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Der Beginn der Geschichte der Hella Wipfellichter 1
Der Beginn der Geschichte der Hella Wipfellichter 2
Der Beginn der Geschichte der Hella Wipfellichter 3
Hella und die Abenteuer im Dunkelwald 1
Hella und die Abenteuer im Dunkelwald 2
Hella und die Abenteuer im Dunkelwald 3
Hella und die Abenteuer im Dunkelwald 4
Das Geheimnis des Julius Krummkalb 1
Das Geheimnis des Julius Krummkalb 2
Schritt für Schritt - ganz langsam, weil man nicht weit sehen konnte - führte Julius die Gruppe zum Ort, der seine Freiheit bedeuten würde. Immer auf der Hut, denn in dieser Gegend des Dunkelwaldes wimmelte es von allem möglichen Getier und nichts sollte seinen Erfolg verhindern. Seine Sinne waren aufs äußerste angestrengt, jedes Geräusch versuchte er wahrzunehmen. Zudem achtete er penibel darauf, den Abstand zur Gruppen nicht zu groß werden zu lassen. Niemand sollte jetzt noch ausscheren können. Aufregung und Anspannung durchfluteten seinen Körper. Nie war ihm so klar wie jetzt, was der Preis war.
Hella war die erste, die nach der kleinen Auseinandersetzung wieder sprechen konnte. Ole und Fridda hielten beide ihre Stäbe bereit. Ole murmelte die ganze Zeit Zauberformeln, damit er sie im wichtigen Augenblick auch wenigstens im Kopf hatte. Er hatte Angst - vor dem, was kommen würde und seiner Vergesslichkeit. Hella dagegen hatte beschlossen, so leicht nicht aufzugeben, sie wollte antworten. Sollte es zum Kampf kommen, wäre sie schon bereit. Aber auch eine Rechtfertigung, einen Grund musste es für all das geben. Sie würde Julius konfrontieren.
„Hey, Herr Krummkalb! Sag mal, du scheinst dich ja hier bestens auszukennen. Warst du schon häufiger hier?“ Genau das konnte Julius nun gar nicht gebrauchen. Diese zickige Zauberwerferin mit dem Gestrüpp auf dem Kopf raubte ihm die Nerven. Aber wichtig war allein, sie weiter in diese Richtung bewegt zu kriegen. Ob sie nun debattierten oder nicht, war für ihn momentan nicht wichtig, solange sie nicht stehen blieben.
„Ja.“ War die einzige Information, die er bereit zu geben war. „Oha, wo sind denn die schönen Worte hin, die plätschernd wie ein Wasserfall über Eure Lippen kamen, der Herr?“ Hella legte all ihren Spott in diesen Satz, Frustration machte sich breit. „Hör mir mal zu Krummkalb, du musst schon mal ein paar Sachen hier klären, ich beweg mich sonst keinen Schritt weiter.“ Und plötzlich blieben die drei Magier stehen. Fridda und Ole spürten instinktiv, dass sie jetzt wohl Hella vertrauen musste, dass sie jetzt wohl den Kampf aufnahm. Beide stellten sich hinter sie und Julius Träume davon, dass er selbst glatt in die Freiheit entlassen würde, zerplatzten für einen Moment.
„WIR wollen Antworten. Klar, sag jetzt, dass uns die wilden Tiere holen, dass wir jämmerlich verhungern werden und all das. Aber verlass dich drauf, keinen Fuß setzen wir weiter, wenn du nicht rausrückst.“ Hella war vielleicht verwirrt und eigenbrötlerisch, aber mutig auch und so leicht würde sie es ihm nicht machen.
Julius musste in den Tiefen seines Herzens kramen, um noch ein einziges Mal den charmanten Lausbub an die Oberfläche zu zerren, er wusste, dass es hier mit einfachem Schreien und Gezeter nicht getan sein würde. Er war allein, sie zu dritt und hätten sie mal ihren Verstand benutzt, dann wären sie sicherlich drauf gekommen, an einem Ort zu übernachten, um ihr Glück im Hellen zu probieren. Allein ihrer Unerfahrenheit hatte er es zu verdanken, dass er sie so weit hatte bringen können. Jetzt musste er schnell ihr Herz erwärmen.
„Es ist nur,“ seine Stimme stockte, wie von großem Schmerz gepeinigt, die Panik des möglichen Versagens half ihm dabei sehr, „es ist nur, ich stehe unter großen Anspannungen. Ich bin es nicht gewohnt, andere in meine Sorgen mit einzubringen, aber ich brauche...“ Er stockte und versuchte eine Träne aus seinen Augen zu pressen. „Ich brauche eure Hilfe. Nur mit euch Magiern kann ich... kann ich meinen kleinen Bruder befreien.“ „Wie bitte?“ Der Chor der Drei klang erstaunt. „Du willst mit uns deinen kleinen Bruder retten?“ Hella war irritiert, aber auch Freundlichkeit durchströmte wieder ihr Herz. „Erkläre das mal besser.“
„Es ist so, da oben auf dem nächsten Hügel ist eine Lichtung. Ein alter Freund von mir, jedenfalls dachte ich wir wären eng miteinander, hat dort ein Lager aufgeschlagen. Er will Dukaten, aber beim besten Willen, ich bin außer Stande so viel aufzutreiben. Er sprach von einer alten Schuld, wirft mir Dinge vor. Aber glaubt mir, ich habe damit nichts zu tun. Und trotz unserer Differenzen, ihm gegenüber war ich immer loyal.“ Langsam hatte er sich in eine gewisse Rage rein geredet. Den Stolz musste er verbergen, aber es war perfekt. Er konnte es also immer noch. „Jedenfalls hoffe ich, wenn ich zu unserem Treffen Magier mit bringe, wird er den Schwanz einziehen und mir meinen kleinen Bruder zurück geben, ohne dass ich kämpfen muss. Er ist zwar lausig am Schwert, aber sicher ist sicher. Ihr kamt wie gerufen, ich ließ mich auf ein Spiel mit euch ein, packte euch bei der Ehre, bei eurem Abenteurerwillen, weil ich Angst hatte, dass die Wahrheit weit weniger wirkungsvoller sein würde. Ihr müsst mir glauben, es geht nur um meinen kleinen Bruder. Er hat mit allem am wenigsten zu tun. Er ist mein ein und alles.“ Verzweiflung rann durch seine letzten Worte.
„Aber,“ Hella war sehr ergriffen, „warum hast du uns nicht gleich gesagt, was los ist. Wir würden doch nie ein kleines Kind im Stich lassen.“ Auch Ole hatte seine Angriffshaltung abgelegt. „Das muss ein übler Kerl sein, der solch böses tut. Wenn er ein Problem mit die hat, muss er doch nicht deinen kleinen Bruder rein ziehen.“ Einzig Fridda blieb still.
Hella war so sehr voller Mitleid, dass sie auf Julius zu ging, mit seinen blonden Locken, war er auch im dunklen Wald noch zu erkennen, und ihn spontan in den Arm nahm. „Du musst wirklich schlimmes erleiden.“ „Glaubt ihr ihm etwa?“ Fridda ruhige Stimme wirkte wie eine kalte Dusche. „Nun ja.“ Wie immer, wenn sich Ole nicht entscheiden konnte, wackelte er mit seinem Hintern hin und her. „Warum sollte er sich sowas ausdenken? Aber warum hat er nicht eher was gesagt?“ Hella war ganz außer sich: „Jetzt ist es doch endlich mal gut. Er hat sich nun geöffnet und wir sollten ihm helfen. Immerhin geht es um ein kleines Kind.“ Damit war entschieden, dass sie weiter gehen würden.
Julius grinste selbst zufrieden in sich hinein, er hatte gewonnen. Triumpf hatte er schon lange nicht mehr gespürt und stolz schritten sie weiter zum Ziel. Einzig und allein ein seltsamer Geruch irritierte ihn, ein leichter würziger Hauch umgab ihn. Wie gekochte Kräuter Belmart und Einbeeren. Das musste von Hella kommen. Tief atmete er ein und aus, als sie den schmalen Weg Richtung Hügelkuppe betraten. Nur noch ein paar Fuß und alles wäre vorbei.
Die Umarmung Hellas wirkte noch nach. Das war echte Wärme, echtes Mitgefühl und Güte. War es gerechtfertigt, so das Gute auf Dere zu opfern, nur um sich selbst zu retten? So sehr er auch die Zweifel zu verdrängen suchte, so sehr es im widerstrebte kurz vor dem Ziel Skrupel zu entwickeln. Er konnte es nicht abschütteln. Wie lange sollte das weiter gehen, konnte er sich sein, dass dies die letzten waren? Und wie sollte er weiter leben? Mit jeder Schaufel Schuld, die er sich auf die Seele geschüttet hatte, spürte er, dass die Farben weniger strahlten, die Sonne weniger wärmte und Menschen immer mehr wie Attrappen in einer leeren Welt wurden.
Es war passiert, Julius hielt ein, er hatte sein Gewissen wieder gefunden.„Halt, wartet das ist eine...“ Gerade da erhob sich hinter den Vieren ein blaue Barriere umgeben von kaltem Licht. Sie hatten das Ziel erreicht.
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