumindest das, was du davon noch beherrscht." Wenn er ehrlich war, war er schon gespannt, was er noch fertigbrachte und überhaupt was er gelernt hatte. Die Tage könnten wir dann auch in die Übungshalle, wo ich auch Calan ausgebildet habe. Falls wir da nicht ohnehin hingehen. Denn um ehrlich zu sein wusste der Wassermagier nicht wirklich was der berühmten Setarrifer Akademie alles zur Verfügung stand. Auch über die Hierarchie und die Leiter hatte er bisher nur aus einigen Gesprächen anderer Leute herausgehört. Dass ein Wächter wie sein Schüler allerdings eine hohe Stellung inne hatten, das war wusste sogar er. "Vielleicht kannst du mir ja auch ein bisschen was über die Arena erzählen. Ich bin zwar schon über ein Jahr hier, komme aber eigentlich vom Festland und habe von Setarrif vorher auch noch nie gehört."
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Etwas über die Arena erzählen? Du meinst, dass ich das vorletzte Mal als ich darin war Truppen für einen Krieg gesammelt habe und das letzte Mal selbigen ausgerufen habe? Oh ja, da könnte ich Dir einiges erzählen, dachte sich Marvin, hatte aber nicht vor selbiges zu tun, er hatte noch nicht wirklich zu einer Bewertung seiner Taten gefunden, er hatte es für richtig gehalten, als er es getan hatte. Er wusste, dass Blut fließen würde. Und auch wenn er eine bedeutende Rolle in diesem Konflikt gespielt hatte, war er doch der Überzeugung, dass es auch ohne ihn dazu gekommen wäre, die Frage ist nur, in welchem Ausmaß mit welchem Ergebnis. Doch es half nichts, er hatte es getan und würde wenn nötig auch dazu stehen. Er wusste nicht, ob er ein Recht hatte, Stolz wegen seinem Anteil zu empfinden, Scham oder Reue empfand er keine. Und auch wenn er die Toten betrauerte, er hätte es wohl wieder so getan. Was auch immer das auf ihn schließen lassen sollte.
»Die Arena,« begann Marvin, während die beiden ihren Weg zur Akademie antraten. »ich denke, da gibt es nicht allzu viel zu sagen. Das letzte Mal, als ich sie gesehen habe, war sie eine Tribüne mit einem großen Loch an der Stelle, an der einst gekämpft wurde. Ich weiß nicht, ob sie jemals repariert wurde. Und vor der Zerstörung ... nun, ich bin noch nicht lange auf dieser Insel. Ein halbes Jahr, vielleicht ein wenig mehr. Ich komme ebenfalls vom Festland, mit Umwegen über Khorinis, wieder dem Festland und einer anderen Insel, deren Name Dir nichts sagen würde. Von uns beiden bin also wenn überhaupt ich der Fremde auf dieser Insel.«
Sie waren an der Akademie angekommen, sie lag ja auch um die Ecke. Marvin packte seine Bogen recht unsicher an. Er wusste noch etwa was zu tun war, doch die Tatsache, dass er es schon so lange nicht mehr ausprobiert hatte war ihm sehr bewusst. Er schoss auf eine vergleichsweise kurze Distanz auf eine Zielscheibe. Viel mehr hatte er auch nicht gelernt, wirkliches Jagen wäre ihm wohl kaum möglich. Viel erreichte er auch auf die Zielscheibe nicht. Er traf mit den meisten Schüssen, doch für die einzelnen Fehlversuche hätte Waylander — wie lange hatte er den eigentlich schon nicht mehr gesehen... — ihn wohl erstmal noch ein paar Tage unter seine Fittiche genommen. Doch wenigstens war nicht alles verloren, glaubte Marvin zumindest.
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Alsbald erreichten sie die Anlegestelle. Ohne Worte zu wechseln tat jeder seine Handgriffe und in Windeseile war das Boot vertaut und die Ladung an Land gebracht. Dort warteten schon die beiden Frauen die ihnen die Fische abnahmen. Ihr Blick sprach Bände, doch auch sie wagten es nicht dem Familienoberhaupt zu widersprechen. So zog die Familie mit dem Fang in ihre Hütte am Hafen und begannen diese für den Verkauf vorzubereiten. Da es nicht all zuviel zu tun gab, bestand sogar die Chance, dass der junge Fischer am Abend etwas freie Zeit außerhalb verbringen konnte, wenn auch zuwider seines alten Herren.
"Dort gibt es nichts für einen armen Fischer wie dich. Du kannst weder lesen noch schreiben noch kämpfen. Was willst du also bei den Kuttenträgern oder der den einfältigen Narren die glauben sie könnten die Myrtaner in die Flucht schlagen. Wär doch schon längst entschieden wenn 'ses könnten.", hatte er bei seinem letzten Freigang zuhören bekommen. Sei's drum, die Aussicht von dem mürrischen Alten wegzukommen wog die Angst rekrutiert zu werden auf.
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Arena? Fragte sich der junge Mann. Habe ich nach der Arena gefragt? Anscheinend hatte Jaryvil sich versprochen und so wollte er den Mann nicht weiter ausfragen, sondern sich auf seine Aufgabe konzentrieren. Wieder einmal, und das nach einer ziemlich langen Zeit, hatte man ihn gefragt, ob er nicht lehren könnte, mit dem Bogen umzugehen wie er es konnte. Oder können sollte. Doch das war jetzt nicht wirklich von Belang. Die beiden waren in der Akademie angekommen und Marvin war auch prompt dazu übergegangen, eine der Zielscheiben an zu visieren und auf Jarys Forderung hin zu zeigen, was denn noch so hängen geblieben war.
"Gar nicht so schlecht." Die meisten Pfeile hatten die Scheibe getroffen, wenn auch nicht unbedingt immer mittig, doch mit Übung würde er sicherlich wieder auf alten Stand kommen, die Fähigkeit war schließlich da. Wohl ähnlich wie es bei mir der Fall ist. Übung würde dem Wassermagier sicherlich auch nicht schaden. "Das kann sich so sehen lassen. Ein paar Dinge sind mir aber schon aufgefallen: Wenn du beginnst, solltest du dir etwas mehr Zeit nehmen, denn oft man dazu auch die Möglichkeit." Und dass vor allem ein paar der ersten Pfeile nicht oder nur auf den äußersten Ringen getroffen hatte, war möglicherweise darauf zurückzuführen. "Nimm eine Grundstellung ordentlich an und dann zielst du mit dem ersten Pfeil sehr genau. Wenn der gut getroffen hat, dann kannst du dir sicher sein, dass die nächsten ohne große Korrekturen auch sitzen." Das hörte sich zwar alles irgendwie unwichtig an - zumindest war es ihm früher so vorgekommen. "Ein sicherer Stand ist nie zu verachten. Und wenn es nur darum geht, einen nahenden Angreifer mit einem Schlag der Bogenhand aus dem Gleichgewicht zu bringen und die Chance zum Angriff oder der Flucht zu nutzen." In der Praxis hatte er das selbst nie versucht. Er hatte nur einmal auf Menschen geschossen, wenn man einmal vom gestrigen Abend absah. Und das war, als sie Ben Sala überfielen um sich die Stadt und die Mine anzueignen. Doch wenn man um diese Möglichkeit wusste und dieses Risiko nutzen wollte, dann war es schon möglich, einen Vorteil zu erringen.
"Aber bevor wir wirklich beginnen, schlage ich vor, du übst noch um wieder rein zu kommen. Und ich mach das selbe." Jary lächelte und holte seinen Bogen vom Rücken. "Und wenn du fragen hast oder meinst, bereit zu sein, dann kann's losgehen." Der Wassermagier legte den ersten Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen. "Achja: Deinen Namen könntest du mir noch verraten." Ein Zischen, dann war der Pfeil weg, war in einer der Zielscheiben gelandet. Na ja, war doch ganz gut.
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Hatte er dem jungen Mann wirklich seinen Namen nicht genannt? Eine Selbstverständlichkeit, die er in letzter häufiger zu vergessen schien. Vielleicht begann er einfach alt zu werden und Dinge zu vergessen, wie es ein oft beobachtetes Vorrecht der Senioren war. Die Haarfarbe hätte er ja schon ... doch so einfach würde Marvin sich nicht aufgeben, schließlich war er gerade mal ... wie alt war er eigentlich? Er hätte es nicht geglaubt, aber er hatte tatsächlich vergessen, wie alt er eigentlich genau war. Es musste gut fünf Jahre her sein, eher länger, dass er unter grausamen Umständen sein Dorf verließ, damals war er, wenn er sich recht erinnerte, etwa 25, also war er inzwischen über 30, er hatte tatsächlich seinen eigenen runden Geburtstag gefasst, doch das war nicht von Belang.
»Wie peinlich, bitte entschuldige. Mein Name ist Marvin, ehemals unter dem Kommando Lees auf Onars Hof, ehemals Mitglied des Hammerclans in Nordmar und jetzt hier Mitglied der Akademie, zwischen drin für kurze Zeit freier Abenteurer.« stellte er sich dem Wassermagier Setarrifs vor, der höchstwahrscheinlich selbst vom Festland, besser gesagt aus Varant kam. Schließlich war er Wassermagier und erst seit einem Jahr hier, als war er wahrscheinlich einmal Teil des Wüstenvolkes im Süden des Festlandes. Er hatte selbst ein paar Bekannte dort gehabt, teilweise ehemalige Piraten von der Zeit auf Khorinis. Doch Jaryvil hatte er dort nie gesehen.
Er versuchte die Verbesserungen seines Lehrers umzusetzen. Einen festen Stand zu erreichen war für den ehemaligen Lehrmeister des Einhandkampfes und in der Körperbeherrschung Geschultem kein Problem, das ruhige Zielen schon mehr. Es war für ihn eine eher ungewohnte Stellung, normalerweise hielt ihn die Bewegung seiner Arme am Leben, nicht deren Stillstand. Interessant fand er auch den Hinweis auf die Möglichkeit sich mit der Bogenhand zur Wehr zu setzen, aber Marvin würde wohl bereits den Bogen fallen lassen und zu seinem altgewohnten Schwert greifen, wenn der Gegner noch weit genug weg war. Doch diese Option stand dem Wassermagier wohl kaum zur Verfügung, zumindest sah er kein Schwert an dessen Kleidung. Es wäre dem Stand eines Wassermagiers wohl auch recht unpassend gewesen. Andererseits war dies der Bogen auch. Doch all das lenkte Marvin von seinen Übungen ab, auf die er sich wohl besser konzentrieren sollte. Es war ein interessantes Gefühl, wieder einmal etwas zumindest teilweise Neues zu erlernen. Ein beinahe vergessenes Gefühl.
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Tut mir leid doch all diese schönen Geschichten die du mir hier erzählst klingen wie eindrucksvolles Seemannsgarn. Einen Putorius kenne ich zwar, doch wird man ihn eher auf den hölzernen Planken von Schwarzwasser finden als in den Straßen dieser Stadt. Nicht das ich deinem Märchen nicht glauben möchte. Es hat nur zuviele fragwürdige Komponenten die man vor einer erneuten Kundgabe lieber anpassen sollte. Zum Beispiel ziehe ich eine erfolgreiche Flucht dem gefährlichen Kampf jederzeit vor. Ja eher verrotte ich in einem modrigen Versteck als das mein Kopf die Lanze des Feindes ziert.
Balthur sprach in vollem Ernst. Er war nicht der Typ der einfach so in die Welt hinauszog und anfing die Leute anzugreifen, vom Tooshooer Vorfall einmal abgesehen. Seine Gedanken glitten kurz zurück zu jenem Tag und ein Schimmer des Mondlichts strahlte hinter seinem Auge hervor. Nach einem stillen Moments des Schweigens entfuhr dem Magen des Kahlköpfigen ein deutliches Brummen und schloss damit die Antwort auf Sarpedons Frage mit Nachdruck ab. Haha ich fühle mich als hätte ich seit Tagen nichts gegessen. Schon seltsam oder? Ein bittender Ausdruck erschien auf Balthurs Visage.
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Tinquilius' Kammer
Aniron nippte von ihrem verdünnten Wein. An diesme Abend hatten Priester Tinquilius und sie mal wieder gemeinsam zeit gefunden.
"Die Geburt des kleinen Lucas verlief unproblematisch", sagte sie zu Tinquilius, der ihr gegenüber saß. "Das Kind hatte sich noch rechtzeitig gedreht und es gab keinerlei Probleme. Lexi und der Kleine sind wohlauf und verlassen die Heilkammer heute."
Erneut nahm sie einen kleinen Schluck.
"Allerdings hat sie mich vor der Geburt gefragt, ob ich denn nicht erkennen könnte, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen wird oder ob ein anderer Heiler das könnte. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich ihr sagen sollte. Es gibt natürlich verschiedene Theorien unter den Hebammen, aber die meisten haben eher mit Märchen als wirklicher Ahnung zu tun. Ist es denn für einen Heiler möglich, dies zu erkennen, solange das Kind noch im Bauch ist? - Ich meine, ich sehe nicht wirklich eine Notwendigkeit darin, auch wenn ich schon oft gefragt wurde. Meistens sind es die Männer, die sich ihres Sohnes sicher sein wollen. Ich aber würde weiter gerne Adanos' Lehre des Gleichgewichtes vertreten, da ist es egal, ob Junge oder Mädchen."
Sie verstummte nachdenklich.
"Ach, was ich dir noch sagen wollte", fuhr sie plötzlich fort, "Maris ist ja schon eine Weile wieder da und er hat ein Haus für uns. Wir haben schon viele Vorbereitungen getroffen. Es wird nur noch wenige Tage dauern und Maris, die Kinder und ich werden dann in das Haus im Künstlerviertel ziehen. Damit bin ich dann nicht mehr im Haus der Magier, aber ich werde natürlich meine Arbeit in der Heilkammer und im Kräutergarten fortsetzen."
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Am dritten Tage nach der Geburt also durfte Lexi endlich die Heilkammer verlassen. Und sie freute sich darüber. Aniron war ein toller Mensch, etwas traurig war die Rothaarige schon, sich von ihr zu verabschieden. Aber da waren noch andere Leute, Alte und Kranke, hier wollte Lexi nicht länger als nötig bleiben. Ihr Kind sollte sich doch nicht anstecken. Außerdem konnte sie heute Nacht wieder an der Seite ihres Liebsten schlafen. Darum war sie doch überglücklich, endlich hier los zu kommen und ihr neues Haus zu beziehen.
Hunico führte sie aus der Kammer der Kranken und reichte ihr, bevor sie raus gingen, noch eine dicke Decke, in die sie sich und das Kind einwickelte.
"Es ist windig", sagte er mit einem sanften Lächeln, "Ich will nicht, dass wir so schnell wieder hier aufkreuzen müssen. Das ist ein Ort des Neuanfangs, aber auch des... Endes. Hast du Medizin bekommen?"
"Nein."
"Ich meine mit auf den Weg bekommen."
Abermals schüttelte Lexi den Kopf. Hunico wickelte ihr den Schal noch enger.
"Ist es weit?"
"Es ist am Hafen, da ist es nass und stürmisch."
"Am Hafen?", sie war überrascht. War der Hafen das Armenviertel? Sie dachte, diese beiden Bereiche wären getrennt.
"Schön ruhig laufen, wir wollen ihn nicht wecken."
"Ach zu spät."
Der kleine Lucas lag in ihren Armen und war putzmunter. Wahrscheinlich aufgeregt, was passieren würde.
"Okay, auf geht's."
Sie eilten durch nieseligen Sprühregen quer durch die Stadt und erreichten ziemlich durchgeweicht besagte Hütte. Zum Glück war drinnen schon geheizt und ein paar Decken lagen aus. Außerdem hatte Hunico Kerzen gekauft, während sie sich und das Kind umzog, zündete er sie an. Er machte es richtig gemütlich. Ihr erstes Resümee?
"Es stinkt zwar etwas nach Fisch", sie musste lachen, "Aber das Dach ist dicht, der Kamin schön warm, das Bett..."
Das war nur ein Haufen Leinen auf dem Boden.
"Nun, es sieht wie eine wilde Liebesecke aus."
Mit der Zeit würden sie sich schon eine richtige Einrichtung leisten können, wenn sie das denn wollten. Das würde sich zeigen...
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"Ich bin mal unterwegs.", rief Iain über die Schulter. "Aber es regnet doch.", versuchte ihn seine Mutter zu halten, doch das bisschen machte ihm nichts aus. Viel zu groß war die Freude der traurigen Runde zu entfliehen. Sein alter Herr hatte nicht sonderlich gut reagiert als es mal wieder darum ging neue Fischgründe zu suchen.
"Du sturer alter Esel bringst uns noch alle ins Grab.", murmelte der Fischer vor sich hin und entschwand in die Nacht. Ein Lichtschein in einer nahen Hütte erregte seine Aufmerksamkeit. "Wer hier wohl hingezogen ist?" Er war sich sicher, dass dies Hütte noch vor kurzem unbewohnt war. "Ich komm einfach viel zu selten unter die Leute." Die Arbeit seines Vaters war immer weniger erfüllend. Früher hatte ihm das Fischen Spaß gemacht, doch mit dem schwindenden Lebenswillen des Alten schwand auch seine Hingabe.
"Wohin werden mich meine Füße tragen? Sollte Adanos es gut mit mir meinen und uns einen Weg aus dem Elend zeigen?"
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Es war ein ruhiger Abend, der erste ruhige seit langem. Zusammen mit Aniron, seiner Schülerin, saß er in seiner Kammer. Er hatte ihnen beiden etwas Wein eingeschüttet und sie sprachen ein wenig über Geschehnisse im Haus der Magier und was in der Zwischenzeit so alles passiert war.
„Das freut mich zu hören. Eine solche Geburt stelle ich mir richtig schweißtreibend vor, vor allem wenn man nicht weiß, ob das Kind sich noch rechtzeitig dreht. Da sollte man wirklich untersuchen, was man als Alternative unternehmen kann.“ Er hielt kurz inne, dann schmunzelte er. „Aber das war auch einer deiner Wünsche für diese Lehre und ich denke, dass wir uns diesem schon nähern.
Bevor ich auf deine Frage eingehe, möchte ich sagen, dass es mich riesig freut, euch beiden wieder vereint zu sehen. Ich kann vollkommen verstehen, wieso ihr nicht im Haus der Magier residieren wollt und ein Haus viel geeignet wäre, vor allem auch für eure Kinder. Und solange du weiterhin deinen Aufgaben nachkommen kannst, spielt es ja auch gar keine Rolle, wo du wohnst. Aber bleibt Maris dann auch dauerhaft hier?“
Er nahm einen Schluck von dem Wein und dachte über Anirons Frage nach.
„Du hast natürlich Recht: Es ist vollkommen egal, ob das Kind ein Junge oder Mädchen ist. Es ist ein Geschöpft Adanos‘ und wir sind alle gleich vor ihm. Ich kann aber auch die Fragen der Eltern verstehen. Ich muss gestehen, dass ich darüber noch nie nachgedacht und es somit auch noch nicht näher studiert habe. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass es möglich ist, schließlich können wir Heiler mit Hilfe unserer Magie vieles erkennen. Ich habe auch die Herztöne deiner beiden Kinder damals wahrgenommen, wenn ich auch nicht sagen konnte, ob es Jungen oder Mädchen werden. Es wird schwer so etwas anhand des Göttlichen Funkens zu erkennen – wenn es nicht gar unmöglich ist.“ Erneut hielt er inne, strich sich mit der vierfingrigen Hand durch das blonde Haar. Was wäre... „Ich habe bereits einmal im Körper eines Mannes nach einem Stück Metall gesucht, welches über eine Wunde eingedrungen und dann frei gewandert war. Dabei habe ich mich mit der Magie auf dieses Stück Metall konzentriert und mir dabei vorgestellt, wie das Innere des Mannes aussehen sollte. Dabei erschien es mir vor meinem inneren Auge. Vielleicht, aber auch wirklich nur vielleicht, könnten wir es auch so schaffen, das Geschlecht des Kindes zu erkennen? Eine andere Methode fällt mir nämlich leider nicht ein.“
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Aniron nickte, Tinquilius hatte Recht mit ihrem Wunsch.
"Es gibt zum Glück Methoden, Kinder von Außen oder Innen zu drehen. Das Drehen eines Kinders innerhalb des Körpers will ich verhindern, das Drehen außerhalb des Körpers kostet dennoch Kraft von Mutter und Kind. Ich weiß nicht, ob ich es schonmal sagte, aber manche Kinder drehen sich auch nicht, weil sie die Nabelschnur um den Hals haben, wie bei der Hure letztens, wo du zur richtigen Zeit gekommen bist. Oder auch bei der Geburt der Zwillinge, ich hatte Glück, die Zwillinge kamen mit dem Kopf zuerst. Aber das hat auch nicht jede Gebärende. Ich denke, dass wir über die Öffnung des Bauches nachdenken sollten. Einen richtigen Eingriff also, der die Kinder sicher aus dem Leib holt. Dann aber nur als allerletzte Alternative. Wobei es dann schwer werden kann, zwischen Notwendigkeit oder Steißgeburt zu unterscheiden..."
Nachdenklich ließ sie ihren Blick schweifen, trank einen Schluck und sah Tinquilius dann lächelnd an.
"Danke dir, ich bin auch unendlich erleichtert. Leider ist Maris' Bleiben ein sehr kritisches Thema. Er hat wohl im Süden der Insel ein Volk getroffen, dass wir auch schon vom Festland kannten. Dieses Volk hat eine eigene Magie und mit der Hilfe dieser Magie versucht er seine eigenen Geister zu verstehen und vielleicht auch zu beherrschen. Von daher wird er wohl nicht für immer hier bleiben. Vielleicht werde ich ihn auch begleiten und sehen, was dieses Volk so macht, einige kenne ich - wenn mir denn Einblick gewährt wird. Aber das steht alles noch in den Sternen. Erstmal das Haus und dann sehen wir weiter. Die Kinder brauchen aber ihren Vater."
Aniron hatte gelauscht, als Tinquilius von seiner Theorie bezüglich des Erkennens des Geschlechtes eines Ungeborenen sprach.
"Hm, ich stelle mir das im Moment so vor, dass - nach deinem Gedankengang - ein Bild des Körpers vor dem inneren Auge des Heilers von dem Kind entsteht, weil man gewisse Dinge erwartet, weil man sie weiß und kennt. Man muss als Magieanwender also abgleichen, inwiefern die Vorstellung denn mit der Wirklichkeit übereinstimmt? Das klingt ganz schön kompliziert."
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